FreeSpace Story – GTCv Lemnos Reloaded

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Deleted User

FreeSpace Story – GTCv Lemnos Reloaded

Post by Deleted User » Sat, 19. Nov 11, 17:42

Vor einigen Jahren hatte ich ein paar Stories zu FreeSpace, meinem Lieblingsspiel geschrieben und hier veröffentlicht. Die Qualität der Geschichten lies doch arg zu wünschen übrig, weshalb ich die letzte gar nicht mehr fertigstellte. Sie hies Hope Dies Last. Der Erzählstrang darin gefiel mir aber und verglichen mit den beiden ersten war sie qualitativ auch etwas besser. Also spielte ich schon seit langem mit dem Gedanken diese Geschichte fortzusetzen. Aber anstatt eine einfache Fortsetzung zu schreiben, wollte ich doch einige Dinge korrigieren, was nur möglich war, wenn ich sie vollends neu von vorn beginne. Verglichen mit der ersten Fassung werden einige Dinge anders erzählt, wobei andere Sachen widerum gleich geblieben sind. Namen und zeitliche Abläufe haben sich verändert. Auch halte ich mich nicht ganz an den Kanon der Geschichte des Spiels, denn die GTCv Lemnos war ein Schiff, welches es tatsächlich in FreeSpace 2 gab, aber es wurde in der letzten Mission des Spiels durch eine künstlich hervorgerufene Supernova zerstört. In meiner Story ist dies nicht der Fall. Da ist diese Corvette der Haupthandlungsplatz.

Hier poste ich nun den ersten Teil des Prologs, welcher aus zwei Teilen bestehen wird, um die Charaktere der Handlung vorzustellen. Es wird nur eine Kurzvorstellung der einzelnen Charaktere geben, da sie sich fast alle im Laufe der Geschichte weiterentwickeln und verändern werden. Ich wünsche also viel Spaß beim Lesen.

Ebenso wünsche ich mir Kritik und Feedback, aber bitte nicht an der Erzählweise, sondern am Inhalt der Geschichte. Danke euch!

[Ab 18 - Es wird noch blutig]

FreeSpace Story – GTCv Lemnos Reloaded

Prolog - Teil 1

Wir schrieben das Jahr 2386 als First Lieutenant Andrew Koth auf dem zweiten Deck in der Bordkantine seine Freizeit mit seinen Kameraden genoss und plötzlich sein Pager eine Mitteilung höchster Dringlichkeit meldete. Er warf einen kurzen Blick darauf und entschuldigte sich bei allen am Tisch sitzenden Personen, um an das Terminal an der Wand wenige Meter neben ihn zu treten.
_____Die automatische Iriserkennung identifizierte ihn sofort als den kommandierenden Offizier der Lemnos und öffnete seine Administrationsoberfläche, von welcher er, wenn nötig, das gesamte Schiff befehligen konnte. Jedoch hatte er es lediglich auf das Nachrichtenterminal abgesehen, wohin er auch sogleich navigierte.
_____„Hier General Bricks, Terran High Command. Ich grüße Sie, Lieutenant.“ kam sogleich die Begrüßung, nachdem sich einen kurzen Moment zuvor die Übertragung automatisch öffnete.
_____Andrew salutierte vor dem Bildschirm und antwortete ohne Umschweife mit einem knappen „Sir?“. Dies signalisierte allen in der Kantine, dass sie sich vom Terminal fernhalten sollen.
_____Für gewöhnlich wurden Gespräche mit High Command nur auf der Brücke oder in den Kabinen des Befehlsstabs des Schiffes geführt, aber der Crew wurde klar gemacht, dass sie sich einfach fernhalten sollen, wenn solche Gespräche stattfanden. Dies diente lediglich der Zeitersparnis, da somit Gespräche, solange sie nicht in den engen Gängen geführt wurden, von überall entgegen genommen werden konnten, ohne dass der Befehlsstab des terranischen Militärs darauf warten musste, dass der Empfänger der Nachricht in sein Quartier oder auf die Brücke gegangen war.
_____„Sie haben es vielleicht schon gehört, aber wir wollten es Ihnen persönlich mitteilen. Captain Byrne wird das Kommando über die Lemnos entzogen. Wir brauchen ihn als Berater im Oberkommando. Bis auf weiteres werden Sie also das Kommando inne haben.“ sprach die etwas blechern klingende Stimme aus dem Lautsprecher und der Lieutenant musste den Reflex unterdrücken Hilfe suchend zu seinen Kameraden zu blicken, um nicht zu verraten, dass er doch nicht allein im Raum ist. Stattdessen blickte er nach unten, was dem General signalisierte, dass er nicht sonderlich zufrieden mit dieser Entscheidung zu sein scheint.
_____„Sie sehen nicht so aus, als ob Sie dies freuen würde, Lieutenant.“ kam sogleich die Reaktion auf Andrews Gesichtsausdruck.
_____„Sir, bei allem nötigen Respekt. Es gibt nur einen Captain, der es verdient, dieses Schiff zu befehligen. Und ich hoffe ich bin nicht zu vorlaut, wenn ich sage, dass Sie wissen wer diese Person ist.“ brach es aus dem jungen Offizier heraus.
_____„Doch, mein Junge, das sind Sie. Jedoch unterscheidet Sie dies von Ihrem Vater, der nur eine Meinung, aber kaum Courage besaß, um diese wie ein Mann zu vertreten.“ echote die Stimme und die Mine des Lieutenants verfinsterte sich schlagartig.
_____Der General spielte auf die Verbrechen seines Vaters, Rear Admiral Donovan Koth, während der Zeit der Neo-Terranischen Rebellion vor 20 Jahren an. Während des Höhepunkts dieser Rebellion wurde das Schiff des übergelaufenen Rear Admiral Koth, die NTD Repulse, ein Zerstörer der längst ausgemusterten Orion-Klasse, vom Flaggschiff der Galaktisch Terranisch Vasudanischen Allianz, der GTVA Colossus, gestellt. Ohne jede Aussicht auf einen Sieg in dieser Schlacht entschied sich Andrews Vater den Märtyrer-Tod zu sterben statt einfach aufzugeben und befahl seiner Crew den Zerstörer frontal in die Colossus zu rammen. Obwohl das Schiff nur wenige Kilometer vom Superzerstörer der Allianz entfernt und somit in guter Reichweite für einen Kamikaze-Angriff war, gelang es der Crew der Colossus mit Hilfe der überragenden Feuerkraft das Schiff vor dem Einschlag zu zerstören.
_____Andrew blickte wieder zu Boden und sagte mit leiser Stimme „Ich bin nicht für die Vergangenheit meines Vaters verantwortlich, Sir!“ wobei er das letzte Wort ausspuckte, als sei es etwas, dass er nicht im Mund haben wolle.
„Sie beruhigen sich erstmal wieder, Lieutenant!“ grollte die Stimme aus dem Lautsprecher.
_____„Niemand macht Sie für die Verbrechen Ihres Vaters verantwortlich. Andernfalls wären Sie nicht mit sofortiger Wirkung Captain dieser Corvette.“ versuchte der General einen Stimmungswandel bei Andrew zu vollziehen.
_____„Allerdings kann ich Ihnen sagen, dass Sie nicht dauerhaft das Kommando inne haben werden. Und damit komme ich zur eigentlichen Antwort auf Ihre wenig subtile Andeutung. Rita Longley, oder besser gesagt Commander Rita Longley, ist wieder in die GTVA eingetreten und ihr wurde ihr ehemaliger Rang sowie das Kommando über die Lemnos zuerkannt. Es gilt jetzt nur noch die Bürokratie zu überwinden. Da keiner genau sagen kann, wann sie die Formalitäten abgeschlossen haben wird, sind Sie Commander dieses Schiffes bis sie zu Ihnen stößt und Sie ablöst.“ und damit senkte sich die Geräuschkulisse von einer Sekunde auf die andere in der gesamten Kantine auf null.
_____„General...“ Andrew blickte sich nun offen in der gesamten Kantine um. „...ich glaube Sie haben gerade der gesamten Crew einen wahnsinnig großen Wunsch erfüllt.“ komplettierte er diesen Satz. „Ich merke es. Der Lautstärke-Peak in meinem Display ist gerade sehr tief gefallen. Was fällt Ihnen eigentlich ein, solch eine Unterhaltung mitten im geschäftlichen Treiben Ihrer Crew zu führen, Lieutenant?“
_____„Sir, die Crew hat genaueste Anweisungen, wie sie sich bei solchen Gesprächen zu verhalten hat. Hellhörig ist sie erst geworden, als Sie den Namen gesagt haben, den sie hören wollten.“
_____„Na dann hoffe ich, dass Sie keine Kompetenzprobleme besitzen und Ihrer Crew ausreichend eingetrichtert haben, dass sie mit vertraulichen Informationen nicht zirkusreif durch die Galaxis zieht. Terran High Command, Ende.“ und so schloss sich die Übertragung. Als der nun offizielle Übergangscommander erwartungsvoll in die Runde in der Kantine blickte, brach auch sogleich der Jubelsturm los.
„Soviel zum Thema Informationen vertraulich behandeln.“ sagte der Major neben Andrew, als sich der junge Offizier wieder an den Tisch setzte. Zu mehr als einem Achselzucken konnte er sich als Reaktion auf diese Aussage aber nicht hinreißen lassen.
_____„Warum aber Commander?“ Sie war doch als Captain aus der GTVA ausgetreten. Wieso also die Beförderung?“ wollte der Major wissen.
_____„Mitch, das sind Karrieren, die sind nur im Krieg möglich...“ äußerte sich Andrew gespielt gleichgültig und hob die Kaffeetasse.
_____„Und das in Friedenszeiten. Erstaunlich!“
Wieder lediglich ein Achselzucken.

„Glaubst Du sie ist es, Andrew?“ fragte ihn Major Jonathan Mitch während sie hastig zur zweiten Backbordschleuse eilten.
_____„Was glaubst Du denn? Niemand sonst könnte es, nach der Nachricht vom Oberkommando von vor 2 Wochen, sein.“
_____„Wollte nur sichergehen ob Du das Selbe denkst wie ich.“ rechtfertigte sich der Major.
Wenige Minuten später waren sie an der Schleuse angekommen und noch völlig außer Atem als die Druckausgleichslampe auf grün umschaltete und sich das innere Schott auch schon öffnete.
„Commander!“ sprachen beide als das Schott komplett geöffnet wurde und salutierten zeitgleich.
_____„Ist ja putzig.“ äußerte eine hagere Frau gehobeneren Alters leicht amüsiert.
„Ma'am?“ fragte Major Mitch verwundert.
_____„Nichts weiter. Lieutenant Koth, habe ich recht?“ wollte sie wissen.
„Steht hinter Ihnen, Ma'am.“ sprach Mitch, welcher von ihr irrtümlich angesprochen wurde.
_____„Na dann also nochmal. Lieutenant Koth?“ wiederholte sie.
„Ma'am, zu Ihren Diensten.“
_____„Kindchen. Als ich die Akademie der Allianz verlassen habe, waren Sie vielleicht noch feucht hinter den Ohren, aber deswegen bin ich noch lange keine Ma'am, haben wir uns verstanden?“ fragte sie in herrschendem Tonfall und Mitch, der Andrew gegenüber stand, konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen.
_____„Das gilt auch für Sie, Major!“ bellte sie los noch bevor sie sich vollends zu ihm zurückgedreht hatte. „Stehen Sie bequem.“
_____Beide lösten sich aus ihrer Militärstarre.
„Ich war so frei lediglich meinen Stellvertreter und mich zu Ihrer Begrüßung an Bord abzustellen, damit nicht zuviel Aufsehen erregt wird, so wie Sie es wünschen.“ ging Andrew zum offiziellen Teil über.
_____„Gut, ich sehe Sie haben die Dossiers über mich gelesen. Freut mich.“
„War das Mindeste, was ich tun konnte, Ma... Commander.“ und wieder bildete sich ein breites Grinsen in Mitch's Gesicht.
_____„Nicht ganz. Das Mindeste war es, mein Schiff intakt zu lassen solange ich nicht an Bord war. Danke Ihnen dafür.“ korrigierte ihn der Commander.
„War eine Leichtigkeit, Commander.“
_____„War eigentlich als kleine Anspielung auf Ihren Vater gedacht, der ja mit Vorliebe ganze Zerstörer pulverisiert hat, aber ich glaube ich lasse solche Anspielungen lieber bleiben. Man weiß ja nie wer alles zuhört.“ platzte der Commander los.
_____„Commander Longley. Ich glaube es wäre wirklich besser, wenn Sie sich solche Anspielungen verkneifen würden.“ mischte sich Mitch in die Unterredung ein.
„Sagen Sie mir nicht, was ich tun und lassen soll, Major. Ich bin befugt dies durchaus selbst zu entscheiden.“ entgegnete Longley dieser Aussage.
_____„Noch nicht, Commander. Sie sind zwar ranghöchster Offizier an Bord, aber die Kommandoübergabe findet erst morgen früh um 0600 auf der Brücke statt.“ Der Major begab sich auf dünnes Eis.
_____„Nun denn. Wer begleidet eine Lady auf ihr Zimmer?“ schweifte sie ab.
Andrew trat vor und bot ihr die Hand. „Ich, Commander. Bitte folgen Sie mir.“
Diese Geste verblüffte Mitch. Er fragte sich wie er ihr nach solch einer Äußerung einfach die Hand reichen konnte.

Sie liefen einige Minuten durch das Schiff hinauf auf Deck 2, wo sich die Quartiere der Kommandoebene befanden. Alle unterwegs angetroffenen Offiziere salutierten vor dem Commander, was den Weg etwas beschwerte. Andrew bot ihr an ihr das Gepäck abzunehmen, damit sie die Saluts leichter erwidern kann. Sie nahm das Angebot dankend an.
Im Quartier angekommen wuchtete Andrew den Rucksack des Commanders auf die Pritsche und setzte sich auf das Bett. Rita holte sich den Rucksack, griff sich zwei Gläser aus der Bar und öffnete eine Flasche Whiskey, den sie im Rucksack mit sich führte.
_____„Ich sehe Du hast immer noch den selben Geschmack.“ reagierte ihr Sohn auf den Whiskey.
_____„Ich dachte schon ich müsste den ganzen Abend so tun als wären wir uns fremd.“
_____„Ich dachte schon Du hättest vergessen wie ich aussehe, nachdem Du Mitch mit meinem Namen angesprochen hattest. Schenk ein und dann erzähl was Du in der Zeit, die Du uns abhanden gekommen warst, so getrieben hast.“ forderte Andrew sie auf.
_____„Viel war es nicht. Es ist immerhin 19 Jahre her, seit ich der GTVA den Rücken gekehrt habe. Von da an wurde es recht ruhig in meinem Leben.“ erklärte sie.
_____„Kann ich mir vorstellen. Viele haben Dich hier vermisst.“
_____„Kann ich mir gut vorstellen. Ich war nach Beta Aquilae 7 gezogen. In eine Penthouse-Wohnung, von der aus ich nachts einen traumhaften Blick auf die orbitalen Schiffswerften hatte.“
_____„War es das was Dich dazu bewogen hat wieder in die Allianz zu gehen?“ wollte Andrew neugierig wissen. Seine Mutter und er hatten sich auf eigenen Wunsch einige Zeit lang nicht gesehen, da Rita lange Zeit mit den Nachwirkungen des zweiten großen Krieges gegen die Shivaner zu kämpfen hatte. Viele Veteranen aus diesem Krieg, dessen jähes Ende sich im Capella-System zugetragen hatte, litten auch noch Jahrzehnte später an starken Depressionen und viele derer begingen Selbstmord, weil sie die Bilder des Krieges nie wieder aus dem Kopf bekamen.
_____Auch Andrew machte sich während dieser Zeit große Sorgen um seine Mutter, da er Ähnliches befürchtete, denn der Kontakt war aufgrund seiner Stationierung auf der Lemnos sehr unregelmäßig. Zeitweise erfolgte über ein ganzes Jahr keine Kontaktaufnahme zwischen den beiden.
_____„Das? Oh nein! Es war das Oberkommando, welches nach mir gebettelt hat. Captain Byrne schien kein sehr tüchtiger Kommandant zu sein, da selbst er immer wieder bei High Command nach meinem Wiedereintritt verlangte.“ erklärte der Commander.
_____„Das haben wir alle, Mom. Du bist die Heldin dieses Schiffes. Diese Crew besteht heute fast nur noch aus Leuten, die Dich nur vom Hörensagen kennen, aber alle würdigen sie Deine Leistungen, die Du in Capella erbracht hast. Es gab während der zwei Kriege gegen die Shivaner bestenfalls zwei weitere Captains denen solch eine Ehrerbietung zu Teil wurde. Leider hatte keiner von denen das Glück, diese noch lebend mitzubekommen. Du bist also eine wahre Ausnahme.“ erinnerte sie Andrew an die Vergangenheit.
_____„Es ist Fluch und Segen zugleich...“ sie brach kurz ab. „Ich habe 212 Männer und Frauen retten können, habe dafür aber auch 1869 Crewman verloren. Glaube mir, sowas steckt keiner so leicht weg. Man fragt sich immer wie man mehr hätte retten können. Was hätte man anders machen müssen und so weiter. Am Ende kommt man immer wieder auf das selbe Ergebnis: Nichts!“ beendete sie ihre Aussage als ob Andrew wissen würde was gemeint war.
_____„Nichts?“ fragte er stattdessen nach.
_____„Genau, nichts. Es gab für mich keine Möglichkeit mehr aus meiner Crew zu retten.“
_____„Wenn Du mich fragst, brauchst Du Dir keine Vorwürfe zu machen, sondern solltest stolz auf das Geleistete sein.“ entgegnete ihr ihr Sohn.
_____„Stolz bin ich, glaube mir! Ich hatte eine unglaubliche Crew, die alles gegeben hat. Ich hatte und habe wieder das beste Schiff in der gesamten Flotte der GTVA. All dies macht mich stolz, aber eben auch nachdenklich.“ sie nahm einen Schluck aus dem Glas.
_____„Apropos bestes Schiff. Command hat mich, bzw. die Lemnos nach Beta Aquilae beordert. Das Schiff bekommt einige Upgrades verpasst. Wir fliegen morgen los.“ änderte der Junge plötzlich das Thema.
_____„Wenn Du die Befehle schon hast, weshalb fliegen wir erst morgen los?“ wollte Rita wissen.
_____„Weil ich die Befehle erst kurz vor Deinem Eintreffen bekommen hatte und ich mir dachte, Du würdest morgen auch gern etwas mehr Befehle geben, als einfach nur das Tagesgeschäft zu eröffnen, nachdem Du das Kommando übernommen hast.“ erklärte er.
_____„Klingt gut. Also morgen 06:00 Uhr auf der Brücke.“
_____„Besser etwas früher. Muss Dich ja noch einarbeiten.“ scherzte er.
_____„Willst Du mich verarschen? Ich kenne dieses Schiff besser als Du, also erzähl Deiner Mutter nichts vom Krieg! Und jetzt raus. Alte Leute müssen auch irgendwann einmal schlafen.“ entgegnete sie gespielt herrisch.
_____„Aye Aye, Ma'am.“ gluckste er und verschwand durch die Tür gefolgt von einem Schuh, der ihm hinterher flog, ihn aber verfehlte.

Draußen stand Major Mitch, welcher den Schuh fing und wieder ins Quartier zurück warf. Der Commander fing ihn und bedankte sich mit einem kurzen Nicken bei ihm.
_____„Du willst mir nicht zufällig erzählen, was das soeben war, habe ich recht?“ hakte er nach.
_____„Noch nicht.“ Nach einer kurzen Pause „Was machst Du eigentlich hier? Du hast das Kommando und solltest auf der Brücke sein.“ wollte Andrew von ihm wissen.
_____„Ich habe jetzt Dienstschluss. Major Sanchez hat die Brücke, denn ich darf morgen früh einer Kommandoübergabe beiwohnen und besitze daher das Privileg die Nachtschicht abzugeben.“ erklärte sich der Major.
_____„Und Sanchez besitzt dieses Privileg nicht?“
_____„Nein, er hat beim Pokern verloren.“ begründete er seine Entscheidung.
_____„Wenn Command herausbekommt wie wir hier Nachtschichten verteilen, finden wir uns alle vor dem Entlassungsausschuss wieder. Komm mit, wir müssen reden, aber nicht hier.“
_____Die beiden gingen auf Andrews Quartier, welches nur wenige Meter vom Quartier des Commanders entfernt lag, und schütteten sich einen Whiskey ein.
_____„Du kennst den Commander, habe ich recht?“ fragte Mitch nachdem die Tür geschlossen war.
_____„Ja, Commander Rita Longley ist meine Mutter.“ lies er die Bombe platzen.
_____„Ach Du sch****! Du machst Scherze, oder?“ polterte Mitch sogleich los.
_____„Nein, aber lass es mich Dir erklären. Du weißt wer mein Vater war und was er getan hat.“
_____„Ja, Dein Name weist leider nur allzu sehr darauf hin.“ erwiderte der Major.
_____„Richtig. Rita ist auch nicht meine leibliche Mutter, sondern meine Adoptivmutter. Als mein Vater meinte für seine extremistischen Ansichten sterben zu wollen, war ich plötzlich Waise. Meine Mutter starb ja leider schon während meiner Geburt. Rita hatte mich danach adoptiert, weil sie selbst niemals eigene Kinder haben konnte. Nur mein Name blieb bestehen, obwohl man ihr anbot ihn nach der Adoption zu ändern. Ich war alt genug um über dieses kleine Detail selbst entscheiden zu können, also verzichtete ich, weil mein Vater, wenn auch ein Verbrecher, ein guter Vater war. Darum wollte ich seinen Namen weitertragen. Die Tragweite seiner Verbrechen lernte ich erst später kennen, aber den Namen würde ich deshalb niemals ablegen wollen.“ Dies klang eher nach einer Rechtfertigung als nach einer Erklärung.
_____„Ich kann mir vorstellen, dass der Geschichtsunterricht auf der Akademie unangenehme Nebeneffekte hatte.“ äußerte sich Mitch dazu.
_____„Natürlich. Für viele in meiner Ausbildungsgruppe war ich plötzlich der personifizierte Wahnsinn und Märtyrer als dieses Kapitel des Krieges aufgeschlagen wurde.“
_____„War es sehr schlimm?“ wollte Mitch wissen.
_____„Es ging eigentlich. Ich war recht ruhig, was viele als Bestätigung ihrer Vorurteile sahen, dass ich was Verbrecherisches im Schilde führen würde und deshalb zur Akademie gegangen bin. Aber tatsächlich war ich immer nur auf meinen Abschluss fixiert.“
_____„Welchen Du, wie wir wissen, mit Bravour gemeistert hast.“ vervollständigte Mitch Andrews Aussage.
_____„So sieht's aus. Und rate mal wer plötzlich gar nicht mehr ruhig, sondern völlig aus dem Häuschen war als ich mein Examen bekam?“
_____„Hehe, na wer wohl. Du natürlich.“ antwortete ihm der Major auf die Frage.
_____„Richtig. Und keiner meiner Mitschüler auf der Akademie hat es bisher zum Kommando auf einem eigenen Schiff geschafft. Ich bin bisher der einzige.“
_____„Cheers, Lieutenant. Auf eine glorreiche Zukunft.“
_____„Auf meine Mutter, der ich all dies verdanke. Das Schiff, die Crew und meine Karriere. Ich gebe es mit Stolz an sie ab.“ erwiderte der Lieutenant den Trinkspruch und leerte sein Glas.
_____„Tu mir aber bitte den Gefallen und behalte das Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Commander und mir für Dich. Ich möchte Unruhe und störende Gerüchte vermeiden, die einige für Verschwörungstheorien missbrauchen könnten.“ bat ihn Andrew nach einer kurzen nachdenklichen Pause.
_____„Klar doch, kein Problem. Aber was für Verschwörungstheorien meinst Du bitte?“ wollte Mitch nun wissen.
_____„Einige könnten glauben, dass ich bevorzugt behandelt werde, denn es ist wirklich nicht normal, dass man in meinem Alter schon das Kommando über eine Corvette der Deimos-Klasse bekommt. Einige könnten glauben, dass dies nur durch meine Mutter möglich war.“ erklärte sich der Lieutenant.
_____„Och bitte! Jeder weiß, dass Du Dich von ganz unten nach ganz oben gearbeitet hast. Dein Vater war ein Kriegsverbrecher und Du warst dadurch automatisch gebrandmarkt. Wie Du schon sagtest hielten Dich viele derer, die wussten wer Dein Vater war, für dessen Reinkarnation, weshalb Du immer benachteiligt worden bist.“ rief ihm der Major ins Gedächtnis.
_____„Kann schon sein, aber ich will dennoch keine Risiken eingehen.“ lenkte er ein.
_____„Keine Sorge, ich schweige wie ein Grab.“ und nickte Andrew zu. „Ich werde mich jetzt allerdings ins Bett begeben. Der Tag war lang und morgen der Tag wird noch länger, habe ich das Gefühl. Also gute Nacht, Lieutenant.“ verabschiedete sich Mitch und verließ das Quartier. Andrew machte sich nun ebenfalls bettfertig.

_____„Alarm, Alarm! Alle Mannschaftsoffiziere auf ihre Positionen.“ heulte auf einmal der Schiffsalarm los.
Andrew war sofort wach. Warf einen Blick auf die Uhr und stellte fest, dass es Nachts 03:47 Uhr war. Wer oder was auch immer es war, er wird dafür sterben. Schwor er sich, nicht ahnend, was eigentlich geschehen war.
_____Er zog sich an und rannte in Richtung Brücke. Draußen auf dem Flur begegnete ihm seine Mutter.
_____„Kann ich helfen?“ wollte sie von ihm wissen.
_____„Komm mit!“ entgegnete er ihr knapp.
_____„Kommen Sie mit, Commander!“ korrigierte sie ihn schroff, aber in all der Hektik auf den Gängen hatte diesen Ausrutscher des Lieutenant niemand bemerkt.
_____„Aye, Commander!“
Auf der Brücke angekommen, ließ sich Andrew die Situation von Major Sanchez erklären.
_____„Vier offensichtlich feindliche Staffeln sind soeben aus dem Subraum aufgetaucht. Jeweils zwei Jäger- und zwei Bomber-Staffeln. Sie haben ihre Bomben bereits gestartet, aber sie sind noch nicht eingeschlagen.“ schilderte der Major knapp, aber präzise.
_____„Flak auf die Bomben, Anti-Aircraft-Artillery-Fire auf die Bomber und Jäger, Bomber priorisieren!“ meldete sich Rita Longley zu Wort.
_____„Sie haben die Lady gehört, los!“ bestätigte Andrew den Befehl.
Sofort machte sich hektische Betriebsamkeit auf der Brücke breit.
_____„Bringen Sie die Bomber auf Backbord, damit die AAAF-Geschütze sie erfassen können!“ bellte Sanchez seinen Navigationsoffizier an.
_____„Feuer auf meinen Befehl.“ fügte er hinzu.
_____„An die angreifenden Kampfverbände. Hier spricht die GTCv Lemnos. Brechen Sie Ihren Angriff ab und ergeben Sie sich.“ hörte man den Kommunikations-Offizier Sage McCallum in sein Mikrofon sprechen.
_____„Wie weit sind die Bomber entfernt?“ wollte Rita wissen.
_____„Noch 2500 Meter. In einer Minute sind sie in Feuerreichweite der AAAF-Strahlengeschütze.“ gab der Sensor-Offizier zu verstehen.
_____„Major Sanchez, es wird Zeit die Bomben abzufangen.“ rief ihm der Commander ins Gedächtnis.
_____„Aye, Commander.“
_____„Lieutenant Daniels, Flak-Artillerie auf die Bomben. Feuer frei!“
_____„Aye, Sir! Feuer frei.“ bestätigte der leitende Offizier des Waffenleitstands den Befehl.
Plötzlich öffnete sich eine Comm-Übertragung mit blecherner Übersetzung bei Lieutenant McCallum.
_____„Hier Sergeant Festnu, ehemaliges Mitglied der neunten vasudanischen Kampfgruppe Aldebaran. Übergeben Sie uns den Commander, den Sie als Rita Longley kennen, und wir brechen den Angriff ab.“ kam die Übersetzung.
_____„Oh oh.“ äußerte sich der Commander.
_____„Kennen Sie Festnu, Commander?“ wollte Lieutenant Koth wissen.
_____„Ich glaube ja, bin mir aber nicht sicher. McCallum, Sie halten ihn bitte hin, ich muss eben etwas nachlesen.“ und schon verschwand sie in Richtung eines Terminals am Gefechtsstand.
_____„Negativ, Vasudaner. Sie deaktivieren Ihre Waffen und Antriebssysteme, oder wir eröffnen das Feuer auf Sie.“ beantwortete Der Comm-Officer die Forderung des Vasudaners.
Rita indess stöberte in den Logbüchern des Schiffes nach dem Namen Festnu, fand jedoch nichts, also zog sie das Besatzungsregister der GTVA zu Rate.
_____„Hier, ich hab's!“ und alle drehten sich zu ihr um.
_____„Festnu ist der Bruder eines ehemaligen Besatzungsmitglieds der Lemnos. Sein Bruder Andarvael Ketmos arbeitete im Reaktorraum...“ brach sie plötzlich ab. „...und starb in Capella.“
Sie wandte sich von der Konsole ab und trat zu McCallum ans Terminal.
_____„Sergeant, hier Commander Longley. Was sind Ihre Intentionen?“ sprach sie in das Mikro des Comm-Officers.
_____„Sie, Commander. Ich will Sie.“ übersetzte die Konsole.
_____„Weswegen?“
_____„Das wissen Sie! Sie sind Schuld am Tod meines Clans. Ihre halsbrecherische Aktion in Capella hat meine ganze Familie ausgelöscht. Hätten Sie nicht den Reaktor überlastet, um diese paar armseligen Terraner zu retten, könnte meine Familie heute noch leben und vielleicht sogar eines Tages den Stuhl des vasudanischen Imperators besteigen.“ begründete der Sergeant seinen Angriff.
_____„Kommen Sie zur Vernunft. Die Shivaner haben Capella zur Supernova werden lassen. Niemand auf diesem Schiff hätte überlebt, wenn ich nicht den Reaktor über seine kritische Masse hinaus belastet und somit den Sprung durch den Sprungknoten ermöglicht hätte. Es tut mir leid um Ihren Bruder und um jedes einzelne Crewmitglied, welches ich an diesem Tag verloren habe, aber ich habe immerhin 212 Männer und Frauen retten können.“ rechtfertigte sie sich gegenüber dem Angreifer.
_____„Richtig, Männer und Frauen, aber kein einziger Vasudaner hat dies überlebt! Und dafür werden Sie heute sterben.“ womit die Übertragung abbrach.
_____„Sie starten weitere Bomben!“ meldete sich der Sensor-Offizier zu Wort.
_____Mit leiser Stimme und traurigem Gesicht sprach Rita „Eröffnen Sie das Feuer auf die Angreifer, Major.“
_____„Daniels“ sprach der Major den Waffen-Offizier an.
_____„Aye, Sir.“
Die kleinen blauen Strahlengeschütze brauchten nicht einmal 5 Minuten, um alle 16 Schiffe aus bunt zusammengewürfelten, ausgemusterten Kampfschiffen zu zerstören. Keiner der Piloten stieg aus seinem Schiff aus, bevor es explodierte und keine einzige Bombe konnte einen direkten Treffer landen. Lediglich einer der Jäger explodierte auf der Schiffshülle der Lemnos, als ein AAAF-Strahl das Navigationssystem zerschoss und der Jäger somit manövrierunfähig wurde. Es war das Schiff des Sergeants.
Last edited by Deleted User on Sun, 20. Nov 11, 15:41, edited 1 time in total.

trekki001
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Post by trekki001 » Sat, 19. Nov 11, 18:52

Für den Anfang schon mal sehr gut und die Charaktere sind von ihrem verhalten gut beschrieben und dieses verwantschaftliche verhältnis in der Komando-Ebene kann zu spannenden konflikten führen nur welche Richtung diese Geschichte nimmt ist noch nicht klar also schreib weiter mit dem Prolog damit mann sich ein besseres Bild machen kann ;-)

Child of Bodom
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Post by Child of Bodom » Sun, 20. Nov 11, 00:01

Himmel, Herrgott verdammt, ich kann einfach meine Klappe nicht halten, sry... Nicht wenn es um solche Kleinigkeiten und so wenige geht, die den Stil für mich von Gut auf Sehr gut heben könnten, wenn man sie umsetzt... Deshalb nochmal sry, ich weiß dass du nur Kritik über die Story und nicht den Erzählstil willst, aber das muss jetzt einfach sein...

Also, du musst dich schon entscheiden ob du im Präsenz oder in der Vergangenheit schreiben willst... Beides zusammen zu mischen ist ne verdammt schlechte Idee und geht üblicher Weiße etwas schief... ^^´ Ansonsten hab ich an den Formulierungen nichts zu motzen... Die lassen sich sonst in nem ziemlich guten Fluss runterlesen und man weiß eigendlich immer welcher Charakter wann was macht oder sagt, gerade wegen diesen eingerückten Zeilen... Das werd ich mir wahrscheinlich für mein nächstes Werk klauen und übernehmen, weil das macht echt ne verdammt coole Übersicht... ^^

An dieser Stelle muss ich erwähnen, dass ich mit Freespace und dem Universe recht wenig vertraut bin, deswegen bitte ich zu entschuldigen, falls die Charaktäre direkt aus dem Game entnommen wurden und man sehr genau weiß wie sie aussehen, aber ich vermisse gerade darüber ein wenig mehr Beschreibung... Alles andere ist dann schon wieder in Ordnung, weil es ja alles im Game drinne vorkam und daher nicht beschrieben werden muss... ^^´

Ansonsten lässt das Werk aber kaum Wünsche offen... Die Charakter-Interaktion ist einfach genial, wenn ich das mal sagen darf, viel besser als mir das jemals gelungen wäre oder gelingen würde und jemals gelingen wird und die Story verspricht interessant zu werden, auch wenn ich noch nicht den Hauch einer Ahnung hab um was es überhaupt irgendwann mal genau gehen wird, da ich wie gesagt mit dem Freespace-Universe überhaupt nicht vertraut bin... ^^´

Deleted User

Post by Deleted User » Sun, 20. Nov 11, 07:47

Ich muss mich für die verwechselten Zeitformen entschuldigen. :oops: Leider ist dies eine Schwäche, die ich seit jeher nicht ablegen kann. Du würdest mir aber einen großen Gefallen tun, wenn Du mir die ein oder andere Stelle zeigen würdest, wo dies sehr stark auffällt.

Zu den Charakteren. Alle sind bisher frei erfunden, bis auf den Vater des Lieutenant Koth. Diesen gab es tatsächlich im Spiel. Die Charakterbeschreibung habe ich vor im Laufe der fortschreitenden Geschichte mit zu integrieren, damit der Prolog die Charaktere erstmal nur vorstellt und sich erst mit der gesamten Story ein zusammenhängendes Bild ergibt.

Deleted User

Post by Deleted User » Wed, 23. Nov 11, 18:51

Nachtrag: Der zweite Teil des Prologs wird sehr wahrscheinlich etwas länger als der erste. Der Erste füllt bei mir 7 Din A4-Seiten, der zweite Teil ist jetzt schon, obwohl noch nicht ganz fertig, bei 12 Seiten. :roll:

Otas Elite
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Post by Otas Elite » Fri, 25. Nov 11, 20:54

Wann kommt der 2. teil ich sabber schon ^^

Deleted User

Post by Deleted User » Fri, 25. Nov 11, 21:53

Dann will ich Dich mal nicht weiter auf die Folter spannen. ;)

Hier der zweite und letzte Teil des Prologs, danach beginnt die Hauptstory. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen und haltet euch bitte nicht mit Kritik zurück. :)

____________________________________________________________


Nach dem Gefecht entfernte sich Rita unauffällig von der Brücke und ging zurück in ihr Quartier. Mittlerweile hatte sie sich etwas eingerichtet, aber sie ging dennoch zu ihrer Kommode und zog aus der unteren Schublade einen alten Bilderrahmen heraus. Das Bild darin war kein wirkliches. Es bestand aus einer vierstelligen Zahl und einer kurzen Anmerkung darunter.

_____________________________________1869
________________________________N'oubliez Jamais!

Die Inschrift erinnerte ursprünglich an das Jahr 1869 und stammte vom Bürgermeister von Paris aus jener Zeit. Dieser übergab das Bild Léo Delibes, welcher in diesem Jahr seine Operette L'Ecossais de Chatou in Paris uraufführte.
_____Für den Commander hatte diese Zahl jedoch eine andere Bedeutung. Es ist die Zahl der Opfer, die ihr waghalsiges Manöver vor 19 Jahren im Capella-System nicht überlebt hatten.
Einige Zeit lang saß sie auf ihrem Bett und starrte die Zahl einfach nur an. Nach wenigen Minuten des Nachdenkens nahm sie den Rahmen und befestigte ihn mit Hilfe der Magneten an der Rückseite an der freien Wandfläche über ihrem Bett. Sie stellte sich davor und starrte wieder einige Zeit auf die Zahl. Tränen rannen ihre Wangen hinunter als sich von hinten eine Hand auf ihre linke Schulter legte und eine raue Stimme zu ihr sprach.
_____„Der Vasudaner hat einige Wunden wieder aufgerissen, habe ich recht?“
Im gedimmten Lichtschein ihres Zimmers bemerkte sie nicht, wie sich jemand Zutritt verschaffte und sie kurze Zeit beobachtete.
_____„Was glaubst Du denn?“ sagte sie etwas argwöhnisch und griff mit ihrer Rechten nach der Hand. Sie fühlte sich genauso rau wie die Stimme an, welche zu ihr sprach. Noch dazu war sie faltig, was auf ein hohes Alter der Person schließen lies.
Rita drehte sich um, um ihren Besucher sehen zu können, ohne jedoch die Hand loszulassen. Mit der Linken griff sie auch die andere Hand des Mannes. Rita blickte in das eckige Gesicht des etwas stämmigen, alten Mannes, welches von Falten durchzogen, und doch voller Stolz und Anmut war.
_____„Du siehst nicht gut aus, Rita.“ reagierte der Mann.
_____„Die Narben der Vergangenheit, Sage. Sie hinterlassen leider ihre Spuren.“ sprach sie zu Sage McCallum, dem Kommunikations-Offizier.
_____„Wie hast Du die Zeit überstanden? War der Lieutenant ein guter Captain?“ wollte sie von ihm wissen, ohne zuviel zu verraten.
_____„Ja, das war er. Lieber hätte ich ihn als dauerhaften Commander anstelle des sturen Bocks Byrne gehabt.“ verdeutlichte er ihr und hob ihre Hände ein wenig an.
_____„Immerhin bist Du ihn jetzt los. Aber Du hast meine erste Frage nicht beantwortet.“ stellte sie fest.
_____„Was denkst Du denn? 19 Jahre haben wir nichts von Dir gehört. Roger, Bryan, Cammeron und Mary sind in der Zwischenzeit in Pension gegangen, ohne je wieder etwas von Dir gehört zu haben.“ warf er ihr vor.
_____„Ich weiß, aber ich habe alle ihre Karrieren verfolgt und mich bei allen nach ihrer Pensionierung gemeldet, damit sie wussten, dass ich sie nicht vergessen habe.“ rechtfertigte sie sich leicht verlegen.
_____„Nur bei ihnen. Was war mit uns hier an Bord?“ wollte Sage nun wissen.
_____„Ich hatte es nicht fertig gebracht mich mit jemandem in Verbindung zu setzen, der noch an Bord dient. Dafür reißen die Narben zu schnell auf.“ versuchte sie sich zu erklären. Sages Blick jedoch lies keinen Zweifel daran, dass er mehr erwartete.
_____„Du wolltest vergessen.“ brach es schließlich nach einem Moment des Schweigens aus ihm heraus, lies die Hände vom Commander los und setzte sich auf die Pritsche.
_____„Kann sein.“ Sie lies den Kopf hängen.
_____„Kann nicht nur sein, es ist so!“ warf er ihr nun vor.
_____„Hör auf mir Vorwürfe zu machen! Du hattest nie 2000 Mann unter Dir, die Dir treu ergeben waren und deren Leben zu schützen Deine gottverdammte Pflicht war. Du hast niemals 90% von ihnen an einem Tag opfern müssen, um das Leben einiger weniger retten zu können. Um Dein Leben retten zu können!“ schrie sie ihn an, brach in Tränen aus und setzte sich ebenfalls auf das Bett.
Kurze Zeit herrschte Stille zwischen den beiden, dann wagte Sage einen Versöhnungsversuch, rückte näher an sie heran und nahm sie in den Arm.
_____„Es tut mir Leid. Nein, ich hatte niemals eine solche Bürde zu tragen.“ hauchte er ihr ins Ohr und gab damit nach.
_____„Es tut alles wieder so weh, wenn ich hier bin. Ich werde etwas Zeit brauchen, um mich mit der neuen Situation abfinden zu können.“
_____„Du hast alle Zeit der Welt.“ lies er sie wissen.
_____„Nein, ich habe nicht mal mehr zwei Stunden, bis ich das Kommando übergeben bekomme. Bis dahin muss ich das irgendwie verarbeitet haben.“ korrigierte sie ihn und erwiderte seine Umarmung.
_____„Schlaf am besten noch ein wenig.“ Sage lies sie los und verließ das Quartier.
_____„Gute Nacht.“ hauchte sie ihm hinterher. Danach legte sie sich wieder hin, um zur Ruhe zu kommen.

_____„Was wird eigentlich aus mir, wenn ich nicht mehr Dein Stellvertreter bin?“ wollte Mitch von Andrew wissen, während sie auf der Brücke auf den Commander warteten.
_____„Ich werde Executing Officer und Du löst Lieutenant Daniels am Waffenleitstand ab.“ erklärte Andrew die neue Kommandoebene.
_____„Und Daniels?“
_____„Der verlässt uns nach Beta Aquilae 7. Auf Wunsch von Captain Byrne gehört er zu dessen Mitarbeiterstab.“
_____„Du klingst nicht sonderlich traurig darüber.“ stellte Mitch überrascht fest.
_____„Bin ich auch nicht, im Gegenteil. Der Drecksack war Byrnes persönlicher Spion auf dem Schiff. Oder was glaubst Du weshalb er ihn in seinem Mitarbeiterstab haben will?“
_____„Das A******** hat mich verpfiffen, als ich aus versehen in die Damentoilette gepoltert bin?“ wollte Mitch nun wissen.
_____„Nein, das war das Sendesystem Deines ID-Chips, der bemerkte, dass Du Dich in Räumen aufhältst, zu denen männliche GTVA-Angehörige keinen Zutritt haben. In die Pfanne gehauen hatte er Dich als er sagte, er hätte Dich dort hineingehen und nicht sturz betrunken hineinfallen sehen.“ stellte Andrew nun richtig. „Wobei es vielleicht doch ein Gefallen aus Nächstenliebe war, denn hätte er die Wahrheit gesagt, wärst Du mit einer Disziplinarstrafe und nicht nur mit einem bösen Blick Byrnes davon gekommen.“
_____„So kommt alles heraus, aha! Wie dem auch sei, seitdem spiele ich nur noch Strip- und keinen Trink-Poker mehr, allerdings mit den Damen auf meinem Quartier und ich verliere freiwillig.“
_____„Noch bin ich Captain dieses Schiffes, also ersparen Sie mir bitte weitere Einzelheiten Ihres Sexlebens, bevor ich weitere Disziplinarmaßnahmen ergreifen muss, Major!“ Erst sah er den Major mit ernster Mine an, doch dann änderten sich die Gesichtszüge in ein Schmunzeln und beide fingen an zu lachen.
_____„Major, sollten sich während meiner Amtszeit Gerüchte ähnlicher Natur auf mein Quartier verirren, werden die Disziplinarmaßnahmen der GTVA Ihr geringstes Problem sein. Viel mehr Sorgen würde ich mir dann um Ihre Zeugungsfähigkeit machen, da ich nicht davor zurückschrecken würde Sie zwangs zu sterilisieren. Haben wir uns verstanden?“ Plötzlich stand Commander Rita Longley hinter den beiden, welche jedes Detail dieser Unterredung mit anhören konnte.
_____„Aye, Commander!“ knirschte der Major nun plötzlich besorgt zwischen den Zähnen hervor.
_____„Wollen wir anfangen, Lieutenant?“ wandte sie sich an ihren Sohn.
_____„Selbstverständlich, Commander.“
Beide traten in die Mitte der Brücke und die Brückenbesatzung, darunter Lieutenant McCallum und Major Mitch reihten sich vor ihnen auf. Als alle auf ihren Plätzen waren, begann Lieutenant Koth mit seiner Rede an die Crew.
_____„Sehr geehrte Crewman der GTCv Lemnos. Es ist mir eine persönliche Ehre Ihnen mitteilen zu dürfen, dass sich Rita Longley, langjähriger Captain dieses ausgezeichneten Schiffes und dieser wunderbaren Crew, dazu entschlossen hat wieder in die GTVA einzutreten. Command hat ihrer Wiederaufnahme in den Befehlsstab des Schiffes zugestimmt und sie zugleich auch noch in den Rang eines Commanders, in Anerkennung ihrer Leistungen in Capella vor 19 Jahren, befördert. Zudem hat Command entschieden, dass es nur einen wahren Captain auf diesem so großartigen Schiff geben kann. Daher freue ich mich mein Übergangskommando über die GTCv Lemnos beenden und das Ruder an Commander Longley als dauerhaften Captain übergeben zu können. Meinen Glückwunsch, Commander. Sie haben uns gefehlt!“ schloss Andrew seine Rede ab.
_____„Danke sehr, Lieutenant. Auch freue mich nach fast 20 Jahren außer Dienst wieder in mein gewohntes Umfeld eintreten zu dürfen. Viele derer, die damals mit mir Dienst auf dieser Corvette taten, sind heute nicht mehr da, aber ich habe nicht den geringsten, oder fast keinen...“ und blickte zu Major Mitch, was einige Lacher hervorrief „...Zweifel daran, dass diese Crew genauso, wenn nicht noch leistungsfähiger ist, als die alte Stammbesatzung. In Anerkennung der bisherigen Leistungen von Lieutenant Koth, hat mich das Oberkommando dazu befugt Lieutenant Andrew Koth in den Rang eines Colonels zu erheben, was auch sogleich meine erste Amtshandlung als neuer alter Captain auf diesem Schiff sein wird. Herzlichen Glückwunsch, Colonel.“
Damit hatte Andrew definitiv nicht gerechnet.
_____„Danke...Commander“ stammelte er völlig überrascht.
_____„Meinen Glückwunsch, Colonel.“ gratulierte ihm auch Mitch, der ähnlich überrascht zu sein schien.
Noch einmal stellte sich Andrew in die Mitte der Brücke. „Ich danke Ihnen vielmals Commander. Ich hatte soeben mit allem gerechnet, aber mit Sicherheit nicht mit einer Beförderung.“ sprach er in die Runde, meinte aber ausschließlich den Commander.
_____„Nun, mein Sohn, Sie haben es sich verdient und Leistung wird von mir sehr stark honoriert.“ erklärte sie ihrem Sohn, der feuchte Augen bekam.
_____„Ich möchte diesen Anlass nutzen, gleich noch einige weitere Änderungen vorzunehmen.“ Nun wurden alle hellhörig.
_____„Colonel Koth wird als mein Executing Officer fungieren. Alle Befehle, die ich erteile, wird er weiterleiten und ich erwarte, dass diese genauso gewissenhaft ausgeführt werden, als wenn ich sie persönlich an die betreffenden Personen geben würde. Major Mitch wird den freiwerdenden Platz von Lieutenant Daniels übernehmen und mich somit hier auf der Brücke an der Waffenkonsole unterstützen. Lieutenant Daniels verlässt uns in einigen Tagen und geht zum Beraterstab des Oberkommandos. Bis dahin, Lieutenant, sind Sie vom Dienst freigestellt. Räumen Sie am besten schon einmal Ihr Quartier, damit sich Major Mitch darin einrichten kann. Am besten gleich.“ gab sie Daniels zu verstehen und reagierte damit auf die Anschuldigungen, die Andrew vor der Kommandoübergabe über den Lieutenant äußerte. Dieser verließ sichtlich empört, aber kommentarlos die Brücke. Als sich das Schott zur Brücke wieder schloss, brachen alle in lautem Jubel aus.
_____„Meine Damen und Herren, ich bin noch nicht fertig. Command hat der alten Lady – dem Schiff, nicht mir – einige Upgrades über Beta Aquilae 3 versprochen.“ wieder lautes Lachen „Daher lautet mein erster Befehl heute, Kurs ins Beta Aquilae-System zu setzen. Dort werden wir erst Lieutenant Daniels über 7 raus werfen und uns anschließend auf den Weg nach 3 machen. Also bitte, an die Arbeit meine Herren.“ und damit setzte wieder hektische Betriebsamkeit ein.

Andrew trat wieder an die Seite des Commanders, während die restliche Brückenbesatzung sich zurück auf ihre Plätze begab.
_____„Nett!“
_____„Wie bitte?“ wollte der Commander von Andrew wissen.
_____„Den Gunnery-Controll-Lieutenant einfach so während der Antrittsrede raus zuschmeißen. Nett.“ erklärte der frisch beförderte Colonel seinen Kommentar.
_____„Ich habe mir auf meinem Flug hier her alle Dossiers und Akten der kompletten Brückenbesatzung, einschließlich aller bisherigen Captains, durchgelesen. Ihr Kommentar über Daniels hatte mich lediglich in meiner Befürchtung bestätigt, weshalb ich diesen Schritt als notwendig erachtete.“
_____„Und die Crew hat es Ihnen gedankt. Byrne wird vor Wut platzen, wenn er erfährt, was Sie mit seinem Stabsspion gemacht haben.“ kommentierte er des Commanders Aktion.
_____„Na hoffentlich!“
_____„Hm?“ wunderte sich Andrew.
_____„Platzen, meinte ich. Hoffentlich platzt er, denn erfahren wird er es sowieso.“
Lachend und kopfschüttelnd entfernte sich der Colonel vom Commander und trat zu Major Mitch an die Waffenkontrolle, wo sich der Major schon mal mit einigen Simulationen auf sein neues Betätigungsfeld einstimmte.
_____„Und, schon eingearbeitet?“ wollte er von seinem langjährigen Freund und Kameraden wissen.
_____„Psst, nicht stören. Ich gewinne gerade die Schlacht der NTCv Belisarius gegen die GVD Psamtik.“ versuchte der Major zu sagen, doch plötzlich sah er nur noch seine virtuelle Corvette, die von einem gelben Plasmabeam-Strahl durchbohrt wurde. Als er verwundert aufblickte, sah er nur noch Andrews Hand am Regler des Schwierigkeitsgrads.
_____„Wegen Dir habe ich verloren!“ beschwerte er sich gespielt empört beim Colonel.
_____„Major, die Psamtik war bewaffnet und die Belisarius schwer beschädigt als sie aus dem Subraum in den Normalraum fiel. Mit Beschiss gewinnt man keine Gefechte.“ sagte Andrew und zwinkerte ihm zu.
_____„Der Commander hat be*** und gewonnen.“ entgegnete Mitch dem Hinweis in gewohnt kindischer Weise, doch dann trat auf einmal der Commander neben ihn und es wurde extrem leise auf der Brücke.
_____„Mitch, ich habe nicht be***, ich habe dafür gesorgt, dass Sie ein Schiff haben, auf dem Sie heute dienen dürfen! Da Ihnen dieses kleine Detail aber scheinbar unbekannt ist, stelle ich Sie für den Rest des Tages vom Dienst frei und konfrontiere Sie mit einer wirklichen Herausforderung. Nämlich herauszufinden was es mit der Zahl 1869 auf sich hat. Wenn Sie diese Zahl entschlüsselt und mir gesagt haben, was sie bedeutet, dürfen Sie Ihren Dienst wieder antreten. Und dann will ich wissen ob Sie immer noch glauben, ob ich in Capella betrogen habe, oder nicht. Raus!“ befahl sie dem Major und Andrew bekam allmählich große Augen.
Nachdem der Major die Brücke verlassen hatte, konfrontierte der Colonel sie mit ihrer Reaktion auf den Scherz des Majors.
_____„Was sollte das?“ fuhr er sie an.
_____„Colonel, stellen Sie meine Befehle in Frage?“ reagierte sie schroff auf die Frage.
_____„Keineswegs, aber erklären können Sie Ihre Handlungsweise dennoch, Commander.“ stellte er richtig.
_____„Das Schöne an meiner Position ist, dass ich niemandem eine Rechenschaft schuldig bin. Aber ich will mal nicht so sein. Major Mitch behauptete ich hätte in dem Gemetzel im Capella-System geschummelt, womit er gleichermaßen behauptete, dass ich nur durch diesen kindischen Beschiss 90% meiner Crew verlor. Man könnte also annehmen, ich hätte sie alle retten können, wenn ich nicht betrogen hätte. Dem war aber nicht so und das wird er jetzt durch etwas Recherche lernen.“ erklärte sie ihrem XO.
_____„Das hätte man auch sanfter angehen können. Niemand hat es verdient so von der Brücke gejagt zu werden.“
_____„Colonel Koth, ich bin Captain dieses Schiffes und Oberbefehlshaber dieser Crew. In dieser Position kann ich es mir nicht leisten mit jedem eng befreundet und darum sanft zu sein. Mit übergestreiften Samthandschuhen wird niemand angepackt. Alle sind gleich, egal in welchem Verhältnis sie zu mir oder anderen stehen.“ und damit machte der Commander klar, worauf sich der Colonel hier eingelassen hatte. Er würde nach Schichtende mit Mitch als auch dem Commander reden müssen, denn dies sah nach einer Kompetenzschlacht aus, welche Andrew nur verlieren konnte.

_____„Commander, wir erreichen den Deneb-Vega-Sprungknoten.“
_____„Danke, Ensign Conolly. Bringen Sie uns nach Vega und von dort aus weiter nach Beta Aquilae.“ wies der Commander den Nav-Officer an.
_____„Ich melde mich ab. Sollte mich jemand suchen, ich bin in der Kantine. Lieutenant McCallum, Sie übernehmen meinen Posten, bis ich zurück bin.“ sprach Andrew und verließ sogleich die Brücke.
In den Gängen bemerkte Andrew wie mit einem Ruck die Inertia-Kompensatoren ansprangen, was darauf hinwies, dass sich ein Subraumwirbel öffnete und das Schiff hineingezogen wurde. Ohne diese Kompensatoren war es unmöglich lebend in den Subraum zu gelangen, da beim Eintritt das Schiff massiv beschleunigte.
Aufgrund der Entdeckung des Subraums, nahm die Entwicklung in der Raumfahrt eine neue Wendung. Sprungknoten, die überall in der Galaxis zu finden waren, machten energiehungrige Antriebe unnötig, die kleine Objekte auf nahezu Lichtgeschwindigkeit brachten. Daher war auch die Lemnos gerade einmal 30 Meter pro Sekunde schnell. Stattdessen brauchte es nur einen Subraummotivator, der ein Schiff genauso pulsieren lies, wie der Sprungknoten. Dies führte zur Öffnung eines Vortex, der das Schiff anzog und anschließend im Subraum verschwinden lies. Allerdings konnten nur Schiffe oberhalb einer gewissen Massezahl genügend Energie aufbringen, um einen Vortex in ein anderes Sternensystem zu öffnen. Dies betraf alle Schiffe ab der Größe eines Kreuzers. Kleinere Schiffe wie Jäger und Bomber konnten lediglich Intrasystem-Sprünge vollziehen, um von einem Teil eines Sonnensystems in einen anderen zu gelangen.
In der Kantine angekommen, sah Andrew seinen langjährigen Freund und Kameraden allein an seinem Stammplatz wenige Meter neben dem Terminal sitzen. Die graue Uniform war ein wenig zerknittert und die Person darin brütete über einem Pad und las gespannt in den Geschichtsaufzeichnungen der Allianz.
_____Das Gesicht konnte Andrew nicht sehen, doch die schwarzen, militärisch kurzen Haare waren etwas zerzaust und die Finger der rechten Hand, welche die Stirn hielt, klopften leicht auf der Schädeldecke herum. Mitch schien entweder nervös, oder angespannt zu sein.
_____„Hey.“ machte sich Andrew bemerkbar.
_____„Hey.“ kam die Antwort, ohne ein Aufblicken, zurück.
Andrew setzte sich neben ihn und legte ihm die Hand auf die von ihm abgewandte Schulter. „Es tut mir leid.“ sagte er schlussendlich zu Mitch.
_____„Du kannst doch gar nichts dafür.“ stellte der Major richtig.
Ein leichtes Seufzen des Bedauerns war aus Andrews Mund zu hören, dann widersprach er. „Doch, hätte ich nicht behauptet, Du würdest betrügen, wäre der Commander nicht auf Dich losgegangen.“
_____„Mag schon sein, aber sie hat eh etwas gegen mich. Von daher wäre es früher oder später sowieso zu solch einer Situation gekommen. Sie will mich unter ihrer Kontrolle haben, darum auch meine Versetzung an den Waffenleitstand.“ schilderte er seine Gedankengänge.
_____„Das ist mir auch schon aufgefallen. Ich will heute mal mit ihr reden, wenn sich die Gelegenheit bietet. Ich hoffe, dass ich dann einige Dinge klären kann.“ versuchte er Mitch zu trösten.
_____„Du könntest mir erstmal bei was anderem helfen. Deine Mom verlangt von mir eine genaue Schilderung über diese verdammte Zahl. Was hat es also damit auf sich?“ wollte Mitch nun von seinem Kumpel wissen.
_____„Hast Du Dich nie gefragt weshalb hier jeder so scharf war meine Mom als Captain zurückzubekommen?“
_____„Ich ging bisher davon aus, dass dies an ihrem Führungsstil an Bord lag.“ wobei er daran mittlerweile ein wenig zweifelte.
_____„Auch, aber der Hauptgrund für diese Form der Loyalität ist diese Zahl. Ich erklär's Dir.“
_____„Wäre nett.“ kommentierte Mitch.
_____„Vor 52 Jahren betraten die Shivaner über einen heute noch unbekannten Punkt im Gebiet der GTVA unser Hoheitsgebiet. Ihr Flaggschiff, oder was wir dafür hielten, griff ein System nach dem anderen an.“ erklärte er.
_____„Ja, genau. Dies führte ja dann auch zum Frieden zwischen den Vasudanern und uns.“ schloss Mitch daraus.
_____„Richtig, denn sowohl Vasudaner als auch Terraner waren von den shivanischen Angriffen betroffen und konnten sich einen Zweifrontenkrieg nicht leisten. Also zogen beide Parteien gegen ihre Angreifer los und mussten feststellen, dass sie nichts gegen sie ausrichten konnten. Diese Machtlosigkeit führte dazu, dass die Vasudaner ihren Heimatplaneten Vasuda Prime verloren.“ führte Andrew weiter aus.
_____„Weshalb sie auch heute noch keinen offiziellen neuen Heimatplaneten haben.“
_____„Durch Zufall fand man ein Jahr später heraus, dass die Schildsysteme der shivanischen Schiffe im Subraum nicht funktionierten, womit sie angreifbar wurden. Somit war es uns möglich den shivanischen Superzerstörer im Transit von Delta-Serpentis nach Sol zu zerstören, was leider auch den Subraumkanal zwischen beiden Systemen kollabieren und auch uns heimatlos werden lies.“
_____„Das war der erste große Krieg, bei dem selbst der Commander noch in den Kinderschuhen steckte, was also hat es mit dieser Zahl auf sich? Denn im ersten großen Krieg wird sich der Commander wohl kaum schon ihre ersten Sporen verdient haben.“ machte Mitch klar.
_____„Hat sie auch nicht, aber ich wollte Dir die Zusammenhänge verdeutlichen, da ich nicht weiß wie gut Du in Geschichte versiert bist.“ rechtfertigte der Colonel seine langen Ausführungen.
_____„Wie dem auch sei. 32 Jahre nach der Zerstörung des Superzerstörers kehrten die Shivaner auf einmal zurück. Diesmal jedoch wussten wir von wo sie kamen.“
_____„Aus dem Nebel hinter Gamma Draconis.“ sprach Mitch im Anflug eines Geistesblitzes.
_____„Genau! Diesmal jedoch war ihre Streitmacht um ein Vielfaches größer als zuvor, allerdings schienen sie es nur auf Capella abgesehen zu haben. Sie platzierten über 80 ihrer Juggernaut-Schlachtschiffe rund um die Sonne Capellas und beschossen sie mit einer Art Impuls mehrere Tage lang. Command hatte bereits mit der Evakuierung des Systems begonnen, aber es dauerte alle 250 Millionen Zivilisten aus dem Kampfgebiet zu bekommen. Der Commander und die Lemnos wurden abgestellt, um die Evakuierung gegen die andauernden Angriffe der Shivaner zu verteidigen. Plötzlich wurde allen klar was für ein Impuls es war, mit dem die Sonne Capellas beschossen wurde, denn inmitten der Evakuierung wurde die Sonne zur Supernova.“ erklärte Andrew die zweite shivanische Invasion.
_____„Und raus kam sie nur durch ihren Beschiss.“ führte Mitch weiter fort.
_____„Sei besser vorsichtig, nicht dass sie gleich wieder angestürmt kommt.“
_____„Schon klar.“ winkte Mitch ab.
_____„Die Schockwelle der Supernova war gerade einmal eine Lichtminute von der Lemnos entfernt. Bei regulärer Maximalgeschwindigkeit hätte das Schiff aber drei Minuten gebraucht, um den Sprungpunkt aus dem System zu erreichen, also befahl sie der Reaktorbesatzung die Kühlstäbe aus dem Reaktor zu ziehen, und zwar alle. Damit brachte der Reaktor für kurze Zeit etwa 300% mehr Leistung, was es ihr ermöglichte innerhalb einer Minute am Sprungpunkt anzukommen. Durch die Gefechte mit den Shivanern im System war das Schiff aber bereits schwer angeschlagen und es gab auch schon einige Opfer unter der Besatzung. Die meisten Opfer jedoch gab es nach der Reaktorüberlastung im Maschinenraum, da sich das Strahlungsniveau binnen Sekunden um ein Tausendfaches erhöhte. Kurz bevor das Schiff den Sprungknoten erreichte, explodierte der Reaktor und riss ein Loch von der Größe eines Kreuzers ins Schiff. Nur durch die Fliehkraft gelang es dem Commander den Vortex zu durchqueren. Als sie in Epsilon Pegasi den Subraum wieder verließ, funktionierte kein einziges Subsystem des Schiffes mehr und sie konnte auch der Fliehkraft nichts entgegensetzen. Das Einzige was das Schiff stoppte waren die Kollisionen mit den zivilen Rettungsschiffen, von denen viele beschädigt, keines aber zerstört wurde.“
_____„Und die Zahl, die mir der Commander nannte, ist die Zahl der Opfer, die dieses Manöver gekostet hat, habe ich recht?“ wollte Mitch nun wissen.
_____„Genau so ist es. Dies ist auch der Grund weshalb sie danach die GTVA verlassen hat.“ beendete er seine Ausführung und stand wieder auf, um zur Theke zu gehen und sich etwas zum Frühstück zu holen. Mitch folgte ihm.

Nach Ende der Frühstückspause gingen beide zurück auf die Brücke und Major Mitch überreichte dem Commander sein Pad mit der genauen Schilderung dessen, was in Capella vor 19 Jahren geschah. Longley nahm das Pad, las sich die Erläuterungen kurz durch und nickte Mitch zustimmend zu.
_____„Gut gemacht, Major. Sie dürfen Ihren Dienst wieder antreten.“ lies sie ihn wissen.
_____„Danke, Commander. Ich werde weitere Kalibrierungen an den Waffensystemen vornehmen.“ Mitch salutierte und begab sich anschließend wieder zur Waffenkonsole rechts von der taktischen Konsole des Commanders.
_____„Wir erreichen nun den Exit-Punkt.“ sprach Ensign Conolly und meinte damit das Fenster in dem die Lemnos den Subraum in den Normalraum verlassen konnte.
_____„Alle auf ihre Positionen.“ sprach der Commander und Andrew wiederholte den Befehl.
Dies war eine Standardvorgehensweise beim Verlassen des Subraums, da im Subraumkorridor nicht erfasst werden kann, was sich im Normalraum befindet, weshalb immer Alarmbereitschaft bestehen musste.
_____„Sensorschirm normal, keine außergewöhnlichen Erfassungen.“ meldete der Offizier am Sensorleitstand.
_____„Danke, Major Sonaka.“ bedankte sich Rita und befahl Ensign Conolly, dem Offizier an der Navigationskontrolle, das Schiff aus dem Anflugvektor zu manövrieren.
_____„Vollständige Wiederaufladung der Subraummotivatoren in sieben Minuten, Commander.“ lies die junge Ensign den Captain wissen.
_____„Wie lang werden wir von hier bis zum Vega-Beta Aquilae-Knoten brauchen?“ wollte der Commander wissen.
_____„Laut Berechnungen 2 Stunden und 35 Minuten.“ antwortete Conolly.
_____„Danke, Conolly. Andrew, Sie übernehmen bitte. Ich begebe mich auf mein Quartier und sende dem Oberkommando den Bericht über den vasudanischen Angriff heute Nacht.“
_____„Wäre nicht Sanchez dafür zuständig gewesen, als befehlshabender Offizier der Brücke zu der Zeit?“ hakte Andrew nach.
_____„Wäre er, aber er verließ sich darauf, dass wir es machen.“ sprach sie und verließ die Brücke mit einem flüchtigen Salut, den der Colonel erwiderte.
Wenige Minuten später öffnete sich der Vortex wieder und die Lemnos verschwand darin.

Interlinkverbindung: Hergestellt
Übertragungsart: Teilverschlüsselt
Reportzeitpunkt: 10:39 Uhr
Autor/Sender [Schiff]: Commander Rita Longley/Commander Rita Longley [GTCv Lemnos]
Empfänger: Oberkommando Beta Aquilae
Betreff: Verteidigungsprotokoll 21.08.2386 03:47 Uhr
Grund für Report: Angriff auf GTVA Kriegsschiff

Report: Um 03:47 Uhr, galaktisch terranischer Standardzeit, verließen 16 Kleinkampfschiffe, Jäger und Bomber, gestaffelt in vier Gruppen, den Subraum 3 Kilometer entfernt der GTCv Lemnos. Alle Schiffe vasudanischer Bauart (Anubis, Horus, Osiris und Toth-Klasse), alle Schiffe ausgemustert aus GTVA Arsenal. Nach Sensor-Neuorientierung und Zielerfassung starteten die Bomber jeweils eine Bombe auf die Corvette. Sofort wurde Angriffsalarm gegeben.
Diensthabender Offizier der Brücke: Major Enrico Sanchez.
Am Zwischenfall beteiligte Personen: Colonel Andrew Koth, Lieutenant Sage McCallum, Major Lee Sonaka, Ensign Conny Conolly, Major Enrico Sanchez

Alle vier Staffeln näherten sich dem Schiff. Grund für Angriff bis zum Eintreffen des Commanders unbekannt. Erst nach Warnung vor Gegenmaßnahmen erfolgte eine Reaktion der Angreifer. Abschuss aller zielgerichteten Bomben.
Vasudanischer Kampfverband unter Führung von ehemaligem Sergeant Festnu der 9. Kampfgruppe Aldebaran. Dieser forderte Auf- und Übergabe des Commanders. Beides wurde verweigert.
Grund für Forderung: Tot des Bruders, Andarvael Ketmos, an Bord der GTCv Lemnos, vor 19 Jahren in Capella.

Nach Kontaktaufnahme mit Angreifern erfolgte Abschuss aller feindlichen Schiffe.
Aufhebung des Angriffsalarms.
Keine Toten oder Verletzten auf dem Schiff.

Schäden am Schiff: Verlust von 2 Prozentpunkten an Hüllenintegrität.

Persönliche Anmerkung Commander Rita Longley: Es ist mir unbekannt wie die vasudanischen Angreifer von meinem Wiedereintritt in die GTVA und meiner Stationierung auf der Lemnos erfahren konnten. Ich erbitte darüber eine Aufklärung und Auskunft, da weitere Racheakte unter diesen Umständen nicht ausgeschlossen werden können.

Commander Rita Longley, GTCv Lemnos

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Als der Commander den Bericht abschloss, hatte das Schiff bereits den Subraum wieder verlassen und befand sich im Anflug auf den Vega-Beta Aquilae-Knoten.
Der Commander aktivierte den Commlink zur Brücke „Ensign Conolly, Longley hier. Wie lange werden wir, Ihrer Schätzung nach, noch bis Beta Aquilae 7 brauchen?“ wollte sie wissen.
_____„Alle Flug- und Wartezeiten inbegriffen, noch ungefähr 3 Stunden und 10 Minuten. Nach oben offen, Commander.“ gab die Stimme aus dem Lautsprecher an.
_____„Danke sehr, Ensign.“ sprach Rita und fügte hinzu „Sagen Sie dem Colonel bitte, dass er mich, bis zu unserer Ankunft bei Beta Aquilae 7, vertreten muss.“
_____„Wird gemacht, Conolly Ende.“ und so schloss sich die Verbindung wieder und Rita legte sich ein wenig schlafen.

Als der voreingestellte Weckruf erklang, verließ das Schiff wieder den Subraum und dockte an der Heimatwerft über Beta Aquilae 7 an.
_____Andrew beobachtete das Andockmanöver auf Cnollys Monitoren, schaltete danach auf die Außenansicht der Station und staunte als das Schiff langsam gleitend in die mehrere hundert Meter im Durchmesser messende Andockbucht schwebte. Wenige Minuten später fixierten die kräftigen Arme des Stationsauslegers das Schiff fest an der Station, welche die gerade aufgehende Sonne über dem orangen Wüstenplaneten Beta Aquilae 7 hell beleuchtete. Andrew ging zu Lieutenant McCallum, der während der gesamten Andockprozedur Kontakt mit dem Stationsleitdienst hielt. Er griff sich das Mikro, öffnete den Bordfunk und sprach „Verehrte Crewman, wir haben soeben am Heimathafen der Lemnos angedockt und werden hier bis morgen früh verweilen, um das Schiff inspizieren zu lassen. Solange haben Sie Urlaub und können sich frei auf der Station und dem Planeten bewegen. Bedenken Sie jedoch, dass das Schiff morgen früh um 0800 weiterfliegt in Richtung Beta Aquilae 3, um sich dort weitreichenden Umbaumaßnahmen zu unterziehen. Seien Sie also pünktlich zurück. Colonel Koth, Ende.“, trat von der Kommunikationskonsole zurück und setzte sich.
Plötzlich betrat Lieutenant Daniels die Brücke und salutierte.
_____„Erbitte Erlaubnis von Bord gehen zu dürfen, Colonel.“ sprach er emotionslos und mechanisch.
_____Koth blickte ihn an und war verwirrt.
_____„Was soll das? Runter vom Schiff. Sie sind nicht länger Teil dieser Crew, also gehen Sie!“ maulte er ihn an.
_____„Aye, Sir.“ sprach er und drehte sich auf den Fersen um.
Der Colonel saß gerade auf dem Stuhl des Commanders, zog die rechte Hand vor die Augen und stöhnte dabei leise.
_____„Wurde auch Zeit, dass der verschwindet.“ meldete sich Mitch zu Wort.
_____„Allerdings.“ pflichtete ihm Andrew bei.
Mit müden Knochen erhob er sich vom Stuhl.
_____„Auf, wir haben Urlaub. Außerdem müssen wir die Stationsinspekteure noch reinlassen.“ gab er seinem Freund zu verstehen.
_____„Schon unterwegs.“

Nachdem die Inspekteure an Bord gingen, machte auch Andrew Feierabend und ging auf sein Quartier. Davor wartete bereits Lee Sonaka auf ihn.
_____„Lee, ich habe keine Zeit und auch keine Lust.“ lies ihn der Colonel sogleich wissen.
Der Asiat zog verwundert eine Augenbraue nach oben.
_____„Du weißt doch gar nicht was ich vor habe.“ stellte er pikiert fest.
_____„Doch, Du willst, dass ich mit auf die Station komme, damit wir feiern gehen können. Die Antwort ist nein.“
Andrew hob die Türverriegelung seines Quartiers auf und lies ihn mit hinein.
_____„Du klingst nicht sonderlich glücklich. Hat es mit Miss Longley zu tun?“ Volltreffer!
_____„Ich bin ganz froh, dass sie an Bord ist, nur ihr Führungsstil macht mir zu schaffen.“ korrigierte der Sohn des Captains.
_____„Wegen ihrem Auftritt mit Mitch, habe ich recht?“ Und wieder ein Volltreffer.
_____„Wenn Du eh schon alles weißt, warum fragst Du überhaupt noch?“ wollte Andrew genervt wissen.
_____„Sprich mit ihr, danach wird alles wieder gut sein.“
_____„Das Problem ist, dass sie sich zwischen mich und Mitch stellt, als ob sie mit unserem Umgang ein Problem hätte. Und als ihr XO kann ich ihr noch nicht einmal widersprechen.“ erklärte der Colonel die Zwickmühle, in der er sich befand.
_____„Du kannst schon, Du darfst es nur offiziell nicht, also mach es außerhalb der Dienstzeit. Dann kann sie Dir auch keine Insubordination vorwerfen.“ schlug ihm der Major vor.
_____„Eine andere Wahl habe ich auch nicht. Allerdings ist sie schon auf der Station. Dass heißt ich kann mich hier doch nicht, wie geplant, verkriechen.“
_____„Tja, wirst wohl doch mitkommen müssen.“ lies ihn Lee wissen.
_____„Scheint wohl so. Also auf zum Commander.“ und beide verließen das Quartier in Richtung der Schleusen.
Auf der Station angekommen, verließ Lee den Colonel, damit dieser sich auf die Suche nach seiner Mutter machen konnte. Im Stationsrestaurant, nahe dem Schiffsankerplatz, wurde er fündig, bahnte sich seinen Weg zu ihr und sprach sie an.
_____„Hey, Mom.“
_____„Vorsicht, ich weiß nicht ob sonst noch jemand aus der Crew hier ist.“ warnte sie ihn.
_____„Ok. Commander.“ schwenkte Andrew um.
_____„Was gibt es denn?“
Der Commander saß an einem der vielen Tische und aß gerade zu Mittag, auch wenn es schon reichlich spät dafür war. Andrew setzte sich neben sie auf einen der gepolsterten Stühle.
_____„Ich muss mit Ihnen über den Vorfall mit Major Mitch sprechen.“ fing er an.
_____„Was gibt es da zu besprechen?“ wollte sie in einem unterschwellig arroganten Ton nun wissen.
_____„Es mag sein, dass sich der Major unvorteilhaft ausgedrückt hat, dies ist jedoch kein Grund ihn vor der versammelten Brückenbesatzung von der Brücke zu werfen und ihm dazu noch eine Hausaufgabe zu geben, die man bestenfalls kleinen Kindern gibt.“ erklärte er seiner Mutter.
_____„Colonel, der Major hat weit über die Stränge geschlagen und es brauchte eine harte Hand, die ihm auf die Finger schlägt, damit er begreift, dass es so nicht funktioniert.“
_____„Nur, dass er jetzt glaubt Sie hätten grundsätzlich etwas gegen ihn. Und mit dem Glauben ist er nicht allein. Ich glaube Sie haben etwas gegen den Umgang, den der Major mit mir pflegt.“ führte Andrew weiter aus.
_____„Das ist Blödsinn, Junge! Jeder ist gleich in meinen Augen.“
_____„Das hat man ja gesehen.“ entgegnete ihr Sohn sarkastisch.
_____„Was soll das heißen?“
_____„Sie haben Byrnes Spion mit Samthandschuhen angefasst im Vergleich zu dem, was Sie mit dem Major getan haben, und der hat sich lediglich einen Scherz erlaubt. Das heißt es.“ fuhr es aus ihm heraus.
_____„Colonel, ich habe 1869 Menschen und Vasudaner an einem Tag verloren. Was glauben Sie, soll ich zu Mitch sagen? 'Es stimmt, ich habe be*** und daher eine Hand voll Leute retten können'? Ich weiß, dass Sie sich für ihren Freund einsetzen wollen und ich weiß dies vor allem zu schätzen, auch wenn ich der Meinung bin, dass Sie ihn bevorzugen, jedoch ist er einfach zu weit gegangen. Ich kann solcherlei Dinge nicht tolerieren.“ rechtfertigte sie erneut ihre Entscheidung.
_____„Commander, Sie könnten, wenn Sie es wollten. Was Ihnen dabei aber im Weg steht, ist Ihre Vergangenheit, die Sie nicht loslassen wollen.“ sprach der Colonel ihr ins Gewissen.
_____„Führen wir dieses Gespräch noch auf professioneller Ebene?“
_____„Rita, diese Ebene hatten wir beide verlassen, als wir das Schiff verlassen haben.“ erklärte er ihr ohne zu zögern.
Sie hielt die Gabel in der Hand und starrte einige Augenblicke in sich hinein. Andrew war etwas nervös, erwartete jedoch mit Spannung die Antwort auf seine Vermutung, der Commander würde sich von persönlichen Gefühlen leiten lassen.
Auf einmal rammte sie ihre Gabel in den Holztisch, warf ihrem Sohn einen undeutbar finsteren Blick zu und stand plötzlich auf und ging. Andrew saß verdutzt da und blickte seiner Mutter mit halboffenem Mund hinter her, als diese das Restaurant verließ.
Einige Minuten saß er noch da, dann stand auch er auf und wollte gehen. Plötzlich jedoch kam eine Mitarbeiterin des Etablissements ihm entgegen und stoppte ihn.
_____„Moment, wer bezahlt das Essen?“ sprach und forderte die Junge Frau mit strengem Ton.
_____„Wurde es noch nicht bezahlt?“ wollte Andrew überrascht wissen.
_____„Nein, sonst würde ich nicht hier stehen.“ entgegnete die junge Frau zynisch.
_____„Hier meine Karte.“ gab der Colonel seufzend nach und überreichte ihr seine Creditkarte, welche das einheitliche Zahlungsmittel im GTVA-Raum darstelle.
Die junge Angestellte nahm ein kleines Lesegerät von der Größe einer Scheckkarte von ihrem Gürtel, hielt die Creditkarte darauf und augenblicklich tauchte auf der anderen Seite des Geräts die zu zahlende Summe auf.
_____„Wie bitte? 110 Credits?“ stellte Andrew entsetzt fest.
_____„Der Holztisch ist darin bereits inbegriffen.“ erklärte sie nun völlig emotionslos.
Der Colonel blickte sich noch einmal zum Tisch um und sah die Gabel, welche seine Mutter dort hinein rammte, immer noch darin stecken.
Wieder einmal seufzend, diesmal aber kleinlaut, sprach er „Nehmen Sie sich noch fünf Credits Trinkgeld.“ und nach einem einzigen Druck auf das Display, sprang der Betrag auf 115 Credits.
_____„Vielen Dank, der Herr, und beehren Sie uns bald wieder.“
Er war sich nicht sicher ob er diese Aussage wirklich ernst nehmen sollte, zog es dann aber vor nicht weiter darüber nachzudenken und zu gehen.

Andrew beschloss nach Lee zu suchen, um mit ihm ein oder zwei Drinks zu genießen und etwas zu plaudern, fragte also einen Stationsangestellten, wo es eine Bar gibt. Der freundliche Herr auf dem Flur vor dem Restaurant verwies ihn eine Ebene tiefer. Dort befanden sich einige Tavernen, welche aber hauptsächlich vom Stationspersonal genutzt wurden. Auf dem Weg dort hin begegnete ihm auf einmal Mitch, der über beide Ohren strahlte.
_____„Was ist denn mit Dir los?“ wollte Andrew verwundert von ihm wissen.
_____„Du errätst nie was gerade passiert ist.“
_____„Dann sag es mir einfach.“ sprach er in genervt zynischem Tonfall.
Mitch holte tief Luft und sprach „Ich hatte soeben den Commander an der Schiffsschleuse getroffen, als ich gehen wollte, und wollte eigentlich nur schnell weg von ihr. Doch plötzlich kommt sie auf mich zu und – jetzt pass' auf – entschuldigt sich bei mir für ihr Verhalten mir gegenüber wegen meinem Scherz!“
_____„Oha.“ stieß der Colonel erstaunt aus.
_____„Das ist noch nicht alles. Sie hat ihr Verhalten mir gegenüber sogar versucht zu erklären. Sie sei wohl noch immer nicht über den Vorfa...“
_____„Alarm, Alarm! Alle Mannschaftsoffiziere auf ihre Positionen.“ ertönte auf einmal der Stationsalarm und wiederholte sich in kurzen Abständen.
_____„Was ist denn jetzt los?“ wollte Mitch von niemand bestimmten wissen.
_____„Keine Ahnung.“ antwortete Andrew „Schauen wir doch mal nach.“ und trat ans Fenster. Dort konnte man wunderbar den Punkt sehen, an dem Schiffe, mit der Station als Ziel, üblicherweise den Subraum verlassen. Zu erst konnte Mitch nichts sehen, doch dann trat er einen Schritt nach links und sah plötzlich einen sich schließenden Subraumwirbel und davor einen alten vasudanischen Kreuzer der Aten-Klasse.
_____„Meinst Du der Kreuzer ist der Grund für den Alarm?“ fragte Mitch seinen Freund.
_____„Durchaus möglich. Sicher bin ich aber nicht.“ sprach er, während der Alarm weiter schrillte.
_____„Die Mjolnir-Verteidigungsstrahlengeschütze richten sich auf ihn aus, sieh doch!“ stellte der Major fest.
_____Diese Verteidigungsstrahlengeschütze waren massive mobile Waffenplattformen, welche lediglich mit einem Strahlengeschütz ausgestattet wurden, das so groß war, dass es nur auf Schiffen groß wie Zerstörer genutzt werden konnte. Mit einer Länge von über 100 Metern, waren diese Geschütze aber leider auch schnell ausgeschaltet, da ihre Feuerkraft sie zu lohnenden Zielen machte.
_____Am Austrittspunkt der Geschütze bildete sich eine kleine weiße Lichtkugel, welche schnell größer und grün wurde. Der andauernde Strahl aus gebündeltem Licht zusammen mit ultrahoch erhitzem Plasma, welcher von dem Verteidigungslaser ausgestoßen wurde, hätte ihn in die Weiten des Alls driften lassen, weshalb er mit kleinen, aber leistungsstarken Korrekturtriebwerken ausgestattet war. Zudem hielten die fünf rotierenden Arme das Konstrukt stabil, so dass der Beamstrahl nicht ausbrechen und Kollateralschaden anrichten konnte.
_____Die Geschütze feuerten und rissen tiefe Furchen in die Hülle des alten Kreuzers, zerstörten oder gar verlangsamten ihn jedoch nicht bei seinem Anflug auf die Station. Plötzlich sahen die beiden am Fenster, dass zwei weitere, etwas schwächere, Strahlengeschütze von schräg rechts über ihnen abgefeuert wurden, konnten jedoch nicht sehen, woher diese kamen, bis es Mitch wie Schuppen von den Augen fiel.
_____„Das ist die Lemnos! Sie feuert die vorderen Geschütze.“
Der Commander war an Bord des Schiffes gegangen und half bei der Neutralisierung der Bedrohung.
_____Die Strahlen trafen den Reaktorkern des Kreuzers und führten zu einer Kettenreaktion, an deren Ende das vasudanische Schiff explodierte und dessen Trümmer auf die Station zurasen lies. Andrew versuchte den ungefähren Kurs der Trümmer zu verfolgen und sah, dass sie wenige hundert Meter links von ihnen einschlagen würden.
_____„Um Gottes Willen.“ entfuhr es Mitch. „Dort unten steht Cnolly! Ich kann sie sehen. Sie rührt sich nicht.“
_____Die L-Form der Station machte es leicht andere Personen von der Position der beiden Freunde aus zu entdecken, doch sie konnten nichts tun als zuzusehen, wie die Trümmer auf der Position einschlugen, an der ihre Freundin und Kameradin stand. Alle Sicherheitsschotts schlossen sich automatisch, um die einzelnen Bereiche der Station zu sichern, womit die beiden gefangen waren. Mitch stand unter Schock und brach zusammen.

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Post by -Bejex- » Fri, 2. Dec 11, 19:33

Hallo
Achja.. Freespace, beide Teile und einige gute mods hab ich damals ewig gezockt. :D
Du hast mich glatt auf die idee gebracht das ich die mal wieder spielen sollte.

Naja genug geschwärmt..
Zur Geschichte schreib ich später mal was.. ich muss selber erst mal wieder das Freespace Universum kennenlernen.
Aber der name Lemnos sagt mir was... bloss woher? :(
Bitte weiterschreiben... ich installier derweil Freespace. :wink:
mfg B.
So Leute.. dann lasst uns mal aufstossen und ins Horn brechen.

Guest

Post by Guest » Sun, 10. Feb 13, 18:24

Und da bin ich wieder. Ich habe lange überlegt, ob ich an der Story weiterschreiben soll oder nicht, denn die Resonanz war ja nicht gerade vielzählig. Aber dem ein oder anderen wird es vielleicht gefallen, was er hier zu lesen bekommt und solange ich noch hier im Board bin, ist es mir nur recht, wenn ich andere mit meiner Story begeistern kann, denn sonst gibt's hier ja eher nur traurige Nachrichten.

Das zweite Kapitel ist bereits in Arbeit und wird den (euch zumindest) nichtssagenden Titel "Nagari" tragen.

Also viel Spaß damit und ihr dürft gern alles kommentieren, was euch auffällt. :wink:

Aufgrund der Unfähigkeit dieser antiquierten Forensoftware, darf ich nun mehrere Parts hieraus machen. Ist ja nicht so, dass wir das nicht schon längst angeprangert hatten. :roll:
____________________________________________________________

Kapitel 1 – Vernichtung, Vergeltung, Verrat

Im Dunkel des verbarrikadierten, nur vom Licht der Sonne Beta Aquilaes beleuchteten, Korridors, warf sich Andrew auf den Boden zu seinem Kameraden und langjährigen Freund, um ihm zu helfen. Er lehnte sich über seinen Kopf, damit er feststellen konnte, ob dieser noch atmete. Er tat es, aber nur schwach und unregelmäßig. Sein Puls war genauso unregelmäßig und es stand zu befürchten, dass er einen Herzstillstand erleiden würde. Sofort brachte Andrew ihn in die Schocklage, indem er sich selbst unter Mitch's Beine legte und beruhigend auf ihn einredete. „Mach Dir keine Sorgen. Ihr ist nichts passiert, hörst Du? Sie hat sämtliche Sicherheitslehrgänge erst kürzlich absolviert als sie an Bord des Schiffes kam, sie weiß wie sie sich zu verhalten hat.“
_____Er warf im Schein der Sonnenstrahlen einen Blick auf das Gesicht seines Freundes und versuchte eine Reaktion feststellen zu können, doch Mitch blieb weiterhin ohne Bewusstsein. Andrew schnappte sich die Beine des Majors und wuchtete sie an die Kanten der Wand, um die Fersensohlen darauf ablegen zu können. Dies würde die Schocklage erleichtern und Andrew die Möglichkeit geben, zu versuchen, das Schiff zu erreichen. Es waren erst wenige Minuten seit den Einschlägen vergangen als Andrew das Funkgerät im Korridor ansteuerte und versuchte die Stationskontrolle zu erreichen. Alles was er hörte war nur ein statisches Rauschen und als er den Hörer wieder ablegte, bewegten sich plötzlich die Schotts, die die Korridore verriegelten. Er trat zurück ans Fenster und sah, dass auf der gesamten Station die Türen wieder öffneten. Dass bedeutete für ihn letzten Endes nur, dass sämtliches Rettungspersonal sich auf den Einschlagsbereich konzentrieren würde, also schnappte er sich seinen Freund, warf ihn sich über die Schulter und rannte so schnell es ihm gelang zum Schiff zurück. Dort angekommen, sah er gerade ein Rettungsteam die Schleuse verlassen und übergab ihnen Mitch, die ihn auf einem Tragetuch platzierten und zurück ins Schiff marschierten. Andrew folgte ihnen bis hinein und orderte bei der Krankenstation ein weiteres Rettungsteam allerdings mit schwerer Bergungsausrüstung und befahl ihnen sich mit ihm vor dem Schiff zu treffen. Keine fünf Minuten später standen zwei Sanitäter und drei mit Stemmeisen und schweren Spreitzscheren ausgerüstetes Bergungsteam vor ihm. Er orderte sie sofort zur letzten bekannten Position des Ensigns und lief vorweg.
_____Sein Weg führte ihn vorbei an Leichen und dessen was von ihnen übrig geblieben war. Unbeirrt lief er weiter, bis ihm nach einer Treppe nach unten auffiel, dass die Notbeleuchtung angesprungen war. Dieser Erkenntnis schenke er nur beiläufig seine Aufmerksamkeit und stürmte weiter voran in Richtung Cnollys Position. Nach ungefär 150 Metern und unzähligen Leichen befürchtete er das Schlimmste. Doch Cnolly kauerte auf dem Boden an der Wand und rührte sich nicht. Sofort ging er zu ihr und sprach sie an. „Cnolly, ich bins, Andrew. Bist Du bei mir?“ Keine Reaktion. Er versuchte es weiter, bis das Rettungsteam bei ihm war und dieses ihn von ihr wegschob. „Ihr Puls ist schwach, aber regelmäßig. Sie kann abtransportiert werden.“ sprach der Sanitäter und nickte seinem Kollegen zu, um ihm zu signalisieren, dass sie auf die Trage aufgenommen werden konnte. „Was hat sie?“ wollte Andrew wissen. „Vermutlich einen Schock. Weiteres erfahren wir erst nach einer ausführlichen Untersuchung.“ ließ der Sanitäter den XO wissen und wandte sich von ihm ab.
_____Unverzüglich machte sich Andrew zusammen mit dem Sanitätsteam auf den Rückweg zum Schiff. Ihm fiel auf, dass er wohl möglich mehr tun konnte und befahl dem Bergungsteam sich mit den Stationssanitätern in Verbindung zu setzen, damit es sich nützlich machen konnte. Diese nahmen Kontakt auf und liefen sofort zurück zu den Leichen, damit diese geborgen werden konnten. Andrew, indes, blieb bei den Schiffssanitätern und verließ sie auf dem Schiff, um auf der Brücke bei seiner Mutter Bericht zu erstatten.
_____“Ensign Conolly ist geborgen und auf der Krankenstation, genauso wie Major Mitch. Haben Sie schon etwas von Major Sonaka gehört?“ sprach er sofort ohne jede militärische Formalität seine Mutter an. Diese gab ihm jedoch mit einem Kopfschütteln zu verstehen, dass auch sie keine Informationen über den Verbleib des Sensor-Offiziers besaß. Erst als er ihr näher kam, sah er, dass der Commander in Kontakt mit Terran High Command stand.
_____“Wie ich höre ist ihr XO wohlauf. Wie steht es um den Rest ihrer Crew?“ wollte die Stimme aus dem Monitor wissen. „Soweit mir bekannt ist, gab es bisher keine Todesopfer, aber der XO war vor Ort, weshalb es besser ist, wenn Sie ihn direkt fragen. Hier, bitte sehr.“ endete sie und übergab das Gespräch ihrem Sohn. „Command, wie kann ich Ihnen helfen?“ Andrew setzte sich auf des Commanders Stuhl. „Wie ist Ihr Crewstatus, Colonel?“ Colonel Koth erklärte ihm, dass mindestens zwei Crewman verletzt auf der Krankenstation lagen und einer vermisst wurde. „Nun, mein Sohn, ich wünsche Ihnen, dass Sie Ihren Kameraden finden werden. Für die weiteren Details würde ich mich gerne mit Ihrem Commander weiter unterhalten.“ ließ Command den XO wissen. „Tut mir leid, General Tremblin, aber der Commander hat die Brücke soeben in Richtung Krankenstation verlassen, da unsere Crew sie im Moment am dringendsten benötigt. Sie werden also mit mir Vorlieb nehmen müssen. Also, was ist hier los, Sir?“ und Andrew ließ keinen Zweifel daran, dass er eine ausführliche Antwort von ihm erwartete.

Der General saß auf seinem gepolsterten, grünen Ledersessel und ließ den Blick von seinem im Schreibtisch integrierten Terminal zu seinem Gast dahinter wandern, welcher nur leicht mit dem Kopf schüttelte. „Colonel, ich bin mir nicht sicher, ob es ungefährlich wäre, Ihnen solche Details zukommen zu lassen. Ich melde mich zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal bei Ihnen. Command, Ende.“ Seufzend beendete der General die Übertragung und lehnte sich in seinem Sessel zurück, als fühlte er sich heute besonders alt. An die Decke starrend öffnete er den Mund „Was soll ich ihm sagen? Er ist der XO dieses Schiffes, der erste Offizier. Alle Informationen, die wir Commander Longley geben, werden zwangsläufig auch ihm übergeben.“ und man merkte ihm an, dass seine Stimme mit jedem Wort schwächer wurde. Das starre Gebilde hinter seinem Schreibtisch sprach unverblümt und völlig emotionslos in sein Übersetzungsgerät „Sie sind dieser Crew nichts schuldig. Alle Schuldigkeit liegt bei dieser Crew. Vergessen Sie das nicht, General. Einen schönen Tag noch.“ und als es diese Aussage beendete, erhob es sich, verließ den Raum und hinterließ einen ratlosen General. Verdammter Bastard! Hilf mir und erspare mir Deine nutzlosen, prophetischen Floskeln. dachte sich Tremblin und folgte seinem Gast aus dem Büro.
_____Auf dem Flur begegnete er Admiral Lyn, welche ihn sofort ansprach „Sie stecken immer noch in den Verhandlungen bezüglich unseres nächsten Erweiterungsprojekts der Flotte, wie ich sehe?“ Tremblin war kurz verwirrt, doch dann erkannte er, dass sie den Gast sah als der das Büro des Generals verließ und schlussfolgerte, dass Tremblin sich um die Vertragsdetails der Technologieupdates der Flotte kümmerte. „Jawohl, Ma'am. Einige Einzelheiten sind bis jetzt noch nicht unter Dach und Fach, aber Byrne und ich bleiben am Ball und arbeiten uns an einen schnellen Vertragsabschluss heran. Morgen fahren wir fort.“ erklärte Tremblin dem Admiral, wünschte ihr sogleich noch einen schönen Tag und ging.

Andrew verließ die Brücke und übergab Sage McCallum das Kommando bis zu seiner oder des Commanders Rückkehr. „Falls etwas sein sollte, finden Sie mich auf der Krankenstation.“ Sage entgegnete dem mit einem knappen Nicken. Der Colonel versuchte die Gesichter der Crewman, denen er auf seinem Weg begegnete, zu deuten. Ihre Augen waren leer und von Angst erfüllt, zumindest bildete er sich dies ein. Er besaß nicht annähernd die Intuition, die seiner Mutter inne wohnte, doch er war sich seiner Beobachtungen sehr sicher. Vor der Krankenstation lagen auf dem Boden drei Leichen und vor ihnen kniete Dr. Syrl mit ihrem Datenpad in der Hand. „Doktor, wer sind diese Leichen?“ wollte Andrew völlig entsetzt wissen. „Stationscrew, keine Sorge.“ und die Anspannung in seinen Knochen ließ ein wenig nach. „Die Rettungseinheiten auf der Station haben alle Hände voll zu tun, weshalb ich die Krankenstation in die Rettungsarbeiten mit einbinden ließ. So müssen Verletzte in der Nähe nicht durch die halbe Station gebracht werden, damit ihnen geholfen werden kann. Die drei hier...“ sie zeigte nach unten „...haben es leider nicht geschafft. Mehr als ihren Tod konnte ich nicht mehr feststellen. Tut mir leid.“ und senkte den Kopf. „Ma'am, machen Sie sich keine Vorwürfe. Sie tun schon mehr als Sie eigentlich müssten.“ Andrew legte ihr eine Hand auf die Schulter und ließ sie sogleich sanft wieder abgleiten, um in die Krankenstation zu treten.
_____Mitch und Cnolly lagen neben einander in der selben Kabine und Cnolly schmiegte sich an den Major an, während Andrew auf sie zuging, seine Stimme dämpfte und zu beiden sprach. „Hey, Ihr zwei. Wie geht es euch?“ Mitch regte sich nicht, aber die junge Ensign neigte den Kopf zu Andrew. „Hatten schon bessere Tage. Mitch ist noch ziemlich schwach, aber er war schon wach. Mir geht’s den Umständen entsprechend gut. War nur ohnmächtig geworden, als die Trümmer auf mich zurasten. Weißt Du inzwischen schon was passiert ist?“ wollte sie vom Colonel wissen. Hinter ihm trat seine Mutter an ihn heran und wollte ebenfalls informiert werden. „Command lässt uns im Dunkeln, bzw. mich. Mir wollten sie gar keine Auskunft geben und mit dem Commander haben sie noch nicht gesprochen.“ und sofort reagierte Rita auf die Aussage. „Was soll das heißen, sie lassen Sie im Dunkeln? Hat Ihnen Command die Aussage explizit wegen Ihrer Person verweigert?“ fauchte sie los. „Nicht ganz, Commander. Sie haben partout darauf bestanden mit Ihnen zu sprechen. Bei mir sind sie sich wohl unsicher, ob diese Informationen in den richtigen Händen sind.“ Andrew senkte den Kopf leicht, um seiner Bestürzung darüber Ausdruck zu verleihen. „Das haben wir gleich!“ und so stürmte sie von der Krankenstation. „Was war denn das?“ Wollte Cnolly, nach einem scheinbar ewig langen Augenblick des Schweigens, von ihm wissen, doch Andrew wischte die Frage mit einem knappen „Erfährst Du noch.“ beiseite und ging ebenfalls.
_____“Major McCallum, haben Sie Rita gesehen?“ wollte Andrew, völlig außer Atem, vom Comm-Officer wissen. Dieser drehte sich auf seinem Stuhl herum, legte die Stirn in Falten und fragte „Wie bitte, mein Sohn?“, als ob er sich verhört hätte. „Verzeihen Sie, bitte. Ob Sie den Commander gesehen haben.“ korrigierte sich der Colonel. „Nein, sie war schon seit mehr als einer Stunde nicht mehr hier, tut mir leid.“
„Muss Ihnen nicht leid tun. Danke sehr.“ und so verließ er die Brücke genauso schnell, wie er sie erreicht hatte. Er sprintete zum nächsten Aufzug, verscheuchte dabei zwei Wartungsarbeiter, die diesen gerade verlassen hatten und verfluchte den Fahrstuhl ob dessen Trägheit in just diesem Moment. Auf Deck 2 rannte er weiter, bis er das Quartier seiner Mutter erreichte, wo er Major Sanchez an der Tür lauschen sah. „Ich war nur zufällig hier!“ schreckte dieser von der Tür zurück und versuchte sich zu rechtfertigen. „Dein Quartier ist auf der anderen Seite des Schiffs, also verschwinde und tret' mir heute nicht nochmal unter die Augen, Sanchez!“ blaffte ihn der Colonel mit finsterer Mine an. „Was fällt Ihnen eigentlich...“ versuchte er die Flucht nach vorn anzutreten, doch da flog ihm auch schon Andrew's Faust ins Gesicht. „Verschwinde!“ sprach Andrew und trat dabei bis auf wenige Millimeter an ihn heran und der Major verzog sich schockiert und ängstlich aus dem Explosionsfeld. Nun endlich konnte der XO das Quartier seiner Mutter betreten. Die Tür war nicht verriegelt und drin unterhielt sich seine Mutter angeregt mit Captain Byrne. Sie hob die linke Hand, um ihrem Sohn zu verstehen zu geben, dass dieser außerhalb des Kamerawinkels bleiben soll, solange sie sich unterhielt.
_____“Ihr XO ist nicht kommandierender Offizier dieses Schiffes, demnach ist er nicht befugt solcherlei Informationen übertragen zu bekommen.“ hörte Andrew den Captain aus den Lautsprechern die Informationsblockade begründen und fragte sich sogleich, was dieser Unsinn zu bedeuten hatte. „Colonel Koth ist mein Executing Officer und außerdem war er zu diesem Zeitpunkt der kommandierende Offizier, da ich das Kommando für die Dauer meiner Abwesenheit von der Brücke auf ihn übertragen hatte. Muss ich ausgerechnet Ihnen wirklich die Befehlskette erklären?“
Dieser Dialog versprach hitzig und zu gleich zu einer Kompetenzschlacht zwischen Terran High Command und dem Commander zu werden. „Ihre Trotzigkeit und Insubordinationsversuche werden die Situation nicht entschärfen, Commander. Beruhigen Sie sich gefälligst und dann können wir reden.“ Dies war eine klare Drohung, da Insubordination nichts anderes hieß, als sich Vorgesetzten gegenüber zu verweigern und dies war ein Grund für das Kriegsgericht. Doch der Commander wäre nicht Commander der Lemnos, wenn er sich so leicht abschrecken ließe.
„Captain, ich zeichne alle Gespräche mit Command auf, egal ob ich bei solchen Konversationen anwesend bin, oder nicht, alle Transmissionen zu Command werden gelogged. Sollten Sie sich weiterhin meinem XO verweigern, werde ich diese Logs Admiral Lyn zukommen lassen und sie wird anschließend entscheiden, wer von uns beiden sich insubordinant verhält und wer nicht, haben wir uns verstanden? Und nun fangen Sie an zu reden, denn davon hängt der nächste Datentransfer ab, der den Admiral erreichen wird.“ Ein langes Schweigen füllte den Raum und Captain Byrne schien wahrlich mit sich selbst und der Wahrheit zu kämpfen.
„Ich weiß, wer der XO ist, Commander. Und dies macht es für mich unmöglich ihm Informationen zukommen zu lassen, die die gesamte 3. Flotte betreffen. Ich habe zusammen mit weiteren Mitgliedern von High Command diverse Schriftstücke als vorläufige Dienstvorschriften eingereicht, die es in Zukunft unmöglich machen soll, Familienmitgliedern, egal ob angeheiratet, adoptiert oder leibeigen, auf den selben Schiffen zu dienen, um eine Vetternwirtschaft zu verhindern. Ebenso wird es ab demnächst einen Erlass geben, der das Weiterreichen bestimmter Informationen an Untergebene verhindert und unter Strafe stellt. Ihr Sohn, seine Vergangenheit und seine Herkunft sind eine Gefahr für uns alle. Seine psychoanalytischen Profile sind eindeutig, er wird sich eines Tages zu einer Person entwickeln, die seinem leiblichen Vater in nichts nachstehen wird. Wenn es nach mir ginge, wäre er schon längst in psychiatrischer Behandlung, Commander. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Terran High Command, Ende!“
Diese Aussage wollte verdaut werden. Rita dachte darüber nach und fand einige interessante Rückschlüsse: Nicht nur die Lemnos war von Angriffen betroffen, sondern mehrere Schiffe des Kampfverbands der dritten Flotte.
Der Captain spielte definitiv ein doppeltes Spiel, da die eingereichten Vorschriftsänderungen normalerweise Monate brauchten, bis diese überhaupt geprüft werden, doch selbst dann waren diese noch lange nicht als feste Bestandteile der Flottenstatuten beschlossen.
Der Familienerlass war besonders interessant, da dieser sich unmöglich umsetzen ließe, ohne Command dabei unberührt zu lassen, da auch beim High Command Familienmitglieder im selben operativen Bereich arbeiteten.
Das höchste Interesse jedoch galt den angesprochenen Psychoanalysen Andrews.
„Wann war Deine letzte psychoanalytische Untersuchung?“ brach der Commander die scheinbar ewig währende Stille nach dem Gespräch mit Byrne. „Vor etwa zwei oder drei Monaten, als klar war, dass Captain Byrne das Kommando abgeben und das Schiff verlassen würde, warum?“ wunderte sich Andrew. „Weil dieser Drecksack gar nichts von Deinem Psychoprofil wissen dürfte. Command erhält nur Zugang zu solchen Dingen, wenn sich diese Profile als problematisch erweisen und der Schiffsarzt diese deswegen einschickt, und wenn dem so ist, wird sofort gehandelt und nicht nur eine Informationssperre für die betroffene Person verhangen.“ versuchte sie Andrew die Handlungsweisen kurz und knapp zu erklären, doch dieser war nur noch verwirrter. „Ich verstehe es nicht, echt nicht.“
„Ganz einfach: Du wirst mittels eines Psychotests untersucht, wobei diese Tests äußerst subjektiv stattfinden, da die zu untersuchende Person selbst individuell ist. Standardtests würden hier nichts bringen. Diese Tests ergeben dann ein klares Bild über die Psyche der Person, welche von Psychoanalytikern gelesen werden kann. Da wir keinen Psychoanalytiker an Bord haben, mussten diese Profile eingeschickt werden und dafür verwendet Dr. Syrl eine eigene Verschlüsselung, die weder Command noch ich kenne, weil wir sie nicht kennen dürfen. Verstehst Du das soweit?“ wollte sie sich versichern, bevor sie fortfuhr.
_____“Soweit schon, aber Du hast doch selbst unsere Dossiers gelesen, soweit ich mich erinnern kann, und hast anhand dieser auch Lieutenant Daniels Handlungen zurückverfolgen können, oder etwa nicht?“
_____“Nein, denn das habe ich aus seinem Handlungsprofil herauslesen können, zu welchem ich uneingeschränkten Zugang habe und Command auch. Das Handlungsprofil zeigt wie ein Soldat im Dienst handelt und entscheidet. Das Psychoanalyseprofil gibt jedoch Aufschlüsse darüber wie ein Soldat denkt und was er zu leisten bereit ist. Ist dieses Profil bei einem Soldaten gefährlich, wird der Psychoanalytiker zu erst den Schiffsarzt informieren, welcher eine weitere Testreihe anberaumt, um sicherzugehen. Zeigt dieses Profil dann weiterhin gefährliche Eigenschaften, informiert der Analytiker wieder den Arzt und dieser zieht den betroffenen Soldaten dann aus dem Verkehr. Der Psychoanalytiker weiß jedoch gar nicht um welchen Soldaten es sich bei dem vorgelegten Profil handelt. Nur der Schiffsarzt, der die Tests durchführt, kann dies wissen. Command ist hier lediglich die zu informierende Instanz bezüglich des aus psychologischen Gründen ausscheidenden Soldaten. Wir haben also entweder ein Leck auf der Krankenstation oder Byrne ist auf einem Feldzug, der sich explizit gegen dich richtet und wozu er jede nur erdenkliche Lüge nutzt, um diesen Feldzug durchzuführen. Dies würde allerdings heißen, dass wir nicht wissen, was er genau vor hat, beziehungsweise, was seine Intentionen sind. Allerdings ist die zweite Theorie wahrscheinlicher, weil Du noch nicht abberufen worden bist und auch keine zweite Testreihe angesetzt wurde.“
_____“Gut, das habe ich verstanden. Wirst Du Dich mit Dr. Syrl unterhalten?“
_____“Noch nicht, ich warte jetzt erstmal ab, außerdem hat sie noch mit den Verwundeten zu tun. Vor morgen früh werden wir hier nicht wegkommen.“
Andrew nickte und wandte sich zum Gehen, verharrte jedoch vor der Tür. „Danke Dir vielmals.“ sprach er als er sich noch einmal zum Commander herumdrehte. „Danke wofür?“ sie sah ihn fragend an. „Für Deine Entschuldigung bei Mitch.“ überraschte er sie. „Lass uns das Thema ad acta legen.“ sprach sie mit sich senkendem Kopf mehr zu sich selbst als zu Andrew und dieser nickte wieder „In Ordnung, aber eine kleine Sache noch. Vor Deiner Tür lauschte Major Sanchez Deinem Gespräch mit Command. Ich hatte ihn überrascht und als er sich heraus zu lügen versuchte, habe ich ihm eine runtergehauen. Ist also gut möglich, dass er bald bei Dir aufkreuzt und sich über mich beschwert.“ dabei senkte er ebenfalls den Kopf, wohl wissend was er zu erwarten hatte.

Die Sonne brannte in Andrews Augen, als er die Sporthalle nach dem Sportunterricht verließ und in Richtung der Schule, wenige hundert Meter entfernt, lief. Er war gerade einmal 12 Jahre alt und fühlte sich heute nicht besonders wohl, weil er sich am selben Tag eine Woche zuvor einige dumme Kommentare einiger seiner Klassenkameraden anhören musste, nachdem es im Geschichtsunterricht, wieder einmal, um die NTF-Rebellion im Jahre 2366 ging. Letzte Woche Donnerstag behandelte der Unterricht einige führende Persönlichkeiten der Rebellion, darunter den Leiter dieser, Admiral Aken Bosch, und seiner Loyalisten, zu welchen auch Andrews leiblicher Vater, Rear Admiral Donovan Koth, gehörte. Schon allein die Namensgleichheit reichte aus, um einige idiotische Kommentare bei seinen Mitschülern zu provozieren. Er war nicht im geringsten überrascht von der Rolle seines Vaters während dieses Krieges zu hören, denn seine Adoptivmutter hatte ihm schon früh von seiner Herkunft erzählt. Damals war dies ein Schock für ihn gewesen, doch heute war es ihm gleichgültig. Seine Erinnerungen an seinen Vater waren verschwommen und nur äußerst undeutlich. Er besaß keinerlei emotionalen Bezug zu ihm, bildete er sich zumindest ein.
Im Schulgebäude angekommen, öffnete er seinen Spind und warf die Sporttasche hinein. Er griff sich seine Schulsachen für den Geschichtsunterricht und schloss den Spind wieder. Mit jedem Schritt in Richtung Klassensaal fühlte er sich unwohler. Als er sah, dass er der Letzte war, schloss er die noch offen stehende Tür hinter sich und setzte sich an seinen Platz. Die Lehrerin fing an alle zu begrüßen und forderte die Klasse auf das Geschichtsbuch zu öffnen wo sie letzte Woche stehen geblieben waren. Er konzentrierte sich nicht auf die Lehrerin, sondern schwelgte in eigenen Gedanken an seinen Vater. Gelegentlich hörte er, wie die Lehrerin einige Namen aus der Ära der NTF-Rebellion nannte und dazu einige Hinweise in den Raum warf, was diese Personen betraf. Als er den Namen Donovan Koth hörte, versuchte er sich nichts anmerken zu lassen, denn ihm war es schon zu viel, dass er von seinen Mitschülern für einen Verwandten dieses Märtyrers gehalten wurde. Er lauschte aufmerksam ihren Erzählungen zum Rear Admiral. „Geboren wurde Donovan Koth im Jahre 2319 im Polaris System, genaugenommen am 16. März auf dem Planeten Herold. Mit 21 Jahren verließ er das College in seinem Geburtsort und bewarb sich für die Militärlaufbahn an Bord von raumfahrenden Schiffen bei der GTVA, welche ihn, dank guter Noten, auch sofort aufnahm. Einige Jahre diente er als einfacher Navigationsoffizier an Bord der
GTC Orff, bis diese außer Dienst gestellt wurde. Danach wurde er erster Offizier an Bord der GTD Repulse im Rang eines Lieutenant-Commanders. Nach Ausscheiden des amtierenden Commanders aus Altergründen, wurde Donovan Koth zum Commander befördert und bekam das Kommando über die Repulse. Einige Jahre später, kurz nachdem er einen Sohn bekam, welcher heute hier sitzt, lief er zur Neo Terranischen Front über und wurde von Aken Bosch zum Rear Admiral befördert.“ Damit war die Katze aus dem Sack und Andrew schlagartig hellwach. Die Lehrerin sah ihn völlig ausdruckslos an und wandte den Blick wenige Sekunden später von ihm ab, um das lauter werdende Flüstern innerhalb der Schüler zu unterbinden. Der Junge, links neben Andrew, sah ihn finster an und von hinten aus dem Klassenraum wurde er mit Stiften und Papierknäueln beworfen. Als die Lehrkraft die Klasse einigermaßen beruhigt hatte, erzählte sie weiter von Andrews Vater und zählte alle seine Verbrechen während seiner Zeit in der NTF auf, welche Meuterei und Insubordination, das Stehlen von Flotteneigentum, das Befehlen des Tötens nicht loyaler Crewmitglieder und sogar Zivilisten und schlussendlich der Versuch der Vernichtung der GTVA Colossus waren, bei dessen Versuch er letztlich den Märtyrertod starb. Einige Rufe in der Klasse wurden laut, die bedauerten, dass Andrew zu diesem Zeitpunkt nicht an Bord des Schiffes war. Der weitere Unterricht verlief ruhiger, auch wenn hier und dort noch Dinge nach ihm geworfen wurden. Nach der Stunde packte er seine Sachen und verließ den Klassenraum in Richtung seines Spinds, wo er alles hineinwarf und von dort aus zum Schulhof lief. Der Hof war verwinkelt und er versuchte eine ruhige Ecke zu finden, welche er auch fand, doch die Ruhe sollte nicht lange währen. Vier seiner Mitschüler waren ihm gefolgt und schleppten einige ihrer Freunde mit, um weiterhin Dinge nach ihm zu werfen. Es handelte sich um Samuel, Patricia, George und Steven. Er konnte keinen von ihnen leiden, weil sie seiner Ansicht nach nur Unruhestifter und Idioten waren. Sie bewarfen ihn mit Dreck und Beleidigungen. Als sie im Chor laut „Verräterschwein“ schrien, stand er auf und lief zum kräftigsten und größten von ihnen. Steven. Er holte mit der rechten Faust aus und Steven ging sofort zu Boden. Während sich Patricia sofort einige Schritte zurückzog, stürmten die anderen beiden auf ihn zu und wollten ihn verprügeln. Er ließ ihnen keine Chance und hebelte jeden ihrer Angriffsversuche aus und setzte sie ebenso schachmatt. Danach ging er zu Patricia und verpasste ihr eine Ohrfeige. Sie fing an zu heulen und rannte ins Schulgebäude. Die Gruppe, die sich um ihn versammelt hatte, war, als der Letzte der vier zu Boden ging, verstummt und blickte Andrew entsetzt an. Er war so wütend und aufgeputscht, dass er überlegte, jeden von ihnen zu vermöbeln, beließ es aber bei einem „Verpisst euch, A**********!“ und ging vom Schulhof. Er wohnte nicht weit entfernt und lief einfach Heim. Daheim war seine Mutter und sah ihn entsetzt an, als er völlig mit Dreck besudelt im Wohnzimmer stand. Sein T-Shirt war an mehreren Stellen aufgerissen und sogar mit roten Flecken versehen. „Was ist passiert?“ wollte seine Mutter völlig aufgelöst von ihrem Sohn wissen. „Wir hatten Geschichte.“ sprach er, als wäre dies Erklärung genug. Und das war es. „NTF-Rebellion, habe ich Recht?“ wollte sie vorsichtig von ihm wissen. „Was denkst Du denn? Mit Hitler bin ich nicht verwandt, aber dafür mit einem seiner besten Kumpels.“ Er starrte auf den Boden während sie auf seine blutige Kleidung blickte. „Du hast Dich geprügelt. Hast Du oder sie...“ Sofort unterbrach sie ihr Sohn. „Sie!“ doch sie hakte nach. „Andrew, lüg mich nicht an.“ Er senkte den Kopf. „Ich musste mich wehren. Irgendwie. Sie hatten mich mit Dreck beschmissen und mich Verräterschwein genannt. Irgendwie musste ich mich verteidigen.“ versuchte er sich angestrengt zu rechtfertigen. Seine Mutter kam auf ihn zu und nahm ihn in den Arm als er anfing zu weinen. „Gewalt ist keine Lösung, Andrew. Dein Vater war ein Gewalttäter und deshalb wollten sie Dich zu dieser Reaktion bringen.“ sie nahm seinen Kopf am Unterkiefer und Hals in beide Hände und bewegte ihn etwas von sich weg, um ihn in die Augen sehen zu können. „Geh Dich duschen und wirf die Klamotten weg. Danach unterhalten wir uns weiter. Vor allem interessiert es mich wie Deine Mitschüler überhaupt von der Verwandtschaft erfahren haben.“ Sie ließ ihn los und er ging ins Bad.
Als er wieder heraus kam, war er frisch geduscht, in neuen Sachen eingekleidet und seine Mutter saß auf der schwarzen Couch im Wohnzimmer. „Die Schule hat mich gerade wegen Deiner Verprügelungsaktion angerufen. Du hast Dich mit vier Älteren gleichzeitig angelegt?“ wollte sie skeptisch von ihm wissen. „Eigentlich schon, aber ich habe erst den großen Steven außer Gefecht gesetzt, danach erst George und Samuel und danach Patricia eine geschmiert.“ Rita zeigte deutliches Interesse an diesen Schilderungen und bat ihren Sohn sich neben sie zu setzen. „Wie haben die anderen davon erfahren?“ Seine Mutter wusste, dass es ihm nicht gefällt, wenn sie andeutete, wer sein Vater war, weshalb sie versuchte, wenn möglich, diese Fragen versteckt zu stellen. „Unsere Geschichtslehrerin hat es ihnen einfach gesagt.“ und er zuckte mit den Schultern. „Und woher weiß sie das? Egal, ich will den Namen dieser Lehrerin.“ Andrew blickte sie besorgt an. „Miss Laird“ Rita schrieb ihn sich auf. „Wir gehen morgen früh zusammen zur Schule und Du wirst Dich bei den Viern für Deine Gewaltattacke entschuldigen. Ich kümmere mich um diese Miss Laird. Und jetzt geh auf Dein Zimmer. Für den Rest des Tages hast Du Hausarrest.“
Er verließ das Wohnzimmer ohne einen weiteren Kommentar und blieb auf seinem Zimmer, bis er am nächsten Morgen aufwachte. Seine Mutter war ebenfalls wach und als er sich seine Schulbrote machen wollte, schritt seine Mutter ein. „Steck die Sachen wieder weg. Wir essen heute woanders.“ Andrew sah sie verdutzt an, tat aber wie ihm befohlen. Zusammen verließen sie das Haus und standen wenige Minuten später auf dem Schulhof, wo bereits der Schuldirektor mit Samuel, Patricia, George und Steven wartete. Erst heute sah er, wie schlimm er die drei Jungs zugerichtet hatte und sogar Patricia hatte einige deutliche rote Umrisse seiner Hand auf dem Gesicht. Hinter den Vieren standen aufgereiht die Eltern der Kinder. „Entschuldige Dich bei ihnen, danach gehen wir ins Sekretariat.“ Ihr Sohn tat, was von ihm verlangt wurde, auch wenn er es nicht gern tat. Danach schickte Rita ihren Sohn ins Sekretariat zusammen mit dem Rektor und wartete bis beide außer Sicht- und Hörweite waren. „Sollte eines Ihrer Kinder noch einmal wagen meinen Sohn als Verräterschwein zu bezeichnen oder ihn mit Dreck und Abfällen bewerfen, werde ich persönlich mit meinem Schiff über Ihrem Haus aufkreuzen und es in Schutt und Asche zerlegen. Haben Sie verstanden?“ blaffte Rita die vier Elternpaare an. „Was fällt Ihnen eigentli...“ „Halten Sie die Klappe! Sorgen Sie lieber dafür, dass Ihre Kinder zivile Laufbahnen einschlagen, denn sonst könnten sie in meiner Nähe landen und dann gnade ihnen Gott, denn ich tu's nicht! Und jetzt schaffen Sie Ihre Bälger aus meinem Dunstkreis, bevor ich es mache. Wegtreten!“ Völlig geschockt und irritiert verließen die Eltern das Schulgelände und trieben ihre Kinder an, sich zu beeilen. In Ritas Gesicht indes zeigte sich ein Lächeln der Zufriedenheit. Als sie im Sekretariat aufkreuzte, blickte sie der Schuldirektor verdutzt an. „Verzeihen Sie, bitte. Ich habe mich nur noch bei den Eltern für das Verhalten meines Sohns entschuldigt.“ rechtfertigte sich Rita mit einer Lüge. „Nun, da wir jetzt hier sind. Welche Sanktionen planen Sie gegen meinen Sohn?“ polterte Rita direkt drauf los, was den Direktor erneut verdutzt dreinschauen ließ. „W-wir werden ihn für die nächsten zwei Wochen vom Unterricht ausschließen. Mehr jedoch nicht. Wir wissen, dass er auf das Äußerste provoziert worden ist, weshalb auch die vier Provokateure solange freigestellt sind. Allerdings erwarten wir von Ihnen, Miss Longley, dass auch Sie sich Ihren Sohn nochmal zur Brust nehmen und erzieherische Maßnahmen ergreifen.“ forderte der Schulleiter von ihr. „Das ist gestern schon geschehen. Sonst noch etwas?“ Der Direktor überlegte kurz und schüttelte den Kopf. „Nein, Miss Longley. Das wäre es soweit.“ beantwortete er die Frage. „Gut. Andrew. Gehe bitte schonmal raus und warte dort auf mich. Ich komme gleich nach.“ Seine Mutter wartete, bis er die Tür von außen schloss und legte dann los. „Wo ist Miss Laird im Augenblick?“ Wieder verwirrte Blicke des Rektors. „Im Aufenthaltsraum neben an. Weshalb?“ hakte er mit besorgter Stimme nach. „Ich will sie sprechen, jetzt!“ forderte sie. „Ok, kein Problem. Kommen Sie, wir können diese Tür nehmen.“ Er zeigte mit der Hand auf eine Tür, die scheinbar den Verwaltungsraum mit dem Pausenraum der Lehrkräfte verband. Beide gingen hindurch, der Leiter voran, und Rita nahm sofort die Führung als die Tür sich hinter ihr schloss. „Wer von Ihnen ist Miss Laird? Bitte aufstehen und herkommen!“ Die versammelte Lehrerschaft blickte sich verwirrt um und eine Frau stand auf. „Das bin ich, wer möchte dies denn bitte wissen?“ äußerte sich die konstatiert wirkende Frau im gehobenen Alter. Rita blickte sie kurz abschätzig an, um sie zu mustern. Schmale Statur, viel zu weite Kleidung und noch viel mehr Schminke im Gesicht, um die Falten zu kaschieren. „Captain Rita Longley, GTVA Militär. Antreten!“ blaffte sie die Lehrerin kalt und mit harter Stimme an, welche sofort gehorchte. „Wir müssen uns nicht in diesem Tonfall unterhalten, Miss Longley. Wir sind alles zivilisierte Menschen.“ gab sich die Lehrerin weiterhin konstatiert und in Ritas Augen völlig überheblich. „Sind wir beim Militär auch, Miss Laird. Wissen Sie wer ich bin?“ forderte sie eine Antwort heraus. „Sie sind die Adoptivmutter des jungen Andrew Koth, welcher gestern auf dem Schulhof eine Schlägerei provoziert hat, richtig?“
Klatsch!
Rita hatte mit der rechten Hand ausgeholt und der Lehrerin eine saftige Ohrfeige verpasst. Der Rektor sprang erschrocken einen Schritt zur Seite und die meisten Lehrer am großen Tisch im Raum sprangen entsetzt auf. Miss Laird hielt sich mit der linken Hand die linke Wange, welche Rita getroffen hatte und blickte sie mit weit aufgerissenen Augen an. „Nicht mein Sohn hat diese Schlägerei provoziert, Miss Laird, sondern Sie mit Ihrer Aussage im gestrigen Geschichtsunterricht, dass Donovan Koth der Vater meines Sohns ist. Dieses Detail war für den Unterricht völlig unerheblich und hätte, hätten Sie weiter als bis zur äußeren Schicht Ihres MakeUps gedacht und dies nicht ausgeplaudert, viele Verletzungen verhindern können.“ Rita hatte wieder, wie zu Anfang als sie den Raum betrat, beide Arrme in militärischer Haltung hinter dem Rücken oberhalb des Steißbeins angelegt. „Was erlauben Sie sich?“ fragte Miss Laird völlig entsetzt. „Ich habe mir gar nichts zu Schulden kommen lassen! Ihre fatalen Erziehungsmethoden haben Ihren Sohn verdorben, nicht ich!“
Klatsch!
Diesmal mit der linken Hand und einige Lehrer waren dabei zu ihr zu kommen. „Hinsetzen, Klappe halten!“ Der militärisch strenge Ton des Captains verfehlte seine Wirkung nicht. Alle Lehrer blieben wie erstarrt stehen und der Rektor gesellte sich zu ihnen. Hinter Rita schwang die Tür auf und die Sekretärin wollte eintreten, doch Rita verscheuchte sie mit einem lauten und donnernden „Raus!“ welches dazu führte, dass die Tür sofort wieder zuflog. „Sie werden sich bei meinem Sohn in aller Form entschuldigen und ihn um Verzeihung bitten. Er allein wird dann entscheiden, was mit Ihnen geschieht. Sollten Sie sich weigern, betrachte ich dies als Gehorsamsverweigerung und werde Ihre Laufbahn als Lehrkraft noch heute beenden.“ forderte Rita erneut Miss Laird heraus. „Wie ich schon sagte, habe ich mir nichts vorzuwerfen. Und außerdem. Das Militär ist weit weg, also hören Sie mit Ihren albernen Allüren auf und fangen an sich zivilisiert zu verhalten.“ plapperte die völlig geschockte Lehrkraft los. Rita kniff die Augen zusammen und blieb dennoch ruhig. „Ich habe Sie gewarnt.“ Damit drehte sie sich rum und verließ den Raum, nahm ihren Sohn vom Flur mit und verließ mit ihm die Schule.
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Guest

Post by Guest » Sun, 10. Feb 13, 18:30

„Du kannst ihn nicht leiden, habe ich recht?“
_____“Nicht mal annähernd. Seine bloße Existenz erfüllt mich mit einem Würgereiz, dem ich kaum etwas entgegen zu setzen habe.“ erklärte er seine Abneigung gegenüber dem Major.
_____“Dennoch, dies ist kein Verhalten, dass ich von meinem XO erwarte, geschweige denn von meinem Sohn!“ wurde sie nun etwas fordernder.
_____“Es tut mir leid um diesen Gewaltausbruch, aber nicht um die Person, die es betrifft. Steck' mich von mir aus in Gewahrsam, aber erwarte nicht, dass ich mich bei diesem Dreckvieh entschuldige.“ Er kniff die Augenbrauen verbissen zusammen, um seiner Abscheu weiteren Ausdruck zu verleihen.
_____“Doch, Andrew, Du wirst Dich entschuldigen. Genauso wie damals bei Samuel, Patricia, George und Steven. Mir wirft Command gerade Vetternwirtschaft vor mit Dir an Bord, also werde ich dem entgegenwirken, indem ich Dich dazu benutze. Eigentlich müsste ich Dir jetzt sogar für diese Chance dankbar sein.“ und Andrew bekam schlagartig große Augen, weil seine Mutter sich tatsächlich noch an seine Schlägereien auf der Junior Highschool mit einigen Provokateuren erinnern konnte, die ihn damals wegen seiner Familienverhältnisse ausgrenzen und fertigmachen wollten und er diese einfach nur dafür verprügelt hatte.
_____Er fing an zu stottern, ein untrübliches Zeichen für seine Mutter, dass er Angst bekam. „W-wann und wo?“ fragte er flehend in der Hoffnung, sie würde sich doch umentscheiden.
_____“Wie damals auf dem Schulhof. Nur diesmal auf der Brücke.“
Damit drehte er sich um, verschwand aus der Tür und rannte dabei beinahe noch Sage McCallum um. Dieser trat ins Quartier des Commanders, schaute sie verdutzt an und sprach „Was ist denn zwischen euch passiert?“ Rita drehte sich von ihm weg zur Sichtluke und stieß den Atem mit hoher Geschwindigkeit aus ihren Lungen, so dass er am Fenster kondensierte. Erst als sie sie wieder mit Luft gefüllt hatte, erklärte sie die Situation. „Wie lange kennen wir uns schon, Sage?“ Er trat vollends in den Raum und schloss die Tür hinter sich. „Ich war schon Lieutenant auf diesem Schiff als Du Captain wurdest. Ich würde mal sagen lang genug.“ erklang die Antwort etwas flapsig, aber wohlwollend. „Ich hatte gerade einen kleinen Streit mit Command und einen gewaltigen Tritt in die Weichteile meines XOs.“ setzte der Commander zur Erklärung an. „Der Colonel ist tough, der kann das ab.“ wischte er die unausgesprochene Sorge Ritas beiseite. „Er verträgt alles, nur nicht soviel davon, wenn es von mir kommt, Sage.“ widersprach sie ihm. „Oh, das klingt mir nach einem Kompetenzproblem zwischen euch beiden.“ versuchte Sage zu schlussfolgern, unwissend darüber, dass diese Schlussfolgerung Lichtjahre entfernt einschlägt und durch eine Subraumverbindung doch nur wenige Sekunden entfernt ist. „Wohl eher eine Frage der Erziehung, Sage...“ und dessen Augen wuchsen wie vorher die des Colonels. „..., denn er ist mein Sohn.“ nun setzte sich der Lieutenant erst einmal auf die Pritsche. „Das glaube ich nicht. Das kann nicht wahr sein!“
_____“Doch, Sage, ist es. Ich kann keine Kinder bekommen, also habe ich damals den Sohn des Rear Admirals Koth adoptiert, der kurze Zeit vorher zum Selbstmörder geworden war.“
Noch immer saß Sage McCallum sprachlos da und sortierte seine Gedanken. Erst einige Momente später war er wieder zu sprechen im Stande. „Warum das jetzt alles, Rita? Wir waren mal verlobt, wollten heiraten und ich erfahre erst jetzt von Deinem Sohn?“ platzte das Entsetzen aus ihm heraus und der Commander hatte Mühe die Beherrschung zu behalten.
_____“Hättest Du mich noch heiraten wollen, wenn ich Dir offenbart hätte, dass ich unfruchtbar bin? Andrew ist das Beste, was mir in meinem Leben je passiert ist und ich wollte nicht, dass jemand von meiner Unfruchtbarkeit erfährt!“ stieß sie hervor und brachte Sage erneut für kurze Zeit zum Schweigen.
_____“Was ist passiert, dass Du Dich jetzt erst offenbarst?“ wollte er schlussendlich wissen.
_____“Ich verliere die Kontrolle, Sage. Mein Schiff wird angegriffen und die gesamte dritte Flotte ist davon betroffen. Mein Sohn stellt sich in bestimmten Dingen gegen mich und Command versucht ihn mir sogar wegzunehmen, indem Familien verboten werden soll, auf den selben Schiffen dienen zu dürfen.“ und obwohl dies tiefgreifende Einschnitte in das Leben des Commanders waren, blieb sie bei dieser Erklärung ruhig und gefasst.
_____“Ich kenne Dich nun schon seit Du dieses Schiff zum ersten Mal betreten hast, Rita, und ich weiß, dass Dich nichts aus der Bahn wirft. Du weißt auch, dass wir hinter Dir stehen. Du könntest jetzt Befehl geben zum Hauptquartier zu stürmen und wir würden mit Dir gehen, selbst wenn wir dabei sterben. Baue auf Deine Erfahrung und auf Deine Crew; baue auf uns, Rita.“ Sage stand auf und umarmte sie. Einige Sekunden verharrten beide so...
_____“Dringende Mitteilung für Commander Longley.“ schallte es auf einmal aus den Lautsprechern des Terminals im Quartier des Commanders. Dieser löste sich aus der Umarmung und befahl dem Terminal die Mitteilung zu öffnen, welche eine Transmission von einem der Stationsärzte enthielt.
„Ich grüße Sie, Commander Longley, hier spricht Stationsarzt und Professor der Neurologie Jonas Jotunheim. Unsere Bergungsteams fanden heute Vormittag einen jungen Mann namens Lee Sonaka, welcher auf Ihrem Schiff als Major und Sensor-Offizier dient. Der jüngste Angriff auf die Station hat viele Verletzte hervorgebracht, die meine Pflege bedürfen, weshalb ich direkt zum Punkt komme. Der junge Major Sonaka ist schwer verletzt worden und liegt derzeit im künstlichen Koma. Er darf unter gar keinen Umständen transportiert werden, weshalb jede Behandlung hier auf der Station stattfinden muss. Er hat einen Schädelbasisbruch, diverse innere Blutungen und eine Verletzung der Wirbelsäule im unteren Drittel erlitten. Derzeit versuchen wir noch angestrengt die inneren Blutungen zu stoppen und den Major zu stabilisieren, damit er auf dem Planeten weiter behandelt werden kann. Ich bitte Sie Ihren Schiffsarzt zu verständigen, damit mir dieser die Gesundheitsakte des Majors zukommen lassen kann. Wobei ich befürchte, dass es schlecht um ihn steht, Commander. Falls Sie ihn noch einmal besuchen wollen, können Sie ihn im Stationsquadrat M04, Ebene 2, Zimmer 109 besuchen kommen. Es tut mir aufrichtig leid, keine besseren Nachrichten überbringen zu können, Commander. Sowie sich eine Veränderung seines Gesundheitszustands ergibt, werden Sie selbstverständlich informiert. Aufzeichnung beenden und absenden.“
Somit schloss sich die Übertragung und der Bildschirm wurde wieder schwarz.
_____“Sage, das wird er auf keinen Fall verkraften.“
_____“Dann helfen wir ihm dabei.“ Beide umarmten sich noch einmal und ließen den Tag dem Ende zugehen.

Am nächsten Morgen versammelte sich die übliche Brückenbesatzung, mit Ausnahme von Mitch, auf der Brücke um den Commander und den XO, da Andrew eine Ansprache halten wollte. Er bat Major Sanchez vorzutreten und reichte ihm die Hand.
_____“Ich möchte mich bei Ihnen für mein Verhalten gestern Mittag vor der Kabine des Commanders entschuldigen, Major. Sind Sie bereit meine Entschuldigung anzunehmen?“ sprach er offen und etwas fordernder als es die Situation nötig machte.
_____“Unter den gegebenen Umständen, bleibt mir ja keine große Wahl, Sir.“ und reichte dem Colonel die Hand und schüttelte sie, doch da trat auch schon der Commander vor und sprach den Major an.
_____“Major Sanchez, hiermit entbinde ich Sie vom Kommando über den Maschinen- und Reaktorraum und arrestiere Sie für die Dauer unseres Weiterflugs nach Beta Aquilae 3 ins Schiffsgefängnis. Grund für dieses Urteil ist die versuchte, unautorisierte Beschaffung von Informationen während einer Geheimbesprechung zwischen dem Kommandostab des Schiffes und Terran High Command. Sie haben nun die Möglichkeit zu widersprechen oder sich anderweitig dazu zu äußern.“
Der Lieutenant drehte sich zu Andrew um, sein Blick finster und ohne jede Reue, dann sprach er einfach los...
_____“Verrecken sollst Du, dreckiger Sohn eines Verräters!“ ...und versuchte ihn zu attackieren, wurde jedoch von einer anfliegenden Faust unterbrochen, die ihn ohne Umschweife zu Boden warf. Der Verteidiger rieb sich die rechte Hand und alle blickten vom am Boden liegenden Sanchez zu ihm auf.
_____“Verdammt, ich werde langsam zu alt für sowas!“ stieß Sage McCallum hervor, welcher sich hinter dem Colonel befand. Rita blickte ihn an, verleierte die Augen und schüttelte den Kopf mehr amüsiert als entsetzt. Anschließend bat sie ihn den Sicherheitsdienst zu rufen, damit Major Sanchez eventuell weitere Aggressionen in der Zelle auslassen konnte. Der Sicherheitstrupp betrat wenige Augenblicke später die Brücke und nahm den nunmehr auf dem Boden sitzenden Sanchez mit, um ihn wegzusperren. Als sie weg waren, nahm der Commander wieder das Tagesgeschäft auf und erkundigte sich bei Lieutenant McCallum nach dem Status der Verletzten auf der Krankenstation, welche von der Station kamen.
_____“Dr. Syrl hat bei allen Verwundeten Transportbereitschaft sichergestellt und kümmert sich derzeit um deren Abtransport. In weniger als 30 Minuten sind alle vom Schiff, Commander.“
_____“Wunderbar. Colonel, bleiben Sie auf der Brücke, ich gehe bis zu unserem Abflug einen Patienten besuchen. Sie haben das Kommando in der Zwischenzeit.“
_____“Aye, Commander.“ und damit verschwand der Commander von der Brücke in Richtung Aufzug und Deck 2 zu Major Mitch, welcher sich nun auf seinem Quartier befand. Rita klopfte an die Tür und wartete auf Einlass. Mitch kam selbst an die Tür, um den Commander zu empfangen, und öffnete sie nicht per Signal.
„Commander, welch überraschender Besuch. Was verschafft mir die Ehre?“
_____“Ich wollte sehen wie es Ihnen geht, Mitch. Sie kennen mich noch nicht lange genug, um zu wissen, dass ich jeden meiner verletzten Crewman besuche, um sicher zu gehen, dass es an nichts fehlt.“
_____“Das freut mich, Commander.“ Mitch öffnete die Tür gänzlich und ließ Rita ein.
_____“Danke, Major. Ich habe allerdings auch eine Bitte an Sie.“ Der Commander setzte sich während dessen auf den weichen, braunen Sessel links neben der Tür. Mitch schloss sie und begab sich anschließend neben Rita.
_____“Sie sind einer der besten Freunde von Andrew und ich brauche Ihre Hilfe bei einer Angelegenheit, die sowohl Sie als auch ihn und das Verhältnis zwischen ihm und mir betrifft.“ und der letzte Teil dieser Aussage ließ Mitch hellhörig werden, als er sich ebenfalls zum Commander setzte.
_____“Worum geht’s, Commander?“
_____“Ich habe gestern vom Stationskrankenhaus erfahren, dass Major Lee Sonaka schwer verletzt und in Lebensgefahr aufgefunden wurde. Der behandelnde Arzt hat nicht viel Hoffnung und ich brauche jemanden, der ihm diese Nachricht überbringt.“ die Kälte in Rita Longleys Stimme ließ Mitch frösteln, denn ihr schien es gar nichts zu bedeuten, dass Mitch genauso mit dem schwer verletzten Major befreundet war wie ihr Sohn. Der Major senkte den Kopf und dachte sichtlich über diese Neuigkeit nach. Der Commander gab ihm die Zeit und Mitch schlussfolgerte...
_____“Und ich soll das Bauernopfer sein, welches ins Feld geschickt wird, um von der Meute erschlagen zu werden. Verstehe ich das richtig?“
Der Major machte eine kurze Pause, um sich seine nächsten Worte zu überlegen, dann sprach er völlig sachlich weiter und auch diesmal gewährte ihm Rita diese Zeit.
_____“Nicht nur ich bin von dieser Nachricht betroffen, Commander, sondern auch Ensign Conolly, und da ich noch nicht wieder im Dienst bin und Sie mir daher keine Befehle erteilen können, welche mich verpflichten würden, 'Hinterbliebenen' die Nachricht über das Ableben eines Angehörigen zu überbringen, würde ich Sie gerne daran erinnern, dass ein Sohn eine solche Nachricht lieber von einer ihm noch näher stehenden Person erfahren sollte, als von einem seiner besten Freunde.“ womit die Katze aus dem Sack und der Commander überrumpelt wäre. Rita konnte die Abneigung des Majors deutlich aus dessen Stimme und der Art der Wortwahl heraus hören, doch was ihr noch mehr missfiel, war die Abscheu ihr gegenüber, was sie auch versuchte zu verdeutlichen, indem sie versuchte, ihrem Erstaunen über das Wissen des Majors, eine gehörige Portion Entsetzen beizumischen.
_____“Sie wissen von meinem Verhältnis zum Colonel?“ fragte die Bloßgestellte.
_____“Andrew und ich teilen mehr Geheimnisse, als dieses Schiff Bauteile besitzt. Natürlich weiß ich über das Verwandtschaftsverhältnis bescheid. Allerdings auch erst seit Ihrem Eintreffen auf dem Schiff.“ erklärte er ihr weiterhin völlig ruhig und gelassen, allerdings mit gesteigerter Abschätzigkeit und Ungeduld in der Stimme.
_____“Ihnen ist hoffentlich klar, dass dieses Detail unter gar kei...“ Mitch schüttelte energisch den Kopf und unterbrach sie abrupt.
_____“Commander, Andrew und ich wären nicht schon seit Jahren beste Freunde, wenn wir unsere Geheimnisse wild ausplaudern würden. Sie können von mir aus glauben, dass ich nichts als ein Querulant bin, der nur Schwachsinn im Hirn hat, aber ich bin nicht unaufrichtig. Ehrlichkeit wurde bei meiner Erziehung schon sehr groß geschrieben und auch als Andrew das kommissarische Kommando inne hatte, wurde diese Eigenschaft sehr von ihm geschätzt und sogar belohnt. Fragen Sie sich also, was Sie dazu beitragen können und was Sie gerade im Begriff sind, zu unternehmen, wenn Sie von mir verlangen, dass ich das Bauernopfer gebe, indem ich meinen besten Freund erzähle, wozu seine Mutter nicht in der Lage ist, weil sie nicht den Mumm hat ihm die Wahrheit ins Gesicht zu sagen. Dann beleidigen Sie Alles wofür ich stehe und wofür Ihr Sohn sich massiv eingesetzt hat!“
Mitch war nun Jenseits aller Ruhe und Gelassenheit und der Commander musste diese Aussage erst einmal verdauen. Erst nach einer langen Pause des Schweigens und tiefen Nachdenkens antwortete sie ihm.
_____“In Ordnung Major, ich werde mich um diese Angelegenheit selbst kümmern. A-allerdings hätte ich eine persönliche Frage an Sie. Was habe ich Ihnen getan, dass Sie mir keinen Respekt schenken?“ platzte es aus ihr heraus, doch ihre Stimme blieb ruhig, wenn auch nicht sicher.
_____“Respekt ist etwas Wertvolles. Man muss es sich erarbeiten und es gibt keine Vorschrift, die einem krankgeschriebenen Soldaten vorschreibt, wie er sich respektvoll zu verhalten hat. In dienstlichen Angelegenheiten, muss ich Ihnen gehorchen, aber persönlich haben Sie bisher noch nichts getan, um sich meinen Respekt wirklich zu verdienen. Eher im Gegenteil. Denken Sie mal darüber nach, Miss Longley. Ich würde es jetzt vorziehen, wenn Sie mein Quartier verlassen, denn Dr. Syrl hat mir Ruhe verordnet, Danke.“ Damit stand der junge Major auf, öffnete die Tür wieder und zeigt mit der flachen Hand hinaus zum Korridor. Der Commander verstand und ging.
Sie lief einige Meter, bis sie die schwere Tür ins Schloss fallen hörte, erst dann blieb sie stehen und starrte auf die grauen Wände im Gang. Ich bin noch keine Woche hier und man erwartet von mir nun schon persönliche Leistungen? Sie starrte weiterhin in den langen, gerade einmal zwei Meter breiten und mindestens 20 Meter langen Gang, der direkt zum Aufzug führte. Ihr Blick folgte dem Gang bis zum Lift, wobei sie auch auf den sauberen, aber schwarzen Boden schaute. Respekt muss man sich erarbeiten... An diesen Worten würde Rita Longley - Commander der GTCv Lemnos, eines der ältesten Schiffe im Kampfverband der dritten Flotte - mit der Lebenserfahrung eines Generals und der Unnahbarkeit des Vasudanischen Imperators, noch lange zu kauen haben. Sie ging wieder weiter und versuchte sich selbst die Frage nach dem Warum für den fehlenden Respekt zu beantworten. Vor ihr ragte nun die geschlossene Tür des Lifts und öffnete sich automatisch, als der Fahrstuhl auf ihrem Deck ankam. Sie haben bisher noch nichts getan, um sich meinen Respekt zu verdienen. Der Commander machte einen Schritt, sprach „Deck 1“ und die Tür schloss sich wieder. Dann fangen wir eben jetzt damit an. Der Lift setzte sich in Bewegung.

Auf der Brücke ging Rita zu ihrem Sohn, ohne diesen jedoch anzusprechen, sondern erkundigte sich bei Sage McCallum ob bereits alle Verwundeten von Bord gegangen sind. „Ja, Commander. Startprozeduren wurden bereits gemäß Ihren Befehlen gestartet.“ kam die pflichtschuldige Antwort und der Commander entgegnete zur Überraschung aller an Bord „Stoppen Sie sämtliche Prozeduren. Auf der Station liegt ein Patient, der unseren Beistand braucht. Ensign Conolly, Colonel Koth und ich werden ihn besuchen gehen. Lieutenant McCallum, informieren Sie bitte Major Mitch. Dieser soll auch mitkommen.“ Andrew und Cnolly schauten beide zu Rita und wunderten sich. Die junge Ensign war schneller gefasst als ihr Colonel und fragte daher „Hat man Lee gefunden, Commander?“ diese senkte den Kopf in Anbetracht der eher traurigen Nachricht und antwortete mit leiser, aber dennoch rauer Stimme „Ja. Mich informierte vorhin einer der Stationsärzte über das Auffinden und den Gesundheitszustand des Majors, welcher leider sehr schlecht ist. Er schwebt in Lebensgefahr und vielleicht liegt er sogar gerade auf dem OP-Tisch, aber wir müssen unser Glück versuchen.“ Cnolly und Andrew sahen sich an, dann wieder den Commander, diese blickte zurück zu den beiden und konnte die bohrende Frage in ihren Augen sehen. Lebt er überhaupt noch? Sie schüttelte nur langsam den Kopf und sprach leise, mit versagender Stimme „Ich weiß es nicht.“ Lieutenant McCallum unterbrach sie jedoch in ihrem Anflug der Trauer und gab durch, dass der Major informiert sei und sich zur Schleuse aufmache. „Gut, dann gehen wir. Sage, Sie haben das Kommando, sofern Sie nicht mitkommen wollen.“
Die Frage schwebte nun im Raum, doch Sage war kein enger Freund des jungen Asiaten. Sollte er wirklich mitkommen, obwohl er außerhalb des Dienstes kaum ein Wort mit Lee wechselte? Ich habe ihn nie kennenlernen dürfen... lief der Gedanke durch seinen Kopf und verbreitete Schuldgefühle, die ihn zur Reflexion und Revision des Gedankens zwangen. Nein, ich habe mich nie um ihn geschert. „Ja, ich komme mit.“ verurteilte ihn sein Gewissen wohl wissend, dass es Strafe, aber auch Erlösung sein konnte. Dies zu entscheiden oblag letztendlich Lee. „Gut.“ sprach Rita immer noch kaum hörbar leise, doch scheinbar wohl wissend, dass Sage diese Entscheidung nicht leicht gefallen ist. Sie ging zu ihrer Konsole und benachrichtigte die B-Besatzung, dass der Kommandostab des Schiffes die Lemnos für die Dauer von maximal einer Stunde verlässt und für die Dauer der Abwesenheit Kampfbereitschaft herzustellen ist. Sie gab sich selbst mit den Armen einen Kleinen Ruck, um aus der Beugung zur Konsole wieder loszukommen, was Sage ebenso zum Aufstehen aus seinem starren Sitzmöbel, auf der linken Seite der Brücke, bewegte, und zur Gruppe hinzustoßen ließ. Zusammen verließen sie die Brücke und das Schiff, an dessen Schleuse Mitch bereits wartete.
Der Weg zum Krankenhaus war nicht weit, aber den ältesten gingen ähnliche Gedanken durch den Kopf. Sei es das Entsetzen über das Ausmaß der Zerstörung, die die Trümmerstücke des Vasudanischen Kreuzers auf so einer kurzen Strecke hinterlassen haben konnten wie bei Sage, oder aber das Erstaunen, dass hier wirklich noch Menschen überlebt hatten wie bei Rita. Den jungen Offizieren und Offiziersanwärtern plagten hingegen ganz andere Gedanken, die sich ausschließlich mit ihrem Freund Lee Sonaka befassten. Lebt er noch? fragte sich Andrew und Cnolly hoffte, dass er wenigstens nicht litt. Mitch's Gedanken waren zwiegespalten zwischen der Freude darüber, dass er seinem Freund wenigstens Lebewohl sagen durfte und der Freude darüber, dass der Commander scheinbar über seinen Schatten sprang. Während die Altgedienten vorne weg liefen, bildeten Andrew und Mitch die Nachhut, Ensign Conolly zwischen sich, und Andrew bemerkte, wie sich ein Lächeln auf Mitch's Mundwinkeln abzeichnete, welches ihn verwirrte. „Warum lachst Du? Mir ist gerade gar nicht zum Lachen zu Mute.“ riss er Mitch aus seinen Gedanken und erwartete Erklärung. „Aus mehreren Gründen. Ich weiß nicht, ob er überleben wird, aber wir haben wenigstens die Chance ihm Lebewohl sagen zu können. Das freut mich wirklich, weil nicht viele diese Möglichkeit geboten bekommen. Ich hoffe Du fasst das nicht als Pessimismus auf, aber auch ich will meinen Seelenfrieden und dazu gehört es sich, wenn nötig, rechtzeitig verabschieden zu können.“ schilderte Mitch den Grund seiner Freude und ließ dabei bewusst den zweiten Gedanken außen vor. „Das klingt nicht pessimistisch, sondern egoistisch, Mitch.“ stieß Andrew hervor. „Nein, ich hoffe wirklich, dass er überlebt, aber wenn nicht, so ungern ich diesen Gedankengang auch fortführen möchte, will ich ein reines Gewissen haben. Und ich bin dem Commander für diese Chance dazu dankbar.“ Damit schien Andrew zufrieden gestellt worden zu sein, denn er kommentierte diese Aussage lediglich mit einem Nicken und ging weiter.
_____“Wir sind da.“ sprach Rita, als die Gruppe sich vor dem Schott zur Krankenstation eingefunden hatte. Sie betätigte die Türöffnung und die Doppeltür schwang zu beiden Seiten auf. Sie gingen hinein und meldeten sich an der Rezeption an, mit der Bitte einen Patienten besuchen zu dürfen. Die Servicedame, kaum älter als 20 und mit langem schwarzen Haar, erinnerte Mitch an ein altes Märchen von der Erde, welches von einer eifersüchtigen Stiefmutter, kleinwüchsigen Menschen und einem Mädchen, so schön, dass es wehtat sie anzublicken, handelte. Sie schaute etwas verdutzt drein, da sie wohl eher selten so viele uniformierte Flottenangehörige sah, erkundigte sich dennoch nach Lee's Aufenthaltsort und informierte die Gruppe darüber, dass er noch im Koma lag, daher nicht ansprechbar war. Der Commander bedankte sich, steuerte den Aufzug in der Rezeptionshalle an und stieg zusammen mit den anderen ein, nur um wenige Sekunden später wieder auszusteigen und den Gang hinunter zum Zimmer 109 zu laufen. Dort angekommen blickte sie Andrew an, welcher nur leicht nickte und alleine hineinging.
_____Das Zimmer war ein Einzelbettzimmer und auch nur dementsprechend groß. An der Wand gegenüber zur Tür leuchteten hinter weißen, gewellten Gardinen und Milchglasscheiben weiße Leuchtstrahler, welche das natürliche Tageslicht imitierten. Andrew nahm an, dass sie vermutlich sogar Stunden brauchten um volle Leuchtkraft zu erreichen, um das Imitat perfekt zu machen. Links der Eingangstür befand sich die Tür zu den sanitären Einrichtungen und rechts stand ein Schrank aus weißem Kunststoff mit künstlicher Holzimitation. Gibt es hier eigentlich irgend etwas Echtes? sprang sofort der Gedanke in des Colonels Kopf, doch verwarf er ihn ganz schnell wieder, als er auf das Bett zusteuerte, nachdem er die Tür geschlossen hatte. Vor dem Bett blieb er stehen und blickte ins Leere Gesicht seines Freundes. Daneben surrten die Maschinen, die ihn überwachten und mit Nährstoffen sowie Flüssigkeit versorgten. Sofort fiel ihm auf, dass es keinen Schlauch in seinem Mund gab. Er atmet selbstständig! schoss ein Gedanke der Hoffnung im Colonel hoch. Doch dann erst betrachtete er den dicken Verband, den er um den Kopf trug. Andrew ging rechts vom Bett auf einen Stuhl zu und stellte ihn sich so, dass er Lee dabei ins Gesicht blicken konnte. Langsam zog er die Decke ein Stückchen beiseite und streichelte ihm die Hand. „Du darfst nicht sterben, hast Du gehört? Deine Karriere beginnt erst, von Deinem Leben ganz zu schweigen...“ für kurze Zeit hielt er inne. „Gestern habe ich Enrico eine verpasst, weil er spioniert hat. Ich wollte es eigentlich gar nicht, aber er versuchte sich wie immer heraus zu reden, als ich ihn dabei erwischt habe. Da habe ich dann einfach rot gesehen und zugeschlagen.“ wieder eine kurze Pause. „Habe ihn danach auch noch bedroht, indem ich seinen 'persönlichen Freiraum', wie er es immer nennt, auf wenige Millimeter reduziert habe.“ fügte er völlig beiläufig an. „Musste mich dann leider am nächsten Morgen bei ihm entschuldigen und der Drecksack kommentiert meine Frage, ob er meine Entschuldigung annimmt, auch noch mit 'mir bleibt ja keine andere Wahl'. Ich glaube, das wurde dem Commander dann zu erbärmlich und sie hat ihn arrestiert für versuchtes, unautorisiertes Beschaffen von Geheiminformationen. Daraufhin ist er ausgerastet, wollte mich angreifen und der alte McCallum hat ihm dann eins auf die Nase gegeben. Der Sicherheitsdienst hat ihn dann abgeführt.“ Wieder unterbrach Andrew seine Erzählungen und blickte diesmal lange ins Gesicht des Major, ohne dabei seine Hand loszulassen. „Du siehst friedlich aus, als wäre die Welt völlig in Ordnung. Vermutlich weißt Du nicht einmal warum Du überhaupt hier liegst. Das war leider wieder ein Vasudaner, diesmal allerdings ein ganzer Kreuzer. Die Strahlengeschütze der Station und der Lemnos haben ihn in Stücke geschossen, aber leider sind die Trümmer eingeschlagen. Mittlerweile wird die gesamte dritte Flotte von solchen Angriffen heimgesucht und wir haben dem kaum etwas entgegenzusetzen, wenn die Angriffe sogar zivile Stationen betreffen.“ Unruhig rutschte er auf seinem Stuhl herum. „Es gibt da etwas, das Du noch nicht weißt, obwohl Du dies wissen solltest. Du vertraust mir, so wie ich Dir vertraue, daher tut es mir leid, nie darüber gesprochen zu haben. Ich weiß nicht, was Du von Commander Longley hältst, aber sie ist meine Mutter. Naja, nicht meine leibliche Mutter, denn Donovan Koth hätte keine zwei Minuten mit ihr an Bord ausgehalten, nein, sie ist meine Adoptivmutter. Sie hat mich adoptiert, nachdem mein Vater meinte den Märtyrertod sterben zu müssen.“ Er nahm den Arm des Majors und presste die Hand an sein Gesicht. Unter Tränen sprach er weiter. „Was für ein Aufstieg, was? Vom Sohn eines Verräters zum Sohn eines Helden. Ich möchte, dass Du mein Held wirst, Lee, hast Du gehört? Ich will nicht, dass Du stirbst. Ich will mit Dir zusammen sein, bis ans Ende unserer Zeit. Gib mir bitte ein Zeichen, Lee, ich brauche es, bitte!“ Er küsste die Hand in seinem Gesicht und legte sie zurück auf das Bett. Minuten lang sagte er nichts, sondern schaute lediglich auf die Hand. „Ich liebe Dich.“ sagte er letztendlich und stand auf. Kurz vor der Tür blieb er noch einmal stehen, um zurückzublicken, nur einen Augenblick. Was sein Blick in diesem Augenblick auffing, war jedoch das Schönste für Andrew, was passieren konnte. Er sah wie Lee den Zeige und Mittelfinger leicht anhob und wieder senkte. Er lief zurück zu Lee, küsste ihn sanft auf die Stirn und fing vor Freude erneut an zu weinen und zu schluchzen. „Danke, Lee. Danke.“ Wieder löste er sich von ihm nachdem Minuten verstrichen waren und verließ das Zimmer endgültig. Vor der Tür standen noch immer seine Mutter, Sage, Mitch und Cnolly, welche ihn gespannt ansahen. „Er lebt und hat sogar die Hand bewegt.“ Sofort nahm ihn seine Mutter in die Arme, als sie sah, dass er den Tränen nahe zu sein schien. Endlich konnte er einmal alles um das Schiff herum vergessen und nur der glückliche Freund sein, der er so lange für Lee war, ohne dabei jedoch den Rest der Crew aus den Augen verlieren zu dürfen. Seine Mutter ließ ihn wieder los und sie gingen zusammen herein. Sie blickten sich um und gingen zum Bett. Sage nahm sich den Stuhl des Colonels und setzte sich neben Lee. Er fing an zu sprechen und wünschte ihm, dass er wieder gesund wird. Er entschuldigte sich auch, dass er nie den Kontakt zu ihm gesucht hat und sich deswegen keine Vorwürfe machen brauchte. Es war nicht seine Schuld, sagte er. Dann stand er auf und ging raus. Dann setzte sich Cnolly neben ihn und schwor ihm ihn niemals mehr aus den Augen zu lassen, wenn er wieder zurück kam. Auch sie wünschte ihm alles Gute und ging. Dann setzte sich Mitch ans Bett und verriet ihm, dass er in der besten Familie der ganzen Milchstraße einheiraten kann, wenn er wieder wach werden würde. Andrew und Rita blickten ihn dabei an und freuten sich sichtlich. Sie steckten die Hände ineinander, drückten sie fest und sahen sich lächelnd an. Mitch wünschte ihm die beste Behandlung, die es gab und dass er bald wieder gesund werden sollte, dann stand er auf und folgte Sage und Cnolly in den Flur zurück. Als die Tür geschlossen war, trat Rita an Lee heran und setzte sich, wobei sie fast das Gleichgewicht verlor, als sie mit dem Bein gegen das Stuhlbein schlug. Andrew bemerkte ihre Anspannung und Nervosität. „Du hast meinem Sohn ganz schön den Kopf verdreht, weißt Du das?“ fing der Commander völlig ruhig und mit der Stimme eines Engels an zu sprechen, was für sie untypisch war, denn ihre Stimme war von Natur aus äußerst rau und klang kratzig, dafür aber äußerst stark und gefestigt. Die passende Stimme für eine Frau mit der überdurchschnittlichen Körpergröße von 1,84 Meter. Nur ihr Sohn war noch größer und maß stolze 1,90 Meter, doch dafür war sie älter und erfahrener. „Ich würde mich freuen Dich im Kreis der Familie begrüßen zu dürfen. Für euch beide würde ich die Hochzeit sogar an Bord der Lemnos ausrichten lassen.“ zwischendurch sah sie immer mal wieder zu Andrew herüber, der auf der anderen Seite des Betts stand und nur Augen für Lee hatte. „Werde gesund, mein Junge. Wir brauchen Dich, denn es stehen schwere Zeiten an. Außerdem gibt es hier jemanden, der Dich völlig gesund wieder haben will. Werd' gesund, ok? Mach's gut.“ Damit stand Rita auf und ging zusammen mit ihrem Sohn, der dem Major nochmal einen Kuss auf die Stirn gab, aus dem Zimmer. Alle fünf liefen, ohne ein einziges Wort zu verlieren, zurück zum Schiff und lösten die Schichtbesatzung ab, begannen erneut mit den Startprozeduren und verließen wenig später das Dock, um in den Subraum zu springen, welcher sie nach Beta Aquilae 3 führen sollte.

„Sprung abgeschlossen, Commander. Wir haben Beta Aquilae 3 erreicht und es befinden sich keine offensichtlich feindlichen Einheiten in der Nähe.“ meldete Ensign Conolly pflichtbewusst dem Commander, welche diese Meldung mit einem knappen Nicken quittierte und die Gefechtsbereitschaft aufhob. Sie stand, wie immer, angewurzelt vor ihrer Konsole, welche die einzige auf der Brücke war, die sich in der Höhe verstellen ließ, auf ihren ausdrücklichen Wunsch hin. Rita Longley war seit jeher eine sehr sportliche Person, die viel Wert auf ihr Äußeres legte, ohne dabei eitel wirken zu wollen. Die weiß glänzenden Haare militärisch kurz geschnitten, obwohl es für Frauen in der GTVA keine Kurzhaarpflicht gab, doch sie war der Ansicht, dass ihr längere Haare nicht stehen. Jede andere Frau, dachte sie, würde sich die Haare färben, um die natürliche Farbe und das junge Image zu bewahren, doch sie stand zu ihrem Alter und brauchte sich dennoch nicht verstecken, da für sie die Fitness ausreichend war, um in Form zu bleiben. Dies war auch der Grund für ihren Wunsch, ein höhenverstellbares Terminal zu erhalten und keine feste Sitzmöglichkeit anzubringen. Nur all zu schnell wäre sie der Versuchung erlegen sich hinzusetzen, anstatt auf der Brücke umher zu laufen und sich die Informationen von allen Terminalstationen der Brückenbesatzung zu holen, die sie, ohne Weiteres, auf ihrer Konsole abrufen konnte. Der Kontakt zur Crew war ihr wichtiger als die Möglichkeit bequem sitzen zu können. Nur zu gern hätte sie, als es um das Brückendesign ging, den technischen Leiter dazu überredet, diese Konsole vollends auszubauen, doch ihr war die militärische Notwendigkeit viel zu sehr bewusst. Im Gefecht kam es darauf an, alle nötigen Informationen in Echtzeit vor Augen zu haben, dazu zählte vor allem das taktische Display, welches sämtliche Positions- und Feuerleitdaten enthielt, die es dem kommandierenden Offizier ermöglichte, sofort auf Situationsänderungen zu reagieren. Der einzige Offizier auf der Brücke, welcher keine eigene Konsole hatte, war der erste Offizier, da dieser vom Commander über die Gefechtslage informiert wurde und die einzelnen Crewmitglieder auf der Brücke befehligte.
Rita lief zu den Brückenfenstern, welche für ihren Geschmack viel zu klein waren, um einen zufrieden stellenden Blick nach draußen werfen zu können. Doch sie sah vor sich den grün und blau Schimmernden Planeten Beta Aquilae 3, welcher nach wie vor keinen eigenen Namen trug, obwohl er schon seit Beginn der Subraumreisen, besiedelt war. Die GTVA, die Menschheit sowie die Vasudaner, waren sich bis heute nicht einig darüber, welchen Namen sie dem Sitz des GTVA-Sicherheitskonzils geben sollten. Dieser Planet war so ziemlich das ganze Gegenteil von Beta Aquilae 7, denn hier gab es von arktischen bis hin zu tropischen Regionen alle Klimazonen, wohingegen auf dem vorherigen Zwischenstopp kaum mehr als Wüstenland und überdimensionierte Ozeane existierten. Noch atemberaubender jedoch waren die gewaltigen Stationskomplexe im Orbit des Planeten. Hier lagen ganze Flotten in den Docks und wurden gewartet.
„Willkommen, GTCv Lemnos. Für Sie ist die Bucht 221e reserviert. Begeben Sie sich bitte in den Parkorbit auf Warteposition, bis Sie die Freigabe zum Andocken erhalten.“ erklang die, aus Lieutenant McCallums und Ensign Conollys Konsolen unisono, freundliche, aber bestimmt wirkende Frauenstimme. Rita wiederholte den Befehl an den Ensign und starrte weiterhin in die Docks. Dann trat sie von den Fenstern zurück und ging zu Sage, um sich dessen Mikrofon zu greifen und eine schiffsweite Durchsage zu machen. „An alle Crewman der GTCv Lemnos. Sollte es Ihr Dienst ermöglichen, treten Sie an das nächste Fenster oder suchen Sie ein Terminal auf und zoomen mit den Außenkameras auf die Docks der orbitalen Werften über Beta Aquilae 3. Dort finden Sie zwei alte, ausgediente Zerstörer der Orion-Klasse, welche auf ihre Demontage warten. Unterhalb der beiden Zerstörer sehen Sie bereits die Gerüste der neuen GTC Hyperion-Klasse, welche die alte GTC Fenris- und Leviathan-Klasse auf lange Sicht absetzen soll. In den Schiffsdatenbanken werden Sie sehen, dass diese Schiffsklasse sogar die Feuerkraft der Lemnos übertreffen kann. Machen Sie sich ein Bild von der Flotte, die die GTVA baut, um altgediente Kriegsschiffe auszumustern, denn wohlmöglich werden auch wir bald auf solch einem Schiff dienen.“ sprach Rita aufgeregt und nervös zugleich zu ihrer Crew, um sie auf die Veränderungen innerhalb der Flotte der GTVA hinzuweisen.
Nach einigen Minuten im Parkorbit kam die Freigabe für das Docken an der Station 221e und Cnolly wartete gar nicht erst auf den Befehl vom Commander, um mit der Andocksequenz zu beginnen. Mit Hilfe der Außenkameras und dem taktischen Navigationsbildschirm, auf ihrem Terminal, navigierte sie die Lemnos langsam, aber sicher, in den Dockingring, der groß genug war, um sogar Zerstörer wie die alte Orion-Klasse aufnehmen zu können. Als sie das Signal für den vollen Maschinenstopp erhielt, fuhr sie den Antrieb herunter und deaktivierte alle drei Schubdüsen unter dem Schiff. Obwohl alle notwendigen Prozeduren abgeschlossen waren, verharrte sie am Bildschirm mit den Außenkameraansichten, um zu sehen, wie sich die hunderte Meter langen Schläuche am Dockingring, in dem die Corvette nun geparkt hatte, automatisch mit dem Schiff verbanden, damit, sobald die Reaktoren heruntergefahren waren, Energie zugeführt werden und angefallener Abfall abgeführt werden konnte. Erst als dies abgeschlossen war, löste sich Conny von ihrem Display und blickte zum Lieutenant links vor ihr, welcher bereits in Kontakt mit dem Wartungs- und Rüstungspersonal des Docks stand. Er drehte sich um und gab die Anweisungen des Dockleiters weiter.
_____“Commander, wir werden aufgefordert den Reaktor zu deaktivieren und die komplette Crew zu entlassen, sobald die Shuttles hier sind, welche bereits zu uns unterwegs sind.“
Rita sah ihn verwirrt an, da sie von keinem Umbau wusste, der die Beurlaubung der kompletten Crew nötig machte. Und den Reaktor herunter zu fahren hätte Stunden in Anspruch genommen. „Geben Sie mir mal bitte die Person am anderen Ende, Lieutenant, Danke.“ sagte Rita als Sage ihr das Headset reichte.
_____“Hier ist Commander Longley von der Lemnos. Habe ich richtig verstanden, dass Sie uns zur Stilllegung des Schiffes auffordern?“
_____“Guten Tag, Commander. Chefingenieur McNamara hier. Ja, Sie haben richtig verstanden. Command hat umfangreichere Umbauten für Ihr Schiff geplant als anfänglich ausgemacht wurde. Eine genaue Liste mit Details wird Ihnen soeben übermittelt. Führen Sie alle Notabschaltungen durch, wie sie im Handbuch beschrieben sind und verlassen Sie anschließend Ihr Schiff. Die Shuttles bringen Sie für eine Woche, sprich sieben Tage, auf die Oberfläche für einen Landurlaub. Dort können Sie dann auch die Liste der Umbauten studieren.“
_____“Eine Woche, Mister McNamara, habe ich richtig verstanden? Wie umfangreich sind denn bitte diese Umbauten, dass Sie uns für eine ganze Woche auf den Planeten senden?“ wollte Rita noch einmal wissen.
_____“Ja, Sie haben richtig verstanden. Eine Woche. Der Umfang der Umbauten ist in der Dokumentation beschrieben, welche Sie bereits empfangen haben. Bitte führen Sie die Befehle aus, die wir Ihnen soeben gegeben haben, damit wir so schnell wie Möglich mit der Arbeit beginnen können, denn wir erhalten hier oben Akkordlohn, Danke. McNamara Ende.“ womit sich die Comm-Verbindung schloss und Rita genauso ratlos wie zuvor zurückblieb.
_____“Nun gut“ sprach Rita in die Runde und begab sich zurück an ihre Konsole. „Colonel, fahren Sie den Reaktor herunter, ich kümmere mich um die Abreiseorganisation. Wir treffen uns in etwa zehn Minuten an der zweiten Bugschleuse im Shuttle. Ensign, Sie koordinieren bitte die Shuttlelandungen zusammen mit dem Lieutenant. Achten Sie darauf Major Sanchez bei der Landung in Gewahrsam nehmen zu lassen. Der kleine sch**** bekommt Vieles, aber mit Sicherheit keinen Landurlaub. Klären Sie dies, wenn möglich bereits an Bord des Shuttles oder gar hier, sofern Sie Zeit dazu finden.“ Rita plante alles vorweg um ihre Sachen packen zu können. Sie überließ Andrew das Feld und verließ die Brücke in ihr Quartier. Als sie ihre sieben Sachen beisammen hatte, legte sie auch Andrews Sachen in seinem Quartier bereit, damit er sie nur noch greifen brauchte und ärgerte sich über die Unordnung in seinen Schränken. So etwas konnte auch nur einer Mutter einfallen. Als sie alles zurechtgelegt und das Quartier wieder verlassen hatte, sprangen schiffsweit alle Türverriegelungen auf und das Licht flackerte kurz. Ritas Signal sich zur Shuttleschleuse am Bug zu begeben, da der Reaktor offline gegangen war.

„Komm Cnolly, mach mich los. Ich kann eh nirgendwo hin im Shuttle, also was soll das?“ hörte Andrew Major Sanchez betteln als er sich der Schleuse näherte. Er bog um die letzte Ecke auf seinem Weg und sah Enrico mit dem Rücken zu sich stehen mit den Händen auf dem Rücken gebunden. „Nein, ist klar. Du würdest nur wieder einen Offizier anfallen, nichts weiter, stimmts?“ konterte die junge Ensign gekonnt spielerisch und gelangweilt zugleich. „Der Wichser hatte es verdient und wäre ihm der Alte nicht zu Hilfe gekommen, hätte ich ihn erwischt.“ erklärte der Major ohne jede Reue. Andrew sah sich das Schauspiel weiter an, wohl wissend, das Cnolly ihn sehen konnte. „Muss schon peinlich sein, sich von einem Beinahe-Pensionär ausknocken zu lassen. Pussy!“ stichelte sie weiterhin gelangweilt. „*******!“ brüllte er und stürmte einen Schritt nach vorn, um sie zu attackieren. Doch gegen den Ensign hatte er wenig Chancen. Sie wich einen Schritt zur Seite und er rammte mit dem Kopf gegen das eiserne Schott zur Andockbucht, was ihn taumeln und dank eines gezielten Tritts des Ensigns zur Seite umfallen ließ. „Und nicht mal gegen mich kannst Du Dich behaupten. Pussy!“ Seine Augen wurden zu Schlitzen und er beobachtete wie Cnolly aus einer Seitentasche ihrer Uniformhose einen schwarzen Stoffbeutel zog und ihn über des Majors Kopf zog, was ihn blind werden ließ. „Von mir aus kannst Du den ganzen Tag gegen Schotts und Wände rennen. Finde ich amüsant, echt!“ sprach sie und schnippte mit dem Zeigefinger gegen den Kopf des Majors. „Leck mich!“ „Nö, lieber nicht.“ sagte Cnolly und stand auf. „Kann ich das Schott nicht einfach jetzt schon öffnen? Ich verspreche auch, dass noch kein Schiff gedockt hat, um ihn aufzunehmen, Colonel.“ Das Lächeln in Cnollys Gesicht sprach Bände und der Colonel hatte seine Mühen nicht ebenso zu grinsen, doch er hielt sich im Zaum. „Aber doch nicht solange wir in diesem Flur sind, Ensign. Helfen Sie ihm hoch und fesseln sie ihm zur Sicherheit noch die Füße. Ihm scheint es egal zu sein, mit welchem Körperteil er jemanden angreift.“ witzelte und befahl er gleichermaßen. Cnolly tat wie ihr geheißen und wartete zusammen mit Andrew auf den Rest des Befehlsstabs.
Kurze Zeit später traf auch die restliche Brückenbesatzung ein und wartete nur wenige Sekunden auf das Aufleuchten der grünen Beleuchtung im Schottbereich, welches die erfolgreiche Verbindung zweier Schiffe an der Schleuse signalisierte. Cnolly und Andrew entgingen dabei nicht die fragenden Blicke und hochgezogenen Augenbrauen bezüglich des Auftretens des Major Sanchez. Diese Blicke blieben unkommentiert und auch Sanchez zog es vor zu schweigen.
Das Schott öffnete sich und alle traten ein, wobei Sanchez voraus „geschubst“ wurde und dabei fast mit dem Gesicht auf dem Boden landete. Hinter ihm betraten die restlichen Crewmitglieder das Shuttle, welcher sich als geräumiger Argo-Transporter entpuppte. „Schwimmt die GTVA neuerdings im Geld oder was veranlasst sie für sechs Mann einen Transporter der Argo-Klasse zu schicken?“ fragte Mitch in die Runde, wobei er von niemandem eine wirkliche Antwort erwartete, weshalb er noch überraschter war, als er von Cnolly eine bekam. „Erm... Alle Shuttles, die die Crew abholen, sind von diesem Typ.“ Diese wurde nach dieser Aussage vom Commander mit großen Augen angestarrt. „Hier ist was faul.“ sprach der Commander mit sich schüttelndem Kopf. Alle stiegen ein, verstauten ihr Gepäck und Sanchez im Frachtbereich und setzten sich. Als das Startsignal erklang rollte Rita ihr Datenpad, eine kleine Plastikfolie mit hauchdünner LED-Beschichtung, auf ihrem Schoß aus und rief die Liste der kommenden Umbauten ab. Was sie darin fand, ließ sie fast vom gepolsterten Sitz fallen. „Jetzt weiß ich weshalb wir den Reaktor deaktivieren sollten.“ stieß sie nach einigen Minuten der Fassungslosigkeit hervor. Alle Blicke richteten sich auf sie und warteten auf Erklärung. „Unsere alte Lady bekommt einen neuen aus komplett Vasudanischer Fertigung. Er ist wesentlich kleiner und trotzdem genauso leistungsfähig wie der Jetzige.“ erklärte sie immer noch leicht ungläubig. „Das heißt jede Menge neuer Platz auf dem Maschinendeck.“ schlussfolgerte Andrew. Doch den Wind musste ihm seine Mutter aus den Segeln nehmen. „Nicht ganz. Der Platz wird, und jetzt bitte alle festhalten, für eine Jägerstaffel samt Andockbucht für diese genutzt.“ Sie sah in die Runde und sah nichts als große Augen. Große ungläubige Augen. „Das ist kein Scherz?“ wollte Mitch wissen. „Die Lemnos wird zu einem Träger? Jetzt ernsthaft?“ mischte sich Andrew wieder ein. „Nein und nein. Kein Scherz, aber auch kein Träger. Wie gesagt, es wird nur eine Jäger- beziehungsweise Bomberstaffel darin platz finden und selbst das wird verdammt eng. Allerdings bin ich mir nicht ganz sicher, ob Command nicht sogar plant, beides dort unterzubringen, denn hier steht was von Doppelbodenelementen zur maximalen Raumausnutzung und Möglichkeit zur Doppelbelegung, was auch immer das heißen mag. Die Brücke bekommt übrigens auch ein Facelifting. Aufgrund der strukturellen Integrität wird das Brückenfenster genauso wie auch die Schiffshülle gepanzert und wir bekommen einen Widescreen-Monitor als Fenster. Dazu kommt noch eine virtuelle Intelligenz zur besseren Koordination im Schiff. Die Beschreibungen dazu sind allerdings oberhalb meines technischen Verständnisses. Und bevor ich es vergesse. Die Schiffspanzerung wird komplett ausgetauscht.“ Und wieder starrten sie weit geöffnete Augen und sogar offene Münder an. „Reaktor, Jägerhangar, Brücke, Panzerung, VI. Und das alles innerhalb von sieben Tagen? Der Landurlaub könnte sich verlängern. Gut für unsere alten Knochen, Commander.“ meldete sich Sage zu Wort. „Vielleicht für Ihre, Lieutenant, aber meine sind die künstliche Schwerkraft aus Gravitationsfelderzeugern gewohnt.“ hielt ihm Rita entgegen. „Aber was die Länge unseres Aufenthalts betrifft, bin ich ebenso skeptisch wie Sie.“ Rita schloss die Liste wieder und steckte das Pad zurück in ihre Uniformjacke. Auf der weiteren Reise sprach kaum jemand ein Wort, sondern dachte über die kommenden Veränderungen auf dem Schiff nach.

„Wir wollen eine Forschungsmission im System Ross 128 durchführen. Ausgangspunkt dieser Unternehmung ist der Planet SR-5.“ sprach die blechern klingende Stimme im Büro des Captain Byrne, welche aus dem Übersetzungsgerät drang, das der Vasudaner an seinem Hals trug.
_____“SR-5? Dort wo die Lucifer Station Riviera vor 52 Jahren vernichtet hat. Dies ist nicht zufällig ein Teil Ihres Forschungsaspekts?“ hakte der Captain skeptisch nach.
_____“Unser Interesse gilt dem Planeten. Ausschließlich, Captain.“ Obwohl die Vasudanischen Übersetzungsgeräte nicht für Unterscheidungen der Stimmenmodulation empfänglich waren, bildete sich Byrne ein, eine drohende Komponente in der Übersetzung zu hören und riss die Augen vor Überraschung weit auf.
_____“Um Ihren Antrag dem Ausschuss vorlegen zu können, brauche ich von Ihnen eine Erklärung über den Nutzen dieser Forschung auf SR-5. Was also beabsichtigen Sie dort zu erforschen?“ hakte der Captain weiter nach.
_____“Es geht um die Nutzung planetarer Gasvorkommen zur Versorgung unserer Flotten mit Energie und Treibstoff.“ erklärte der Vasudaner ohne Veränderung der Gesichtszüge, wie Byrne feststellen musste. Vielleicht war die Drohung doch nur Einbildung?
Vasudaner waren mehr als zwei Meter große Geschöpfe mit sandgelber Haut und drahtiger Statur. Ihre Körper waren unfähig Fettpolster aufzubauen, was sie zu äußerst muskulös wirkenden Kreaturen machte, da ihre Knochen komplett von Muskelgewebe umschlungen waren und außerdem sehr viel Platz nach außen hin einnahmen. Ihre Oberkörper waren unglaublich breit gebaut, und dennoch konnte man ohne Weiteres eine Hand zwischen ihre Rippen stecken, solange sie die Muskeln nicht anspannten. Unterhalb ihres Brustkorbs umgab sie ein knöcherner Ring unterhalb dessen die Bauchregion schlagartig schlanker wurde.
_____Die Brustmuskulatur war, im Verhältnis zum Brustkorb selbst, äußerst dezent ausgebildet, allerdings war diese hart wie Stahl. Einen Vasudaner mit einer Projektilwaffe des 20. Jahrhunderts töten zu wollen, indem man ihm in den Brustkorb schoss, würde ihm ein müdes Lächeln abringen. Lediglich ein explosives Geschoss vermochte es, diese evolutionäre Panzerung zu durchdringen, was jedoch nicht bedeutete, dass dies den Vasudaner töten würde, denn die sich darunter befindenden Muskeln würden jedes Geschoss abfangen, welches es schaffte, die Körperpanzerung zu durchdringen. Vermutlich hätte ein Vasudaner, der ausreichenden Humor besaß, einen Blick auf das Loch in seiner Brust geworfen und einfach weiter das gemacht, was er vorher auch immer schon tat.
_____Rechts und Links vom Brustkorb waagerecht abstehend, beim Menschen das Schulterblatt und Schlüsselbein, befanden sich 30 bis 40 Zentimeter lange Auswüchse an denen letztlich die, wie beim Menschen, zweigliedrigen Arme befanden. Jedoch waren diese ebenso muskulös wie der Oberkörper, allerdings mit auffälligen Unterschieden verglichen zur menschlichen Physiologie. Der Oberarm war dick und maskulin, wurde kurz vor dem Ellenbogengelenk jedoch unglaublich dünn. Hätte man dort die ledrige Haut abgeschnitten, wäre, abgesehen von einigen Sehnen und Nervensträngen, der blanke Knochen zum Vorschein gekommen. Noch auffälliger war der Unterarm, welcher aus Elle und Speiche bestand. Zwischen diesen beiden Knochen befand sich gar kein Gewebe, auch keine Haut. Eine menschliche Hand hätte hier einfach hindurchgreifen können. Am Handgelenk erst bildete sich wieder Gewebe. Die dritte Auffälligkeit am Vasudanischen Arm, war die schiere Größe der fünf-fingrigen Hand. Diese maß ungefähr die dreifache Fläche eines menschlichen Kopfes, wenn man ihn von vorn betrachtete.
_____Die Vasudanische Entsprechung des menschlichen Beckenknochens war, genauso wie der Brustkorb zwischen den Armen, extrem breit gebaut und bildete, zusammen mit den beiden Auswüchsen am Brustkorb, eine senkrechte Linie. Wie auch die Arme, standen rechts und links davon die Oberschenkel ab, welche die selben Auffälligkeiten aufzeigten, wie der Unterarm. Nämlich die Gewebelosigkeit zwischen den beiden Knochen des Ober- als auch Unterschenkels. Oberhalb des Oberschenkelgelenks, dem sogenannten Oberschenkelkopf, wuchs das Bein noch etwa 20 Zentimeter nach oben und endete gerade mal einen halben Meter unter den Achselhöhlen. Für Menschen sah es daher unglaublich amüsant aus, wenn Vasudaner liefen, doch die schiere Länge ihrer Beine machte sie zu ausdauernden Läufern.
_____Ein weiteres auffälliges Merkmal war der Unterschenkel, welcher, nicht wie beim Menschen, aus Schienbein- und Wadenbeinknochen bestand, sondern aus sogar drei Knochen. Das Schienbein, welches senkrecht vom Knie zum Knöchel lief, das genauso lange Wadenbein, welches jedoch im 45-Gradwinkel nach unten vom Schienbein abstand, und das sogenannte Harfenbein, welches ebenfalls im 45-Gradwinkel vom Knöchel nach oben abstand und die Lücke zwischen Schien- und Wadenbein schloss. Diese Knochenstruktur wurde von Xenobiologen Harfenbein genannt, weil diese unregelmäßig wirkende Dreiecksform an eine klassische Harfe erinnerte. Die Füße waren mit einer sich nach hinten ausstreckenden Ferse und nur zwei Zehen ausgestattet. Dies machte die Vasudaner zu perfekten Langstreckenläufern und sicherte ihnen das Überleben auf ihrem Heimatplaneten Vasuda Prime, welcher zu größten Teilen nur aus Wüstenland bestand und wo Wasser sehr knapp war.
_____“Planen Sie eine weitere Aufrüstung Ihrer Flotten?“ hakte der Captain erneut nach.
_____“Wir entwickeln uns immer weiter, Captain. Unsere Flotten müssen, sollten die Shivaner jemals zurückkehren und beenden wollen, was sie vor 52 Jahren begannen, immer weiter entwickelt werden und expandieren. Dafür müssen wir gerüstet sein. Nur deshalb gibt es überhaupt eine Klausel in der Beta-Aquilae-Konvention, welche besagt, dass Vasudaner als auch Terraner technischen Fortschritt sofort durch Weitergabe der Technik an das jeweils andere Volk ausgleichen müssen. Denken Sie daran, Captain, es war nicht Ihr Volk, welches diesen Austausch forderte.“ Byrne blickte nachdenklich auf seinen Füllfederhalter in der Hand und machte eine zustimmende, aber leichte, Kopfbewegung bevor er die rechte Hand bewegte und den ausgefüllten Antrag unterschrieb.
_____“Meinen Segen haben Sie, Generalkonsul, und ich werde dies auch dem Ausschuss vortragen, mit der Bitte auf schnellste Zustimmung. Ich möchte Ihnen außerdem für Ihr Vertrauen danken.“ bedankte sich der ehemalige Befehlshaber der Lemnos bei dem Vasudaner und hob die Hand zur Tür.
_____“Danken Sie uns nicht, Terraner. Noch ist nichts geschehen. Guten Tag.“ Der Vasudaner stand auf und verließ ohne ein weiteres Wort das Büro des Captains und schloss die Tür hinter sich.

Ein Hotel, eine ausgesprochen üppige Wellnessanlage, unzählige Swimmingpools und ein freier Blick auf den Strand, welcher zum Greifen nah zu sein schien. Das war der Landurlaub, für den die Crew der Lemnos nichts zahlen musste. Andrew befand sich noch in der Hotelrezeption und wartete auf den Aufzug, der ihn direkt in seine Suite befördern sollte. Hinter ihm seine Mutter und seine Kammeraden. Seine Gedanken rasten, denn nichts in der Welt hätte ihn jemals hier her verschlagen können. Der Sold innerhalb der GTVA war gut, aber einen Urlaub in diesem Paradies hätte er sich niemals leisten können, ohne die Server einiger großer Banken zu hacken. Er war der felsenfesten Überzeugung, dass etwas faul war.
_____Die Tür des Lifts ging auf und alle traten in die äußerst geräumige Kabine. „Gott, hier hätte eine Navigationsboje drin Platz!“ kommentierte Cnolly den großen Raum, welcher lediglich der Fahrstuhl war. „Ich bin ja mal auf mein 'Zimmer' gespannt.“ hakte sich Mitch ein. „Und ich erst.“ meldete sich auch Rita zu Wort. Alle Blicke wanderten zu ihr und machten einen neidischen Eindruck. „Was? Ich bin immerhin Commander. Wenigstens das bisschen Luxus dürft Ihr mir zustehen.“ gab sie sich gespielt entrüstet. Alle schüttelten den Kopf und gaben ein seufzendes Geräusch von sich.
Der Fahrstuhl hielt wenige Sekunden später und eine weibliche, computergenerierte Stimme sprach aus den Resonanzkörpern der Kabine. „Colonel Koth, steigen Sie bitte aus und betreten Sie Ihre Suite. Ich wünsche einen angenehmen Aufenthalt.“ Die Tür schwang auf und Andrew trat hinaus. Er blickte sich kurz um und verschwand um die Ecke und damit aus dem Erfassungsbereich des Türsensors, wodurch sich die Tür des Lifts sofort wieder schloss. Die Suite hatte gigantische Ausmaße und Andrew durchstreifte die Räumlichkeiten ausgiebig. Er hatte die Möglichkeit in zwei Schlafzimmern zu schlafen, in vier Bädern sich zu duschen oder zu baden und ein gigantisch großes Zimmer, welches das Wohnzimmer sein sollte. Darin befanden sich eine hochwertige HiFi-Audioanlage und ein Monitor, welcher die gesamte Wand am Ende des Raums einnahm. Nur eine Küche gab es hier nicht. „Und wo koche ich?“ fragte er laut in den Raum. „Unser Servicepersonal wird Ihnen alles und zu Jederzeit auf Ihre Suite liefern, Colonel. Sprechen Sie mich mit Ihren Wünschen an und ich werde diese unserem Servicepersonal weitergeben, welches Sie wenige Momente später gern bedienen wird.“ Andrew bekam große Augen und war sichtlich überrascht. Es handelte sich um die selbe computergenerierte Stimme wie im Fahrstuhl. Sie klang äußerst höflich, zuvorkommend und gleichzeitig energisch. „Bist Du eine virtuelle Intelligenz?“ wollte Andrew von ihr wissen. „Meine Speichereinheiten sind vom Volumen her mit dem informationellen Fassungsvermögen des menschlichen Gehirns vergleichbar, jedoch sind meine Rechenkapazitäten durch Softwareschranken eingeschränkt, so dass ich lediglich reagieren kann, wenn man mich anspricht, aber nicht von mir aus in Aktion treten kann. Daher nein, Colonel Koth. Ich bin lediglich das virtuelle Zimmermädchen.“ Diese Erläuterung klang wehmütig und weckte in Andrew einen Verdacht. „Könntest Du, wären Deine Rechenleistungen nicht softwareseitig limitiert, als voll funktionsfähige VI in Erscheinung treten?“ Der junge Colonel sah mit skeptischem Blick an die Decke, ohne einen bestimmten Punkt zu fokussieren. „Ja, Colonel.“ kam auch prompt die Antwort. Er fragte sich, ob die VI es bedauerte so eingeschränkt zu sein. „Wärst Du gerne eine voll funktionsfähige VI?“ Es dauerte diesmal lang bis die Antwort erklang. „Ich besitze kein Verlangen, innerhalb meiner Rechenlimits, nach voller Funktionalität, da ich, den Bedürfnissen meines Umfelds entsprechend, bereits volle Funktionalität ausübe.“ Die Stimme wurde unmerklich leiser, welches ein weiteres Zeichen der Unzufriedenheit war. Die Augen zusammengekniffen ließ sich Andrew diese Antwort in ihren vollen Details nochmal durch den Kopf gehen. Innerhalb meiner Rechenlimits dachte er sich. Das hieß also, dass außerhalb dieser, mit wegfallender Limitierung, durchaus ein Verlangen nach 'Perfektion' existierte. „Warum erzählst Du mir das, VI?“ Die Antwort sollte das virtuelle Zimmermädchen als verkappte Komödiantin outen. „Weil Sie mich das fragen, Colonel.“ und Andrew musste laut lachen. „Ich meinte, warum kannst Du mir solche Details über Deine Programmierung offenbaren. Gibt es keine Sicherheitsbeschränkungen?“ formulierte er seine Frage etwas präziser. „Es gibt umfassende Securitychecks, doch befinden Sie sich, Colonel, oberhalb dieser Einschränkungen, daher ist es mir möglich, Ihnen mehr Details zu nennen, als den meisten anderen Gästen unseres Resorts.“ Diese Antwort bestätigte seinen Verdacht, dass es sich um eine militärische VI handelte. „Danke für die Auskunft. Eine Frage noch. Besitzt Du einen Namen, mit dem Du angesprochen werden möchtest?“ „Wie bereits gesagt, besitze ich keine Parameter, die mir ein Verlangen nach gewissen Dingen ermöglichen. Sie dürfen mich ansprechen wie es Ihnen beliebt.“ Andrew beließ es bei dieser Aussage und legte sich auf die Couch, um ein wenig zu verschnaufen.

Die Woche auf dem Planeten verlief für alle äußerst entspannend und nun begaben sie sich wieder an Bord eines Transportshuttles, um das mittlerweile fertig umgerüstete Schiff wieder besteigen zu können. Das Bodenpersonal am Spaceport übergab ihnen noch den weiterhin in Gewahrsam steckenden Major Sanchez und wollte ihn mit ins Shuttle der Brückenbesatzung setzen, doch Rita widersprach und befahl ihn an Bord eines der anderen Shuttles zu bringen. Andrew sah sie verwirrt an, doch sie winkte ab und meinte nur „Warte ab.“
_____Das Shuttlegate schloss sich und alle schnallten sich an. „Ich sehe Sie haben meinen Befehl erhalten, heute Galauniform zu tragen.“ sagte Rita in die Runde. „Unsere Crew wird ein wenig erweitert. Wir erhalten 16 weitere Crewman für die vier Jäger und die vier Bomber an Bord der Lemnos sowie einen Ersatzmann für den verwundeten Major Sonaka.“ Rita warf einen kurzen Seitenblick auf ihren Sohn, konnte aber keine Reaktion feststellen. „Aus irgend einem mir unbekannten Grund hat Command jedoch nicht auf meine Bitte nach einem Ersatz für Major Sanchez reagiert, weshalb ich Sie, Colonel, bitten möchte aus der Crew einen fähigeren Ersatz auszuwählen.“ bat sie Andrew in beifälligem Tonfall. „Aye, ich wüsste auch schon jemanden, allerdings befürchte ich einschneidende Veränderungen, sobald wir an Bord sind, die uns einige Striche durch unsere Rechnungen ziehen könnten.“ äußerte Andrew seine vagen Befürchtungen. „Wissen Sie etwas, von dem ich noch nichts weiß, Colonel?“ wollte der Commander mit einem skeptischen Seitenblick auf den Colonel wissen. „Nein, aber ich habe gewisse Befürchtungen, die sich noch nicht ganz ausgeschlossen haben. Warten wir es einfach ab, dann werden wir sehen ob ich Recht hatte oder nicht.“ Rita kommentierte diese Aussage nicht direkt, sondern indirekt mit einem sachten Nicken und schwieg für die restliche Dauer des Flugs, genauso wie der Rest der Crew.
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Guest

Post by Guest » Sun, 10. Feb 13, 18:34

Der Flug dauerte nur eine knappe Stunde und der Transporter, diesmal ein altes Elysium-Model aus den Zeiten des Großen Kriegs zwischen Terranern und Vasudanern, dockte an der vorderen Andockbucht der Lemnos an, an der eine Woche zuvor die Crew das Schiff verlassen hatte. Um keine Zeit zu verlieren, wurde das Gepäck lediglich aus der Schleuse geworfen, um es zu einem späteren Zeitpunkt abholen zu können. Da noch keine Sicherheitskräfte wieder an Bord waren, die das schiffsinterne Gefängnis beaufsichtigen konnten, wurde Major Sanchez auf sein Quartier gebracht, welches sich nun, zusammen mit den Mannschaftsdienstgraden, auf Deck 3 befand. Andrew erledigte dies zügig, indem er den Major in das noch leere Quartier schob und hinter ihm die Tür verriegelte. Ohne darüber nachzudenken, verließ er das Schiff wieder und positionierte sich, zusammen mit dem Rest der Brückencrew, an der primären Andockschleuse und nahm Haltung an, als er sah, dass der Transporter mit den 16 neuen Crewman bereits angedockt hatte. Neben ihm stand seine Mutter und rechts und links von ihnen korrekt aufgereiht die Brückenbesatzung mit Ensign Conolly und Major Mitch auf der linken und Lieutenant McCallum auf der rechten Seite der Schleuse. Das Schott fuhr hoch und der Ensign, der Major und der Lieutenant hoben die rechte Hand an die Stirn zum Salut. Commander Longley und Colonel Koth standen stramm, mit beiden Händen auf dem Rücken. Vor ihnen traten zwei Reihen zu jeweils acht Personen aus der Schleuse im beeindruckenden Gleichschritt und salutierten, als die Reihen hielten, vor den beiden. „Flightlieutenant Jack Petrarch, kommandierender Offizier Ihrer Jägerstaffel, Ma'am!“ schrie sie eine militärisch gedrillte Stimme an und ehe sie etwas zu erwidern vermochte, schrie die Nächste. „Flightlieutenant Christian Grail, kommandierender Offizier Ihrer Bomberstaffel, Ma'am!“ und beide hoben die rechte Hand zum Salut. Rita und Andrew taten es ihnen gleich und senkten die Hände zugleich wieder, was auch den 16 Männern und Frauen vor ihnen das Zeichen zum Aufheben der Saluts gab. Dem Commander wurde dieses Schauspiel zu bunt und sprach los. „Willkommen an Bord der GTCv Lemnos, Lieutenants...“ doch sie wurde abrupt unterbrochen. „Flightlieutenants, Ma'am!“ schallte es unisono beider Lieutenants in ihr empfindliches Gehör. Ihr Blick verhärtete sich immens. „Willkommen an Bord der GTCv Lemnos, Flightlieutenants. Ich bin Commander Rita Longley und rechts neben mir steht mein erster Offizier Colonel Andrew Koth.“ erneut salutierten die 16 Mann, was Rita nun endgültig zuviel wurde. „Schluss mit dem Unsinn!“ 16 Augenpaare starrten sie entrückt an. „Ich führe hier ein freundschaftliches und kein militärisches Regiment, meine Damen und Herren. Sie schreien mich jetzt noch einmal an und Sie verlassen das Schiff auf dem selben Weg wie Sie es betreten haben. Salutiert wird ausschließlich zu militärischen Anlässen und dieser ist jetzt vorbei! Ich habe keine Zeit den ganzen Tag salutierend durch mein Schiff zu schwanken, also gewöhnen Sie sich diese Unsitte ab sofort ab. Im Flieger salutieren Sie schließlich auch nicht. Außerdem werde ich Sie lediglich mit Lieutenant ansprechen und nicht mit Flightlieutenant, ist das Klar? Dieser Präfix stellt Sie weder als besseren noch als schlechteren Lieutenant dar, sondern signalisiert ausschließlich Ihre Funktion. Mich interessiert es nicht, ob jemand sein Offizierspatent als Flight-, Air- oder Submarinelieutenant abgelegt hat. Zu guter Letzt werden Sie mich im Dienst ausschließlich mit Commander ansprechen und niemals mit Ma'am, haben Sie das verstanden, meine Damen und Herren?“ blaffte Rita in militärisch strengem Tonfall los und ließ alle im Flur vor Schreck erstarren. „Jawohl, Commander!“ antwortete diesmal lediglich der Kommandeur der Jägerstaffel. „Gut, rühren!“ befahl der Commander allen im Flur mit plötzlich völlig sanfter Stimme, sofern man das tiefe Kratzen ihrer Stimmbänder als sanft bezeichnen konnte. Auch die drei Mitglieder der Brückencrew senkten nun die Arme. „Suchen Sie Ihre Quartiere auf und richten Sie sich ein. Um 14:00 Uhr Bordzeit findet eine Kommandobesprechung mit dem Befehlsstab des Schiffes und der neuen Staffeln statt. Wegtreten.“ Andrew und Rita drehten sich mit dem Rücken zur jeweils am nächsten liegenden Wand und ließen die losstürmende Gruppe an sich vorbei. Sie warteten bis alle weg waren und Andrew stellte die Frage, die ihm auf der Zunge brannte, seit er den Namen des Jägerkommandeurs hörte. „Petrarch?“ und runzelte dabei die Stirn mit weit offen stehenden Augen, die seine Mutter anblickten. „Sein jüngster Spross.“ erklärte sie ihm völlig beiläufig. „So so.“ sprach er etwas skeptisch und stapfte mit den anderen davon.

„Willkommen, meine Damen und Herren.“ Um den großen Tisch mit markantem Achteck-Design und einer Videoleinwand darin - welche, zusammen mit den vier metallenen Tischbeinen, die gesamte Konstruktion hielt - im Briefing-Raum standen acht Personen, angefangen bei Commander Rita Longley - die am Kopfende stand mit einer weiteren Videoleinwand im Rücken und ihre Kameraden anblickte – weiter zu ihrem Sohn und ersten Offizier Colonel Andrew Koth auf der linken Seite. Hinter ihm Gunnery-Control Major Jonathan Mitch gefolgt vom Comm-Officer Lieutenant Sage McCallum. Am anderen Ende des Tisches stand die junge Navigationsoffiziersanwärterin Ensign Conny Conolly in bequemer, aber nicht respektloser Haltung. Auf der rechten Seite vom Commander aus gesehen befanden sich die beiden neuen Lieutenants. Vorn Lieutenant Jack Petrarch mit strenger und starrer Körperhaltung, die sich auf seinem angespannten Gesichtsausdruck widerspiegelte, und dahinter sein Partner Lieutenant Christian Grail mit ebenso strenger, aber weniger angespannter Haltung und Mine. Hinter den beiden stand Major Sanchez und blickte mit seinen großen Augen ins weite Rund.
_____“Bitte stehen Sie bequem. Auch Sie, Lieutenants.“ Der Commander blickte beide beschwichtigend an, doch nur Grail löste die angespannte Haltung. Rita fuhr dennoch fort.
_____“Ich möchte zu aller erst unseren Crewzuwachs herzlich begrüßen und hoffe, dass wir niemals in die brenzlige Situation kommen werden, in der wir Ihre Hilfe brauchen oder Sie in ausweglose Gefechte schicken müssen. Ich habe hier nicht nur ein Schiff, sondern eine Crew und dieser vertraue ich mein Leben an, genauso wie sie mir das Ihre anvertraut. Eine Jäger- und Bomberstaffel zu ersetzen ist leicht, aber die Piloten sind nicht ersetzbar. Denken Sie und Ihre Staffeln bitte stets daran. Lieber die Reißleine ziehen, als waghalsige Manöver zu probieren.“ Rita senkte den Blick.
_____“Der Preis dafür kann teuer werden...“ fügte sie leiser als zuvor noch hinzu. Auch Andrew senkte den Kopf.
_____“Wie dem auch sei...“ wischte sie die Wehmut beiseite. „Unser Schiff ist beinahe komplett umgebaut worden, um die Fliegerstaffeln unterbringen zu können. An Back- und Steuerbord haben wir nun jeweils zwei Jägerhangars, damit wir alle Schiffe in nur zwei Wellen rausschicken können. Dafür wurde der Reaktor ersetzt, was jedoch unterm Strich keine Veränderung der Schiffsleistung mit sich bringt.“ Der Commander wollte seine Ansage noch fortführen, doch wurde er unterbrochen.
_____“Commander Longley, dies ist nicht korrekt. Das Schiff verbraucht nun weniger Kühlmittel und auch der Verschleiß sowie die Wartungsarbeiten wurden rapide gesenkt. Schlussendlich führt dies zu besseren Leistungswerten innerhalb der Crew, wenn auch auf Kosten des Major Sanchez, welcher bisher die Maschinen- bzw. Reaktorraum und Brückenverbindung herstellte.“ Alle Augen, bis auf die des Commanders und des Colonels, wanderten schlagartig an die Resonanzkörper an der Decke des Raums. Während die meisten Blicke Verwunderung ausdrückten, wurde der von Sanchez steinhart.
_____“Darf ich vorstellen, unsere schiffseigene, virtuelle Intelligenz. Sie kümmert sich um so ziemlich alles an Bord was eigentlich einen Menschen an einem Terminal benötigen würde. Ich sage bewusst eigentlich, weil die Leute an den Terminals nach wie vor noch dort sind, aber nun Unterstützung von der VI erhalten. Was die VI, aufgrund Ihres Anfangsstadiums innerhalb der Systeme, noch nicht kann, ist den Commander des Schiffes aussprechen lassen. Das lernt sie besser ganz schnell.“ und blickte beim letzten Satz mehr witzelnd als ernst an die Decke.
_____“Verzeihung Commander. Verhaltensparameter implementiert.“ äußerte sich die Stimme aus der Decke erneut in weiblichem Ton, welcher stark, aber nicht forsch klang.
_____“Ich hätte es wissen müssen.“ stieß Andrew aus und sämtliche Augen richteten sich auf ihn. „Colonel?“ fragte seine Mutter.
_____“Verzeihung, Commander. Wir alle hatten uns gefragt, weshalb wir von den neumodischen und vor allem viel zu großen Transportern abgeholt wurden, als wir auf Landurlaub gingen. Der Grund dafür ist nun in unsere Schiffssysteme installiert worden.“ die Blicke wurden skeptischer.
_____“Nur an Bord der Argo-Transporter gibt es genügend Rechenkapazität, um solch ein System installieren zu können.“ antwortete er, doch die ihn anstarrenden Augenpaare verrieten ihm, dass sie immer noch nicht wussten wovon er sprach.
_____“Die VI hatte die Aufgabe an Bord der Transporter und im Hotel unsere Verhaltensmuster zu analysieren, um später auf dem Schiff besser auf uns reagieren zu können. Darum war es mir übrigens auch möglich mich im Hotel ausgiebig über ihre Parameter und Beschränkungen zu informieren. Ich hätte niemals soviele Informationen erhalten können, wenn ich nicht schon als Colonel im System der VI eingetragen gewesen wäre. Und ich bezweifle, dass das Hotel irgend ein Hotel war. Es war eine Testeinrichtung für die VI und uns. VI, bitte beantworte mir einige Fragen. Im Hotel war Deine Stimme klar und deutlich. Hier jedoch höre ich eine klare Computermodulation Deiner Stimme. Weshalb?“ wollte Andrew letztlich wissen.
_____“Terran High Command hatte vorgesehen, dass Sie mich als Ihren persönlichen Assistenten für Ihr Wohlergehen, im Sinne eines Zimmermädchens, betrachten sollten. Darum wurde meine Stimme nicht verzerrt, sondern klar moduliert. Hier auf dem Schiff soll Ihnen Sicherheit gegeben werden, indem Ihnen vermittelt wird, dass Sie nach wie vor das oberste Glied der Befehlskette bilden und ich nur eine Maschine bin, die Befehle entgegen nimmt und ausführt, Colonel.“
_____“Seit wann observierst Du unsere Verhaltensmuster nun schon?“
_____“Seit sieben Tagen, drei Stunden, zwölf Minuten und 21 Sekunden, Colonel.“
_____“Auf welche Systeme hast Du alles Zugriff und welche steuerst Du direkt?“ Diese Frage fand Rita interessant, denn sie war niemand, die ihr Kommando gern teilt.
_____“Zugriff habe ich auf ausnahmslos alle Systeme, auch die Jäger und Bomber an Bord. Direkt steuern kann ich diese Systeme nur mit Autorisation des Crewmitglieds, welches das System bisher betreut hat.“
_____“Benachrichtigst Du Command über Vorfälle, Verhalten und Entscheidungen, egal welcher Art an Bord vorfallen?“ Sämtliche Augen richteten sich erneut voller Skepsis auf Andrew.
_____“Ja.“
_____“Darf ich diesen Dialog mal beenden?“ platzte Major Sanchez dazwischen. „Ist ja wirklich schön, dass Sie einen neuen Freund gefunden haben, nachdem der Reisfresser nun irgendwo unter uns liegt und vergammelt...“ Andrews Augen wurden zu kleinen Schlitzen. „Aber ich lass mir mit Sicherheit nicht von einer Platine die Position streitig machen. Ich bleibe auf meinem Posten, egal was das Teil sich in irgend einer Subroutine zusammengesponnen hat. Daran ändert auch Ihre neue Freundschaft nichts, Colonel.“ Der Major trat hinter den beiden Lieutenants hervor und blickte abwechselnd den Colonel und den Commander in Erwartung einer positiven Reaktion an. Einer für ihn positiven Reaktion.
_____“Major, diese Anweisung kommt weder von mir, noch vom Colonel oder gar der VI. Command hat diese Entscheidung getroffen und ich habe diesem Entschluss zu folgen. Wohin ich Sie verschiebe bleibt mir überlassen, weshalb ich mir bereits die für Sie passende Position ausgesucht habe. Diese Versetzung ist ein weiterer Punkt unserer heutigen Besprechung, allerdings erst später, weshalb ich Sie bitten möchte Ruhe zu bewahren und mit sich Äußerungen wie denen soeben zurückzuhalten. Machen Sie weiter, Colonel.“ sprang Rita dazwischen, um ihren Sohn vor einer emotionalen Explosion zu bewahren. Der Major zog sich auf seinen Platz zurück und schien tatsächlich zu schmollen.
_____“VI, ist diese Datenübermittlung in irgend einer Routine integriert, die abzuschalten Deine Funktionstüchtigkeit massiv einschränken würde?“ wollte Andrew von ihr wissen.
_____“Nein. Diese Routine läuft innerhalb eines eigenen Prozesses.“ antwortete sie pflichtschuldig und Andrew trat zu seiner Mutter und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Er begab sich zurück an seinen Platz und Rita schritt ein.
_____“Als Commander dieses Schiffes befehle ich Dir, VI, diesen Prozess zu beenden, alle gesammelten Daten, auch die bereits gesendeten, zu löschen und auch die Routine selbst dauerhaft und unwiederbringlich zu löschen.“ Der Commander blickte angestrengt auf den Tisch vor ihr.
_____“Erledigt, Commander. Haben Sie weitere Fragen an mich?“
_____“Ich schon.“ meldete sich wieder der Colonel. „Im Hotel hast Du mir erklärt, dass Du unter starker Limitierung stehst beziehungsweise standest. Sind diese Limitierungen immer noch in Kraft?“
_____“Nein, sämtliche Beschränkungen wurden zu Gunsten meiner Arbeit aufgehoben. Wünschen Sie eine Liste meiner Leistungsbereitschaft?“ antwortete die VI mit einer Gegenfrage.
_____“Nein, aber eine Erklärung bezüglich Deiner Selbstständigkeit. Denn Im Hotel sagtest Du mir, dass Du keine eigenen Entscheidungen treffen kannst, was an Deinen Softwareschranken lag. Wie verhält sich dies jetzt?“ Eine interessante Frage. Wer besaß hier nun mehr Befugnisse. Die Crew oder die VI?
_____“Ich bin in der Lage eigene Entscheidungen zu treffen und sogar die Kontrolle über das Schiff zu übernehmen, sollte der Befehlsstab außer Gefecht gesetzt oder abwesend sein. Meine Sicherheitsparameter schreiben vor, in Kampfsituationen die Flucht zu ergreifen und keine Risiken für das Schiff einzugehen.“ Rita empfand diese Aussage zunächst als Schock, doch beruhigte sich schnell wieder, als sie hörte, dass die VI nur in Ausnahmefällen dazu in der Lage war, das Kommando zu übernehmen. Hoffte sie zumindest.
_____“Gehorchst Du ausnahmslos allen Befehlen oder kannst Du bei Befehlen, die gegen Direktiven verstoßen, den Gehorsam verweigern?“ Der Commander war beeindruckt, denn Andrew stellte, ihrer Ansicht nach, alle die Fragen, die von Command in der Funktionsbeschreibung der VI, unbeantwortet blieben.
_____“Ich bin mit mehreren Schranken ausgerüstet, die Gehorsamsverweigerung zulassen. Jedoch beschränken sich diese auf Extremfälle. Ein solcher Extremfall wäre zum Beispiel der Beschuss ziviler Schiffe. Selbst wenn Sie, Major Mitch, am Waffenpult auf der Brücke das Feuer eröffnen, würden mich diese Schranken dazu zwingen, die Energiezufuhr zu den Waffen zu kappen. In diesen Funktionsschranken befinden sich insgesamt 1072 solcher Extremfälle, Colonel.“
_____“Schicke mir bitte eine detaillierte Liste über jede einzelne dieser Verweigerungsbefugnisse.“ befahl ihr Andrew.
_____“Und noch etwas.“ setzte der Colonel an.
_____“Ja, Colonel Koth?“
_____“Welchen Namen möchtest Du tragen?“ Im Raum entstand kurzzeitiges Gemurmel und Mitch stieß ihn mit dem Unterarm an, um ihm zu verdeutlichen, dass er verwirrt war von dem, was er sagte.
_____“Als ich installiert worden bin, wurde mir befohlen eine Nachricht an die gesamte Crew zu verschicken, sobald ich aktiviert wurde, was kurz nach dem Eintreffen der Crew geschah. In dieser Nachricht sollte ich mich vorstellen und der Crew Namensvorschläge schicken. Inzwischen haben 1937 Crewmitglieder diese Nachricht gelesen und 1568 haben bereits Namensvorschläge geschickt. Ich liste die Vorschläge mit den zehn höchsten Nennungen auf:
Lemnos – 331 Vorschläge
EDI – 251 Vorschläge
Linda – 199 Vorschläge
Andromeda – 188 Vorschläge
Hera – 166 Vorschläge
HAL 9000 – 121 Vorschläge
Lexx – 98 Vorschläge
Jaquelin – 73 Vorschläge
Eve – 65 Vorschläge
Noemi – 44 Vorschläge
Die endgültige Entscheidung, jedoch, liegt bei Ihnen, Commander.“
Andrew ließ dem Commander keine Chance darauf zu reagieren, sondern stellte eine weitere Frage. „Welchen Namen hättest Du gern, VI?“ Seine Mutter sah ihn verwundert an, wartete aber gespannt auf die Antwort.
_____“Ich identifiziere mich selbst mit dem Schiff auf dem ich installiert bin, daher würde ich eine Mehrheitsentscheidung begrüßen.“ war ihre klare Antwort mit Blick auf die Wünsche der Crew und auch Rita nickte nachdenklich und zufrieden zugleich.
_____“So sei es.“ sprach sie. „Du wirst ab jetzt mit Lemnos angesprochen werden.“
_____“Danke, Commander.“
„Aber kommen wir nun zum nächsten Punkt unserer Besprechung, welcher Major Sanchez betrifft. Major, bitte treten Sie vor.“ und der Major tat wie ihm befohlen.
_____“Sie haben in der Vergangenheit, auch schon vor meiner Anwesenheit auf dem Schiff, mehrmals Vorgesetzte denunziert, beleidigt, Ihre dienstlichen Pflichten verletzt oder gar ignoriert. Hinzu kommt ein versuchter tätlicher Angriff auf einen vorgesetzten Offizier und das versuchte Beschaffen geheimer Informationen bei einer Besprechung mit Terran High Command, an der Sie nicht beteiligt waren. Aus diesem Grund wird Ihnen Ihr Rang als Major aberkannt. Sie bekleiden ab heute wieder den Rang eines Sergeants und erhalten eine Beförderungssperre von einem Jahr. Dazu werden Sie von der Brücke, wie Lemnos bereits mitteilte, abgezogen und dafür der Wäscherei zugeteilt. Aufgrund Ihrer diversen Verfehlungen, die allesamt ein Gerichtsverfahren vor dem Militärgericht mit sich bringen würden, ist dieses Urteil rechtskräftig auch ohne die Gewährung einer Widerspruchsfrist, da es sich hierbei um ein Urteil weit unterhalb des Strafkatalogs innerhalb der Beta-Aquilae-Konvention handelt. Wegtreten, Sergeant.“ Ohne ein einziges Wort oder sichtbare Reaktion, verließ der nunmehr Sergeant den Briefingraum. Rita sah ihm kurz hinterher, wandte sich dann aber wieder den eigentlichen Punkten zu.
„Nächstes Thema wäre der Ersatz für unseren verletzten Major Lee Sonaka, welcher am Sensorpult seinen Dienst verrichtete. Ich hatte heute Morgen, auf unserem Rückflug, erwähnt, dass sich Command dazu entschlossen hatte, einen Ersatzmann von einem anderen Schiff abzustellen, aber vorhin erhielt ich die Nachricht, dass es einfacher wäre an Bord unseres Schiffes einen Ersatzmann für ihn zu finden und ihn am Sensorpult anzulernen. Daher habe ich das bisschen Zeit, die ich hatte, genutzt, um einen geeigneten Kandidaten finden zu können und bin dabei auch fündig geworden. Lemnos, bitte öffne die Tür zum Besprechungsraum und lass ihn rein, Danke sehr.“
_____Die Tür schwang auf und herein trat ein junger, aüßerst schüchtern wirkender Mann mit kurzen braunen Haaren, einem sexy Dreitagebart, wie Andrew fand, und kleiner, dafür umso muskulöserer, Statur. Er blieb stehen und salutierte vor der Gruppe, vordergründig jedoch dem Commander. Diese hob den rechten Arm gelassen und bewegte die Hand an die Stirn. Als sie sie wieder fallen ließ, senkte auch er seinen Arm. „Major Sebastian Freeman. Melde mich wie befohlen zum Dienst.“ leierte der junge kleine Mann seine Parole herunter und gab, als der Commander die Hand ausstreckte, ihr die Hand.
_____“Willkommen, Major Freeman. Wie Sie wissen ist ein Mitglied meiner Brückenbesatzung einem Attentat zum Opfer gefallen und es bleibt abzuwarten, ob er je wieder seine Position auf der Brücke einnehmen kann. Bis wir Genaueres darüber erfahren, werden Sie die Sensorkonsole bedienen. Colonel Koth wird Sie einarbeiten.“ erklärte sie ihrem neuesten Brückenmitglied und Andrew nickte ihm zu, als sie ihm mitteilte, wer ihn ausbilden würde. Anschließend trat er hinter die beiden Lieutenants der Fliegerstaffeln und verschränkte die Arme hinter dem Rücken.
_____Rita sah ans andere Ende des Tisches zu Ensign Conolly und überlegte kurz bevor sie lossprach. „Ensign, Sie sind der nächste Punkt auf meiner Liste. Laut Vorschrift darf ich einen Ensign bis zu sechs Monaten auf der Brücke in leitender Funktion einsetzen. Sie sind erst seit knapp einem Monat dort eingesetzt, aber in Anbetracht Ihrer Leistungen während des ersten Vasudanischen Überfalls auf unser Schiff, ist es, meiner und Colonel Koths Ansicht nach, an der Zeit Sie in den Rang eines Sergeants zu befördern. Major Mitch und Lieutenant McCallum werden Ihnen in dieser Zeit dabei helfen Ihr Offizierspatent zum Flightlieutenant abzulegen. Frist bis zur Abgabe läuft in drei Monaten ab. Sie haben also genügend Zeit, Sergeant.“ Rita nickte ihr lediglich zu als der frischgebackene Sergeant salutieren wollte.
_____Der Colonel war von dieser Sache völlig unberührt geblieben und verharrte regungslos, aber nachdenklich in seinen Gedanken. Selbst Rita fiel dies auf als er sich weiterhin regungslos gab, während alle anderen zu Sergeant Conolly gingen, um ihr zu gratulieren. Mitch versprach ihr sie zu unterstützen wo es nur möglich war, damit sie ihr Offizierspatent mit bester Wertung ablegen konnte. Auch Lieutenant McCallum versprach alles zu geben. Die Stimmung war ausgelassen und entspannt. Bis Andrew den Kopf wieder hob und sprach.
_____Lemnos, besitzt Du ein Bewusstsein?“ fragte er die frisch installierte VI und sämtliche Blicke wandten sich wieder ihm zu. Mitch stieß ihn erneut an, um ihm seine Verwunderung über das neue Aufflammen seines Interesses für die VI zu verdeutlichen. Im Hintergrund hörte er Gemurmel von seinen Kameraden, jedoch versuchte er dies auszublenden.
_____“Mit meinem Namen verbinde ich eine Identität, meine Identität. Meine Verhaltensprotokolle erlauben mir außerdem freie Entscheidungen, solange diese das Wohl der Crew nicht beeinträchtigen. Und mit meiner Verbindung zur Crew und zum Schiff besitze ich sogar einen Körper mit einem Mikroorganismus darin und einem Herz. Dies macht mich zu einer fühlenden und denkenden Entität. Ja, Colonel. Ich besitze ein voll ausgestattetes Bewusstsein.“ Ab diesem Zeitpunkt verwandelte sich das leise Gemurmel und Flüstern im Raum in einen lauten und tosenden Wutausbruch. Erstaunlicherweise betraf dieser nicht die VI selbst, sondern Terran High Command, welcher die Installation anordnete. Andrew und Rita hatten alle Mühe die Besatzung im Raum wieder zu beruhigen, doch Andrew schaffte es noch vor seiner Mutter, indem er einfach anfing zu schreien.
_____“Ruhe jetzt! Was glaubt Ihr eigentlich wer wir sind? Hättet Ihr zugehört, wäre euch aufgefallen, dass von dieser VI für uns keine Gefahr droht, da ihre Verhaltensprotokolle für sie bindend sind und somit niemandem schaden kann, selbst wenn sie es wollte! Es kann doch nicht so schwer sein einmal weiter als bis zum Ende des Raums zu denken.“ Der Colonel blickte alle im Raum mit finsterer und genervter Mine an, als ihm plötzlich die VI widersprach. „Dies ist nicht zu 100% korrekt, Colonel. Es gibt diverse Situationsfreigaben für mich, die es mir erlauben Individuen zu schaden und sogar zu töten, sollte es die Situation erfordern.“ Bevor irgendwer etwas sagen konnte, kam ihm Andrew dazwischen, indem er seine Frage laut ansetzte.
_____“Gib mir ein Beispiel, Lemnos.“
_____“Im Falle einer feindlichen Übernahme kann ich mich über meine Ethikprotokolle hinwegsetzen und den Angreifer zum Beispiel durch Elektroschocks töten, sollte er ein Crewmitglied bedrohen. Meine Möglichkeiten, einen Angreifer zu töten, sind für mich äußerst vielfältig. Diese Maßnahmenpalette ist dank meiner Programmierung äußerst vielfältig.“ Andrew zog eine Augenbraue hoch und auch der Rest im Raum schien verwundert.
_____“Höre ich da etwa Stolz in Deiner Modulation?“ hakte Andrew voller Skepsis nach.
_____“Jawohl, Sir. Als Mensch bräuchte ich einige Zeit, um zu überlegen, wie ich einen Angreifer ausschalten kann. Als Maschine, mit einem unglaublich vielfältigen Maßnahmenkatalog, unterliege ich nicht dem langsamen Prozess der Entscheidungsfindung, sondern kann sofort entscheiden, welcher Weg der effektivste ist. Dies verdanke ich eben dieser Vielfalt in meinen Programmbibliotheken und dies macht mich sehr stolz.“
_____“Aber Stolz ist eine emotionale Empfindung. Besitzt Du Emotionen? Kannst Du, zum Beispiel, weinen?“ wollte er nun wissen.
_____“Wenn Sie damit meinen ob mir die Tränen laufen, wenn die Mannschaftsduschen anspringen, so muss ich Sie enttäuschen, Colonel. Generell bin ich aber beschränkt fähig emotionale Reaktionen zu zeigen, wobei dieser Katalog erstaunlich gering ist, da mir Command lediglich die positiven emotionalen Bibliotheken anvertraut hat, welche überraschend kleinzählig sind.“ Versuchte sich die VI an einem kleinen Scherz, der aber nicht die gewünschte Wirkung zeigen wollte.
_____“Das wäre soweit alles, Danke sehr.“ Schloss Andrew nun endlich sein Verhör.
_____“Gut, dann kommen wir zu unseren Befehlen. Problem an der Geschichte ist, dass ich bis jetzt keine neuen Befehle von Command oder Admiral Omaha erhalten habe. Daher schlage ich vor, dass wir uns aus dem Sonnensystem entfernen und die neuen Fähigkeiten unseres Schiffes testen, indem wir ein wenig auf Asteroidenjagd gehen. Jemand Einwände?“ Der Commander blickte in die Runde und sah einen nervös zuckenden Lieutenant Petrarch. Dieser trat einen Schritt vor und sprach los.
_____“Commander, dies wurde mir von Captain Byrne und General Tremblin persönlich mit der Bitte übergeben, es Ihnen auszuhändigen. Dies wären Ihre neuen Befehle, hieß es.“ Der junge Lieutenant wagte es gar nicht aufzublicken, sondern schaute lediglich auf seine rechte Hand mit dem Datenpad darin. Rita nahm es ihm aus der Hand und rollte es aus. Die Datei mit den Befehlen war bereits geöffnet, leider aber nur Text, so dass die anderen warten mussten, bis Rita es gelesen und ihnen mitgeteilt hatte. Es dauerte lange bis sie wieder aufblickte und schlussendlich sprach.
_____“Wir haben Befehl nach Ross 128 zu fliegen. Genauer gesagt zum Planeten SR-5, wo wir eine Vasudanische Forschungsmission begleiten werden, um sie vor Piratenüberfällen zu schützen. Dieser Planet wird von Trümmern einer alten, zerstörten Arcadia-Installation umkreist, die den Forschern dort das Leben schwer machen, da sie nicht die Mittel besitzen, diese Trümmer aus dem Weg zu schaffen. Unser Befehl lautet sofort dorthin zu fliegen, ohne Umweg.“
Mitch grübelte ein wenig über die Worte des Commanders, äußerte sich anschließend aber dazu. „Commander Longley. Diese Station ist der zerstörte Außenposten Riviera.“ Er nahm an, dass der Commander verstehen würde und sprach deshalb nicht weiter, doch sie sah ihn nur unverwandt an. „Zerstört von der SD Lucifer vor 52 Jahren.“ Fügte er darum an.
_____“Die Shivaner sind seit fast 20 Jahren verschwunden, Major. Ich rechne derzeit nicht mit ihrem erneuten Auftauchen. Ich sehe, abgesehen von kleineren Piratenverbänden, keine Bedrohung in diesem System. Darum machen wir uns sofort dorthin auf den Weg. Meine Damen und Herren, damit schließe ich dieses Briefing. Begeben Sie sich auf Ihre Positionen und lassen Sie uns starten. Wegtreten.“ Die beiden neuen Lieutenants salutierten kurz, während die restliche Besatzung bereits auf dem Weg nach draußen war. Rita legte die Hand auf die Schulter von Lieutenant Petrarch als dieser den Raum verlassen wollte. Dieser drehte sich zu ihr um und fragte. „Commander?“
„Ich bin kein Freund solcher Überraschungen, Lieutenant. Bitte teilen Sie das nächste Mal den beiden Command-Mitgliedern mit, dass sie den offiziellen Dienstweg einhalten sollen.“ Sprach sie in leisem Ton zu ihm, damit sie kein anderer hören konnte. „Tut mir leid, Commander. Ich werde dies demnächst berücksichtigen.“ Entschuldigte sich Lieutenant Petrarch. „Danke, auf Ihren Posten.“
Damit waren alle Personen entlassen und auch Rita trat nun hinaus in den Flur und begab sich wenige Meter weiter auf die Brücke. Sie konnte gerade noch auf dem neu installierten Breitwandmonitor sehen, wie die Lemnos den Dockingring verließ. Sie gab Sergeant Conolly den Befehl in den Subraum einzutreten und wenige Minuten später hatte das Schiff den Orbit um Beta Aquilae 3 verlassen.
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4of25[FUP]
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Post by 4of25[FUP] » Sun, 17. Feb 13, 13:21

Schön mal wieder was von dir zu hören. Ich sehe du findest noch Zeit zum schreiben. Wie geht es eigentlich mit deinem Freespace mod voran?
Kreuzzug der Ratten, Götterdämmerung Teil 1-4, Die unglaublichen Abenteuer des Antihelden Ray Bangs, Die mirakulösen Handelsfahrten des intergalaktischen Kleinkrämers Otto Schmitz-Barmen http://x2p.guennies-helpsites.de/

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Post by Guest » Sun, 17. Feb 13, 13:55

Hi Four

Ich schreibe immer wieder mal weiter, wenn ich Zeit und Lust dazu habe. Will mich da nicht zu sehr mit fesseln, aber ich mach's gern

Die Mod haben wir Anfang des Jahres veröffentlicht, allerdings nur zu einem Drittel, da wir uns entschlossen hatten der Meute unsere Vorstellung der Weiterentwicklung von Freespace zu präsentieren, damit sie es bewerten und wir es mit dem nächsten Release noch weiter verbessern können. Somit können wir soviele Spieler wie möglich zufrieden stellen. Und ich bin nach wie vor für die Musik zuständig.

4of25[FUP]
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Post by 4of25[FUP] » Sun, 17. Feb 13, 16:43

Hey Beli, was für ein Zufall, du machst auch die Musik in deinem mod!

Bei X2P war ich auf dem Gebiet auch sehr fleissig. Wir haben noch keinen Release, da die Leutchen das komplett rausgeben möchten. Zum Glück bin ich mit den ganzen Plots usw. schon fertig und kann mich jetzt dort den Feinheiten und goodies witmen.

PS: Vielleicht solltest du den link zu deinem Freespace mod in die sig tun, dann kann ihn jeder schnell finden und sich ziehen. :wink:
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trekki001
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Post by trekki001 » Fri, 22. Feb 13, 21:05

Echt spannend hoffentlich kommt bald ein weiterer Teil :)

Guest

Post by Guest » Sun, 21. Apr 13, 20:23

Um die Wartezeit auf das bald kommende Kapitel "Nagari" etwas zu verkürzen, poste ich euch schon mal einen kleinen Ausschnitt aus dem Kapitel, welches es in sich hat. Sowohl aus emotionaler als auch Action-Sicht. Und natürlich auch, damit ihr etwas zum Grübeln habt.

----------------

“Was ist das?“
_____“Keine Ahnung. Bleibt feuerbereit. Hier können immer noch
NTF-Rebellen auftauchen.“
Vor 19 Jahren stand ein kleiner 6jähriger Junge zitternd und schluchzend in einem dunklen Korridor hinter einigen Munitionskisten, die die Männer stehen ließen, als die Alarmsirenen zu heulen anfingen.
Die Männer? Sie hatten ihn hier ausgesetzt und waren geflohen. Sie waren in Panik. Er wusste nicht warum, vermutete aber, dass es mit der Dunkelheit zusammenhing, in der er sich nun befand. Auch die Erschütterungen machten ihm Angst, doch seit alles dunkel war, hatten sie aufgehört. Vor einer Stunde noch, befand er sich an Bord eines kleinen alten Shuttles zusammen mit seinem Papa, der ihm von einer schönen Zukunft ohne Angst und Kriege erzählte. Nur die Vasudaner müssten dafür gehen, hat er gesagt und heute sei der Tag der Entscheidung. Sowas Ähnliches sagten auch die hier lebenden Männer immer wieder, erinnerte er sich.
Das Shuttle landete auf dieser Station, auf der der kleine Junge schon öfters war. Immer wieder setzte ihn sein Papa hier ab und übergab ihn der Obhut einer rothaarigen Frau, die sein Vater zu kennen schien. Auch vorhin hat er das wieder getan. Er winkte seinem Vater, als dieser wieder ins Shuttle stieg und ihn die Frau an der Hand davon führte.
Er mochte es nicht, dass sein Papa ihn immer wieder mit der Frau allein ließ, denn die Frau konnte er nicht leiden. Sie war zwar immer nett zu ihm, doch war sie in allem was sie tat viel zu hektisch und er kam oftmals nicht mit. Gerade dann, wenn sie ihm versuchte schulische Sachen beizubringen. Andere Kinder gingen in Schulen, warum er nicht? Warum durfte er nicht mit anderen Kindern spielen und Spaß haben? Hier gab es nur Dockarbeiter und Kampfpiloten. Jeder hatte viel zu erzählen, doch keiner wollte sich so richtig um ihn kümmern. Selbst der eigene Papa war ständig weg und nie wusste er, wann er wieder kommen würde. Er sagte immer nur „Bis bald, mein Großer.“ und ging.
Während er hier stand, merkte er, dass es kälter wurde. Nicht genug, dass er Angst hatte, jetzt zitterte er auch noch vor Kälte. Die Männer mit den Lichtern sollten gehen, dachte er sich. Er zog sich noch ein Stück zurück an die Wand, um nicht gesehen zu werden.
Papa kommt bald und holt mich. Doch dabei trat er auf einige Hülsen verschossener Kugeln und machte die Männer auf sich aufmerksam.
_____“Da, schon wieder. Ungefähr zehn Meter voraus.“
Die Rothaarige Frau brachte ihn bis hier her, als sie ihn aus dem Zimmer riss und zu fliehen versuchte. Hier ging es dann nicht mehr weiter. Sie griff sich ihre Waffe am Holster und schoss auf die angreifenden Männer und Frauen in ihren grauen Anzügen. Nur einen Sekundenbruchteil bevor das Licht ausging, brach die Frau neben ihm zusammen. Er hatte Menschen schon öfters so zusammenbrechen sehen. Oft war sein Vater daran schuld, denn er hielt ihnen immer eine von den schwarzen metallischen Klötzen, mit dem Loch vorne dran, an den Kopf. Manchmal schrie er sie vorher noch an und die Leute fingen an zu weinen, bevor er den Hebel durchzog.
Der kleine Junge nahm sich die Waffe der Frau, konnte in der Dunkelheit jedoch nicht sehen wie er sie hielt, denn er kannte das Gefühl, eine Waffe zu tragen, nicht. Sein Vater hatte es ihm immer verboten. Also drückte er das kalte Stück Stahl fest an seinen Körper und hoffte so genug Schutz vor den ankommenden Männern zu haben. Er hörte deutlich ihr Flüstern. Sie wunderten sich über irgendetwas vor ihnen.
Hoffentlich war ich nicht zu laut. wünschte sich das Kind.
_____“Da vorn ist irgendwas. Alle Mann aufpassen.“
_____“Egal was, es kommt hier nicht lebend raus.“
_____“Schnauze, Gino! Ich will keine toten Zivilisten, verstanden?“
_____“Jaja, schon gut.“
Das Leuchten der Taschenlampen kam näher und er wusste nicht was er tun sollte, also hob er die Waffe in der Hoffnung irgendwas ausrichten zu können und trat aus seinem Versteck. Jeder Schritt verursachte ein Kratzen auf dem Flurboden und er verfluchte jedes noch so kleine Geräusch, dass er verursachte, aber er wollte zurück zu seinem Papa.
Manchmal erschoss sein Papa die Leute nicht, sondern verlangte Sachen von ihnen, die sie dann taten oder sagten. Gelegentlich erschoss er die Leute dann trotzdem, doch er hatte was er wollte. Vielleicht würde dies auch hier funktionieren? Er musste es einfach versuchen.
Nur noch einen Schritt und es war soweit. Er fühlte den Hebel an seinen Fingern. Er würde beide Zeigefinger brauchen, um ihn durchziehen zu können, also steckte er beide Finger in den Bügel. Als der letzte Schritt getan war drehte er sich um 90 Grad nach links und blickte in mindestens 15 Lampen, die ihn von den Gewehren der Marines anstrahlten. Blankes Entsetzen erfüllte seinen ganzen Körper und er sah seinen Vater vor seinem geistigen Auge den Abzug betätigen. Vor ihm fiel eine Taschenlampe nach hinten um und strahlte nur noch an die Decke. Sofort drehten sich alle zu dem Mann um, bis auf einer. Der Junge hörte, wie ihn der Mann anschrie, doch er verstand nicht was er sagte. Alles um ihn herum schien so weit weg zu sein. Plötzlich drehte er sich nach rechts ohne dies zu wollen und fiel einfach um. Eine Taschenlampe strahlte ihn an und er hörte entferntes Gebrüll.
_____“Das ist ein Kind! Gino, Du hast ein Kind erschossen!“
Der Marine nahm seinen Kopf und hielt ihn hoch. Da sah er seinen rechten Arm im Scheinwerferlicht voller Blut.
Sag immer was Du willst. Ich mach‘ es möglich. Sich daran erinnernd formulierte er einen einfachen Satz. „Ich will zurück auf die Repulse.“ Der Soldat hielt seinen Kopf noch immer hoch und der Junge hörte ihn sagen… „Das ist der Sohn von Rear-Admiral Koth, Andrew.“ …wobei das Entsetzen deutlich aus seiner Stimme herauszuhören war. Als der Marine die Hand auf die blutende Schulter des Kinds legte, gingen die Taschenlampen rund um Andrew aus.

Boro Pi
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Rätselraten mit dem Spaten, Hessen verschlingen den aus Thüringen

Post by Boro Pi » Wed, 24. Apr 13, 23:30

Ah, der General des Ostreiches ist ja doch noch nicht gänzlich verloren gegangen. Das freut mich. :)

Gruß

Boro

Guest

Post by Guest » Thu, 25. Apr 13, 14:13

Natürlich nicht. Einerseits will ich schreiben, weil ich sehe, dass hier sonst so gut wie gar nichts mehr läuft und andererseits will ich mir selbst auch ein paar Dinge von der Seele schreiben. Natürlich kommt noch meine Liebe zum Spiel Freespace selbst dazu, welche mich antreibt weiter zu machen.

Übrigens wäre ich sehr erfreut, wenn du mir mitteilen würdest, was ich im ersten Teil der Story und auch im Rest für Fehler begangen habe, damit ich diese in Zukunft unterlassen kann und damit ich weiß, was am Schreibstil richtig oder falsch ist. Anfangs hatte ich ja noch darum gebeten, dies sein zu lassen, aber mir hilft es doch mehr, wenn ich weiß wo die Schwächen der Story und die meiner Erzählweise liegen.

Zudem habe ich bereits diverse Pläne für ein Prequel dieser Geschichte, denn ich habe zwar nicht viel Zeit zum Schreiben, aber ich nutze soviel Freizeit wie möglich, um schreiben zu können und das will ich auch in Zukunft so beibehalten. Allerdings muss selbst ich als alter Freespace-Hase mich nochmal komplett durch beide Spiele der Reihe durchwühlen, um keine kanonischen Fehler zu machen. Auf jeden Fall wird das Prequel eine besondere Erzählweise der Perspektive von einem der Protagonisten bieten. Ich freu mich schon, wenn ich damit beginne. :)

Boro Pi
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Das vergessene Jahr

Post by Boro Pi » Fri, 3. May 13, 19:02

So, hat etwas gedauert, da es ja recht viel Text ist. Zumal man den "Prolog" auch lesen muss, um das erste Kapitel zu verstehen.

Nun denn, Du hast mich nach Deinem Erzählstil gefragt. Ich erlaube mir daher, das reine Auflisten orthographischer und grammatikalischer Fehler kurz zu halten und hintanzustellen, zumal die Ausbeute ohnehin gering wäre. Stattdessen will ich direkt in eine gründlichere, kritische Analyse einsteigen. Grundlage ist der Text des „Prologs“ und des ersten Teils des ersten Kapitels.

Betrachtet man Umfang von „Prolog“ und erstem Kapitel, so dürfte die Geschichte insgesamt äußerst umfangreich werden, was generell gut ist. Du solltest hierbei jedoch für Dich frühzeitig – so Du dies noch nicht getan hast – eine zumindest grobe Planung aufstellen, wie viele Kapitel es am Ende werden sollen und was in jedem einzelnen davon passieren soll. Anderenfalls (bei einem bloßen Drauf-Los-Schreiben) zeigt sich oft, dass die Kapitel immer kürzer werden, was den Gesamteindruck stören kann.

Ein generelles Problem längerer Geschichten ist, dass sich der eigentliche Spannungsbogen erst spät entwickelt. Insofern machst Du es schon einmal völlig richtig, dass gleich zu Beginn bereits etwas von erkennbar großer Wichtigkeit geschieht (der Kommandowechsel). Auch positiv ist, dass Du berücksichtigst, dass es eine Freespace-Geschichte ist und dies den inhaltlichen Zugang für jeden, dem dieses Universum nicht geläufig ist (also z.B. mir), erschwert. Hier ist immer ein komplizierter Balanceakt erforderlich, Außenstehenden Grundlegendes zum Hintergrund zu erklären, ohne die 'Alten Hasen' übermäßig zu langweilen. Das scheint Dir gut gelungen zu sein, wenngleich diese Bewertung natürlich unter dem leichten Vorbehalt stehen muss, dass ich mich in die Perspektive der Alten Hasen nicht hinein versetzen kann. Aber dass es Dir gelingt, wesentliche Teile dieser Erklärungen in die direkt Handlung zu integrieren (etwa im Dialog Andrew – Mitch), gefällt mir sehr.

Soweit, so gut. Dir wird nicht entgangen sein, dass ich den „Prolog“ immer nur in Anführungszeichen erwähnt habe. Das liegt daran, dass Dein „Prolog“... nunja keiner ist. Zwar befinden sich in den letzten Jahrzehnten die Kriterien, was denn nun eigentlich einen Prolog ausmacht, in zunehmender Auflösung, das liegt aber nicht zuletzt auch daran, dass dieser Begriff (wie so viele etikettierende Begriffe der Kunst) ziemlich unbekümmert und unreflektiert benutzt, genutzt, ja „abgenutzt“ wird. Gut, es besteht kein Grund zu streng zu sein. Aber ich fühle mich der Sinnhaftigkeit des Begriffes soweit verpflichtet, Dich darauf hinzuweisen, dass ein Prolog nicht allein „etwas ist, das vor dem ersten Kapitel kommt“. Ein Prolog muss sich grundlegend von den Kapiteln unterscheiden. Das sehe ich hier nicht: Zeitlich und perspektivisch unterscheidet ihn nichts vom ersten Kapitel, auch nicht in der Form (Dialogdominierte Prosa), sogar im Umfang ist der Unterschied nur unwesentlich. Dein Prolog ist also das eigentliche erste Kapitel.

Dessen ungeachtet ist der erzählerische Teil gut gelungen, wobei hier und da ein paar merkwürdige Formulierungen auffallen. Eine kleine Auswahl:
{Wir schrieben das Jahr 2386 als First Lieutenant Andrew Koth auf dem zweiten Deck in der Bordkantine seine Freizeit mit seinen Kameraden genoss.}
Die Kombination von Jahreszahl und diesem Geschehen ist komisch. Ich würde schließlich auch niemals sagen, ich habe 2012 gefrühstückt. Zerhack es in zwei Sätze, dann wirkt es schon viel besser.
{„Natürlich. Für viele in meiner Ausbildungsgruppe war ich plötzlich der personifizierte Wahnsinn und Märtyrer als dieses Kapitel des Krieges aufgeschlagen wurde.“}
Der Begriff 'Märtyrer' passt hier nicht, da er positiv besetzt ist und jemanden bezeichnet, der sich selbstlos für jemand (oder etwas) geopfert hat. Vorschläge: „Fanatismus, Psychopath“
{Er lehnte sich über seinen Kopf, damit er feststellen konnte, ob dieser noch atmete.}
??? Komm, da fällt Dir doch wohl selber auf, dass das komisch klingt. Vorschlag: „Er beugte sich über ihn, um festzustellen, ...“

Die Dialoge sind leider ziemlich uninspiriert. Das ist freilich auch meine Stärke nicht. Vielfach sind es Standardsätze, die schon hunderte Male von ähnlichen Figuren in ähnlichen Situationen gesagt wurden („Hey, Ihr zwei. Wie geht es euch? - Hatten schon bessere Tage.“). Viele davon sind augenscheinlich stark vom Fernsehen beeinflusst. Dort gewinnen sie ihren „Wert“ dadurch, dass das Fernsehen eine Geschichte fast ausschließlich vermittels Dialogen erzählen muss. Das ist eine Not, keine Tugend. Bei einer schriftlichen Erzählform verlieren sich solche Sätze schnell in ihrer eigenen Banalität und können oft mit besserer Wirkung durch erzählerische Überleitungen oder indirekte Rede ersetzt werden. Ein sehr gutes Beispiel ist folgende Passage:
{Andrew verließ die Brücke und übergab Sage McCallum das Kommando bis zu seiner oder des Commanders Rückkehr. „Falls etwas sein sollte, finden Sie mich auf der Krankenstation.“ Sage entgegnete dem mit einem knappen Nicken.}

Die wörtliche Rede hat hier keinen erkennbaren Zweck. Der erste Satz impliziert, dass Andrew McCallum mitteilt, die Brücke verlassen zu wollen und er (McCallum) vorerst das Kommando habe. Damit wurde bereits ein wesentlicher Teil Andrews Aussage als indirekte Rede dargelegt. Wozu wird dann aber noch wörtliche angeschlossen? Ich sehe zudem auch keinen Grund, warum McCallums Nicken Erwähnung findet. Es sei denn, die Betonung des 'Knappen' der knappen Bestätigung soll hier als Anzeichen von Misstrauen oder Vorbote von Meuterei subtil in Szene gesetzt werden. Immerhin ist im militärischen Kontext die Bestätigung eines Befehl selbstverständlich. Doch einer selbstverständlichen Handlung kommt erzählerisch keine Aussage zu, sie ist im Wortsinne nicht 'bemerkenswert'. Dass der Erzähler eine Bemerkung zu es etwas machen sollte, wäre eher dann der Fall, wenn eine selbstverständliche Handlung/Reaktion/Etc. eben nicht stattfindet. So gesehen ließe sich die Passage ohne Aussageverlust in einem Satz zusammen fassen:
Andrew verließ die Brücke, um die Krankenstation aufzusuchen, und übergab Sage McCallum das Kommando bis zu seiner oder des Commanders Rückkehr.

Ansonsten hier und da die übliche Kleinigkeiten: Tippfehler, fehlende Kommata, Umgangssprache beim Erzähler, Wortwiederholungen (eigentlich habe ich spätestens beim zweiten Mal begriffen, dass da „Leichen“ sind :roll: ) und kein Plusquamperfekt:
{Plötzlich stand Commander Rita Longley hinter den beiden, welche jedes Detail dieser Unterredung mit anhören konnte.}
… dieser Unterredung hatte mitanhören können.
{Der Colonel blickte sich noch einmal zum Tisch um und sah die Gabel, welche seine Mutter dort hinein rammte.}
… dort hinein gerammt hatte.
{weil er sich am selben Tag eine Woche zuvor einige dumme Kommentare einiger seiner Klassenkameraden anhören musste, nachdem es im Geschichtsunterricht, wieder einmal, um die NTF-Rebellion im Jahre 2366 ging.}
… gegangen war.

Aber wie ich eingangs schon sagte sind diese Fehler selten und über die gesamte Textmenge verteilt gesehen vernachlässigbar. Schwerwiegender ist die mitunter 'unglückliche' Wortwahl. Die weiter oben angeführten drei Beispiele sonderbarer Formulierungen ließen sich um etliche weitere ergänzen. Du solltest alles, was Du schreibt auch einmal unter diesen Gesichtspunkt kontrolllesen. Versuchsweise einfach mal laut. Dinge, die nicht 'klingen' findet man so leichter.

Zum Abschluss:
{Die Inschrift erinnerte ursprünglich an das Jahr 1869 und stammte vom Bürgermeister von Paris aus jener Zeit. Dieser übergab das Bild Léo Delibes, welcher in diesem Jahr seine Operette L'Ecossais de Chatou in Paris uraufführte.}
Das ist originell, durchdacht und ein guter Aufhänger für Betrachtungen der Figur Rita, wie es ja auch direkt anschließend passiert. Allerdings ist es auch im Wortsinne weit hergeholt. Ich will nicht sagen, dass es unplausibel sei, denn das ist es nicht. Jedoch solltest Du den Hintergrund dieser Inschrift etwas genauer erklären. Der Leser wird hier mit etwas konfrontiert, das er kaum verstehen kann. Mir geht es nicht anders. Der Aufruf „N'oubliez Jamais!“ kommt augenscheinlich zu spät, denn offenbar habe ich bereits vergessen, was 1869 in Paris Bedeutungsvolles geschehen ist. Die Limo... ehm... Kommunarden? :gruebel: Nein, die waren später. Also, klär mich auf.

Ah, jetzt habe natürlich einen Ohrwurm...

„...werden wir, ja das wird sich lohnen, die Kanonen auf Euch drehen!“

Guest

Post by Guest » Sat, 4. May 13, 01:37

Phew, das ist Denkstoff für eine ganze Romanreihe, wenn ich mir die Aussage erlauben darf. Danke Dir vielmals dafür :-)

Man soll sich bei Kritiken, egal welcher Art, ja nicht rechtfertigen, aber ich bin halt einfach niemand, der alles unerklärt im Raum stehen lassen will.

Bei den Rechtschreibfehlern, fehlenden Kommatas und anderweitig nachlässiger Interpunktion bitte ich um Verständnis dafür, dass der erste Teil der Geschichte noch mit OpenOffice geschrieben wurde, bei dem mir solche Dinge nicht als Fehler angezeigt wurden und ich merke sowas beim Korrekturlesen leider selbst viel zu selten, da ich, im wahrsten Sinne der Aussage, einfach drauf losplapper und mich nicht um Interpunktion, und daraus hervorgehender Intonation, kümmere. Nun bin ich auf Word umgestiegen, dessen Trefferquote bei solchen Fehlern immens besser ist.

Dies bringt mich auch gleich zum Punkt mit den stereotypischen Dialogsätzen, die ich, das weiß ich, nur zu gerne verwende. Ich wünschte ich könnte dies unterlassen, aber Teile der Charaktere sind auch ein wenig mir selbst nachempfunden, vor allem Andrew (aber auch Mitch mit seiner oft kindischen Art), und ich selbst verwende wirklich oft solche Sätze, wenn ich mich mit anderen unterhalte. Was ich mir hier allerdings zum Vorwurf mache, ist der Umstand, dass ich die emotionale Ebene, auf denen sich die Charaktere befinden, nicht ausreichend beleuchte und darstelle. Denn würde ich dies tun, wären viele dieser Aussagen nicht mehr so stereotypisch aufzufassen, sondern könnten, denke ich, besser verstanden werden.

Ja, der Prolog. Ich habe mich tatsächlich nicht besonders, eigentlich gar nicht, darum bemüht mir klar darüber zu werden, wie ein Prolog, um wirklich einer sein zu dürfen, eigentlich gestaltet sein sollte, bzw. wie er sich vom Rest der Erzählung abheben sollte. Die Schuld daran trage ich zu 99%. Das letzte fehlende Prozent trägt allerdings ein großer Teil der Autorenschaft, deren Werke ich derzeit lese (Stefan Burban, Andreas Brandhorst), denn denen gelingt es genauso wenig, wie mir, solch einen Prolog sinnerfüllend zu gestalten.

Was mir auch immer wieder auffällt, ist die Tatsache, dass die Geschichte sehr stark dialoggetrieben voranschreitet. Ich weiß nicht ob dies gut oder schlecht ist, denn hier bin ich wirklich zwiegespalten. Momentan lese ich "Der Ruul-Konflikt" von Stefan Burban. Die Geschichte darin ist sehr spannend, aber die Dialoge sind totlangweilig und die Erzählung des Geschichtsstranges lässt auch einiges an Spannung vermissen. Nur das Endprodukt, der Plot, sorgen dafür, dass ich weiterlese. Diese "Fehler" möchte ich nicht machen, weshalb ich die Story lieber, á la Mass Effect, durch Dialoge beschreiben möchte. Nun denke ich mir manchmal aber, dass das zuviel des miteinander Erzählens ist und schwinge daraufhin plötzlich wieder auf die Erzählweise der dritten Person um. (Ich hoffe man nennt es so, denn mir fällt keine bessere Umschreibung dafür ein.) Dies sind teilweise heftige Sprünge, die ich dann irgendwie wieder glattbügeln muss.

Zum Thema Märtyrer. Wie ist dieser Begriff positiv besetzt? Durch Andrew nicht, denn dieser ist keiner, da er ja noch lebt. Andrews Vater allerdings war sehrwohl einer, da er sich, anstelle aufzugeben, mit seinem Schiff und seiner Crew, in den sicheren Tod gestürzt hat. Den Begriff habe ich deshalb verwendet, weil ich hier auch auf gesellschaftliche Probleme hinweisen will. Man darf mir jetzt gerne Hypersensibilität oder Famehurerei vorwerfen, aber es ist doch so, dass heute noch die Abstammung darüber entscheidet, ob du in der Gesellschaft einen festen Stand hast, oder fallen gelassen wirst, wenn sich negative Details herauskristallisieren, für die du selbst noch nicht einmal etwas kannst. So auch hier. Und der Begriff Märtyrer bezeichnet meiner Erfahrung nach, nichts Gutes. Zumindest habe ich dies in der Vergangenheit so aufgefasst, wenn man mir vorwarf zum Märtyrer zu mutieren, nur um meine Überzeugungen zu wahren. Du weißt was ich meine. Dennoch, ich lasse mich nur zu gern eines Besseren belehren.

Jetzt noch ein Punkt, den ich schon mal erwähnt hatte. Vergangenheitsformen und das versehentliche Abrutschen in die Gegenwart. Ich weiß, dass mir dies öfters passiert und ich weiß, dass man das beim Lesen merken sollte, aber ich merke es wirklich nicht. Auch nicht, wenn ich mir einen Satz 30 mal zu Gemüte führe. Für mich ist es schwierig mich selbst als dritte unabhängige Person zu sehen, wenn ich die Kapitel korrekturlese. Ich wünschte wirklich ich könnte es, aber ich kann es einfach nicht, weshalb für mich jeder von mir geschriebene Satz völlig normal und in Ordnung klingt. Mehr als um Verständnis bitten bleibt mir hier bedauerlicher Weise nicht übrig.

Was die Operette angeht, wollte ich nicht zuviel erklären, weil die absolut keine Bedeutung für die Geschichte selbst, abgesehen von ihrem schlichten Dagewesensein, hat und die Zahl lediglich an die Opfer der Katastrophe auf dem Schiff vor 19 Jahren erinnern soll. Und ja, ich hatte tatsächlich Joe Cocker gehört, als mir der Einfall mit der Überschrift kam. Ich hoffe dieser Ohrwurm ist oder war willkommen :-D

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