[Story] Grüne Schuppe

Der kleine Teladi aus dem X-Universum hat Gesellschaft bekommen - hier dreht sich jetzt auch alles um das, was die kreativen Köpfe unserer Community geschaffen haben.

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kammerjäger
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[Story] Grüne Schuppe

Post by kammerjäger » Sun, 4. Aug 13, 16:56

Hallo,

wie einige mitbekommen haben, habe ich beim Kurzgeschichtenwettbewerb teilgenommen. Als Alternative zu meiner eingereichten Geschichte 'Sisss' hatte ich als Plan B noch eine andere Story im Kopf.
Ich habe nun entschlossen, diesen Plan B ebenfalls zu "Papier" zu bringen, weil mir die Story ganz gut gefallen hat. Leider reicht meine Zeit nicht ganz aus, also werde ich sie Stück für Stück veröffentlichen, wenn ich wieder einen Teil davon fertig gebracht habe.

Hier ist einmal der erste Teil von 'Grüne Schuppe'.

Ich freue mich auf eure Rückmeldungen und Kritiken.

Ach ja, und wer einen Rechtschreibfehler findet, darf ihn behalten. :D
Hinweise auf schwerwiegendere Grammatikfehler, Stilfehler oder Entgleitungen in Umgangssprache oder Logikfehler sind mir jedoch gerne willkommen...
Last edited by kammerjäger on Sun, 4. Aug 13, 17:02, edited 1 time in total.
Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.

Albert Einstein
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kammerjäger
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Post by kammerjäger » Sun, 4. Aug 13, 16:59

01

„Noch ein Ceverss.“
Ein massives Glas polterte vor ihm auf den Tresen. Toki Halter schenkte dem Teladi vor ihm keinen Blick. Mit einem automatischen Schwenk zog er seine Karte über die Kontaktfläche.
„Immer wieder ein Vergnügen. Ssss.“
Zufrieden zischelnd zog sich der Barkeeper zurück. Toki warf einen Blick in da Glas. Eine Gelbgrüne Flüssigkeit, mit ein wenig Schaum. Die Teladi brauten das Zeug aus Sonnenblumen, Sumpfpflanzen und allerlei sonstigen Zutaten. Was genau da drin war, wollte er gar nicht wissen. Manche Argonen ‚verfeinerten‘ es mit Raumsprit, um es erst genießbar zu machen. Aber das war heute nicht zielführend. Er wusste noch nicht, wie lange er hier sitzen musste. Also musste er wohl oder übel dieses Zeug hinunterwürgen. Ein Glas Wasser in einer derartigen Bar zu bestellen würde ihn wohl mehr als verdächtig machen. Verstohlen huschte sein Blick zur Tür am Ende des Tresens, während er einen Schluck von dem Cevers nahm. Der Paranide, der wohl als Wache daneben postiert war, starrte ihn an. Oder auch nicht. Bei diesen Insekten wusste man eigentlich nie genau, wohin sie mit ihren drei Augen starrten. Auch dass dieses Individuum nur deren zwei hatte, machte es nicht einfacher. Aber Toki konnte es egal sein. Seine Tarnung war gut. Sehr gut sogar. Immerhin lebte er schon Jazuras in der GdP und bislang hatte ihn noch niemand als Terraner erkannt. Nicht einmal die Argonen selbst. Und schon gar nicht diese Echsen. Mit einem abschätzigen Zucken um die Mundwinkel betrachtete er den alten Teladi, der eben ein weiteres Glas des schäumenden Getränks abfüllte und sie einem Artgenossen reichte, der dafür nur einen Bruchteil von dem zahlte, was Toki vorhin berappt hatte. Verdammte Kaufechsen. Alle waren sie korrupt, gierig und verschlagen. Einen Moment überlegte er, was wohl gewesen wäre, wenn diese NMMC nicht überall ihre Finger ins Spiel gebracht hätte. Es hätte wohl keinen Unterschied gemacht. Diese Echsen waren einfach so. Auch ohne Organisation. Wieso konnte er nicht in einem anderen Sektor stranden? Es musste ja nicht einmal Argon Prime sein oder irgendein terranischer Sektor. Auch ein normaler Argonensektor hätte es schon getan. Dieses Drecksloch hier war das Letzte. Und es wurde immer schlimmer. Es würde nie mehr so sein wie früher. Hätte er es doch nur rechtzeitig zurück nach Omikron Lyrae geschafft. Er hatte sich soweit im Griff, um nicht mit der Faust das Glas von der Platte zu fegen. Auch das war nicht immer so gewesen. Die ersten Wozuras waren die Schlimmsten. Immer wieder hatte er die Bilder vor Augen. Das Chaos, als die Tore zusammenbrachen. Befreundete Piloten schossen aufeinander, töteten Kameraden und Kollegen, nur um es noch rechtzeitig durch das Tor zu schaffen. Er war zu weit entfernt gewesen, um von der Massenhysterie erfasst zu werden. Ash hatte nicht so viel Glück gehabt. Seine Nägel drücken sich in die Handfläche, als er seine Faust so fest ballte, dass sie weiß wurde. Das schlimmste war nicht, dass sie es vielleicht nicht geschafft hatte. Viel mehr nagte die Ungewissheit, was tatsächlich mit der AP Anikona geschehen war. Vielleicht saßen sie ja jetzt in irgendeinem gottverlassenen Sektor fest, der in die Anarchie gestürzt war, nachdem die Verbindungen gekappt worden waren. Oder sie hatte es nach Omikron Lyrae geschafft und hatte inzwischen einen anderen … Kollegen gefunden. Er würde es ihr wünschen. Oder auch nicht. Wieso mussten sie getrennt werden? Instinktiv ließ er ein Bild von ihr auf seinem Armband erscheinen. Ashka Kortova. Captain in der ATF Secret Operations Unit, Umgangssprachlich nur ASO genannt. Sie waren…
Eine Bewegung ließ ihn aus seinen Gedanken erwachen. Unauffällig nahm er wieder einen Schluck und unterdrückte den Brechreiz erfolgreich, während er aus den Augenwinkeln die Tür beobachtete. Ein Teladi, ein Argone und zwei Paraniden verließen den inoffiziellen Besprechungsraum. Es waren Manager der NMMC, wie er wusste. Allerdings sah man es ihnen kaum an. Selbst die Paraniden, bekannt für ihren lächerlich übertriebenen Auftritt, steckten nur in einer Art leichten Tunika, wie sie die meisten dieser Insekten hier trugen. Der Argone ware auch nicht spektakulär gekleidet und die Echse trug wie üblich gar nichts. Und doch konnte man es erkennen, dass sie der gehobenen Gesellschaft angehörten, zumindest wenn man einen gut geschulten Blick hatte. Toki hatte so einen. Jazuralange Erfahrung hatte ihn gelehrt, auf die kleinsten Details zu achten. Beispielsweise legten die Paraniden elegantere Bewegungen zu Tage, das gepflegte Äußere des Argonen und die Karte aus Nividium des Teladi sprachen Bände. All das stach jedoch niemand anders ins Auge und so hatten sie sich einen guten Platz für ihre Geheimtreffen ausgesucht. Leise tuschelnd verließen sie die Bar, nachdem sie dem Barmann noch ein freudiges Treffen mit der Karte beschert hatten. Befriedigt zischelnd ging dieser in den Nebenraum. Toki blieb sitzen. Über diese Mitglieder wusste er inzwischen hinreichend Bescheid. Sie gehörten der 3S an, der Security & Safety Solutions, einem halboffiziellen Tochterunternehmen der NMMC. Spezialisiert darauf, paramilitärische Truppen zu rekrutieren und geheime Einsätze zu leiten, waren sie dazu gedacht, die Interessen der NMMC dort durchzusetzen, wo es auf offiziellen Weg nicht möglich war. Sein Auftrag war es, eine Liste der kontaktierten Söldner und Piraten zu erstellen und sie, wenn möglich, mit einem Sender zu versehen. Major Kaylos Ansdon wollte einen umfangreichen Lagebericht erstellen, für den Fall, dass die Verbindung zur Erde irgendwann wiederhergestellt werden würde. Oder auch nur für den Fall, dass sie diese Informationen hier noch brauchen würden. Wahrscheinlich arbeitete der Major auch nur aus dem selben Grund wie er: Um eine Aufgabe zu haben, um einfach nur irgendetwas zu tun. Wieso er immer noch an diesem Projekt arbeitete, überhaupt für die ATF, das wusste er wohl selbst nicht so genau. Sie hatten seit Mazuras keinen Kontakt mehr und nur noch ein paar pseudoreligiöse Gruppen predigten von der Wiederbelebung der Tore. Welche ein Schwachsinn. Die Tore waren tot. Die Erbauer hatten sie abgeschaltet und niemand aus dem Sonnensystem, geschweige denn der GdP war dazu in der Lage, sie zu reaktivieren. Eine weitere Bewegung ließ ihn aus seinen Gedanken aufschrecken. Jetzt kam Bewegung in die Sache. Der zweiäugige Paranide hatte ein Zeichen gegeben, woraufhin zwei Split wie zufällig aus der Tür lugten. Ein paar Zeichen ihrer kryptischen Sprache austauschend, zogen sie sich zurück. Toki bestellte Raumsprit. Der Barkeeper stellte ein kleines Glas davon vor ihn und verlangte eine horrende Summe, für die Toki ihm am liebsten lachend das sicherlich schwarzgebrannte Gesöff zurückgeworfen hätte. Aber er hatte einen Auftrag. Ansdon wäre sicherlich nicht erfreut, wenn er das hier versauen sollte. Also bezahlte er schweigend und kippte sich die Hälfte des Schnapses über sein Shirt. Den Rest stürzte er die Kehle hinunter. Wohltuende Wärme breitete sich in seiner Kehle und dem Magen aus, geriet außer Kontrolle und verschmorte ihn innerlich. Er atmete ein paar mal heftig aus, dann ebbte das Gefühl ab. Raumsprit und Cevers. Eine beschissene Kombination. Aber sie erfüllte ihren Zweck. Eine größere Gruppe von rauen Gestalten, die deutlich besser in diese Bar passten als diese Mitglieder der 3S, verließ lärmend und unkontrolliert den Raum. Es war eine herrliche Mischung aus Argonen, Split und Paraniden. Sogar zwei Teladi waren dabei. Alles heruntergekommene Gestalten, wohl ehemalige Militärangehörige, Techniker und Wachpersonal. Die meisten trugen Narben und Verstümmelungen zur Schau, die auf eine bewegte Vergangenheit hinwies, vermutlich als Piraten. Eben liefen sie hinter Toki vorbei, als dieser aufstand, torkelte und gegen einen stämmigen Split stieß. Er kam gar nicht dazu, eine Entschuldigung zu stammeln, da wurde er auch schon gegen einen Tisch geworfen. Die Spitze eines kleinen Dolches drückte sich durch sein Shirt und schmerzhaft in seine Haut.
„Du nicht berühren Split. Du sterben.“
Stinkender Atem schlug ihm entgegen und die dunklen Augen in seinem nikotingelben Gesicht funkelten.
„Lass ihn, Tal T’Fnk. Er ist betrunken. Mach keinen sch****. Das können wir jetzt nicht gebrauchen.“
Jemand riss den Split zur Seite. Ein Argone, sah ihn verächtlich an, dann wandte er sich ab. Toki sah verwirrt um sich. Der Split reckte seinen Arm in die Luft und bildete ein Zeichen, dann wandte er sich um und würdigte ihn keines Blickes mehr. Toki blieb noch einen Moment am Boden sitzen, bis die Gruppe die Bar verlassen hatten. Niemand von den wenigen Gästen machte Anstalten, ihm zu helfen. Auch der Barkeeper hatte seelenruhig zugesehen. Offensichtlich waren solchen Zusammenstöße hier an der Tagesordnung. Jetzt, wo die Show vorbei war, wandte er sich wieder seinen Aufgaben zu. Toki rappelte sich auf und schlich hinaus.
Außerhalb der Tür war eine andere Welt. Ein riesiger Tunnel, hell erleuchtet und in dezenten Grüntönen gehalten, bildete die Hauptschlagader der Handelsstation und wurde dementsprechend stark frequentiert. Toki sah der Gruppe lächelnd nach, als sie im Gewirr aus Lebewesen aller Arten und einer Menge herumschwirrender Bots verschwand. Eine kurze Bewegung über sein Armband aktivierte eine Holografie. Die nähere Umgebung baute sich über seinem Handgelenk auf. Zwei Punkte waren markiert. Ein blauer in der Mitte und ein Roter, der sich langsam von ihm wegbewegte. Er wischte die Darstellung weg und streckte sich. Für heute war die Arbeit getan. Zum größten Teil zumindest.
Der Gang brachte ihn bis in die Nähe des Hangarbereichs. Ein Fahrstuhl transferierte ihn in die Nabe des riesigen Rades, wo sein Schiff soeben von einer Schwadron Servicedrohnen gereinigt, aufgetankt und mit Lebensmitteln versorgt wurde. Durch eine Scheibe konnte er in den riesigen Zylinder blicken, der von Andockklammern, Landebuchten und Schächten für die Wartungsdrohnen übersät war. Inmitten der Menge an Frachtern, kleinen Passagiertransportern und einigen militärischen Jägern lag auch die AP Arrow IV. Unauffällig und alt von außen stellte sie die perfekte Tarnung für einen ASO-Agenten dar. Aber Toki wusste, dass der Schein trügte. Auch er hatte sich beinahe am Anfang täuschen lassen. Eine Nova, ein argonischer Jäger, das konnte doch fast nichts werden. Und dann auch noch alt und ausrangiert. Doch auch er hatte lernen müssen, dass dieser Schiffstyp seine Vorzüge hatte. Und die Techniker der ASO hatten ganze Arbeit geleistet. Innerhalb kürzester Zeit steckte in dem Kahn mehr Technik als in manch größerem Schiff. Alles gut getarnt, um einen unbescholtenen argonischen Geschäftsmann abzugeben. Die AP Arrow war schnell und wendig und alles andere als alt und schrottreif. Eine Art Nostalgie überkam ihn, während er auf den glänzenden Rumpf starrte, um den die Bots schwirrten wie Bienen um einen Blüte. Sie war seit beinahe sechs Jazuras seine treue Gefährtin und hatte ihn noch nie im Stich gelassen. So lange war er schon in der GdP? Der Gedanke verwunderte sogar ihn. Viel kürzer schien es ihm. Alles war so schnell gegangen. Während er zum Gate ging, an dem sein Schiff lag, grübelte er über die Vergangenheit nach.
Alles war so neu gewesen. Ein Lächeln tanzte auf seinen Lippen. Er erinnerte sich nur zu genau. Als er das erste Mal einem Boronen gegenüber stand. Und einem Paraniden. Beeindruckend. Obwohl er jahrelang die Erscheinungsmerkmale, die Psychologie und die Physiologie der Spezies der GdP studiert hatte, war es doch fremdartig und faszinierend gewesen. All das hatte er sich aber nicht anmerken lassen dürfen. Er sollte als normaler Argone gelten, geboren auf Argon Prime, Geschäftsmann für Kommunikationstechnologie und KI-gestützte Computersysteme. Es war schwieriger als gedacht, aber mit den Jazuras hatte er sich immer mehr daran gewöhnt, Toki Halter zu sein. Inzwischen verstand er auch teilweise Bedeutungen der Split-Handzeichensprache und der eigenen Sprache der Paraniden. Alles lief bestens. Innerhalb der letzten paar Jazuras hatte der ATF eine riesige Datenbank an Informationen zu den Geschehnissen in der GdP aufgebaut. Politische Allianzen, Wirtschaftliche Gefüge, die militärische Struktur. Während der jüngsten Eskalationen waren diese Informationen essentiell für die Erfolge der terranischen Streitmacht gewesen. Dutzende Angriffe konnten vorhergesagt, das Sonnensystem erfolgreich gegen die Widersacher geschützt werden. Allerdings hatten auch die Argonen Insider gehabt. Diese ignoranten Idioten. Glaubten immer noch daran, dass intelligente Computersysteme ungefährlich wären. Dass sie alles unter Kontrolle hätten. Dabei hatten sie die letzten Jahrhunderte die Auswirkungen dieses Denkens immer vor Augen gehabt. Die Xenon waren eine Pest, eine Seuche, ein Virus. Geschaffen von den Erdenbürgern, die schwer für ihren Fehler bezahlt hatten. Allerdings waren sie auch eine Erfahrung reicher.
In diesem Moment hastete ein Argone in Begleitung einer Echse an ihm vorbei. Toki konnte nicht anders als ihm verächtlich hinterherzustarren. Sie glichen Kindern. Sie waren Kinder, die von ihren Eltern immer wieder vorgepredigt bekamen, dass es gefährlich war. Aber sie wollten einfach nicht hören. Die Terraner wussten es besser. Inzwischen waren sie auch so weit, die von ihnen geschaffene Geisel zu bändigen, vielleicht auch ganz auszulöschen. Auch er hatte gegen diese Maschinen gekämpft. Nicht offiziell, aber zweimal war er für Aufklärungsflüge in Xenonsektoren eingeteilt worden. Beide Male war er nur knapp wieder entkommen. Diese Xenon waren gefährlicher als alle anderen Bedrohungen. Schnell, organisiert und ohne jede Skrupel. Seine Informationen hatten jedoch geholfen, sie zurückzudrängen. Aber dann hatten die Tore versagt. Vielleicht würden sie irgendwann wieder aktiviert werden, aber wie die Struktur danach aussah, das wagte niemand vorherzusehen. Wenn sie überhaupt wieder aktiviert werden würden.
Er sah sich um und bemerkte, dass er an der richtigen Schleuse vorbeigelaufen war. Immer noch fand er sich nicht richtig auf der Handelsstation zurecht. Alles sah gleich aus. Steril und grün.

„Guten Tag, Mr. Halter“, begrüßte ihn das Bordsystem, als er in die kühle Atmosphäre seines Schiffes trat.
„Hallo, Betty.“
Wieder ärgerte ihn dieser Name. ‚Betty‘ war die Standardeinstellung des Systems. Kein besonders toller Name, wie er fand. Seit Jahren grübelte er über einem vernünftigen Namen nach, allerdings konnte er sich nicht entscheiden. Das war wohl eine seiner Schwächen. Sich in banalen Dingen nicht entscheiden zu können. Das hatte Ash immer gesagt. ‚Wenn dein Schiff in Turbulenzen gerät oder angegriffen wird, würdest du augenblicklich die richtige Reaktion wählen, bei der Auswahl deines Frühstücks stehst du minutenlang vor dem Kühlschrank.‘
Toki lächelte, als er sich in den Pilotensitz fallen ließ. Sie hatte ihn … kannte ihn. Sie wusste, wie er tickte, auch wenn er es selbst nicht kapierte. Er hatte schon überlegt, den Computer Ash zu taufen, hatte es aber unpassend gefunden.
„Betty, Systemcheck. Sind die Arbeiten abgeschlossen?“
„Ja. Die Artikel der Einkaufsliste wurden alle geliefert und eingelagert. Die Wartung ist beendet. Das Schiff befindet sich in einwandfreiem Zustand. Initiiere Systemcheck. Schließe Schleuse.“
Ein leises Zischen kündigte das Schließen des äußeren und inneren Schotts an. Die Kontrollelemente vor ihm aktivierten sich, die Infoelemente flammten auf der Cockpitscheibe auf. Leise Vibrationen übertrugen sich von den Triebwerken über den Rumpf auf den Sitz, als die Diagnose den Antrieb checkte. Toki legte sein Handgelenk mit seinem Armband auf die Kontaktfläche.
„Download abgeschlossen – verarbeite Daten.“
Der Computer ordnete nun alle Videoaufzeichnungen seiner Kamerasensoren der Datenbank zu, erstellte ein geometrisches Profil aller Räumlichkeiten, die er betreten hatte und wertete die Ereignisse aus.
„Daten abgelegt. Neuer Sender gefunden.“
„Ordne dem Sender die Bezeichnung ‚Objekt sieben‘ zu und verfolge es mit genügend Sicherheitsabstand.“
„Ja. System abgeschlossen. System zu 100 Prozent einsatzbereit. Startfreigabe erhalten. Leite Abdockvorgang ein.“
Während der Autopilot abdockte und langsam aus dem Hangar glitt, beobachtete Toki die Umgebung sorgfältig. Durch das halboffene Hangarschott trieben mehrere Frachter mit dem übergroßen NMMC-Logo herein. Diese vier Zeichen mit den Gesteinsbrocken rundum begegneten einem einfach überall. Auf Frachtern, Fabriken, Serviceeinrichtungen. Sogar die Nahrungsmittelversorgung hatten sie sich unter den Nagel gerissen. Grüne Schuppe war schon immer ein guter Platz für das auf Nividiumabbau spezialisierte Unternehmen gewesen. Gute Schürfplätze, nicht weit vom Hauptquartier entfernt, mit vergleichsweise wenig Systembewohner. Die meisten Lebewesen in diesem System waren Reisende. Grüne Schuppe war ein guter Platz um einen Zwischenstopp einzulegen. Mittig zwischen Omikron Lyrae und den terranischen Sektoren auf der einen Seite und den Kernsektoren der GdP auf der anderen Seite. Außerdem sprach die Nähe zur Kornkammer und größten Schnapsbrennerei Nyanas Unterschlupf für große Mengen guten Raumsprits. Die Aussicht auf den grünen Hauptplaneten des Systems ‚Natures Garden‘ konnte beeindruckend sein, sogar ohne dem Fusel. Und manche Wagemutigen sammelten hier sogar Kraft für die Durchquerung des nahegelegenen Xenonsektors, das den kürzesten Weg zu vielen wichtigen Sektoren bildete. Allerdings hatte dieses hohe Reiseaufkommen auch seine Schattenseiten. Piraterie, die selbst das Militär nicht in den Griff bekam. Man vermutete immer noch dutzende Piratenbasen in den Asteroidenfeldern. Und zu guter letzt sorgte auch die unmittelbare Nähe zu den Xenon des Öfteren für brenzliche Situationen. Dementsprechend patrouillierte das Militär auch häufig hier.
Dieser ganze Mix aus den unterschiedlichsten Völkern, Unternehmen und Interessen war seit dem Torausfall hier eingesperrt. Nur Xenon gab es hier keine. Seit es erste Anzeichen gegeben hatte, dass die Tore versagten, gab es keine Übergriffe mehr. Sie blieben alle in ihren Sektoren. In dieser Hinsicht waren die Maschinen schlauer gewesen. Unzählige Reisende waren jetzt hier eingesperrt. Abgeschnitten von Familie, Freunden und Bekannten. So wie er. Er zwang sich dazu, nicht Ashs Bild auf die Scheibe zu rufen.
Für einen Moment starrte er gedankenverloren auf den Hintergrund, der sich vor ihm auftat. Der Hangar war verschwunden, nur wenige Schiffe waren zu sehen. Dafür sah man umso deutlicher den olivgrünen Planeten. Die drei anderen waren derzeit nicht zu sehen, ebenso wie der Zentralstern. Vor dieser Perspektive wirkte er beinahe einladend und fruchtbar. Aber von Bildern wusste Toki, dass dem nicht so war. Die meiste Oberfläche bestand aus überwucherten Gewässern, meist sumpfig und schmutzig. Nur wenige feste Landmassen bildeten drei Kontinente. Es war heiß und schwül. Er konnte nicht nachvollziehen wieso, aber für diese Echsen war es das Paradies. Ihm gefiel die sterile Umgebung des Alls besser. Jeder Asteroid war besser als das Schlammloch, wie es die Argonen nannten. Und Asteroiden gab es zur Genüge.
„Objekt sieben lokalisiert“, riss ihn der Computer aus seinen Gedanken. „Es befindet sich noch innerhalb der Station.“
„Dann warten wir. Parke dich an einen Asteroiden, aber so, dass wir die Station gut im Auge behalten können.“
„Ja.“
Das war zwar unnötig, denn die taktische Karte würde ihm auch so die Position des Senders anzeigen, aber Toki mochte es, die Situation im Blickfeld zu haben.
„Ach so, und aktiviere das Interface“, befahl er noch. Er ratterte eine Kombination herunter.
„Codesequenz akzeptiert, Stimmsignatur akzeptiert, Interface aktiviert.“
Die normalen Steuer- und Infoanzeigen, die denjenigen eines normalen Zivilschiffes glichen, verschwanden und gaben Platz für die richtige Oberfläche frei, die deutlich mehr Spielraum bezüglich Aufklärung und taktische Übersicht bot.
Toki lehnte sich zurück und schloss die Augen. Er hatte in letzter Zeit viel zu wenig geschlafen. Vielleicht fand er jetzt ein paar ruhige Stazuras.

Die ‚Blutspur‘ legte ab und beschleunigte mit dröhnenden Triebwerken aus dem Hangar.
„Hier spricht das automatische Hangarsystem. Bitte drosseln sie ihre Triebwerke. Sie könnten Beschädigungen auslösen und den Profit schmälern.“
„Split nicht hören auf Teladi.“
Mit einer Armbewegung quittierte der Split die Stimme, während seine andere Hand das Zeichen für ‚unehrenhafter Feigling‘ formte. Einen Moment schwebte die Hand über der Waffenkonsole, um dem Teladi zu zeigen, was ein Profitverlust war.
„Lass es, Tal T’Fnk.“
Der Argone neben ihm warf ihm einen warnenden Blick zu.
„Du weißt, dass wir das jetzt nicht gebrauchen können. Ein paar Stazuras, dann kannst du loslegen.“
„Mein Freundfeind Gil Lore recht haben. Er trinken gehen kann.“
„Gut. Und wenn du einen Frachter siehst, vergiss es.“
Ein kehliger Knurrton zeigte Gil, dass der Split verstanden hatte und er ihn alleine auf der Brücke lassen konnte, ohne dass er die halbe Station zerlegen würde. Ein befriedigtes Grinsen legte sich auf sein Gesicht, als er den Gang hinunter schritt. Inzwischen hatte er selbst ihn im Griff. Es war schwierig als Kapitän einer solchen Bande. Die Teladi waren unkompliziert. Nur eine kleine Drohung und sie machten fast alles. Allerdings waren sie auch fast nutzlos. Den Paraniden musste man nur ein wenig gut zureden und ihnen etwas Freiraum lassen, dann waren sie glücklich. Mathematische Formeln wirkten Wunder. Die Split allerdings waren schwer zu knacken. Allen voran Tal T’Fnk. Auch er, Gil, war leicht reizbar und machte gerne etwas kaputt. Aber diese Wesen spielten in einer ganz anderen Liga. Gil hatte sich Respekt verdient und war gefürchtet. Aber das war auch schon das einzige, womit man sie in Schach halten konnte. Wenn es jedoch aufs Ganze ging, waren sie die besten Kameraden, die es gab. Wo sich der mutigste Argone in die Hose schiss, legten sie erst richtig los.
Es dauerte etwas, bis er den Saal erreichte. So eine Korvette war doch wunderschön. Die ‚Blutspur‘ war eine Evolution im Gegensatz zu dem Jäger, in den sie sich früher gepfercht hatten.
„Hoch lebe die NMMC“, rief er, als er polternd die Tür auftrat und den Saal betrat. Lautes Gegröle schlug ihm entgegen, begleitet von einem feinen Hauch aus Raumsprit und Drogenrauch.
Jemand drückte ihm eine Flasche in die Hand.
„Trink ordentlich. Wir haben es uns verdient. Auf die ‚Blutspur‘.“
Es war Brom Frilsten. Ein untersetzter und kräftiger Argone. Sein von Narben überzogener und tätowierter Körper zeugte von seiner Karriere als Marinesoldat in der argonischen Armee. Allerdings hatte ihm seine Vorliebe zum Raumsprit diesen Posten und schlussendlich auch seinen Job bei einem paramilitärischen Sicherheitsservice gekostet. Auch heute hatte er schon einiges getrunken, was die fast leere Flasche und sein gerötetes Gesicht gewiesen.
Gil schlug ihm die Hand auf die Schulter.
„Da hast du recht mein alter Freund. Heute haben wir einen guten Auftrag an Land gezogen.“
Er setzte die Flasche an und leerte sie mit einem Zug. Der Schmerz fühlte sich gut an. Die leere Flasche warf er achtlos in die Ecke, wo sie an der Wand zerschellte und von einem Bot aufgesammelt wurde.
„Komm, gehen wir zu Yirandras.“
Auch wenn es sich bei der Besatzung um eine gut eingespielte Gruppe handelte, so kristallisierten sich doch die unterschiedlichen Völker heraus. Die drei Paraniden hockten unbeweglich und vornehm an der Wand und zogen gelegentlich von der großen Wasserpfeife. Argonen und Split lärmten gemeinsam herum und tranken Raumsprit, wobei einige Flaschen zu Bruch gingen. Einer der Split stellte seine Künste als Messerwerfer zur Schau, ein anderer maß seine Kraft an einem muskulösen Argonen, der schmählich verlor.
Die beiden Teladi standen zischelnd etwas abseits, umgeben von einer Rauchwolke, die von ihren großen Raumkrautzigarren stammte.
Gil boxte einen davon gegen die Brust.
„Du bist unser Held des Tages. Mit den Credits können wir uns eine neue Bordbewaffnung kaufen. Und es bleibt immer noch genügend über, um uns im Raumsprit zu ersäufen. Das war große Klasse heute.“
Yirandras rieb sich die Brust und zischelte leise.
„Esss war mir eine Freude. Diesse Leute von der NMMC haben bestimmt noch mehr Aufträge für unsss, wenn sssie zzufrieden sind.“
„Da wirst du recht haben. Also zeigen wir es diesen Tintenfischen.“
Mit einem rauen Lachen fasste er eine Zigarre aus seiner Hose und zündete sie sich an. Der Rauch kroch in seinen Körper und nahm eine Leichtigkeit mit sich. Er fühlte sich gut. Als könnte er fliegen. Tat er ja auch. Er flog durchs All. Belustigt durch seinen eigenen Gedanken, lachte er los.
Die ‚Blutspur‘ setzte ihren Kurs in das Asteroidenfeld hinein. Der Split am Steuer quälte die Treibwerke auf Volllast. Mit halsbrecherischen Manövern steuerte er zwischen den Gesteinsbrocken hindurch, so dass sogar hin und wieder die Beschleunigungskompensatoren aussetzten und das Schiff durchrüttelten. Er merkte nicht den kleinen Jäger, der ihnen im konstanten Abstand folgte.

Er hatte schon viel gesehen. In den zwei Jahren seiner Ausbildung zum Marine, die zum Training für Agents gehörte, war er bei einigen Einsätzen dabei gewesen, am Schluss sogar in erster Reihe. Obwohl es im Sonnensystem keine Xenon oder Terraformer gab, Bedrohungen waren auch so genug vorhanden. Vor allem der Schmuggel von KI-Komponenten, die im Sonnensystem strengstens verboten waren, florierte seit dem Zusammenschluss mit der GdP. Und die ATF war genau dafür zuständig. Mehrere Male hatten sie Frachter, kleinere Transporter und auch größere Schiffe entern müssen, weil sie sich vehement weigerten, eine Durchsuchung durchführen zu lassen. Grässliche Bilder tauchten vor seinem Auge auf. Verbrannte Leichen, verstümmelte Verletzte, die Schreie von getroffenen Kameraden hallten in ihm auf. Doch all das war nichts im Gegensatz dazu, was sich hier abspielte. Die ‚Blutspur‘ hatte ihrem Namen alle Ehre gemacht. Mit gezogenem Blaster in den Händen schlich er durch die engen Gänge des Schiffswracks. Ein Großtransporter der Orca-Klasse, umgebaut zu einem Multispezieswohnkomplex. Jetzt war es nur noch ein Trümmerhaufen. Immer wieder flackerte die Beleuchtung, fiel aus. Wahrscheinlich waren auch einige der Reaktoren beschädigt worden. Glücklicherweise hielt die Hülle das Ganze noch zusammen. Wie lange, das wusste er nicht. Obwohl die Atmosphäre laut Analyse in Ordnung war, trug er seinen leichten Raumanzug. Dies reduzierte das Risiko und auch die leichte Panzerung würde womöglich von Vorteil sein. Zwar hatte die ‚Blutspur‘ schon wieder abgelegt, aber man wusste ja nie. Die Lautsprecher seines Helms verstärkten die Töne der Sensoren und ließen ihn selbst die feinsten Töne aufspüren. Derzeit wurde die Geräuschkulisse jedoch vom Knarren und Stöhnen des Schiffsrumpfes und dem Zischen von austretendem Gas dominiert. Die optische Sichtfeldaufbereitung seines Helmvisieres bot ihm da schon mehr Nutzen. Restlichtverstärkung und digitale Bildverbesserung lieferten auch bei schlechten Lichtverhältnissen eine gute Sicht, Strahlungs-, Wärmebildkameras und sonstige Analysegeräte bildeten eine Menge Informationen auf dem robusten Glas ab. Was sich ihm darbot, sprengte jegliche Vorstellungskraft. Blut klebte an den Wänden, Brandspuren und Ruß überzog die meisten Oberflächen.
Da. Toki spitzte die Ohren. Ein eigentümlicher Laut drang durch die übertönenden Schiffsgeräusche. Eine Art Heulen. Rasch, aber ohne seine Sicherheit zu vernachlässigen, folgte er dem Ursprung. Links neben ihm tat sich eine Küche auf. Von Brandspuren unversehrt, herrschte hier ein wirres Durcheinander. Lebensmittel, Flaschen und Utensilien legen auf dem Boden, Schränke waren aufgerissen, als ob die Angreifer irgendetwas gesucht hätten. Allerdings keine Leichen. Lebewesen hatte er ohnehin nur im Bereich der Eintrittsstelle gefunden, die wie eine aufgerissene Wunde in einem sterbenden Wal an der Seite klaffte. Das war wohl das Wachpersonal gewesen, die das Schiff verteidigt hatten. Ohne Chance, wie das Ergebnis zeigte. Seit er sich davon entfernt hatte, gab es keine Leichen mehr. Was war geschehen? Es mussten doch noch mehr Bewohner an Bord gewesen sein. Das Heulen, das immer deutlicher an sein Ohr drang, klang auch nicht nach etwas, was er einem Menschen zuordnen würde oder irgendeinem anderen Alien der GdP. Wieder flackerte die Beleuchtung und erlosch. Augenblicklich schaltete das Sichtsystem auf Nachsichtmodus um. Leicht grünlich und blass erschienen die Konturen. Er trat durch eine Tür und das Heulen wurde schlagartig lauter. Ein großer Raum, verwüstet und zerstört. Sein Blick blieb an etwas hängen, das an der Wand befestigt war. Ein kalter Schauer lieb ihm den Rücken hinunter.
Blitzartig schaltete sich das Licht wieder an. Fassungslos blickte er um sich. Nur mit Mühe schaffte er es, sich nicht in seinem Helm zu übergeben. Seine Kraft verließ ihn und er sackte auf die Knie. Wie es aussah, hatte er die Besatzung gefunden.
Last edited by kammerjäger on Tue, 6. Aug 13, 20:30, edited 1 time in total.
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Post by X2-Illuminatus » Sun, 4. Aug 13, 19:07

Wie schon "Sisss" gefällt mir auch "Grüne Schuppe" sehr gut. Die Charakterdarstellung ist super - Toki, der so seine Probleme in der GdP und vor allem mit den Argonen hat oder die Besatzung der "Blutspur", die zeigt, wie sich richtige Söldner verhalten - der Storyverlauf ist jetzt schon sehr interessant (ich hoffe du kommst bald zum Weiterschreiben) und auch das Thema des Schreibwettbewerbs, der Torausfall, ist als Grundlage der Geschichte wieder sehr gut umgesetzt bzw. die Situation sehr gut eingefangen.
kammerjäger wrote:Ach ja, und wer einen Rechtschreibfehler findet, darf ihn behalten. :D
Ach was, die gibt es frei Haus. ;) (Ist auch mal eine Frage, ein alternativer Formulierungsvorschlag oder ein Grammatikfehler darunter.)


"Toki warf einen Blick in da Glas"

--> das Glas

"Eine Gelbgrüne Flüssigkeit, mit ein wenig Schaum. "

--> gelbgrüne Flüssigkeit mit...

"Vielleicht saßen sie ja jetzt in irgendeinem gottverlassenen Sektor fest, der in die Anarchie gestürzt war, nachdem die Verbindungen gekappt worden waren."

--> Vielleicht saß sie ja...

"Captain in der ATF Secret Operations Unit, Umgangssprachlich nur ASO genannt."

--> umgangssprachlich

"...die Interessen der NMMC dort durchzusetzen, wo es auf offiziellen Weg nicht möglich war."

--> auf offiziellem Weg

"Wahrscheinlich arbeitete der Major auch nur aus dem selben Grund wie er"

--> demselben

"Welche ein Schwachsinn."

--> Welch ein Schwachsinn.

"Die meisten trugen Narben und Verstümmelungen zur Schau, die auf eine bewegte Vergangenheit hinwies, vermutlich als Piraten."

--> hinwiesen

"Ein blauer in der Mitte und ein Roter..."

--> Ein Blauer

"Als er das erste Mal einem Boronen gegenüber stand."

--> gegenüberstand

"Innerhalb der letzten paar Jazuras hatte der ATF eine riesige Datenbank an Informationen zu den Geschehnissen in der GdP aufgebaut. Politische Allianzen, Wirtschaftliche Gefüge, die militärische Struktur."

--> die ATF
--> Warum hat die AGI Task Force und nicht das USC diese Daten gesammelt?

"Gute Schürfplätze, nicht weit vom Hauptquartier entfernt, mit vergleichsweise wenig Systembewohner. "

--> Systembewohnern

"Und manche Wagemutigen sammelten hier sogar Kraft für die Durchquerung des nahegelegenen Xenonsektors, das den kürzesten Weg zu vielen wichtigen Sektoren bildete. "

--> die den kürzesten Weg zu vielen wichtigen Sektoren darstellte. (bezogen auf die "Durchquerung") oder
--> der den kürzesten Weg zu vielen wichtigen Sektoren darstellte. (bezogen auf den "Xenonsektor")

"Und zu guter letzt sorgte auch die unmittelbare Nähe zu den Xenon des Öfteren für brenzliche Situationen."

--> zu guter Letzt
--> des Öfteren

"Die meiste Oberfläche bestand aus überwucherten Gewässern, meist sumpfig und schmutzig. "

--> Vielleicht eher: Der Großteil der Oberfläche bestand...

"und gaben Platz für die richtige Oberfläche frei, die deutlich mehr Spielraum bezüglich Aufklärung und taktische Übersicht bot. "

--> taktischer Übersicht

"Er merkte nicht den kleinen Jäger, der ihnen im konstanten Abstand folgte. "

--> Er bemerkte nicht...

"In den zwei Jahren seiner Ausbildung zum Marine, die zum Training für Agents gehörte..."

--> Training für Agenten...
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kammerjäger
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Post by kammerjäger » Mon, 5. Aug 13, 21:24

Tja, und wie immer bin ich zu faul gewesen, meine Geschichte Wort für Wort nochmals zu analysieren, was sich gerächt hat.
Du hast den Text aber auch ganz schlimm zerpflückt. :D

Nein, ein Ernst, danke für die Rückmeldung, ich hoffe, ich kann nächsten Sonntag wieder einen Teil online stellen. (Ein wenig davon habe ich schon geschrieben)
--> Warum hat die AGI Task Force und nicht das USC diese Daten gesammelt?
Gute Frage, ich behaupte einfach mal, die ATF baut sich auch seine eigene Datenbank auf, nach eigenen Gesichtspunkten. :D
Wie wir ja wissen bauen sich verschiedene Behörden jeweils eigene Datenbanken auf und tauscen gelegentlich Informationen. :D
Und die ATF ist ja nichts anderes als eine Behörde ...

Was ich noch fragen wollte: Die Story ist ja (zumindest dieser Teil) sehr charakterbezogen mit wenig Action - ist das zu viel oder noch zu ertragen.
Und wie ist die Formatierung?
Als ich es geschrieben habe hat es gut gepasst, nach dem reinkopieren hat es sehr gedrängt ausgesehen. Sollten mehr Absätze rein?

So, genug gequasselt, schönen Abend noch allerseits
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Post by X2-Illuminatus » Mon, 5. Aug 13, 23:35

kammerjäger wrote:Gute Frage, ich behaupte einfach mal, die ATF baut sich auch seine eigene Datenbank auf, nach eigenen Gesichtspunkten.
Wie wir ja wissen bauen sich verschiedene Behörden jeweils eigene Datenbanken auf und tauscen gelegentlich Informationen.
Das stimmt natürlich.
kammerjäger wrote:Die Story ist ja (zumindest dieser Teil) sehr charakterbezogen mit wenig Action - ist das zu viel oder noch zu ertragen.
Mich stört es nicht. Wie schon erwähnt, finde ich deine Charaktdarstellung sehr gelungen. Die Charakterdarstellung ist auch etwas, mit dem ich selbst beim Geschichten Schreiben Probleme habe. Auf der einen Seite die Charaktere, ihre Motive und Handlungsweisen ausführlich beschreiben, auf der anderen Seite aber auch nicht zu sehr ins Schwafeln zu verfallen. Dir gelingt das auf jeden Fall sehr gut.
Was die Action angeht, so lässt das Ende des ersten Teils ja schon erahnen, dass da auch noch etwas mehr Action in die Geschichte hineinkommt. Insofern passt das denke ich schon.
kammerjäger wrote:Und wie ist die Formatierung?
Ich hab die Geschichte in ein Word-Dokument kopiert und dann dort gelesen. Ich denke im Forum ist mit der Formatierung nicht viel zu machen. Da lesen sich die meisten längeren Texte sehr schwer. Mag eventuell auch etwas am gewählten Boardstyle liegen. Wie die meisten anderen Forumnutzer auch nutze ich Egosoft Modern (weißer Text auf schwarzem Hintergrund).
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Es grün so grün, wenn Nostropblüten blühen

Post by Boro Pi » Tue, 6. Aug 13, 07:30

X2-Illuminatus wrote:
kammerjäger wrote:Ach ja, und wer einen Rechtschreibfehler findet, darf ihn behalten. :D
Ach was, die gibt es frei Haus. ;)
Und was soll ich jetzt noch machen? :D Naja, etwas hätte ich noch:

Der Planet heißt nicht "Natures Garden", sondern "Nature's Profit".

"Wieder ärgerte ihn dieser Name. ‚Delta One‘ war die Standardeinstellung des Systems und nach der Klassifizierung der Software benannt. Delta bedeutete, dass er über die größte Ausbaustufe, dem ASO-Standard verfügte, One war die Ausführung für Jäger und Kleintransporter."
Unlogisch: Agent mit angeblich perfekter Tarnung und einem Bordcomputer, dessen Namen ihn direkt als ATF-Erzeugnis zu erkennen gibt. Würde ich ändern. Vielleicht nimmst Du einen Standardnamen für argonische Computer (Betty? :D) als Tarnnamen, über den sich Toki natürlich dennoch ärgern kann.

"Innerhalb der letzten paar Jazuras hatte der ATF..."
1. Ein Terraner rechnet nicht in Jazuras.
2. 'die ATF'; Force=Kraft, daher im deutschen mit weiblichen Artikel, hast Du bei allen anderen Nennungen der ATF auch richtig gemacht.

Mich überzeugt Tokis Charakterisierung noch nicht so ganz, aber das mag sich fügen, weil das Bild das ich mir als Leser machen konnte, ja sicher noch nicht vollständig ist. Außerdem gibt es ja auch Leute mit widersprüchlichen Zügen.

Einen Actionmangel sehe ich nicht. Es ist ganz normal (und sinnvoll), dass zu Beginn mehr der Charakter der Figur/en geschildert wird.
kammerjäger wrote:Als ich es geschrieben habe hat es gut gepasst, nach dem reinkopieren hat es sehr gedrängt ausgesehen. Sollten mehr Absätze rein?
Im Forum ist es nicht sonderlich leicht zu lesen. Aber das liegt nicht an Deinen Absätzen, sondern an dem marginalen Zeilenabstand, den wir hier haben. Das Ändern des Styles wird hierbei meines Erachtens nichts bringen, weil der Zeilenabstand in jeder Aufmachung gleich eng ist.
X2-Illuminatus wrote:Die Charakterdarstellung ist auch etwas, mit dem ich selbst beim Geschichten Schreiben Probleme habe.
Bei der Gelegenheit, wieso habe ich hier noch nie eine Geschichte von Dir gesehen?

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Post by kammerjäger » Tue, 6. Aug 13, 20:26

Der Planet heißt nicht "Natures Garden", sondern "Nature's Profit".
Ja, das stimmt. Habe in der Enzyklopädie nachgelesen, da steht: ... der Gartenplanet Nature's Profit...
Hab da wohl etwas verwechselt...
"Wieder ärgerte ihn dieser Name. ‚Delta One‘ war die Standardeinstellung des Systems und nach der Klassifizierung der Software benannt. Delta bedeutete, dass er über die größte Ausbaustufe, dem ASO-Standard verfügte, One war die Ausführung für Jäger und Kleintransporter."
Unlogisch: Agent mit angeblich perfekter Tarnung und einem Bordcomputer, dessen Namen ihn direkt als ATF-Erzeugnis zu erkennen gibt. Würde ich ändern. Vielleicht nimmst Du einen Standardnamen für argonische Computer (Betty? Very Happy) als Tarnnamen, über den sich Toki natürlich dennoch ärgern kann.
Man könnte argumentieren, dass Toki allein im Cockpit ist und somit keine Tarnung braucht. Er schaltet ja auch später auf das terranische Layout um.
Aber prinzipiell hast du recht. Werde ich vielleicht ändern.
1. Ein Terraner rechnet nicht in Jazuras.
Ein Terraner, der schon jahrelang untercover in der GdP lebt, kann schon mal durcheinanderkommen. :D
Ist mir selbst beim schreiben aufgefallen, dass ich mal in Jahre und mal in Jazuras rechne, hab es dann aber gelassen, weil es für mich gar nicht so unrealistisch gewesen ist, dass Toki hin und wieder terranische und Elemente aus der GdP vermischt.

Mich überzeugt Tokis Charakterisierung noch nicht so ganz, aber das mag sich fügen, weil das Bild das ich mir als Leser machen konnte, ja sicher noch nicht vollständig ist. Außerdem gibt es ja auch Leute mit widersprüchlichen Zügen.
Was meinst du da konkret?
X2-Illuminatus hat folgendes geschrieben:
Die Charakterdarstellung ist auch etwas, mit dem ich selbst beim Geschichten Schreiben Probleme habe.

Bei der Gelegenheit, wieso habe ich hier noch nie eine Geschichte von Dir gesehen?
Ja genau, warum hast du beim Kurzgeschichtenwettbewerb nicht mitgemacht?

Zwecks der Formatierung: Ich werde trotzdem versuchen, mehr Absätze zu setzen, vielleicht bringt es etwas.
Aber vermutlich ist es wirklich am Besten, den Text in ein entsprechendes Programm zu kopieren.
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Post by jorganos » Wed, 7. Aug 13, 16:17

Ein netter erster Teil, bin gespannt, wie es weitergeht.

Action im Sinne von Blasterschüssen muss nicht unbedingt sein, Spannung kann auch anderweitig aufkommen.

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Das Kind im Manne... oder sonstwo

Post by Boro Pi » Wed, 7. Aug 13, 21:46

kammerjäger wrote:
Mich überzeugt Tokis Charakterisierung noch nicht so ganz, aber das mag sich fügen, weil das Bild das ich mir als Leser machen konnte, ja sicher noch nicht vollständig ist. Außerdem gibt es ja auch Leute mit widersprüchlichen Zügen.
Was meinst du da konkret?
Hu, wenn ich das so klar in Worte fassen könnte. Es dreht sich primär um diese Stelle:
Toki konnte nicht anders als ihm verächtlich hinterherzustarren. Sie glichen Kindern. Sie waren Kinder, die von ihren Eltern immer wieder vorgepredigt bekamen, dass es gefährlich war. Aber sie wollten einfach nicht hören.
Das ist eine 'Begrifflichkeit', die mir nicht so recht zu Toki passen will. Er ist zu alt und vernünftig für eine spätpubertäre Ablehnung des Kindlichen, und er ist zu jung und unnachsichtig, um darin eine -wenngleich geringe- Rechtfertigung zu legen. Zumal er letzteres nicht tut, seine Sichtweise ist definiert als verächtlich. Das Problem ist, dass das zwei Ebenen hat. Er müsste für diese Sichtweise die Argonen verachten (problemlos), aber eben auch Kinder. Anderenfalls würde er diesen Vergleich nicht ziehen. Und dafür, für diese Abwertung des Kindlichen, habe ich in seinem sonstigen Charakter keinen Punkt gefunden, an dem das Eine in das Andere greifen kann.
Ich hoffe, ich konnte ansatzweise zum Ausdruck bringen, wo ich da ein Problem... spüre.

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Post by X2-Illuminatus » Wed, 7. Aug 13, 23:10

kammerjäger wrote:
Boro Pi wrote:
X2-Illuminatus wrote: Die Charakterdarstellung ist auch etwas, mit dem ich selbst beim Geschichten Schreiben Probleme habe.
Bei der Gelegenheit, wieso habe ich hier noch nie eine Geschichte von Dir gesehen?
Ja genau, warum hast du beim Kurzgeschichtenwettbewerb nicht mitgemacht?
Fehlende Zeit, fehlende Motivation bzw. eine größere Motivation für andere Projekte sind die Antworten auf beide Fragen. Am Kurzgeschichtenwettbewerb wollte ich teilnehmen, bin aber nicht über das Erstellen eines Konzeptes hinausgekommen. Vielleicht komme ich irgendwann mal dazu auch die Geschichte zum Konzept zu schreiben, da ich das Thema ("Ausfall des Tornetzwerkes") eigentlich sehr interessant finde.
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Post by kammerjäger » Wed, 7. Aug 13, 23:47

@Boro Pi:

Ich denke, ich weiß worauf du hinauswillst, vermutlich ist die Stelle auch unglücklich formuliert.
Aber primär geht es um die Entwicklungsphase. Die Terraner sind ja der Meinung, es besser zu wissen als die Völker der GdP und dementsprechend weiter entwickelt zu sein. Weil sie es schon erlebt haben.
Eben wie Eltern, die dem Kind sagen, es soll nicht auf die Herdplatte fassen, es könnte sich verbrennen.
Bei einem Kind ist es verständlich, bei einem ganzen ("erwachsenen") Volk ist es dumm. Aus dieser Perspektive interpretiert es Toki und empfindet Unverständnis und Verachtung gegenüber den 'dummen und naiven' Argonen.

Ich hoffe, das ergibt irgendwie Sinn... :?
Fehlende Zeit, fehlende Motivation bzw. eine größere Motivation für andere Projekte sind die Antworten auf beide Fragen
Ich denke, daran sind viele gescheitert... :)
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Post by kammerjäger » Sun, 11. Aug 13, 20:08

02

Vorsichtig stieg er über die Leiche eines Paraniden. Die langen, mehrgliedrigen Arme lagen verdreht herum. Toki beachtete ihn nicht besonders. Er hatte einen schnellen Tod gefunden. Mehrere verbrannte Einschusslöcher bewiesen, dass er erschossen worden war, ebenso wie alle anderen seiner Rasse. Auch bei den Split hatte man nicht lange gefackelt. Diese Söldner waren keineswegs ein disziplinloser und besoffener Haufen, sie hatten ganz gezielt die größten Bedrohungen zuerst ausgeschaltet. Den anderen war es nicht so gut ergangen. Besonders auf Boronen schienen sie es abgesehen zu haben. Toki zwang sich, nach oben zu sehen. Mehrere dieser Fischwesen hingen an der Wand. Nachdem man sie aus ihren Umweltanzügen geschält hatte, waren sie mit Klammern brutal in halber Höhe fixiert worden. Welchen Zweck das gehabt hatte, sah man eindeutig an den beiden Messern, die noch in einem der schlaffen Leibern steckte und den zahllosen Verletzungen, aus denen gallertartige Masse tropfte. Es bildete in Verbindung mit Blut, anderen Körperflüssigkeiten und Schmutz auf dem Boden einen glitschigen Belag. Da die Atmosphäre genug Sauerstoff und nur wenig Schadstoffe enthielt wurde der Sauerstoffvorrat seines Anzugs gespart. Die Ventilation fächelte ihm einen unbeschreiblichen Geruch zu. Er widerstand der Versuchung, den Sauerstoff anzuzapfen. Er brauchte jeden seiner Sinne, auch wenn ihm übel wurde. Weiter ging es. Argonen hatte es auch übel erwischt. Man sah deutlich, dass auch Argonen bei den Söldnern waren. Sie hatten genau gewusst, wie sie sie foltern konnten. Den Teladi wiederum hatten sie wieder weniger Beachtung geschenkt. Gut war es ihnen jedoch auch nicht ergangen, wie die herausgerissenen Schuppen und die Brandwunden bewiesen. Toki stand inmitten dieses Chaos und war fassungslos. Einfach nur fassungslos. Wie ein Lebewesen einem anderen so etwas antun konnte. Seine Sinne waren getrübt und so merkte er auch nicht, dass sich eine schlanke Gestalt geschmeidig und unhörbar an ihn heranschlich. Ein fester Gegenstand drückte sich in seinen Rücken.
„Du sagen warum.“
Reflexartig zuckte seine Hand mit dem Blaster, aber er wusste, dass es zu spät war. Seine Nahkampftechniken mochten noch so gut sein, gegen eine Waffe in seinem Rücken konnte er nichts machen. Also ließ er seine Waffe fallen und hob die Arme langsam hoch.
„Du sagen warum.“
Die raue Stimme klang abgehackt. Seine Mikrofone filterten ein unterdrücktes Knurren heraus. Langsam, um kein Misstrauen zu wecken, drehte er sich um, bis der Lauf der Waffe auf seine Brust wies. Er starrte in zwei dunkle, glänzende Augen. Ausgemergelte Haut umspannte das schmale Gesicht, das ihn anstarrte. Eine Split.
„Warum was?“, antwortete er und versuchte, ruhig zu klingen.
„Warum du getan das?“
„Das war nicht ich. Ich komme, um zu helfen.“
„Argonen nur lügen. Du sterben.“
Das Gesicht verzog sich zu einer noch wütenderen Grimasse und Toki wusste, sie würde ihn ohne mit der Wimper zu zucken töten. Aber er hatte auch den unbeholfenen Griff bemerkt, mit dem sie die Waffe hielt. Sie war keine Kämpferin. Mit einer ruckartigen Bewegung riss er seinen Oberkörper aus der Schusslinie und versetzte der Hand mit der Waffe einen harten Schlag. Der Blaster flog klappernd auf den Boden. Überrascht aber nicht überrumpelt warf sich die Split schon gegen ihn. Die Wucht des Aufpralls ließ ihn taumeln. Zwei unglaublich kräftige Arme packten den Halsbereich seines Anzugs, der zwecks Bewegungsfreiheit kaum gepanzert war. Nie im Leben hätte er gedacht, dass in einem solch zierlichen Körper eine derartig unbändige Kraft stecken könnte. Er versuchte, die Arme abzuwehren, die ihm die Luft abschnürten, doch vergeblich. Schwarze Flocken tanzten vor seinen Augen. Ein Bild seines Split schoss ihm in den Kopf. Theoretische Grundausbildung. ‚Lehrbuch über die Physiologie der bekannten Aliens‘, Seite sieben. ‚Kampfrelevante Körperstellen bei Split‘. Ein kräftiger Tritt gegen die Schienbeine seiner Gegnerin holte sie von den Beinen. Der Griff von seinem Hals löste sich. Doch so schnell gab die Frau nicht auf. In der GdP mochte es wohl ebenfalls solche Lehrbücher geben, denn noch während sie stolperte und fiel, rammte sie ihm die Faust mit aller Kraft zuerst in die Magengegend und anschließend zwischen die Beine. Brust und Bauch wurden von leichten Platten aus einer Teladianium-Kunststoff-Verbindung geschützt, die Gegend darunter allerdings aus Gründen der Beweglichkeit nicht. Dumpfer Schmerz bohrte sich durch seinen Unterleib und setzte sich bis in die Magengegend fort. Übelkeit stieg ihm hoch und die Kraft in seinen Beinen verließ ihn. Ächzend sackte er auf den Boden. Hätte er doch nur den schweren Kampfanzug genommen. Aus den Augenwinkeln sah er die schlanke Gestalt, die sich ebenfalls am Boden krümmte. Doch während er noch dabei war, den Schmerz durch heftiges Atmen wegzudrücken, raffte sie sich schon wieder auf. Wieder sprangen seine Gedanken an die Grundausbildung zurück. Er lag am Boden, Schmerzen in seinem Bein. Sein Ausbildner, ein sadistischer Koloss von gewaltiger Größe und Muskelmasse stand über ihm. ‚Ignorier den Schmerz. Schmerzen sind nur sinnlose Empfindungen, mit denen dir dein Gehirn sagen möchte: Gib auf, es ist genug. Aber du wirst in Situationen kommen, in denen du nicht aufgeben kannst. Also ignorier die Schmerzen und steh auf, Rekrut‘. Toki war zusammengebrochen, aber der Ausbildner hatte ihn auf die Beine gerissen und ihm die Waffe an den Kopf gehalten. ‚Was machst du jetzt? Wirst du sterben oder kämpfen?‘ Toki hatte es geschafft, die Waffe wegzuschlagen und den überrumpelten Ausbildner in den Dreck zu werfen. ‚Ich kämpfe‘, hatte er gesagt, während er seine Waffe auf den liegenden Mann vor ihn gerichtet hatte. Zurück in der Basis hatte sich herausgestellt, dass mehrere Bänder in seinem Knie gerissen waren. Er hatte aber den ganzen Tagesmarsch durchgezogen. An diesem Tag hatte er etwas gelernt. Dass er die Kontrolle über seinen Körper hatte und nicht umgekehrt. Sein Ausbildner mochte ein A******** sein, aber er hatte recht. Sein Durchhaltevermögen war einer der Gründe gewesen, ihn ins Camp der ASO aufzunehmen. Auch jetzt erinnert er sich wieder an diesen Moment, als er im Dreck lag. Die Schmerzen rückten ins Unterbewusste und sein Blick klärte sich. Über ihm baute sich die Gestalt auf. In Sekundenbruchteilen analysierte sein Gehirn die Lage, wog die Möglichkeiten ab. Eine Armlänge von ihm entfernt glänzte etwas. Er riss den Blaster an sich und richtete den Lauf auf die Split, während er langsam aufstand.
„Töte mich.“
Sie richtete sich stolz auf und sah zur Seite. Toki überlegte. Langsam ließ er die Waffe sinken.
„Ich werde dich nicht töten. Ich habe dir gesagt, dass ich nichts mit diesen Söldnern zu tun habe. Ich habe nicht gelogen. Ich bin hier, um zu helfen.“
Die zwei mandelförmigen Augen richteten sich auf ihn. Ihr Blick wanderte von oben nach unten und wieder zurück. Sie atmete heftig.
„Ich glaube dir. Aber kannst du mir sagen, wieso die das getan gaben?“
Sie deutete mit einer Armbewegung um sich, sah aber nicht hin. Toki fiel auf, dass sie jetzt normal sprach. Hatte sie davor noch den üblichen, abgehackten Dialekt der Split verwendet, drückte sie sich jetzt akzentfrei, ja fast wortgewandt aus. Etwas hakelig zwar, aber dennoch sehr gut verständlich. Es bestärkte ihn in der schon länger gehegten Annahme, dass die Split viel mehr verstanden als ihnen zugemutet wurde. Besonders die Frauen. Und in gewisser Weise mussten sie irgendwie unterschätzt werden, denn ungezügelte, blutrünstige Wesen hätten es wohl nie geschafft, sich technologisch mit den anderen Völkern der GdP zu messen. Zumindest was Waffen betraf, waren sie wohl sogar Technologieführer. Hinter den Terranern, wohlgemerkt.
Aus seinen Gedanken aufschreckend, bemerkte er, dass ihn die Frau anstarrte. Er zuckte mit den Schultern, dann fiel ihm ein, dass sie seine Gestik wohl nicht interpretieren konnte. Mit einer Bewegung ließ er den Helm in das Nackenteil seines Anzuges verschwinden.
„Ich habe einen Verdacht, aber im Grunde genommen weiß ich es nicht“, antwortete er.
„Welchen Verdacht?“
„Dazu muss ich erst wissen, was das hier für ein Schiff ist.“
„Wieso ist das wichtig?“
„Weil es das Verhalten dieser Söldner erklären könnte.“
„Söldner? Keine Piraten?“
„Ich denke schon.“
Einen Moment überlegte sie. Gesichtsmuskeln zuckten.
„Das hier … Es war ein … unser Basislager“, antworte sie.
„Wer seid ihr?“
„Wir waren eine Gruppe, die versucht hat, gegen die NMMC und ihre Machenschaften vorzugehen.“
Ein heiseres Lachen entkam Toki. Die Split sah ihn verständnislos an.
„Jetzt wird mir alles klar. Die wollten ein Exempel statuieren. Die wollten euch eine Lektion erteilen.“
„Unmöglich. Die NMMC weiß nichts von uns.“
„Bist du dir da sicher?“
„Ja … ich wüsste nicht … Ich denke nicht, dass sie etwas wissen. Wenn ja, dann muss uns jemand verraten haben.“
„Diese Söldnertruppe hat sich heute mit einigen Leuten von der 3S getroffen, einer Unterorganisation der NMMC.“
Ein scharfes Zischen. Die Augen der Split begannen zu funkeln und die Muskeln in ihrem Gesicht spannten sich. Mit ein paar steifen Schritten drehte sie einen Kreis und atmete tief durch. Dann wandte sie sich wieder an Toki.
„Wieso bist du hier?“
„Ich bin beauftragt, diese Gruppe zu überwachen.“
Wütend funkelte sie ihn an und trat einen Schritt vor. Instinktiv hob er den Blaster etwas.
„Du hast gewusst, was sie vorhatten.“
„Nein, nein, ich schwöre, das hatte ich nicht. Hätte ich das gewusste, ich hätte…“
„Was hättest du getan? Zugesehen? Geholfen? Ein Argone gegen eine ganze Söldnergruppe? Pffft.“
„Nein, ich hätte … ich hätte euch zumindest gewarnt.“
Sie blies scharf die Luft aus und wandte sich um. Toki betrachtete sie. Sie bemühte sich wirklich, gefasst zu sein, aber selbst ein Terraner konnte erkennen, dass sie nur mit allergrößter Gewalt einen Ausbruch verhinderte. Sie hatte sich eigentlich sehr gut im Griff. Normalerweise hätte ihn ein anderer Split, ob männlich oder weiblich, schon längst getötet. Einfach nur, um an irgendjemand seine Wut auszulassen. Langsam ging sie einmal quer durch den Raum. Während sie die Leichen der anderen Völker nur kurz betrachtete verweilte sie kurz vor jedem Split und bildete einige Zeichen. Leise murmelte sie etwas vor sich hin.
Toki versuchte, gar nicht hinzusehen. Am liebsten wäre er sofort wieder gegangen, allein nur den Gestank nach verbranntem Fleisch würde er sein Leben lang nicht mehr vergessen können. Aber sie führte wohl ein Art Ritual durch und er wollte sie darin nicht stören.
„Ich sichere die Umgebung“, sagte er. Keine Reaktion. Sie machte unbeirrt weiter. Er hoffte, sie habe ihn gehört und verließ den Raum. Keine zehn Schritte weit war er gekommen als es ihn wie ein Faustschlag traf. Der kurze Kampf mit ihr und die Konversation hatten ihn abgelenkt, aber jetzt drangen wieder die anderen Empfindungen in den Vordergrund. Seine Knie wurden weich, er musste sich an der Wand abstützen, um nicht zu torkeln. Hustend übergab er sich in eine Ecke.

Er fegte alles zu Boden. Viel mehr Chaos konnte er ohnehin nicht anrichten. Die Kombüse war ein einziges Durcheinander. Sie hatten jeden Raum, jeden Schrank durchsucht. Und offensichtlich alles Nützliche mitgenommen. Was in diesem Fall Raumsprit war. Der faulige Geschmack in seinem Mund und der immer noch anhaltende Geruch machten ihn verrückt. Endlich fand er etwas. Ein kleines Fläschchen, das die Truppe wohl übersehen hatte. Hastig stürzte er sich einen großen Schluck hinunter. Das höllische Brennen spürte er nicht, nur die beißenden Dämpfe, die jeglichen anderen Geruch aus seiner Nase verbannten. Er lehnte sich gegen die Wand und atmete ein paar Mal langsam und tief durch. Ob es die Atemtechnik oder der Raumsprit war, wusste er nicht, aber er schaffte es, wieder klar zu denken.
In den letzten Mizuras hatte er die nähere Umgebung gesichtet und nach Überlebenden gesucht. Aber niemand war aufzufinden. Langsam ließ er den Rest in seine Kehle laufen, das Fläschchen warf er achtlos auf den Boden. Hier war es ohnehin schon egal. Wärme durchströmte seinen Körper von seiner Mitte aus und half ihm, sich besser zu fühlen.
Über zertrümmerte und zerschossene Einrichtungsgegenstände steigend, kämpfte er sich aus dem Raum um wieder nach … Ihm fiel auf, dass er sie gar nicht nach ihrem Namen gefragt hatte. Jedenfalls würde er wieder nach ihr sehen. Vielleicht konnte sie ihm sagen, wo sie am Besten noch nach Überlebenden suchen sollten.
Sie hockte eben vor einem Split. Die Augen geschlossen, summte sie eine Melodie aus dumpfen, eigenartigen Lauten. Sie hatten den massigen Körper an die Wand gezogen und ihn in sitzende Position gebracht. Wie er so saß, mit den Augen starr auf die gegenüberliegende Wand gerichtet, hätte man ihn beinahe für lebendig halten können. Wären da nicht die Einschusslöcher gewesen. Die Split hat ihm seine Waffe in die eine, ein kunstvoll verziertes Messer in die andere Hand gedrückt. Sein kräftiger Oberkörper war entblößt und so konnte man die zahlreichen Körperverzierungen erkennen, die einen Großteil der Haut einnahmen.
Toki blieb etwas entfernt stehen und wartete, bis sie fertig war.
„Wer war er?“, fragte er, als sie aufstand und auf ihn zukam.
„Sein Name war Kre T’hlk. Er war diplomatischer Abgesandter des Patriarchen. Er war mein Herr.“
Toki wusste nicht, was er sahen sollte. Ein Beileidsgruß wäre wohl nicht angebracht. Also schwenkte er auf etwas anderes um.
„Wie heißt du? Und was war deine Aufgabe?“
„Mein Name ist Dfertak. Ich war seine Züglerin.“
„Ok, Dfertak. Ich heiße Toki Halter. Seid ihr auch eingeschlossen worden? Beim Zusammenbruch der Tore.“
„Ja. Wir waren unterwegs zum Asteroidengürtel, um Verhandlungen mit den Terranern zu führen.“
„Welche Art von Verhandlungen?“
„Verhandlungen über Anwendungen von AI-Computersystemen. Die Beziehungen haben sich verschlechtert. Diese Terraner sind stur und dumm. Sie wollen alle künstlichen Intelligenzen verbieten. Das konnte der Patriarch nicht zulassen. Der Beryll wollte sich mit uns dort treffen und uns Informationen geben, die die Terraner unter Druck setzen sollten.“
Toki knirschte mit den Zähnen. Wie gerne hätte er ihr die Antwort gegeben, die sie verdient hätte. Aber erstens würde das seine Tarnung gefährden und zweitens hatten sie kaum Zeit. Wenn seine Befürchtungen stimmten, hatten sie nur mehr eine Stazura. Vielleicht zwei. Maximal. Also nickte er nur und sagte: „Ja, der Torausfall hat uns alle überrascht. Gibt es noch Räume, in denen es Überlebende geben könnte?“
„Sehen wir im Aquarium nach. Vielleicht haben sie das verschont.“

Das Aquarium war ein riesiger, flüssigkeitsgefüllter Bereich, der den größten Teil des Orcas einnahm und den Lebensbereich der Boronen bildete. Laut Informationen von Dfertak lebten mehrere Tausend von ihnen dort. Der Orca ‚Ruhe der Ströme‘ war ein boronisches Kreuzfahrtschiff gewesen, das ebenfalls auf seiner Reise in diesem Sektor gestrandet war. Viele von ihnen hatten auf dem Wasserplaneten ‚Waters Profit‘ ein vorläufiges Zuhause gefunden. Einige jedoch waren geblieben und hatten eine Gruppe gebildete, die sich gegen die unmoralischen und ethisch bedenklichen Geschäftspraktiken der NMMC wehrte, die den Sektor fast zur Gänze in ihre Gewalt gebracht hatte.
In den letzten Mazuras war die ‚Ruhe der Ströme‘ ein Zufluchtsort für Personen aller Spezies geworden, die es sich mit der NMMC verscherzt hatte, oder nicht in ihre Fänge geraten wollten. Das alles bestätigte Tokis Vermutung über das Motiv der Söldner oder besser gesagt, der 3S.
Nun standen sie vor dem riesigen Fenster, das den Wasser- vom Gasbereich trennte. Mehrere Sprünge durchquerten die transparente Fläche, die sich vor ihnen mehrere Ebenen hochzog. Wasser lief in dünnen Rinnsalen an der Wand herunter und bildete große Pfützen. Hinter der Scheibe war alles ruhig. Milchig-trübes Wasser reduzierte die Sichtweite, so dass nicht viel zu erkennen war.
In diesem Bereich funktionierte die Energieversorgung noch gut. Dfertak rief auf einem Terminal neben den Schleusen einige Informationen ab. Tonlos sahen beide zu, wie ein Split und ein Argone mehrere Sprengsätze in eine Schleuse deponierten und sie fluteten. Mehr war aus diesem Winkel nicht zu sehen, aber die Logik und die erfreuten Gesichter der Beiden sprachen Bände.
Eine Unterwasserexplosion war verheerend. Die Tatsache, dass selbst das massive Fenster in Mitleidenschaft gezogen worden war, deutete die Heftigkeit der Explosion an. Niemand hatte das überlebt. Garantiert. Zur Sicherheit ließ die Split noch das Notfallprogramm ablaufen, das im Falle einer Evakuierung die Bewohner warnen sollte. In diesem Extremfall sollten sich alle Boronen in Umweltanzügen zu den Schleusen begeben.
Doch selbst nach mehreren Mizuras war nichts zu sehen. Das hatten sie auch nicht erwartet. Eben wollten sie diesen Bereich verlassen, als ihnen ein Geräusch merkwürdig vorkam. Es war etwas anderes als das leise Plätschern des Wassers und das Knarren der Scheibe. Ein Rascheln. Dann war es wieder weg.
„Hallo, ist da jemand? – Wir bringen Hilfe.“
Keine Antwort. Toki zog seine Waffe und auch seine Begleiterin hielt die Ihre vor sich. Wieder ein Geräusch. Ein leises Knarzen. Es kam von der Konsole.
Toki schaffte es, fast unhörbar zu gehen, die Split war auf ihren leichten und elastischen Stiefeln ohnehin nicht auszumachen. An der Konsole blieben sie stehen und horchten. Wieder ein Geräusch. Nicht von der Konsole, von einer der Schleusen. Toki machte ein paar Schritte seitwärts, um durch die Scheibe hineinsehen zu können. Mit einem lauten Knacken brach ein Stück aus dem Material und Wasser floss in einem dicken Strahl heraus. Vor Schreck feuerte er seinen Blaster auf die Tür ab. Der Strahl bohrte ein fingerdickes Loch hinein, das dem ohnehin schon geschwächten Material den Rest gab. Ein Wasserschwall riss ihn von den Beinen und spülte ihn an die Wand, als die Scheibe brach.
„Raus“, rief er und rappelte sich auf. Das Wasser zerrte an seinen Beinen, als es sich seinen Weg aus dem Raum suchte. Dfertak war schneller gewesen. Mit einigen Sprüngen war sie dem Wasserschwall entgangen und stand schon an der Tür, durch die ein kleiner Bach floss.
Ein Poltern direkt neben ihm. Ein Zischeln. Das war kein Laut von versagendem Material. Er hatte in den letzten Mazuras dieses Zischen an jeder Ecke gehört und es zum beschissensten Laut des Jazuras erklärt. Ein Teladi. Hier irgendwo. Hatten die Söldner jemand vergessen? Oder war es ein Überlebender? Vielleicht war er verletzt und konnte sich nicht bemerkbar machen. Oder die Söldner hatten einen Hinterhalt für Rettungskräfte zurückgelassen.
Das Geräusch stammte von irgendwo zwischen der Schleuse und der Konsole. Den Blaster in der einen Hand, klopfte er an die Wand. Es klang hohl, es war ein Raum dahinter. Wieder ein kurzes Zischeln, das sofort wieder unterdrückt wurde. Hastig tastete er die Wand entlang, während das Wasser höher stieg und ihm um die Waden spülte.
„Was du machst da?“
Ihr Brüllen übertönte das Rauschen des Wassers. Er ignorierte sie. Eine Vertiefung in der Wandstruktur. Vor ihm schwenkte ein Teil der Wand weg. Ein winziger Raum, Kabel, Steuergeräte und Displays überall. Der schrille Schrei der beiden Boronen zerfetzte fast seine Trommelfelle, als sie in den Lauf seines Blasters starrten. Der Teladi starrte nur und bewegte sich keinen Millimeter. Einen Moment lang bewegte sich keiner der Vier. Die Boronen schrien immer noch in einer Tonhöhe, die kein Terraner erreichen konnte, ohne wohin getreten zu werden und der Teladi starrte ihn mit schockgefrorenem Gesicht und offenem Mund an. Toki hatte in diesem Augenblick wohl auch nicht den intelligentesten Ausdruck auf dem Gesicht. Aber er fasste sich als Erster wieder. Das waren definitiv keine Söldner. Er ließ seinen Blaster sinken, doch erst als Dfertak neben ihm auftauchte, verstummten die Fischwesen in ihren Umweltanzügen. Sie verfielen in aufgeregte Klicklaute, dann begannen sie, einen riesigen Wortschwall an Gefühlsausdrücken auf die Splitfrau zu werfen.
Doch dafür hatten sie keine Zeit. Das Wasser stieg immer schneller, es erreichte schon Tokis Knie. Den Boronen war das egal, aber für die anderen würde es in einigen Mizuras etwas ungemütlich werden. Also würgte er jegliche Worte mit einer Handbewegung ab.
„Raus hier. Sofort.“
Er packte die Echse am Arm und riss ihn aus dem kleinen Wartungsraum. Stocksteif fiel er ins Wasser. Ein Fluch verdammte die Echse in sämtliche Höllen. Verdammte Schockstarre. Bevor er Wasser schlucken konnte, riss er ihn wieder hoch. Der Teladi war schwerer als gedacht. Er musste sich anstrengen, um ihn aus dem Raum zu ziehen.

Zwei Ebenen höher war das Wasser keine Gefahr mehr. Aber dafür etwas Anderes. Eine heftige Erschütterung warf sie gegen die Wand.
„Was zum…“
„Diese heftigen, unkontrollierten und unerwarteten Erschütterungswellen weisen auf einen instabilen und äußerst besorgniserregenden Zustand der kräftigen und gefährlichen Energiegeneratoren und auf einen schwer beschädigten und irreparabel zerstörten Rumpf hin. Die bösen, moralisch …“
„Die Angreifer haben zuerst auf die Triebwerke geschossen und damit wohl die Generatoren und den Rumpf beschädigt.“, vollendete die Split den Vortrag des Boronen.
„Ja –und ja. Unschuldiges und…“
„Dann schnell raus hier.“
Ein weiterer Ruck ließ sie taumeln. Ein leichter Luftzug und ein entferntes Zischen kündigten an, dass die Hülle den Vorgängen im Generatorbereich nicht mehr standgehalten hatte. Toki packte den Teladi, der sich wieder bewegten konnte. Viel kapierte dieser nicht, aber dass sie so schnell wie möglich da raus mussten, verstand auch er. Toki hetzte durch die Gänge, er wusste als Einziger, wo sein Schiff lag. Allerdings hatte er auch keine Ahnung, wo sie sich derzeit befanden. Er hatte nur das Ortungsgerät, das ihm die relative Lage zur Arrow zeigte. Kurz sah er über seine Schulter zurück, die anderen folgten ihm auf dem Fuß. Für einen Moment stockte er, als er sich zwischen drei Gängen entscheiden musste, dann nahm er den mittleren. Wieder riss eine Explosion an dem Schiff. Er schlug der Länge nach hin und knallte schmerzhaft mit d
em Kopf gegen eine herausgerissene Tür. Aufrappeln und weiterlaufen. Schmerzen waren unwichtig. Die Boronen auf ihren kurzen Tentakeln, die als Beine benutzt wurden und von den Umweltanzügen soweit verstärkt wurden, um sie zu tragen, fielen immer weiter zurück. Glucksende und Klicklaute formten sich zu einem Mix aus boronischen Erschöpfungsgeräuschen. Ein Blick auf sein Armband zeigte ihm, dass es nicht mehr weit war.
Er wartete, bis die Tintenfische ihn erreicht hatten, dann packte er einen von ihnen und zog ihn mit sich. Dfertak deutete er, das selbe zu tun wie er. Dem Teladi konnte man nicht zumuten zu helfen, er hatte schon genug Mühe, Schritt zu halten. Wieder flackerte die Beleuchtung. Ein weiterer Schlag, dann war es dunkel.
Toki aktivierte die Beleuchtung seines Anzugs. Mehr als dürftig war das Licht, aber es reichte aus, um nicht ständig mit irgendetwas zu kollidieren. Sie hatten nicht mehr weit. Eine weitere Abzweigung. Er lief um die Ecke, der Borone wurde mehr geschleift als mitgezogen und kollidierte mit der Wand. Eine unförmige Masse lag auf dem Boden. Beim Darübersteigen rutschte er weg und fiel in die Blutlache. Während er sich zwang, nicht hinzusehen, begannen die Boronen wieder zu jammern und der Teladi war ohnehin kurz davor, wieder in seine Schutzkatalepsie zu versinken. Weiter, nur weiter. Vor ihnen zuckte ein Lichtblitz auf und tauchte die Umgebung in blendende Helligkeit. Die Druckwelle fegte sie beinahe von den Beinen. Versengende Hitze breitete sich aus. Der Feuerball verebbte so schnell, wie er sich aufgebläht hatte, aber es genügte, um die Eindrücke festzuhalten. Leichen, Blutspritzer, andere Körperflüssigkeiten, Brandstellen, Einschusslöcher. Sie hatten die Einstiegsstelle beinahe erreicht. Ein kräftiger Luftzug zerrte sie vorwärts. Die Explosion vor ihnen hatte ein Loch in die Hülle gerissen. Luft wurde in das Vakuum gesogen, Wasser und andere Elemente kondensierten und bildeten eine Fontäne, die aus dem Riss quoll. Bis zu dieser Stelle ging es leicht, der Luftzug half beim laufen. Doch je näher sie kamen, desto stärker wurden sie zum Loch hingezogen. Die dicke, organische Hülle war über mehrere Meter aufgeplatzt und bildete eine Öffnung von einem Meter Breite. Durch den Kondensationsnebel hindurch konnte man den schwarzen Hintergrund und einen der Planeten erkennen. Die gezackten Ränder gaben dem Riss das Aussehen eines riesigen Mauls, das sie in den Schlund saugen wollte. Gegenstände flogen heran und wurden durch die Öffnung gerissen. Um ein Haar verfehlte eine kleine Kiste Tokis Körper. Mit einem Krachen wurde sie an den scharfkantigen Rändern aufgeschlitzt und gab eine gute Vorstellung davon, was passieren würde, sollten sie den Halt verlieren. Von der Explosion herausgerissene Elemente und hervorstehende Wandteile bildeten einige Haltepunkte. Mittlerweile hatten sie den Riss erreicht und mussten sich festhalten, um nicht weggezerrt zu werden.
„Müssen wir hier durch?“
Ein kurzer Blick auf die Ortungsanzeige genügte. Es war nicht mehr weit. Und für einen Umweg hatten sie kaum Zeit.
„Ja“, antwortete er knapp.
Wieder eine Erschütterung. Der Teladi verlor den Halt, strauchelte und wurde gegen die Wand geschleudert, knapp unterhalb des gezackten Randes. Toki sah zu, wie sich seine Klauen krampfhaft an der glatten Oberfläche festhalten wollten, er aber schnell den Kampf gegen die Starre verlor.
Hunderte Gedanken kreisten durch seinen Kopf, in Sekundenbruchteilen spielte sein Gehirn Szenarien durch, verwarf sie wieder. Er fasste einen Entschluss. Eine kurze Bewegung ließ den Helm aus dem Nackenteil ausfahren. Zischen, Rauschen, ein elektronischer Signalton, dann war das System verriegelt. Der steife Körper der Echse wurde angesaugt und rollte zur Kante.
Toki musste sich kaum von der Wand abstoßen, um zu ihm zu kommen. Der heftige Luftstrom veränderte seine Flugbahn und brachte ihn genau auf Kollisionskurs mit einer spitzen Ecke. Das Material bohrte sich durch die Panzerstreifen seines Anzuges in seinen Oberschenkel, Bluttropfen wurden aus der Wunde gerissen, zerstäubten und wurden schockgefroren, als ihre Wärmeenergie in die Kälte des Alls entwich.
Toki biss die Zähne zusammen, während er sich an dem Vorsprung festklammerte. ‚Schmerz ist nur eine Empfindung, mit der dir dein Körper sagen will: Es ist genug. Aber nicht dein Körper bestimmt über dich; du bestimmst, wann es genug ist.‘
Der Adrenalinstoß aktivierte unbändige Kräfte. Er wuchtete sich wieder ins Innere, nur um von einem schuppigen Körper wieder nach außen gedrückt zu werden. Einen Moment herrschte Gleichstand zwischen den Kräften, dann gewann Tokis Körper die Kontrolle. Er drückte den Teladi wieder zurück und kletterte entgegen den aerodynamischen Kräften ebenfalls wieder hinein. Drinnen gab er Dfertak ein Zeichen, aufzupassen. Sie klammerte sich wie die beiden Boronen an den Kabelschacht, der durch die Explosion freigelegt worden war. Irgendetwas schrie sie, aber er konnte sie nicht hören. Das Rauschen der Luft übertönte alles.
Ohne Vorwarnung gaben die Schwerkraftgeneratoren den Geist auf und ließen alle herumwirbeln. Es erforderte eine Menge Kraft, sich festzuhalten und gleichzeitig den Echsenkörper zu stabilisieren. Als er es geschafft hatte, sich in eine stabile Lage zu bringen, hatten sich die Ebenen gedreht. Aus seiner Perspektive sah es nun so aus, als wäre der Riss unten und die drei anderen würden über ihm hängen. Der Boden und die Decke waren die Seitenwände geworden.
Leichen, Kisten, Lebensmittel und Einrichtungsgegenstände donnerten auf sie zu, lenkten im letzten Augenblick ab und flogen nach draußen. Toki hatte sich mit den Füßen zwischen zwei Zacken der Öffnung geklemmt und hielt den Teladi mit den Händen fest. Dieser begann, sich wieder zu bewegen. Dfertak hing genau über ihm und streckte eine Hand nach unten. Er schätzte die Entfernung ab, hockte sich hin und drückte sich mit aller Kraft und einem Schrei von seinem Halt ab.
Wie in Zeitlupe verfolgte er die Flugbahn seines Körpers, ohne etwas unternehmen zu können. Langsam flog er durch den Gang, auf die Split über ihm zu. Für einen Moment stand er still, drückte den Teladi hoch zu ihr. Er sah nur noch, wie sie seine Klaue packte, dann fiel er. Keine Zeitlupe mehr, schnell, immer schneller ging es. Neben ihm zischten eckige Ränder vorbei, er bekam sie nicht mehr zu fassen. Sein Bein knallte gegen den Rand, Schmerz brannte durch seinen Knöchel. Um ihn herum wirbelte Nebel, dann sah er das offene Maul vor sich. So groß es war, so klein wirkte es in der riesigen Fläche, die sich vor ihm aufbaute und die Außenhülle des Orcas bildete. Dunkel und bedrohlich schien es ihn auszulachen.
Aus den Augenwinkeln sah er etwas Metallisches aufblitzen. Ein letzter Blick auf die AP Arrow IV, sein treuester Gefährte seit … seit dem Zusammenbruch. Er schloss die Augen und sah Ashs Gesicht vor sich. Er fühlte nichts mehr. Weder die Schmerzen, noch den Luftstrom, der ihn herumwirbelte. Es ging ihm gut. Er war in seiner eigenen Welt. Er war bei ihr.
Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.

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Boro Pi
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Nummer Zwei

Post by Boro Pi » Sat, 17. Aug 13, 20:07

Ich nehme alles zurück. Es ist eigentlich ganz praktisch, wenn der Illuminat an meiner stelle die Fehler sucht... :D
Nun, ich habe nicht so viele gefunden. Aber vielleicht habe ich auch nicht intensiv genug gesucht, wer weiß. :P

Überrascht KOMMA aber nicht überrumpelt warf...

Ein Bild seines Split schoss ihm in den Kopf.

:gruebel: eines Split (?)

In der GdP mochte es wohl ebenfalls solche Lehrbücher geben.
1.Alle Kürzel immer erläutern, bevor man sie einsetzt.
2.Der Satz entkräftet natürlich Tokis vorherige Schlußfolgerung, dass sich unter den Piraten Argonen befunden haben müssten, weil sie augenscheinlich wussten, wie man Argonen foltert.

Während sie die Leichen der anderen Völker nur kurz betrachtete KOMMA verweilte...

Tonlos sahen beide zu, wie ein Split und ein Argone mehrere Sprengsätze in einer Schleuse deponierten und sie fluteten. Mehr war aus diesem Winkel nicht zu sehen, aber die Logik und die erfreuten Gesichter der Beiden sprachen Bände.

Hier fehlt irgendeine Überleitung/ein Bezug. Sehen Toki und Dfertak die beiden in einer Videoaufzeichnung oder sind die zwei Söldner tatsächlich noch an Bord? Ich vermute mal ersteres. Das solltest Du dann aber klarer herausstellen. Laut den Satz davor ruft Dfertak nur irgendwelchen „Informationen“ ab, dass es sich dabei um Aufzeichnungen einer Überwachungskamera handelt, steht da nicht.

Die Boronen schrien immer noch in einer Tonhöhe, die kein Terraner erreichen konnte, ohne wohin getreten zu werden und der Teladi starrte ihn mit schockgefrorenem Gesicht und offenem Mund an.
1.„kein Terraner“ Vorschlag: kein Mensch, denn für Argonen gilt ja das Gleiche.
2.„Wohin getreten werden“ Wäre mit Umgangssprache schon höflich betitelt
3.zu werden KOMMA und der Teladi
4.„schockgefroren“ Nun, er ist sicher geschockt und sein Gesicht erstarrt, sprich wie gefroren. Aber Du solltest das nicht zusammenziehen. Die Bedeutung von 'schockgefroren' ist zu speziell und passt hier nicht.

Er schlug der Länge nach hin und knallte schmerzhaft mit d
em Kopf gegen eine herausgerissene Tür.

Hier ist Dir irgendwie ein Absatz ins Wort geraten.

Sie hatten nicht mehr weit.
Sie hatten es nicht mehr weit. oder Es war nicht mehr weit.

Die dicke, organische Hülle war über mehrere Meter aufgeplatzt und bildete eine Öffnung von einem Meter Breite.
Dekompression ins Vakuum geht schnell. Ich weiß nicht, wie schnell genau, aber es ist sehr, sehr schnell. Bedenke, wir reden von Windgeschwindigkeit, die schwere Gegenstände bewegen können. Was ist das? Hundert, zweihundert km/h? Zum Verdeutlichen: Würde die Luft mit nur dreißig Stundenkilometern aus dem Schiff gesaugt, würde das bei einem Leck von einem Meter Durchmesser bereits bedeuten, dass das Schiff über 360 Kubickmeter Luft pro Minute verliert! Der Raum oder Gang, in dem sich Deine Figuren befinden, müsste praktisch sofort leer sein.

Inhalt: Wie von Dir schon angekündigt, nimmt der Actionanteil zu. Bin gespannt, ob es so weitergeht oder ob es sich wieder ein wenig beruhigt. Auch die Spannung der Handlung nimmt zu, nicht zuletzt wegen des gelungen Cliffhangers. Wobei wir natürlich alle wissen, dass der Protagonist nicht im zweiten Kapitel stirbt... :wink:

kammerjäger
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Post by kammerjäger » Sun, 18. Aug 13, 21:47

In der GdP mochte es wohl ebenfalls solche Lehrbücher geben.
1.Alle Kürzel immer erläutern, bevor man sie einsetzt.
2.Der Satz entkräftet natürlich Tokis vorherige Schlußfolgerung, dass sich unter den Piraten Argonen befunden haben müssten, weil sie augenscheinlich wussten, wie man Argonen foltert.
Vielleicht sind die Söldner ja Analphabeten? :D
Tonlos sahen beide zu, wie ein Split und ein Argone mehrere Sprengsätze in einer Schleuse deponierten und sie fluteten. Mehr war aus diesem Winkel nicht zu sehen, aber die Logik und die erfreuten Gesichter der Beiden sprachen Bände.
Hier fehlt irgendeine Überleitung/ein Bezug. Sehen Toki und Dfertak die beiden in einer Videoaufzeichnung oder sind die zwei Söldner tatsächlich noch an Bord? Ich vermute mal ersteres. Das solltest Du dann aber klarer herausstellen. Laut den Satz davor ruft Dfertak nur irgendwelchen „Informationen“ ab, dass es sich dabei um Aufzeichnungen einer Überwachungskamera handelt, steht da nicht.
Ja, das sollte ein Überwachungsvideo sein. Dachte mir, dass das klar sei, aber wohl nur für mich als Autor...
Die Boronen schrien immer noch in einer Tonhöhe, die kein Terraner erreichen konnte, ohne wohin getreten zu werden und der Teladi starrte ihn mit schockgefrorenem Gesicht und offenem Mund an.
1.„kein Terraner“ Vorschlag: kein Mensch, denn für Argonen gilt ja das Gleiche.
2.„Wohin getreten werden“ Wäre mit Umgangssprache schon höflich betitelt
3.zu werden KOMMA und der Teladi
4.„schockgefroren“ Nun, er ist sicher geschockt und sein Gesicht erstarrt, sprich wie gefroren. Aber Du solltest das nicht zusammenziehen. Die Bedeutung von 'schockgefroren' ist zu speziell und passt hier nicht.
zu 1. stimmt
zu 2. tja, da ist leider meine österr. Seite durchgekommen :D
zu 3. ich dachte, vor einem "und" kommt kein Komma? (Hatte aber schon lange keinen Deutschunterricht mehr...)
zu 4. stimmt
Die dicke, organische Hülle war über mehrere Meter aufgeplatzt und bildete eine Öffnung von einem Meter Breite.
Dekompression ins Vakuum geht schnell. Ich weiß nicht, wie schnell genau, aber es ist sehr, sehr schnell. Bedenke, wir reden von Windgeschwindigkeit, die schwere Gegenstände bewegen können. Was ist das? Hundert, zweihundert km/h? Zum Verdeutlichen: Würde die Luft mit nur dreißig Stundenkilometern aus dem Schiff gesaugt, würde das bei einem Leck von einem Meter Durchmesser bereits bedeuten, dass das Schiff über 360 Kubickmeter Luft pro Minute verliert! Der Raum oder Gang, in dem sich Deine Figuren befinden, müsste praktisch sofort leer sein.
Ich bin davon ausgegangen, dass der Gang mit weiteren Gängen, Räumen, etc. verbunden ist und deshalb deutlich mehr Volumen besitzt (So ein Orca hat eine Menge Volumen) Schwere Gegenstände wurden ja erst mitgerissen, nachdem die Schwerkraft ausgefallen ist. Vielleicht mach ich da ja wirklich einen großen physikalischen Fehler, aber ich habe das ehrlich gesagt nicht genau nachgerechnet...

Danke für die detaillierte Analyse. Sollte mein Buch jemals fertig werden, muss ich dich als Lektor anheuern (oder X2-Illuminatus) :D
Wobei wir natürlich alle wissen, dass der Protagonist nicht im zweiten Kapitel stirbt... Wink
Ja, vermutlich nicht :D -->

03

Ein heftiger Schlag riss ihn aus seiner Trance.
Immer noch drehte sich alles vor ihm. Wieder ein Schlag. Diesmal hatte er dieses Ding aus den Augenwinkeln kommen sehen und griff zu. Mit einer Hand bekam er es zu fassen. Ein Kabel, Seil, was auch immer. Mit einem Ruck, der ihm beinahe den Arm aus der Schulter gerissen hätte, stabilisierte er sich. Das Kabel hing mit einem Ende noch im Riss fest. Offensichtlich war es bei der Explosion herausgerissen worden und peitschte nun in der Fontäne der ausströmenden Luft herum. Mit einem Ruck gab es ein Stück nach. Er sollte sich beeilen.
Anfangs war es leicht, gegen den Luftstrom zu klettern. Je näher er der Öffnung kam, desto mehr zerrte es an ihm. Wieder gab das Kabel ein Stück nach. Sein Bein mit dem aufgerissenen Anzug brannte vor Schmerz. Eine massive Kiste flog auf ihm zu, ausweichen war kaum möglich. Sie prallte an seinen Helm und riss ihn vom Kabel. Wieder wirbelte er herum, verzweifelt versuchte er, das Kabel wieder zu fassen. Er wusste ganz genau, wenn er jetzt versagte, war es das gewesen mit Toki Halter, Captain in der ASO. Sein Steuerdüsensystem des Anzugs war zu schwach, um ihn rechtzeitig wieder zur Arrow zu bringen, entweder zerfetzte es zuerst den Orca oder der kaputte Anzug würde seinen Körper nicht mehr gegen die unwirtliche Umgebung schützen können. Er würde entweder jämmerlich erfrieren oder gegrillt werden.
Ein Augenblick, nur ein Sekundenbruchteil waren es. Er packte zu und hatte es. Er war wieder im Spiel. Ohne Rücksicht auf die langsam müde werdenden Arme oder sein schmerzendes Bein zog er sich vorwärts. Die gezackte Öffnung wurde größer und größer, bis er sich ins Innere hieven konnte. Erschöpft verharrte er einen Augenblick, dann sah er sich um. Die Split, die Boronen der Teladi. Sie hingen nicht mehr hier. Hatten sie es geschafft? Oder waren sie auch hinaus gerissen worden? Wohl eher letzteres. Es wäre schon ohne den Teladi und den Boronen schwierig gewesen, da durchzukommen. Enttäuscht biss er sich auf die Unterlippe. Die Boronen hatten eine Chance in ihren Umweltanzügen, die anderen beiden waren hoffnungslos verloren. Er hatte sie gar nicht gesehen. Aber er war auch nur auf das Kabel konzentriert gewesen. Ein Fluch hallte in seinem Helm wieder. Er hatte die Split irgendwie gemocht. Ein Knall entriss ihm das Kabel und zog ihn beinahe wieder aus dem Schiff. Ein großes Gerät am Ende zerschellte an einer Zacke, dann war es weg. Das war knapp gewesen. Eine Erschütterung erinnerte ihn, wie knapp seine Zeit war.

Schnaufend klammerte er sich an den Rand des Lochs, das die Söldner zurückgelassen hatten. Ein Schlauch verband die Arrow mit dem Orca und sorgte dafür, dass hier keine Luft ausströmen konnte. Immer häufiger und intensiver wurden die Erschütterungen und irgendwie hatte er das Gefühl, dass sich das Wrack drehte. Mit einem Stoß beförderte er sich ins Innere des Jägers. Die Schwerkraftgeneratoren zogen ihn auf den Boden. Ein Schlag auf die Notverriegelung und die Schleuse schloss sich. Zischend regelte das Luftsystem die Atmosphäre. Ein grünes Licht leuchtete auf und die innere Tür öffnete sich.
„Willkommen, Mr. Halter. Ihre Gäste sind im Cockpit.“
„Gäste?“
Er brauchte nicht zu fragen, er wusste es schon. Während er nach vorne stürmte, ließ er den Helm seines Anzuges ins Nackenteil verschwinden. Das kleine Cockpit war hoffnungslos überfüllt. Eine Split thronte auf dem Pilotensitz, an Stelle des Copiloten piepsten zwei unförmige Gestalten und eine Echse sah ihnen über die Schultern.
„Weg da. Sofort.“
Die Split schien gar nicht überrascht, sondern wich sofort zur Seite. Die beiden Boronen hingegen verfielen in einen Mix aus unzähligen Adjektiven und boronischen Lauten. Der Teladi glotzte ihn nur dümmlich an und begriff gar nichts mehr. Toki verdrehte die Augen und schubste ihn zur Seite. Da hatte er sich wohl ein äußerst begriffsstutziges Exemplar gefangen. Aber wie sagte man auf der Erde: Die Dummen haben das Glück.
Er rasselte das Codewort herunter, warf sich in den Pilotensitz und übernahm das Steuer.
„Festhalten“, rief er, dann drückte er die Schubregelung auf Anschlag. Für einen Systemcheck war jetzt keine Zeit. Die Beschleunigungskompensatoren versagten, als die Triebwerke aufheulten. Toki wurde mit einer Kraft in den Pilotensitz gepresst, dass er Mühe hatte zu atmen. Der Teladi hatte es natürlich verpasst, sich festzuhalten und wurde nach hinten in den Gang geschleudert. Aber darauf konnte er jetzt nicht achten. Das einzige, was ihn im Moment interessierte, war die Ansicht der Heckkamera. Ein Teil der Hülle wölbte sich und an einigen Stellen traten Fontänen von austretendem Gas hervor. Sie mussten so viel wie möglich Raum zwischen sie bringen. Wenn dieser Koloss starb, würde er sie mit in den Tod reißen.
Mittlerweile hatten sich die Kompensatoren wieder geregelt und die Beschleunigung war nicht mehr zu spüren. Die Boronen neben ihm unterhielten sich in aufgeregtem Kauderwelsch. Auf dem Gravidar vor ihm tauchte ein Blip auf. Weitere erschienen und sie alle kamen auf sie zu. Auf den Orca. Die näheren Informationen wiesen sie als Schiffe der Presse aus.
„Verbindung herstellen. Mit allen.“
„Verbindungskanäle offen.“
„Hier spricht Toki Halter von der AP Arrow IV. Meine Kennung … ach was soll‘s. Sofort umkehren. Der Orca wird gleich in die Luft gehen. Haben sie verstanden. Sofort umkehren.“
Ein Stimmengewirr ertönte in den Lautsprechern. Einige lachten, andere redeten irgendetwas von Profit, wieder andere nannten ihn einen argonischen Feigling, unwürdig oder schlicht und einfach Idiot. Aber einige der Schiffe drehten bei. Ein weiteres Mal wiederholte er die Warnung, dann sauste der Pulk an ihnen vorbei. Mehr konnte er nicht tun. Er musste zusehen, dass er zwischen den Asteroiden untertauchen konnte. Vor ihm wurden die Felsbrocken immer größer.
„Achtung, Mr. Halter.“
Das Bordsystem vergrößerte die Ansicht mit dem Orca. Er schien zu glühen. Dann ein Lichtblitz, der das Bild weiß färbte. Erst als sich die Kamera wieder reguliert hatte, sah man etwas. Wo eben noch das Wrack gewesen war, breitete sich jetzt ein gigantischer Feuerball aus. Die Wand aus loderndem Plasma dehnte sich rasch aus und schob riesige Trümmerteile vor sich her. Jetzt hatten es auch die restlichen Journalisten erkannt, dass sie dem Tod zurasten. Aber es war zu spät. Auf dem Bild sah man einzelne Punkte, die von der Wand einfach verschluckt wurden, oder in kleinen Explosionen an Trümmerteilen vergingen. Die Kugel rückte immer näher, so sehr er auch die Triebwerke quälte. Der rettende Schutz der Asteroiden war nah. Nur noch Mizuras. Sezuras.
„Achtung.“
Ein Stoß erfasste sie, Trümmer prasselten an die Schilde. Die Druckwelle überholte sie. Vor ihnen rauschte ein Strom aus Partikel und heißem Gas. Sie wurden herumgestoßen wie ein kleines Boot im Sturm.
„Achtung.“
Mit einem Aufflackern versagten die Schilde.
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Und Komma

Post by Boro Pi » Mon, 19. Aug 13, 07:25

kammerjäger wrote:
Die Boronen schrien immer noch in einer Tonhöhe, die kein Terraner erreichen konnte, ohne wohin getreten zu werden und der Teladi starrte ihn mit schockgefrorenem Gesicht und offenem Mund an.
3.zu werden KOMMA und der Teladi
zu 3. ich dachte, vor einem "und" kommt kein Komma? (Hatte aber schon lange keinen Deutschunterricht mehr...)
Das 'und' trennt den Hauptsatz von dem Nebensatz, den es einleitet, also:
"Die Boronen schrien immer noch in einer Tonhöhe und der Teladi starrte ihn..." Hier wäre in der Tat kein Komma erforderlich. Allerdings sind zwischen 'Tonhöhe' und 'und' zwei weitere Nebensätze eingeschoben, die entsprechend mit Kommata abgetrennt werden müssen.

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Post by kammerjäger » Mon, 19. Aug 13, 20:43

Und schon wieder etwas gelernt...

Huch, es hat geläutet. Schnell raus, sonst bekomme ich noch Hausaufgaben... :D
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Drei

Post by Boro Pi » Fri, 23. Aug 13, 21:48

Überwiegend stilistische Dinge diesmal:

Mit einem Ruck gab es ein Stück nach.
Zwei Sätze früher beginnst Du mit exakt den gleichen Worten.

desto mehr zerrte er an ihm. [der Luftstrom]

Sein Bein mit dem aufgerissenen Anzug brannte vor Schmerz.
Sein Bein in dem... Sonst hätte der Anzug auch Schmerzen.

Eine massive Kiste flog auf ihm zu
Kisten sind immer massiv.

Sein Steuerdüsensystem des Anzugs war zu schwach,
Klingt komisch. Vorschlag: Artikel und Fürwort tauschen: "Das Steuerdüsensystem seines Anzugs..."

Ein Augenblick, nur ein Sekundenbruchteil KOMMA war es.

Er packte zu und hatte es.
Was? Das Kabel, das er schon vorher gehabt hatte? Klarer machen.

Die Split, die Boronen und der Teladi.

Sie hingen nicht mehr hier.
Oh, ich verstehe, wie Du darauf kommst. Würde aber trotzdem "waren" statt "hingen" vorschlagen.

wie knapp seine Zeit war.
'Knapp' hast Du schon im Sart davor benutzt.

Schnaufend klammerte er sich an den Rand des Lochs, das die Söldner zurückgelassen hatten.
??? Lässt man Löcher zurück? Vorschlag: "...den Rand der Öffnung, welche die Söldner in den Leib des Schiffes gesprengt hatten."

dass er Mühe hatte KOMMA zu atmen.

Sie mussten so viel wie möglich Raum zwischen sie bringen.
:gruebel: Vorschlag: "Sie mussten so viel Raum wie möglich [Umstellung beachten] zwischen sich und den Orca bringen."

Mittlerweile hatten sich die Kompensatoren wieder geregelt
Geregelt? Vorschlag: "Mittlerweile fingen die Kompensatoren die auftretenden Kräfte wieder vollständig auf."

Haben sie verstanden FRAGEZEICHEN

Einige lachten, andere redeten irgendetwas von Profit, wieder andere nannten ihn einen argonischen Feigling, unwürdig oder schlicht und einfach Idiot.
Sprachlich: ...einen Idiot(en) oder in Anführungszeichen nannten ihn... "Idiot".
Inhaltlich: Wenn die Pressevertreter nicht von der Gefahr wissen, was wissen sie überhaupt? Oder anders, wieso wissen die, dass da irgendwas los ist? Und wo kommen die plötzlich alle her?

Die Kugel rückte immer näher,
"Die Welle" oder "Die Wand". Die Kugel des Feuerballs nähert sich nämlich gar nicht, denn von ihrem Mittelpunkt her gesehen bewegt sie sich nicht, sondern dehnt sich nur aus.

Jaja, und wir hangeln uns von einem Cliffhanger zum nächsten... :roll:

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Post by kammerjäger » Sat, 24. Aug 13, 08:07

Oh, da war ich diesmal nicht besonders in Form...

Wie immer hast du recht. Bei den meisten Dingen jedenfalls.
Lässt man Löcher zurück?
dachte schon, dass man Löcher in irgendetwas zurücklassen könnte. Und sprengen ist vermutlich nicht gang richtig, wenn Söldner ein Schiff entern, werden sie eher andocken und ein Loch schneiden, um eisteigen zu können. Sprengen ist ein wenig zu unkontrolliert.
Geregelt? Vorschlag: "Mittlerweile fingen die Kompensatoren die auftretenden Kräfte wieder vollständig auf."
Ja, kann man auch so sagen, aber ich hätte das System eher als eine Regelstrecke gesehen, in der der Kompensationsregler bei derartigen Manövern zu lange braucht, um die (negative?) Beschleunigung aufzubringen und das System wieder zu regeln.
Inhaltlich: Wenn die Pressevertreter nicht von der Gefahr wissen, was wissen sie überhaupt? Oder anders, wieso wissen die, dass da irgendwas los ist? Und wo kommen die plötzlich alle her?
Das ist die Frage... :D
Vielleicht wird ja der nächste Teil Aufschluss bringen... Voraussichtlich morgen.
Jaja, und wir hangeln uns von einem Cliffhanger zum nächsten...
Tja, dann muss ich wieder mal etwas herunterkommen, sonst wird es noch langweilig. :D

Wie immer: Danke Boro Pi! Wie geht es übrigens mit deinem Buch/deiner Geschichte NOD voran? Bin schon echt gespannt. Du weisst ja: Ende des Monats ist ja bald... :D
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Post by kammerjäger » Sun, 25. Aug 13, 20:17

04

„… ein Bild des boronischen Luxusschiffes, bevor es zerstört wurde. Es ist noch nicht geklärt, wie es zu diesem Zwischenfall kommen konnte, aber erste Einschätzungen des Profitinstituts für Mining und Materialtechnik deuten auf einen defekten Reaktor hin, der aufgrund versäumter Wartungsfristen instabil wurde. Warum jedoch kein Hilferuf gesendet wurde und warum niemand überlebt hat, ist jedoch weiterhin unklar. Inasemos Horasos Ildemansas III., Wissenschaftler für angewandte Materialverarbeitung am Profitinstitut, hat den Vorfall simuliert und wird eine mögliche Erklärung liefern.“
Das Hologramm über dem großen, ovalen Tisch im Zentrum des abhörsicheren Besprechungsraums schaltete um und zeigte einen alten Teladi mit blutroten Augen. Mit stoischer Miene und stark zischelndem Dialekt schilderte er, wie es seiner Meinung zu dem Vorfall gekommen war.
Der Major kaute an der Unterlippe, während er gedankenverloren in das Bild starrte. Noch immer keine Meldung von Captain Halter. Das letzte Positionssignal hatte er genau von diesem Schiff übermittelt. Irgendetwas war da faul. Oder es war etwas schrecklich schief gelaufen.
„Major?“
Der junge First Lieutenant riss ihn aus seinen Gedanken.
„Sprechen sie.“
„Verzeihen sie, aber wieso sind wir hier? Ich denke, das war ein Unfall. Was hat das mit uns zu tun?“
Einen Moment überlegte Major Ansdon, dann beschloss er, reinen Wein einzuschenken. Wenn er sich irrte, machte es auch keinen Unterschied. Langsam sah er in die Runde. Sie waren eine kleine Einheit. Eine Gruppe aus sieben Militärs und einer Handvoll Zivilisten. Der klägliche Rest der ASO, der hier gestrandet war. Vielleicht waren sie ab jetzt nur noch zu sechst, sollte Captain Halter weiterhin nichts von sich hören lassen.
„Ich denke eben nicht, dass das ein Unfall war“, antwortete er in die Runde. Einen Moment ließ er diesen Satz sacken, dann fuhr er fort: „Captain Halter war bei seiner Aufklärungsmission dort. Seit…“
„Bitte was?“
Mit einem missbilligenden Stirnrunzeln richtete er seinen Blick auf Mrs. Frenn. Seit dem Zusammenbruch hatte sie hier das Zepter übernommen. Ursprünglich auf einer routinemäßigen Kontrolluntersuchung hier, war sie ebenso eingeschlossen worden wie sie. Und aufgrund der Tatsache, dass sie durch ihre Tätigkeit als Mitglied des Kontrollgremiums über alle aktiven Mitglieder des ASO und sonstige terranischen Geheimdienste gestellt war, hatte sie sich durchgesetzt. Ansdon hatte ihr die Stirn geboten, um nicht einem Zivilisten die Führung zu überlassen, was in den letzten Mazuras zu heftigen Auseinandersetzungen geführt hatte. Fakt war, die Entscheidungsbefugnis hatte sie und das war gar nicht gut. Wenn er nicht oft auf eigene Faust gehandelt hätte, hätten sie keinerlei Informationen mehr gesammelt, wären jetzt ein unkontrollierter Haufen und vermutlich schon längst aufgeflogen. Auch hier hatte er seiner Vorgesetzten verschwiegen, dass er eine Aufklärungsmission führte. Ihre Blicke kreuzten sich, rangen um Macht. Die eisblauen Augen passten so gar nicht zu ihrem Gesicht. Während der Rest ihres Körpers schlaff und ungesund wirkte, strahlten die Augen eine Kraft und Härte, aber auch eine Kälte aus, die wohl schon viele Männer zum Schweigen gebracht hatte. Es hieß, Augen seien der Spiegel der Seele. Und in vielen Fällen stimmte es auch. In ihrem ganz bestimmt. Was in den wenigen Augenblicken zwischen ihnen ausgefochten wurde entging den anderen Personen im Raum. Sie kannten beide und warteten nur auf das Wortgefecht, das jetzt kommen würde.
„Ich habe eine Aufklärungsmission befohlen“, bestätigte er. „Und ich hatte Recht mit meinem Verdacht.“
„Mit welchem Verdacht? Ihrem Hirngespinst, dass die NMMC etwas im Schilde führt? Dass sie Regierungen infiltriert und illegale Geschäfte macht? Sie machen sich lächerlich. Sie sehen doch. Das war ein Unfall. Und keine Verschwörung gegen irgendjemanden. Selbst wenn, dann könnte es uns egal sein. Sollen sich diese Völker gegenseitig die Köpfe einschlagen. Dann haben wir weniger Arbeit. Was kümmert uns das?“
„Zu allererst: Sie können und konnten nie beweisen, dass ich Unrecht habe. Und…“
„Sie können und konnten aber auch nie beweisen, dass sie Recht hatten“, rief sie. Eine Portion Genugtuung schwang ihm entgegen. Sie breitete die Arme aus und sah in auffordernd an.
„Genau zu diesem Zweck entsende ich ja diese Aufklärungsflüge.“
„Entsandten sie sie. Bleiben wir in der Vergangenheit. Das hört ein für alle Mal auf. Sie sind vorläufig vom Dienst suspendiert. Ich höchstpersönlich werde ein Verfahren wegen Verrats und Befehlsverweigerung gegen sie einleiten. Die militärische Leitung geht auf den nächsthöheren Offizier über. Sie sah in die Runde. Eine Frau erhob sich.
„Captain Klerks meldet sich zum Dienst.“
Mrs. Frenn winkte schwach ab.
„Danke. Sie können sich setzen.“
„Mrs. Frenn, ich muss sie darauf hinweisen, dass außer mir noch Captain Halter den selben Rang besitzt.“
„Captain …“
„Klerks. Michella Klerks.“
„Captain Klerks, ihr Kollege hat den Auftrag von Major Ansdon angenommen und ist somit ebenfalls suspendiert. Außerdem ist es ja nach Major Ansdons Informationen nicht mal gesichert, dass er diesen Zwischenfall überhaupt überlebt hat. Wie die Presse berichtet, hat es ja auch von ihnen eine Menge Opfer gegeben. Also können sie…“
Ein Symbol blinkte über dem Tisch auf, begleitet von einem dezenten Signalton.
„Was gibt es?“
„Ein eingehendes Kommunikationssignal, verschlüsselt mit terranischer Kennung“, antwortete das Computersystem.
„Akzeptieren.“
„Akzeptiert. Verbindung hergestellt.“
Ein kurzes Rauschen, dann meldete sich eine raue Stimme. Ein Bild baute sich jedoch nicht auf. Ein kurzer Code wurde durchgegeben. Mrs. Frenn sah verwirrt aus.
„Was…“
Der Major unterbrach sie und antwortete ebenfalls mit einem kurzen Code, bevor er fortfuhr: „Captain Halter, schön ihre Stimme zu hören. Wo sind sie?“
„Auf dem Weg zu ihnen. Ich habe interessante Informationen. Ich werde in zehn Minuten da sein.“
„Was ist passiert? Wir hatten schon befürchtet, ihre Einzelteile zusammensuchen zu müssen. Geht es ihnen gut?“
„Ich bin in Ordnung. Aber das mit den Einzelteilen müssen sie wohl mit der Arrow machen. Die ist nicht so gut weggekommen wie ich. Kann ich sie dann allein in ihrem Büro sprechen?“
Major Ansdon schwieg einen Moment.
„Major?“
„Captain Halter, ich muss ihnen mitteilen, dass Major Ansdon nicht mehr ihr Vorgesetzter ist“, antwortete Mrs. Frenn mit einem befriedigten Unterton. „Sie werden in den Besprechungsraum kommen. Und zwar so schnell wie möglich.“
Ein kurzer Laut, man konnte nicht unterscheiden, ob es ein Zischen oder das Rauschen des Signals war.
„Ja, Mrs. Frenn.“
„Verbindung unterbrochen.“
Die Vorsitzende lehnte sich zurück und sah den Major an.
„Wollen wir doch mal warten, was der Captain zu erzählen hat.“

Das Stechen in der Magengegend wurde heftiger, je näher er dem Besprechungsraum kam. Was auch immer in der Zwischenzeit abgelaufen war, es war nichts Gutes gewesen. Die Hexe hatte den Major abgesetzt und von seiner Mission erfahren. Irgendetwas war gewaltig schief gelaufen.
Ein Scanner tastete seine biometrischen Daten ab, dann glitt die Schleusentür lautlos zur Seite. Ein paar Schritte durch den Gang, die zweite Tür öffnete sich.
Elf Augenpaare starrten ihn an. Verunsichert blieb er in der Tür stehen.
„Captain Halter“, begrüßte ihn die Hexe verdächtig freundlich. Normalerweise hatte sie kaum einen Blick, geschweige denn ein Wort für die militärischen Mitglieder übrig. Sie wies auf einen freien Platz ihr gegenüber.
„Bitte, setzen sie sich doch.“
Langsam folgte er der Aufforderung. Während er zu dem Platz ging, betrachtete er den Major. Was auch immer geschehen war, es hatte ihn furchtbar mitgenommen. War er sonst ein Abbild von Kraft und Energie, saß er jetzt zusammengesunken auf seinem Sitz. Die Augen waren müde. Wie zur Entschuldigung hob er seine Arme leicht an.
„Könnten sie mir bitte erklären, was hier los ist?“, fragte Toki die Frau ihm gegenüber, nachdem er Platz genommen hatte.
„Sie sind nicht derjenige, der die Fragen stellt. Aber nur zu ihrer Information: Ihr Vorgesetzter, Major Ansdon, hat sie ohne meine Erlaubnis auf Einsätze geschickt und wurde deshalb auf unbestimmte Zeit suspendiert. Captain…“
„Klerks.“
„Ja, Captain Klerks ist ihre neue direkte Vorgesetzte. Da sie die Aufklärungsmission aufgeführt haben, werden auch sie vorläufig suspendiert. Wenn ihre Informationen brauchbar sind, bin ich geneigt, mir diese Sache nochmals zu überlegen. Also, was haben sie?“
Diese Tatsachen trafen ihn wie ein Schlag ins Gesicht. Der Major war abgesetzt? Und die Hexe hatte nun das alleinige Sagen. Schlimmer konnte es nicht kommen. Wie hatte es dazu kommen können? Ein kurzer Blick rundum zeigte ihm, dass nicht er allein mit dieser Situation unzufrieden war. Für die Meisten hier war der Major wie ein Vater. Er kümmerte sich um sie und hatte in letzter Zeit viel Zeit und Energie geopfert, um sie auf der Spur zu halten. Sie alle hatten Leute verloren. Freunde, Familie, der Major seine Frau. Trotz dieser Situation war er für sie da gewesen und hatte sie zusammengehalten. Hatte ihnen gut zugeredet, ihnen in den Popo getreten, ihnen Aufgaben gegeben, was auch immer notwendig gewesen war. Und es hatte geholfen. Toki selbst wollte sich nicht ausmalen, was gewesen wäre, wenn er keine Aufgabe, keine Mission mehr gehabt hätte. Vermutlich wäre er in einer der Raumspritbars der Handelsstation versunken, Schnaps und Ashs Bild vor ihm. Ihn jetzt so zu sehen, war schlimm.
„Captain, können wir?“
„Ja, natürlich.“
Er erzählte vom Treffen der 3S mit den Söldnern, dass er sie verfolgt hatte und was er im Inneren des Orcas gesehen hatte. Und dass er nur mit knapper Not wieder herausgekommen war. Die Arrow war nur noch eine geröstete Hülle gewesen, Triebwerke, Elektronik, Schilde, Bewaffnung, alles war zerstört oder funktionsunfähig gewesen. Nur mit Mühe und der technischen Hilfe seiner neuen boronischen Freunde hatten sie die Rettungskapsel aktivieren können. Zu fünft hatten sie in dem winzigen Behälter zur nahe gelegenen Lagerbasis navigiert. Fünf Personen in einem Raum zu quetschen, der eigentlich nur für drei Menschen ausgelegt war, war furchtbar gewesen. Und die Kapsel war so unglaublich langsam. Schlussendlich hatten sie es aber doch geschafft, das Lager zu erreichen. Die ASO unterhielt in jedem operierenden Sektor ein paar dieser Einrichtungen. Meistens wurden sie in ausgehöhlte Asteroiden gebaut. Vorzugsweise in solche mit geringem geologischen Wert. Sie alle waren ähnlich aufgebaut. Ein paar kleine Wohneinheiten, Standardausrüstung und autarke Energie- und Wasserversorgung, um dort notfalls auch einige Monate unterkommen zu können. Normalerweise wurde die Ausrüstung auf mehrere dieser Lager aufgeteilt, um im Fall einer Katastrophe oder anderen Notsituationen problemlos auf eine andere Örtlichkeit ausweichen zu können. Toki hatte seine vier Begleiter dort abgesetzt und ihnen versprochen, so schnell als möglich wieder zurückzukehren. Sie sollten warten und nichts anfassen. Was bei den Boronen wohl schwer werden würde, sie mussten alles probieren, testen und konnten kaum stillsitzen. Aber er musste fair bleiben. Sie hatten ihm wirklich geholfen. Ohne sie hätte er die Rettungskapsel wohl nicht wieder in Gang gebracht und auch die Daten der Arrow wären verloren gewesen. Sie hatten es geschafft, den Großteil des Datensatzes wieder herzustellen und auf einen externen Speicher zu kopieren. Nach ihren Aussagen waren sie ausgebildete, vereidigte und geprüfte Schiffsbauingenieure der Atreus mit umfassenden Kenntnissen von komplexen, großen und fließenden Systemen der Raumfahrt. So oder so ähnlich hatten sie es beschrieben. In Kurzform waren sie wohl so etwas wie Ingenieure in einer Schiffswerft.
All das erzählte Toki natürlich nicht. Offiziell waren alle Daten der Arrow unwiederbringlich verloren gewesen, mit der Rettungskapsel hatte er es allein zum Lager geschafft und war vom dort mit einem dort geparktem Aufklärungsschiff hierher geflogen. Was er hatte, waren ein paar Bilder vom zerstörten Innenleben des Orcas mit allen grauenvollen Details.
Nachdem er den Sachverhalt geschildert hatte, schwiegen alle betroffen und geschockt. Der Major holte als Erster tief Luft und wandte sich an die Vorsitzende.
„Auch wenn es nichts mehr ändert, jetzt haben sie ihre Beweise. Wollen sie jetzt immer noch behaupten, die NMMC sei so harmlos?“
„Das beweist gar nichts. Ein Söldnertrupp hat ein Kreuzfahrtschiff überfallen. Dass die zuvor Kontakt mit der 3S hatte, kann Zufall sein. Und wenn nicht, kann der NMMC trotzdem nichts nachgewiesen werden.“
Toki reizte ihre Ignoranz so, dass er sie am liebsten geschüttelt und angeschrien hätte. Aber er musste sich zusammenreißen.
„Mrs. Frenn, ich habe das alles mit eigenen Augen gesehen. Die gefolterten Menschen, die Leichen. Sie sagen es ja selbst: Das waren Söldner, keine Piraten. Und selbst diese hätten nicht einfach alle Personen getötet. Das wäre vollkommen kontraproduktiv gewesen. Die hätten Geiseln genommen und Lösegeld erpresst. Und dass die Presse so schnell und zudem alle zum selben Zeitpunkt auftaucht? Das kann doch alles kein Zufall sein. Ich habe auf dem Schiff so viele Daten gesichtet, wie mir möglich war. Dieses Schiff war mit großer Wahrscheinlichkeit eine Hochburg von Personen, die gegen die NMMC gearbeitet haben. Ich habe Hinweise auf ehemalige NMMC-Mitarbeiter und Personen gefunden, die schon mehrmals mit Initiativen und Hackerangriffe gegen dieses Unternehmen protestiert haben. Angeblich gibt es noch mehr solcher 'Kolonien'. Ich bin fest davon überzeugt, dass man hier ein Exempel statuieren wollte. Man hat auch die Presse verständigt, damit diese alles zeigt. Es sollte ein warnendes Beispiel sein, was passiert, wenn man sich gegen die NMMC stellt. Leider hatten dieses Söldner etwas zu viel Spaß und der Tatort wurde zerstört, bevor die Presse Aufnahmen machen konnte. Denken sie einmal darüber nach.“
„Ich muss sagen, Captain Halter, ihre Argumentation hat etwas für sich. Trotzdem ist mir das etwas zu weit hergeholt. Sie haben offensichtlich zu lange mit Major Ansdon verbracht. Es bestätigt mich nur in meiner Entscheidung, sie suspendiert zu haben.“
„Aber...“
Mit einer scharfen Handbewegung schnitt sie ihm das Wort ab.
„Bitte zwingen sie mich nicht, bei ihnen ebenfalls ein Verfahren wegen Verrats zu öffnen. Senden sie mir die Daten. Trotz ihrer abenteuerlichen Geschichte werde ich den Sachverhalt prüfen und bei der NMMC einmal vorsichtig recherchieren lassen.“
„Die Daten sind schon im System.“
Resigniert ließ sich Toki wieder in den Sitz fallen.
„Gut. Noch Fragen?“
Mrs. Frenn sah in die Runde. Niemand meldete sich.
„Dann ist diese Sitzung hiermit beendet. Major Ansdon, Captain Halter, sie beide kommen in einer Stunde in mein Büro.“
Sie wuchtete ihren Körper aus dem Sitz und verließ zügig den Raum.
Toki folgte dem Major in sein Büro. Viel war nicht zu sagen. Aufgrund der Suspendierung mussten sie fürchten, abgehört zu werden, also schimpften sie ausgiebig über die Hexe, während der Major auf seiner Hand Ort und Zeit notierte, wo sie sich treffen würden um ungestört reden zu können. Toki warf einen Blick darauf und nickte zustimmend. Die Suspendierung würde sie nicht hindern. Das hier war noch keineswegs vorbei. Es hatte eben erst angefangen.
Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.

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kammerjäger
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Post by kammerjäger » Mon, 2. Sep 13, 07:47

05

Immer wieder fiel die Energieversorgung aus. Das Licht blinkte nur noch sporadisch auf, kurzzeitig versagten die Schwerkraftgeneratoren. So leise wie möglich, die kleine Projektilwaffe im Anschlag, tastete sich Toki durch die schwach erleuchteten Räumlichkeiten. Das Licht ging wieder an und blendete ihn. Dann flackerte es und versiegte. Die Notbeleuchtung tauchte alles in dumpfe Rottöne. Zum tausendsten Mal heute verfluchte er die Hexe. Vor kaum einer Stunde hatte sie ihm und dem Major die Dienstwaffe und ihre Vollmacht entzogen. Nun musste er auf seine private Waffe, die er seit Jahren nicht mehr benutzt hatte, zurückgreifen. Blasterschüsse zischten in einiger Entfernung, ein erstickender Schrei begleitete das Ableben eines Menschen. Mit einem Sprung überquerte er den Gang und riss die Tür zum Büro des Majors auf. Niemand zu sehen. Ein scharfer Geruch lag in der Luft. Auf dem Tisch stand eine halbleere Flasche Raumsprit. Scharfe Ausdünstungen wallten ihm entgegen. Ein Geräusch hinter ihm und ein harter Gegenstand drückte sich in seinen Rücken.
„Was habt ihr vor?“

„Major?“
„Oh, du bisses.“
Der Gegenstand in seinem Rücken verschwand und Toki drehte sich um. Der Major sah erbärmlich aus. Seine weißen, kurz geschorenen Haare standen wirr vom Kopf, er stank nach Schnaps und Schweiß. In seinen Händen hielt er eine der großkalibrigen Projektilkanonen, die mit ihrer Durchschlagskraft schon großen Kampfbots gefährlich werden konnten. Der Lauf zeigte auf Tokis Bauch und schwankte hin und her. Er drückte die gefährliche Mündung etwas zur Seite.
„Major, war müssen hier weg.“
Der Angesprochene lachte wirr.
„Wieso? Iss doch ohnehin … alles im Popo. Ich habe versssagt.“
Er stieß die Worte nur mühsam und lallend hervor. Plötzlich wankte er und stützte sich auf die Waffe wie ein alter Mann auf seinen Gehstock.
„Verdammt Major, reiß dich zusammen. Falls du es nicht bemerkt hast: Wir werden angegriffen.“
„Wossu glaubst du, habe ich das hier? Und im Übrigen: Was soll‘s? Ich bin kein Major mehr. Die Hexe hat es geschafft. Alles ist…“
„sch**** auf die Hexe. Du bist unser Befehlshaber.“
Er lachte wieder auf. Weitere Blasterschüsse, diesmal waren sie lauter. Sie kamen näher. Die Zeit drängte. Also machte er das, was notwendig war. Er holte aus und verpasste dem Mann vor ihm eine kräftige Ohrfeige. Einen Augenblick starrte er ihn wie von Blitz getroffen an.
„Was zum Teufel…“
„Verzeihen sie mir, Major. Captain Halter meldet sich zum Dienst. Eine Gruppe Söldner, Piraten oder irgendein anderes Pack überfällt gerade die Station. Zumindest dieses Modul. Sie haben Teile der Infrastruktur lahmgelegt. Wie lauten ihre Befehle? Wir müssen uns wohl zum Hangar durchschlagen.“
Der Major starrte ihn noch immer an. Toki dachte schon, er habe den alten Mann zu viel geschlagen, als er seine Fassung wieder fand. Als er sprach, lallte er kaum mehr.
„Einverstanden. Aber zuerst müssten wir nach Überlebenden suchen.“
Er hastete zu seinem Tisch und versuchte, eine Darstellung der Station erscheinen zu lassen. Vergeblich. Er fluchte und riss einen Teil der Wandverkleidung herunter. Eine massive Tresortür wurde sichtbar. Er zog eine schwere Waffe aus dem Schließschrank und reichte sie Toki.
„Hier. Mit deinem kleinen Fliegentöter kriegst du nicht mal ein Loch durch ein Blatt Papier.“
Toki kannte ähnliche Modelle aus seiner Zeit als Marine. Eine Kombination aus Partikelstrahlgeschütz und Projektilwaffe für Explosivgeschosse.
„Hier.“
Der Major warf ihm noch ein paar Magazine mit entsprechender Munition zu und steckte sich selbst einige Päckchen ein.
„Woher haben sie diese Kanonen? Wie haben sie das vor der Hexe geheim halten können.“
„Pfft. Die ist so mit sich selbst beschäftigt, die schnallt gar nichts. Also los. Ich sehe in den anderen Räumen nach und du gibst mir Feuerschutz. Sollte sich einer dieser verdammten Piraten sehen lassen, gib ihm ein ordentliche Ladung.“
Toki nickte befriedigt. Der Major hatte seinen Biss wieder. Ob die Ohrfeige so viel bewirkt hatte? Genau zielen konnte er bestimmt noch nicht. So war es gut, dass Toki aufpasste und der Major sich um die anderen kümmerte und nicht umgekehrt.
Auf dem Gang war niemand. Toki rückte langsam mit der Waffe im Anschlag vor. Hinter ihm trat der Major jede Tür auf und suchte. Niemand war mehr da. Erst in Mrs. Frenns Büro hörte er einen entsetzten Schrei, als die Tür aufgetreten wurde. Der Major herrschte sie an, leise zu sein und ihm zu folgen.
Sie kam aus dem Büro gelaufen, der Major hinter ihr her.
„Gehen sie verdammt nochmal in Deckung“, rief er ihr zu. Vollkommen in Panik warf sie sich hinter einen Kasten auf dem Gang. Obwohl man es ihm nicht anmerkte, wusste Toki, dass es ihm unglaubliches Vergnügen bereitete, sie herumzukommandieren. Weiter ging es. Wieder Schüsse.
„Aus der Kantine“, raunte Toki. Der Major nickte.
„Was sollen…“
„Ruhe“, fuhr er sie an. „Sie folgen uns leise und kommen uns nicht in die Quere. Verstanden?“
Die Frau nickte hektisch. Sie schlichen weiter bis zu einer Ecke. Toki wollte eben in den rechtwinkelig verlaufenen Gang lugen, als jemand um die Ecke kam. Seine Finger krümmten sich schon um den Abzug.
„Verdammt, pass doch auf“, fuhr er Captain Klerks an, die ebenfalls die Mündung ihrer Waffe auf ihn gerichtet hatte.
„Oh, sehr gut“, entgegnete diese nur. Ich wollte eben noch nachsehen, ob es hier noch Personen gibt.“
„Hier ist außer uns niemand mehr“, antwortete Major Ansdon. „Was ist da los?“
„Wir wissen es nicht. Aus heiterem Himmel hat uns ein Trupp angegriffen. Vermutlich Piraten.“
„Was? Die ganze Station?“
„Nein. Ich denke nicht. Sie haben zuerst mit ihrem Schiff die Verbindung zum Rest der Station gekappt und danach diesen Sektor geentert. Wir halten sie da vorne in Schach. Aber sie werden vermutlich weiter hinten ebenfalls ein Loch in die Hülle schneiden, um uns in die Zange zu nehmen.“
„Wir müssen so schnell wie möglich da raus. Gehen wir zu den anderen.“

Dem Rest der Gruppe ging es nicht besonders gut. Sie waren nur von einem kleinen Stück Wand geschützt. Links und rechts zweigten Türen ab, eine führte in die Kantine, die andere in einen Gang, der daneben vorbei führte. Die Piraten hatten sowohl Gang als auch die Kantine besetzt. Sobald sich jemand zeigte, wurde er sofort beschossen. Bei der Gruppe angekommen, erkundigte sich der Major nach der Lage.
„Es sind zu viele. Wir können nicht durchbrechen. Sie versperren uns den Weg zum Hangar.“
Der junge Lieutenant rümpfte die Nase, als er vor seinem suspendierten Vorgesetzten stand, sagte aber nichts.
„Wir müssen aber durch. Vermutlich werden sie weiter hinten ebenfalls einbrechen und uns in die Zange nehmen. Haben sie irgendwelche Forderungen gestellt?“
„Wenn sie mit ihren Waffen kommunizieren, dann ja.“
Der Major überlegte kurz. Dann zählte er die Mannschaft durch. Drei Personen fehlten. Zwei Lieutenants und eine Technikerin. Auf Nachfrage schüttelte der junge Mann nur betrübt den Kopf. Captain Klerks lugte um die Ecke in die Kantine und wurde von einer Salve begrüßt. In diesem Moment flammte wieder das Licht auf. Der Bildschirm eines Infoterminals an der Wand erhellte sich. Eine Idee schoss durch den Kopf von Major Ansdon. Es war eine Möglichkeit. Vielleicht auch die Einzige.
„Stationsplan anzeigen“, forderte er das System auf und hoffte, die Energieversorgung würde so lange stabil bleiben, bis er gefunden hatte, wonach er suchte. Hektisch drehte und zoomte er den dreidimensionalen Plan des Moduls. Die Druckwelle eine Explosion fegte durch den Gang. Mehrere erlitten Verbrennungen und schrien auf. Blasterschüsse hagelten auf sie ein, als ein Trupp von hinten kam. Geistesgegenwärtig riss er seine Waffe herum und feuerte in die Richtung, aus der die Schüsse kamen. Seine Explosivgeschosse rissen die Wandverkleidung herunter, Splitter und Geschosse trafen die Angreifer, die sich schnell zurückzogen. Drei blieben regungslos im Boden liegen. Das Licht fiel wieder aus und die Notbeleuchtung sprang ein. Ein Schatten bewegte sich und Ansdon feuerte ein paar weitere Warnschüsse ab. Dann wandte er sich wieder dem Terminal zu. Es war schwarz. Fluchend schlug er dagegen. Wenigstens hatte er einiges finden können. Ob es genug gewesen war, würde sich zeigen.
Jetzt erst wandte er sich wieder zu seiner Truppe. Der Angriff hatte Spuren hinterlassen. Eine Person lag am Boden und bewegte sich nicht mehr. Der gesamte Bauchbereich war aufgerissen und verbrannt. Einige weitere hatten Streifschüsse abbekommen, die eiligst verbunden wurden. Die Schreie der Verletzten hörte er gar nicht. Er sah nur das Schlachtfeld und seine Gedanken wanderten zurück zu jenem Tag. Ebenso wie jetzt war er auch nur dagestanden, fassungslos und am Boden zerstört. Vor ihm der kleine Körper. Regungslos und verbrannt.
Eine Salve riss ihn in die Realität zurück. Um die Ecke schrie jemand auf. Er hatte sich zu weit vor gewagt und war von Captain Klerks getroffen worden.
„Guter Schuss.“
Er rief die drei Captains zu sich und gab den anderen bewaffneten Personen den Befehl, Posten zu beziehen und auf jeden zu schießen, der sich zeigte.
„Wir sitzen hier in der Falle. Noch können wir uns verteidigen, aber wir wissen nicht, wie lange noch. Durchschlagen ist auch nicht möglich. Uns bleibt nur eine einzige Möglichkeit. Sie ist riskant, aber unsere einzige Chance.“
In kurzen Worten legte er den Dreien seinen Plan dar und welche Aufgabe sie hatten.
Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.

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