Story: Boro Pi Teil III - Ban Gunne (748)

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Boro Pi
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Story: Boro Pi Teil III - Ban Gunne (748)

Post by Boro Pi » Fri, 30. Jul 04, 14:00

Ban Gunne (748)

Kapitel 1: Ohne Erinnerung

Boro war nun schon einige Tazuras in den Sektoren hinter Slikelmanckfongs Sprungtor unterwegs, deren Existenz die Paraniden und Boronen weiterhin geheim hielten. Als einer der wenigen Eingeweihten wurde Boro von der Königin häufig auf Forschungsmissionen hierher entsannt. Diesmal sollte er radiologische Daten sammeln, also die Art und Herkunft der dortigen Strahlung untersuchen. Boro hielt das erst für eine ziemlich langweilige Mission, was sie zunächst auch war. Doch dann fingen die Scanner der Nautilus ein merkwürdiges Signal auf.
Es schien sich um eine Audioaufzeichnung zu handeln, jedoch völlig verzerrt. Boro wies den Bordcomputer an, das Signal zu entzerren und die Ursprungsnachricht so gut es ginge zu entschlüsseln. Dies nahm allerdings einige Mizuras in Anspruch, jedoch konnte der Computer anhand der Daten, die er hatte, schon einige Angaben machen. Das Signal benutzte eine unbekannte Trägerfrequenz und an der Verzerrung ließ sich auch erkennen, dass es vor etwa drei Jazuras aus einem benachbarten Sonnensystem ausgesandt worden ist. Der Computer konnte sogar die genauen Koordinaten des Ausgangspunktes ermitteln. In Boros Gehirn machte sich nun schnell die Überzeugung breit, er habe hier ein neues Volk entdeckt, jedoch wurde seine Überzeugung gleich wieder über den Haufen geworfen. Der Bordcomputer hatte die Nachricht entschlüsselt und gab Boro die grundlegenden Informationen auf den Bildschirm. Es war ein automatischer sich wiederholender Notruf, und zwar auf Argonisch.
Boro rief die Nachricht nun ab: „An alle Schiffe – SOS – Hier spricht Ban Dunnaker, argonischer Pilot – Ich bin auf einen unbekannten Planeten gestrandet – Erbitte Hilfe – An alle Schiffe – SOS - ...“
Boro nahm sofort Kurs auf das Tor, von dem er erwartete, dass es in das Sonnensystem führen würde, von wo aus der Notruf ausgegangen war. Auf den Weg ging er seinen Gedanken nach, wie konnte es sein, dass sich hier ein Argone aufhielt. Und das schon seit drei Jazuras, also musste der Gestrandete bereits kurz nach der Errichtung von Slikelmanckfongs Sprungtor hierher gelangt sein. Demnach wussten die Argonen von Anfang an von der Existenz der Sektoren südlich des Imperialen Grenzbezirks. Allerdings konnte es natürlich auch sein, dass dieser Ban Dunnaker der einzige Argone mit diesem Wissen sei. Trotzdem blieb die Frage offen woher er das Wissen hatte. Und dann waren da noch weitere Fragen: wieso schien niemand den Piloten zu vermissen; hatte man ihn vielleicht schon längst gerettet; und warum benutzte der Gestrandete eine unbekannte Trägerfrequenz? Kurz vor dem Tordurchgang überlegte Boro, ob er eine Benachrichtigung an die Paraniden oder die Argonen senden sollte, unterließ aber beides, weil es möglicherweise zu politischen Verwicklungen führen könnte. Daher entschied er sich zunächst selbst der Sache nachzugehen und erst danach die betroffenen Imperien zu benachrichtigen.
Er war tatsächlich im richtigen System, die Ursprungskoordinaten des Signal deuteten auf einen Planeten in der Nähe des Tores. Boro flog die Nautilus in den Orbit der blaugrünen Kugel. Riesige Ozeane umspülten eine Vielzahl kleinerer Kontinente und größere Inseln, welche sich überwiegend wie ein Gürtel am Äquator aneinander reihten. Dichter Dschungel wucherte auf den Landmassen. Boro scannte den Planeten nach Elektrischen Energiequellen, Legierungen und anderen Dingen künstlichen Ursprungs. Die Scanner fanden bald eine große künstliche Struktur auf einem der größeren Kontinente. Die Größe der Struktur und die Materialscanns deuteten auf ein riesiges Schiff hin, also einen Zerstörer oder einen Träger. Da Schiffe dieser Größe nicht innerhalb einer Atmosphäre agieren können, musste der Gigant hier abgestürzt sein. Das warf noch mehr Fragen auf, denn weder die Argonen, noch die Vertreter irgendeines anderen Volkes der Gemeinschaft hätten den Verlust eines so schweren Schiffes vertuschen können. Außerdem haben Schiffe dieser Größe viel Besatzung, der Notruf deutete aber an, dass es nur einen Gestrandeten gab.
Die Nautilus befand sich nun direkt über der Absturzstelle des abgestürzten Schiffes. Boro richtete eine Außenkamera zur Oberfläche aus und zoomte rein. Als er endlich ein scharfes Bild des Metallkolosses hatte, durchzog ihn ein Schauern. Es war ein Trägerschiff der Xenon. Boro wollte nur noch so schnell wie möglich weg, er war überzeugt, dass dieser Ban Dunnaker schon tot sein müsse, wenn er zusammen mit Xenon auf einen Planeten war.
Plötzlich wurde die Nautilus wild durchgeschüttelt. Mehrere Kampfschiffe des feindlichen Träger waren aufgestiegen und hatten die Atmosphäre verlassen. Während sie den Aal umzingelten und gnadenlos unter Feuer nahmen, machte sich Boro schwere Vorwürfe, weil er vergessen hatte die Atmosphäre auf aufsteigende Objekte zu untersuchen. Die Xenon drängten den Boronen zur Oberfläche ab, doch durch den ständigen Beschuss geriet der Senkflug bald außer Kontrolle. Die Nautilus stürzte der Oberfläche entgegen.

Dunkelheit. Langsam öffnete Boro die Augen. Um ihn herum war alles still und düster. Annähernd jede Stelle seines Körpers schmerzte. Er befand sich in einen kleinen Raum an dessen Seitenwänden und im Fußboden Schaltflächen und Bildschirme waren. Außerdem war eine große gewölbte Glasscheibe in den auch ansonsten gewölbten Boden eingelassen. Er lag auf dieser Scheibe, durch die man allerdings nichts sehen konnte. In der Decke des Raumes war ein Metallschott und aus der Rückwand ragte ein unförmiges Etwas, dessen untere Hälfte weitestgehend mit Stoff bespannt war. Außerdem schien das Zimmer schief zu liegen. Drei Fragen sausten dem Boronen durch den Kopf und piesackten ihn mit der grässlichen Erkenntnis, dass er die Antworten nicht kannte: „Wer bin ich? Wo bin ich? Und was mache ich hier?“
Er schwamm zu dem Schott in der Decke hinauf und musste zu seiner Verwunderung feststellen, dass er wusste, wie man es öffnet. So gelangte er durch dieses und andere Schotts in weitere Räume, welchen ihm alle gespenstisch vertraut vorkamen, so als habe er sie vor langer, langer Zeit in einen vergessenen Traum gesehen. Bald fand er ein merkwürdiges weißes Ding, das so aussah wie er, offenbar ein Kleindungsstück mit einer bestimmten Funktion. Er untersuchte das Gewand eingehend, konnte aber sein Geheimnis nicht ergründen. Kurz darauf fand er ein weiteres Schott, das etwas größer als die anderen war. Es ließ sich aber genauso öffnen, wie die anderen auch. Er schwamm hindurch und stellte fest, dass dieses Schott nicht in einen weiteren Raum führte, sondern ins Freie. Er schwamm hinaus und blickte sich bald um. Hinter ihm lag eine grünliche Metallkonstruktion, von dort war er gekommen. Die Konstruktion wirkte von außen weitaus kleiner als von innen, allerdings ließ sich die genaue Größe des Gebildes schwer abschätzen, weil sich ein großer Teil tief in den schlammigen Boden gebohrt hatte.
Boro schwamm weiter, erreichte aber bald eine Stelle, wo die Welt endete, also der Boden sich fast gerade nach oben erhob bis zu der Stelle, wo das Wasser den Himmel berührt, und noch darüber hinaus. Diese Wand zog sich in einem großen unförmigen Oval rings um die Metallkonstruktion herum. Allerdings merkte er, dass sich tief in seinem Unterbewusstsein irgendetwas vehement gegen die Vorstellung währte, dass dieses Oval die gesamte Welt sei. Es trieb ihn nach oben, er war sicher, dass hinter der Linie zum Himmel die Welt weitergehen würde, doch seine Instinkte hielten ihn zurück. Er rang mit sich selbst, sein Verstand gebot ihn aufzutauchen, sein Instinkt jedoch warnte ihn entschieden davor. Schließlich gab er sich einen Ruck und stieß durch die Wasseroberfläche. Erschreckt stellte er fest, dass der Instinkt offenbar recht hatte, denn er konnte nicht mehr atmen.
Panisch stürzte er zurück und presste einen kräftigen Zug Wasser durch seine Kiemen. Er überlegte, was er nun tun solle, denn sein flüchtiger Blick auf die Welt jenseits des Wassers bestätigte endgültig seine Vermutung, dass dort etwas sei. Plötzlich hatte er eine Idee, eigentlich war es mehr ein Gefühl als eine Idee. Er fühlte, dass die Lösung für sein Atemproblem das merkwürdige Kleidungsstück in der Metallkonstruktion wäre. Er zog es sich an und stieß nochmals durch die Wasseroberfläche und tatsächlich konnte er mit dem Anzug über Wasser normal atmen und sich normal bewegen.
Er schwebte etwa über der Mitte des Sees. Am Ufer begann dichter Urwald. Boro machte sich auf den Weg durch das dichte Grün in der Hoffnung dort irgendwo die Antworten für die Fragen, die in seinen Kopf brannten, zu finden. Neugierig musterte er die Dinge, an denen er vorbeischwebte. Unzählige Tiere und Pflanzen. Boro genoss es sie anzusehen, weil sie etwas geheimnisvolles ausstrahlten. Dann erkannte er aber, dass er es genoss sie anzusehen, weil es die ersten Dinge waren, denen er seit seinem Erwachen begegnet war, die nichts geheimnisvolles ausstrahlten. Sie wirkten fremdartig und exotisch auf ihn, wie all die anderen Dinge, die er gesehen hatte, allerdings riefen die anderen Dinge bei ihm immer das unerklärliche Gefühl auf, er kenne sie doch.
Plötzlich hielt er inne, er vernahm ein entferntes Donnern, vorsichtig stieg er in die Baumwipfel hinauf und hielt nach der Quelle dieses Geräusches Ausschau. In der Ferne entdeckte er einen riesigen silbernen Vogel der sich schnell näherte. Der Donnervogel schlug nicht mit den Flügeln, so wie es Boro bei anderen Vögeln des Dschungels beobachtet hatte. Schnell flüchtete sich der Boronen zurück in den nahen See bevor der große Raubvogel ihn entdecken würde.
Seine Fragen waren noch immer unbeantwortet, jedoch wusste er schon zwei Dinge, dass die Welt jenseits des Wasser sehr groß und sehr gefährlich war. Sein Blick wanderte wieder zu der grünlichen Metallkonstruktion, als sein Gehirn plötzlich das Bild, das er sah, mit einem Wort verbannt. Langsam und nachdenklich sprach er es aus: „Nau-ti-lus.“ Er war stolz, dass es ihn gelungen war, eins der Dinge zu benennen, die ihn umgaben. Jedoch war dieser Stolz gepaart mit einen merkwürdigen Unwohlsein. Denn das gleiche undefinierbare Gefühl, das fest davon überzeugt war, dass dieses Etwas die Nautilus war, wollte es nicht wahrhaben, dass dieses Etwas die Nautilus war. Ohne seinen Druckanzug auszuziehen sank Boro bald verwirrt und erschöpft unruhigen, alptraumreichen Schlaf.

Er war wieder in der Nautilus. Die große Metallkonstruktion raste durch einen endlosen schwarzen Ozean. Lichter hingen weit entfernt, riesige bunte Kugeln zogen an seinem Schiff vorbei. Alles war friedlich, doch dann tauchten plötzlich fünf silberne Donnervögel auf. Sie verfolgten ihn und grelle Blitze gingen von ihnen aus. Die Nautilus ächzte und bebte. Sie zerbrach, und der schwarze Ozean verschluckte ihre Reste und Boro selbst. Er erstickte, etwas legte sich um ihn, zerrte an ihn. Ein Netz. Er wachte auf.
Innerlich noch immer aufgewühlt durch den merkwürdigen Traum, vergewisserte er sich nach dem Erwachen sofort, dass er noch immer in seinen kleinen See war. Doch erschreckt musste er feststellen, dass er sich tatsächlich in einem Netz befand und langsam in die Richtung eines kleinen primitiven Bootes gezogen wurde, das in der Mitte des Sees dümpelte. Bald stieß er gegen den Rand des Bootes, zwei kräftige Arme umfassten das Netz und hoben es mit ihm drin hoch. Boro blickte dem bärtigen ungepflegten Argonen, der ihn in den Armen hielt, ängstlich und verwirrt an. Dies unterschied sich aber in keinster Weise davon, wie dieser den Fang in seinem Netz musterte. Doch diese Szene hielt nur einen kurzen Augenblick, mit einem lauten Angstschrei ließ der Argone Boro ins Wasser zurückplumpsen und ruderte wie wild auf das Ufer zu. Plötzlich hielt er inne und wandte sich um. Vorsichtig ruderte er zurück und zog sein Netz erneut an die Oberfläche. Nachdem Boro wieder aufgetaucht war, fragte ihn der Argone zögern: „Was? Was du bist?“
Wieder piesackte die Erkenntnis die Antwort nicht zu kennen Boros Gehirn: „Ich weis es nicht und habe keinerlei Ahnung.“
„Kommst du von Flint sein Kahn?“
Den Sinn dieser Frage vermochte Boro nicht zu erkennen, die Antwort hingegen fiel ihn leicht. Er freute sich über diese Abwechslung, da ihm bisher nur Fragen begegnete waren, die ihm leicht fielen, während er den Sinn der Antworten nicht zu erkennen vermochte. „Nein nicht!“
„Nein! Nein, siehst auch nicht so aus.“ Murmelte der Argone. Er zögerte und zog dann ein Messer. Er beugte sich zu Boro hinunter, wessen Pupillen ängstlich die Klinge verfolgten. Doch der Argone befreite ihn lediglich aus dem Netz.
Boro stieg nun ganz aus dem Wasser hinaus und schwebte neben dem Boot. Der Argone war durch dieses Kunststück offenbar sehr beeindruckt: „Wie..., wie machst du das?“
„Mit diesem feinen, schmucken und schönen Anzug, ...irgendwie.“ Stammelte Boro und zupfte kurz an dem weißen Stoff seines Schutzanzuges.
„Ach, das Weiße bist du nicht selbst?“
„Nein, das ist nur ein schönes, modisches und fein gestaltetes Kleidungsstück.“ Sprudelte freudig Boro heraus, glücklich über immer mehr Fragen, die er beantworten konnte, und darüber, dass er sich doch nicht in einer gefährlichen Situation befand, wie es ursprünglich den Anschein hatte.
Auch der Argone hatte mittlerweile einen Tonfall echter Freude und Begeisterung angenommen: „Ja, ja, verstehe, verstehe. Habe auch ein schönes Kleidungsstück!“ Daraufhin begann er wild an seinem vergilbten brauen Overall, der an unzähligen Stellen geflickt war, rumzuzerren. Sobald dies nicht mehr seine gesamte Aufmerksamkeit erforderte wandte er sich wieder dem Boronen zu: „Wie heißt du?“
„Ich … weis es nicht. Wie heißt du und wirst du genannt?“
Der Argone hatte den Kopf zur Seite geneigt und starrte einige Sezuras wortlos, in sich versunken ins Nichts, dann rief er in voller Begeisterung: „Ban Gunne, Ban Gunne, bin der arme Ban Gunne. ... Und du, du bist Jim, ja Jim. Jim, Jim, Jim!“ Er führte dabei einen regelrechten Freudentanz auf, setzte sich jedoch schnell wieder hin, da sein Boot gefährlich zu schwanken begann.
Boro war erneut verwirrt, seinem Inneren widerstrebte es Jim genannt zu werden. Nein, es war nicht sein Name, er hatte nicht mal das Gefühl, dass Wort Jim zu kennen. Den Namen Gunne hingegen verbannt sein Unterbewusstsein mit irgendetwas, doch wusste er nicht mit was. Trotzdem war er bereit zunächst den Namen Jim anzunehmen, solange bis er seinen Echten entdecke.

Ban war ein sehr merkwürdiger Geselle, und sprach oft wirr über Dinge, die Boro nicht verstand. Aber er kannte die gesamte Umgebung bestens und erklärte Boro alles, was dieser über die Tiere und Pflanzen des Dschungels wissen wollte. Sie waren auf dem Weg zu Bans Höhle, die sich ganz in der Nähe des Sees befand. Vor dem Höhleneingang hatte er einen Vorbau aus grob behauenen Baumstämmen und Palmenblättern errichtet. Die Blätter waren so angeordnet, dass sich der Vorbau von oben nicht vom Blätterdach des Waldes unterschied. Boro kam dies komisch vor und sprach Ban darauf an. Dieser antwortete:
„Das ist wegen der bösen Donnervögel. Sie jagen alles, was ist nicht Wald noch Fels. Hast du schon mal einmal einen gesehen, Jim?“
„Ja - und ja, ich glaube und denke schon, sie sind riesig, groß und silbern.“
„Ja, ja, das sind sie. Groß, böse und silbern, wie..., wie Silver.“
Das war wieder eine dieser merkwürdigen Begriffe, die Ban ständig benutzte, mit denen Boro jedoch nichts anfangen konnte. Er hatte bald aufgehört Ban nach den Sinn dieser Wörter zu fragen, weil ihn dieser dann immer bloß verwirrt ansah. Manchmal schienen ihn diese Fragen ernsthafte Qualen zu bereiten, wenn er darüber nachdachte, wieso Boro die Antworten nicht wusste.
Sie waren mittlerweile in den Vorbau der Höhle hineingekommen. In der Mitte war eine Feuerstelle mit Holzgestell und einem verbeulten Kochtopf, den Boros Gehirn als etwas erkannte, das Helm hieß und an sich anders verwendet werden müsste. Nur wie wusste er jetzt auch nicht so genau. Über der Feuerstelle hingen ein paar Fische zum Trocknen und Räuchern an der Decke. In einer Ecke stand ein Bett aus Palmenblättern, daneben drei selbstgeschnitzte Holzschalen, die mit Beeren und Früchten gefüllt waren. In den Seitenwänden hatte Ban große Fensteröffnungen freigelassen, durch die Licht in den Vorbau und die Höhle fiel. Sie bewegten sich in die eigentliche Höhle hinein, bis sie zu einer Stelle kamen, wo sich die Höhle in mehrere Gänge verzweigte. Dort befand sich ein kleiner See, der offenbar von einer unterirdischen Quelle gespeist wurde. Langsam floss ein winziger Rinnsal an einer Seite des Sees weiter in einen Gang hinunter. Ban und Boro setzten sich an den Rand des Sees. Boro wunderte sich darüber, dass es hier noch Licht gab, obwohl der Höhleneingang schon ein Stück zurück und zudem hinter einer Biegung lag. Dann bemerkte er, dass das schwache Licht hier bläulich war und offenbar sanft aus einem anderen Gang herüberfloss.
„Was ist das für ein ruhiges, sanftes und blaues Licht und Leuchten, Ban Gunne, lustiger Freund?“
„Das kommt vom Schatz. Meinen Schatz! Er leuchtet blau, wie Wasser. Ich habe ihn dort hinten in den Gang gebracht.“
„Darf ich deinen stolzen, reichen und schönen Schatz einmal sehen, bewundern und beäugen?“
Der Argone sprang erschreckt auf: „Nein, Jim! Nein! Der Schatz ist böse und verflucht, nur wegen ihm bin ich dazu verdammt auf dieser einsamen Insel zu leben.“
„Wieso und warum?“
„Als unser Schiff hier ankam, sagte ich zu den andern an Bord: Hier liegt ein Schatz. Dann haben alle gesucht und gesucht, zwölf Tazuras lang, konnten aber nichts finden. Und dann haben mich meine Kameraden hier zurückgelassen und sind weggesegelt. Ja, so war das damals, so war ich Ban Gunne heiße. Es war eine Strafe der Vorsehung für mich, weil ich zu gierig auf den Schatz war. Ich soll hier dafür büßen, das habe ich mir alles durch den Kopf gehen lassen und mir selbst so zurechtgelegt.“
Ban schweig nun einige Mizuras, auch Boro sagte kein Wort. Schließlich ergriff Ban wieder das Wort: „Hast du eigentlich Hunger, Jim? Ban Gunne gibt dir.“
Essen, dazu war Boro bisher noch gar nicht gekommen. Das Bombardement von Erlebnissen und Eindrücken war so stark gewesen, dass er die ganze Zeit nicht gemerkt hatte, wie hungrig er war: „Ja – und ja, ich habe großen, nagenden und starken Hunger. Aber ich glaube, denke und meine zu wissen, dass ich hier gar nicht essen, speisen und Nahrung zu mir nehmen kann. Nur im fröhlichen nassen und flüssigen Wasser. Irgendwie.“
Sein Gegenüber blickte ihn kurz nachdenklich an: „Wie? ...Eh, ja, ja, stimmt, du musst unter Wasser essen, das weis ich auch ...irgendwie.“
Nachdenklich verschwand er kurz und kam danach mit zwei getrockneten Fischen wieder: „Hier nimm, Jim. Komm, ich bring dich zum See, wo ich dich gefunden habe, da kannst du essen.“

Kapitel 2: Donnervögel

Boro half Ban nun, wo er konnte, besonders beim Fischen war er ihm eine große Hilfe. Einmal half er ihn auch einen großen Felsen einen Hügel hoch zurollen. Sie platzierten den Koloss am Rand einer Schlucht. Hier lagen bereits etliche Steine dieser Art. Ban erklärte fortwährend, dass diese Felsen sehr wichtig seien, seinen Erklärungen hierzu waren jedoch Boro nicht verständlich und hatten irgendwie was mit etwas zu tun, dass Ban Brrak nannte. Der Elan, mit dem Ban allerdings an diese Knochenarbeit ging, überzeugte Boro jedoch, dass diese Tätigkeit durchaus ihren Sinn hatte. Boro schlief nun regelmäßig in Bans Höhle. Die Tatsache, dass er dort mit Schutzanzug schlafen musste, was verständlicherweise unbequemer war, störte ihn schon bald nicht mehr. Allerdings schlief er gelegentlich auch in dem See, in dem die Nautilus lag. Ban hatte sich am Ufer einen kleinen regensicheren Unterstand gebaut und legte sich in solchen Nächten hier zur Ruhe. Selbstverständlich war auch der Unterstand bestens getarnt, wegen der Donnervögel, die hin und wieder drohend über den Himmel zogen.
Beim nächsten Neumond übernachtete Boro wieder in Ban Höhle. Von der ungewöhnlichen gänzlichen Dunkelheit außerhalb der Höhle, war drinnen nichts wahrzunehmen, denn das unheimliche blaue Licht aus Bans Schatzkammer leuchtete zu jeder Tazurazeit in der gleichen sanften Helligkeit. Boro schwebte ruhig wenige Zentimeter über den Boden und schlief bald ein. Kurz darauf begannen sich seine Lider wild zu bewegen, er träumte. Seine Tentakel vollzogen unbewusste Bewegungen, sein ganzer Körper zuckte abrupt oder floss in lange routinierten Bewegungsabläufen.
Die Nautilus durchzog wieder den endlosen schwarze Ozean, von dem er immer wieder träumte. Jenem mysteriösen Ort, der ihn in seiner Gegenwart nicht bekannt war, den er weder in der Zukunft, noch in der Vergangenheit ansiedeln konnte. Doch immer so unwirklich und dabei so echt wirkte, dass er irgendwo jenseits seiner Vorstellungen von Zeit existieren musste. Etwas in diesen Träumen gab ihn das Gefühl dorthin zu gehören, doch immer verbunden mit dem Zweifel der Unwissenheit. Mehr als sicher war er hingegen, dass die Nautilus, diese geheimnisvolle Metallkonstruktion, in der er vor vielen Tazuras erwachte, dorthin und nur dorthin gehörte. Sie war etwas Ungewöhnliches, der existente Teil einer fremden Welt, die nach jeder Logik nur seiner Phantasie entspringen konnte. Letztlich war die Nautilus der Grund wegen dem er die Welt des schwarzen Ozeans als etwas ansah, das hinter allen Horizonten irgendwo Wirklichkeit war. Und dies wiederum war der Grund, weshalb er die nicht beantwortbaren Fragen nach seiner eigenen Vergangenheit nicht vergessen konnte.
Der Ozean war leer und voll zugleich, der größte Teil füllte eine nicht fassbare Dunkelheit aus, aber es gab auch eben die gigantischen Kugeln von unvorstellbarer Größe, die sich trotzdem in der Endlosigkeit des schwarzen Ozeans verloren. Einige von waren leuchtend grell, andere kalt und kahl und wieder andere zeigten sich bunt und einladend. Zudem gab es noch etwas anderes, nämlich andere Metallkonstruktionen wie die Nautilus, von variierender Größe und Form. Und in ihnen allen reisten Wesen, die teils so aussehen wie Boro und teils Ban sehr ähnlich waren, aber auch völlig anders aussehen konnten. Sie alle gehörten hierhin, alle behandelten Boro wie jemand, der auch wie selbstverständlich dorthin gehörte. Doch diese Welt war auch gefährlich, die Metallkonstruktionen bewarfen sich manchmal gegenseitig mit Blitzen und Feuer, dann verschwanden einige von ihnen in einer Wolke glühender Asche für immer mit allen Wesen, die in ihren Innern waren. Und dann gab es noch etwas im schwarzen Ozean, gefährlicher als alles andere. Die silbernen Donnervögel.
Erschreckt erwachte er, warum gab es die Donnervögel sowohl in dieser, wie in jener Welt. Sie durften nur in eine gehören, denn alle Dinge gehörten nur in eine Welt, davon war er überzeugt. Es schien ihn aus irgendeinem Grund so als gehörten die Donnervögel in jene fremde, unerreichbare Welt und dies erschreckte in um so mehr. Den alles andere in seinen Träumen gab es nicht in der echten Welt, selbst die Nautilus nicht, zumindest nicht so, wie sie in seinen Träumen. Doch ausgerechnet die Donnervögel, die Alpträume, konnten jederzeit in der echten Welt auftauchen.
Die Sonne war bereits aufgegangen und das Licht begann den vorderen Teil der Höhle hinauf zu kriechen. Ban war bereits wach und war dabei das Feuer anzuzünden. Er hatte bemerkt, wie der Borone aus dem Schlaf aufschreckte: „Was ist los, Jim?“
„Ich hatte einen Alptraum, einen fürchterlichen Alptraum.“
Ban kam zu Boro herüber und setzte sich neben ihn. „Der schwarze Ozean voller Donnervögel?“ fragte Ban.
Boro blickte den Argonen entgeistert an, er hatte diesen Traum schon oft gehabt, jedoch Ban nie ein Wort davon erzählt: „Ja – und ja. Aber wie, wie und woher kannst du das wissen?“
„Ich habe auch immer wieder diese grässlichen Träume, aber glücklicherweise nicht mehr so oft wie früher. Eine furchtbare Welt ist dieser Ozean und gefährlich, denn dort kann man sich nicht vor den Donnervögeln verstecken. Daher bin ich froh, dass es nur Träume sind.“
„Ja – und ja, nur nichtige, unwahre und erfundene Träume und Illusionen, nichts weiter.“ Murmelte Boro in sich hinein.
„Wie heißt du in den Träumen?“
Boro verstand nicht, was Ban damit sagen wollte: „Wie und was?“
„Ich habe in diesen Träumen immer den gleichen Namen, Ban Dunnaker. Wie heißt du in den Träumen?“
Ban Dunnaker, wieso hatte Boro das Gefühl diesen Namen schon einmal gehört zu haben. Der Name erschien ihn zudem wichtig zu sein. Es kam ihn so vor, dass dieser Name der Schlüssel, das Bindeglied zwischen Bans Insel und dem schwarzen Ozean war. Doch diese Überlegungen führten, wie alle anderen über sein altes Leben, schnell ins Nichts. Stattdessen konzentrierte er sich auf seine Träume und durchforschte sie nach der Antwort auf Ban Frage. Langsam und abwesend, fast wie in Trance, sagte er schließlich: „Boro Pi.“
Das war er, sein wirklicher Name, es war sein Selbst, es war die Antwort auf die Frage, die sein Gehirn am meisten zermartert hatte. Immer und immer wieder wiederholte er jubelnd diese Erkenntnis: „Mein Name ist und lautet Boro Pi! Mein Name ist und lautet Boro Pi!“
In einen Ekstase ähnlichen Zustand flog er wild durch den Vorbau der Höhle hin und her. Ban, der nicht wirklich begriff was los war, freute sich dennoch über die Freude Boros und sprang singend und jubelnd hinterher.

Noch immer hatte Boro die meisten Fragen nicht beantwortet, und seine Erinnerung an sein früheres Leben war noch immer durch einen undurchsichtigen Nebel verhüllt. Doch es störte ihn nicht mehr. Sein endlich wieder entdeckter Name füllte so viel von dem Loch aus, das er in sich gefühlt hatte. Jetzt konnte er damit leben, wenn der Rest nie ausgefüllt würde. Eine unendliche Lebensfreude hatte sich in ihn breit gemacht. Fröhlich zog er nun mit Ban, oder auch mal ohne ihn, durch den Dschungel um Bans Insel kennen zu lernen.
Diesmal war er mal wieder alleine unterwegs. Ban war zwar lange bei ihm gewesen, jedoch hatten sie sich bald getrennt, weil Ban in der Nähe einige Früchte sammeln wollte. Boro prägte sich den Weg, den er gekommen war, gut ein und drang immer tiefer in das Dickicht vor. Plötzlich ertönte ein lang gezogenes „Frooaaaar“.
Boro hatte dieses Brüllen schon oft im Urwald gehört, aber nie so laut und so nah. Erst jetzt merkte er, dass der Dschungel um ihn herum unheimlich ruhig geworden war. Die sonst reichlich vorhandenen Tierstimmen waren fast alle verstummt, so als ob die Vögel und Tiere einem Instinkt folgend fluchtartig verschwunden waren. Nur die Insekten surrten weiterhin unbeirrt durch die Gegend. Boro blickte sich vorsichtig um und lauschte in das grüne Meer hinein. Zunächst vernahm er nichts, doch dann hörte er ein Rascheln in einem nahen Gebüsch.
„Ban?“ Fragte Boro vorsichtig, während er sich bereits nach dem besten Fluchtweg umsah. Doch es kam keine Antwort. Er wollte hinauf in die Baumwipfeln aufsteigen, doch in eben diesen Moment erklang erneut das lang gezogene „Frooaaaar“ und ein großes Raubtier mit grauen Fell sprang aus dem Gebüsch hervor und drückte Boro mit seinen Gewicht zu Boden. Er versuchte sich loszureißen, doch das Raubtier hatte ihn mit seinen vier krallenbesetzten Pfoten fest zu packen. Boro blickte in den aufgerissenen Rachen der Bestie mit ihren bedrohlichen Zähnen. Speichel tropfte aus dem Maul auf das Glas seines Helmes. Noch hielt der Schutzanzug und die Krallen der Kreatur hatten es noch nicht geschafft in das widerstandsfähige Kunstgewebe einzudringen, doch lange würde das Material den Zähnen und Krallen nicht standhalten. Wütend biss sich das Raubtier am Helm fest und versuchte ihn zwischen seinen mächtigen Kiefern zu zerquetschen. Doch dann passierte etwas merkwürdiges, ein anderes Brüllen ertönte plötzlich ganz in der Nähe, es bestand aus einem abgehakten „Brrak, Brrak, Brrak“. Sofort löste das Untier den Griff von Boro und entfloh ins Unterholz. Erleichtert erhob sich Boro, zum Glück hatte dieses andere Tier die Bestie vertrieben. Doch in selben Moment erkannte er, was das letztlich bedeutete. Wieder näherte sich ein Rascheln durch das Gesträuch. Der Borone war vor Schreck erstarrt. Von aller Hoffnung verlassen, wartete darauf durch dieses andere Tier gefressen zu werden.
Doch zu seiner Verwunderung trat kein weiteres Raubtier sondern Ban Gunne aus dem Dickicht hervor. Er hatte ein großes, trichterförmig gerolltes Palmenblatt in der Hand.
„Alles in Ordnung mit dir, Boro?“
Der Schock war noch nicht gänzlich gewichen, dennoch hatte er sich schon weites gehend beruhigt als er den Argonen erblickt hatte: „Ja – und ja, ...danke, Ban. Was ...,was war das soeben?“
„Ein Froar, also ich nenne sie Froar. Ich nenne alle Tiere, die ich nicht kenne, nach den Geräuschen, die sie machen. Froars sind böse.“
„Und was hast und trägst du da in der Hand?“
„Dieses Palmenblatt hier meinst du? Damit klingt meine Stimme lauter, wenn ich den Schrei eines Brraks nachmache.“
Allmählich erkannte Boro, wie Ban den Froar vertrieben hatte: „Ein Brrak?“
„Ja, ein Brrak. Noch viel böser als ein Froar, daher haben Froars Angst vor Brraks. Wenn sich ein Froar nähert musst du den Schrei eines Brraks machen, wusstest du das nicht?“
„Nein, wusste ich nicht und war mir nicht bekannt. Und was macht und tut man, wenn sich ein wildes Brrak nähert, es ankommt und heranschleicht?“
Ban lachte: „Das gleiche wie der Froar, laufen, schnell laufen. Zu der Schlucht bei meiner Höhle. Wenn du schnell bist, kannst du dann von oben einen Felsen herunterstoßen und das Brrak mit viel Glück töten, oder ihn zumindest einen großen Schreck einjagen. Gibt daher keine Brraks mehr bei meiner Höhle, haben Angst vor meinen Steinen. Hab mir das alles ausgedacht, ich habe nämlich Grütze im Kopf, oh ja! Alle Froars und Brraks haben Angst vor Ban Gunne.“
Auf den Rückweg zur Höhle redeten sie wenig, kurz bevor sie ankamen, schoss Boro eine Idee durch den Kopf: „Hast du jemals versucht oder probiert einen großen bösen und silbernen Donnervogel mit deinen Steinen zu fangen?“
„Geht nicht, Boro, geht nicht. Die Donnervögeln fliegen nie durch die Schlucht. Wenn sie dich jagen vielleicht, aber sie sind schneller als ich. Ich kann nicht schnell genug bei den Steinen sein.“
„Und wenn sich ein Einzelner von uns allein durch die enge Schlucht jagen ließe und der andere dann oben bei den schweren, großen und mächtigen Felsen wartete?“
Ban überlegte angestrengt: „Nicht dumm, nicht dumm. Aber sehr gefährlich.“
Sie erreichten Bans Höhle und passierten den Vorbau. Nach wenigen Metern in die eigentliche Höhle stieß Ban plötzlich einen qualvollen Schrei des Entsetzens aus und stürzte in den Vorbau zurück. Dort verkroch er sich hinter seinem Bett. Boro war ihn sofort gefolgt und lugte vorsichtig in die Höhle hinein. Etwas war anders, dass bemerkte er jetzt auch, aber er konnte es nicht einordnen. Also fragte er Ban, was los sei. Dieser hatte sich von seinen ersten Schreck erholt und war wieder aufgestanden. Er hatte sich ein großes Holzstück geschnappt. Als Antwort warf er Boro nur ein kurzes „Da!“ entgegen und zeigte in die Höhle hinein. Er hatte das Holzstück in das Feuer gehalten bis die Flamme übergriff und benutzte es als Fackel. Nun erkannte Boro was los war. Sonst hatte Ban nie eine Fackel gebraucht, wegen des blauen Lichtes, das Tag und Nacht aus der Höhle kam. Doch jetzt war es erloschen.
Vorsichtig drangen beide tiefer in die Höhle vor, als Boro es je gewesen war. Sie mussten nun in den Gang sein, wo sich Bans Schatz befand. Es dauerte nicht mehr lange bis sie zu einer Stelle kamen, wo zwei große Kisten herumstanden. Die eine war offen und voll mit leeren Blechdosen und Plastikbeuteln, die u.a. mit „Cahoona“, „Delexianisches Brot“ oder „Notration“ beschrieftet waren. Zudem fanden sich in der Kiste etliche leere Kunststoffflaschen mit der Aufschrift „H²O“. Die andere Kiste war verringelt. Auf ihr stand ein merkwürdiger Apparat, der viel Ähnlichkeit mit den Schaltflächen in der Nautilus hatte. Er besaß ein kleines Display und mehrere Köpfe, zudem war oben eine kleine blaue Lampe angebracht, die offenbar dafür da war anzuzeigen ob sich das Gerät in Betrieb befand. Von hier war das blaue Licht ausgegangen. Ban beäugte den Riegel der verschlossenen Kiste genau, danach nahm er den Apparat unter die Lupe. Er betrachtete ihn fachmännisch, so als wüsste er genau wo man ehesten nach den Grund suchen müsste, wegen dem die Lampe aufgehört hatte zu leuchten. Andererseits besah er sich das Ding mit einem derart verwirrten Blick, als ob er es noch nie gesehen hätte. Sein Gesichtsausdruck und seine gesamte Körperhaltung hatten sich plötzlich verändert. Auch seine Stimme klang auf einmal völlig anders: „Tja, die Batterie ist alle, soviel zu diesen Thema.“
Sein Gesicht verzog sich kurz durch innere Schmerzen, danach nahm er wieder seine normale Mimik und Gestik an: „Jetzt will der böse Schatz kein Licht mehr geben, Boro. Na, macht nichts, macht nichts. Wenigsten ist noch alles da. Komm.“
Sie kehrten zurück in den Vorbau. Ban verlor kein weiteres Wort über den Schatz.

Trotz aller Bedenken, die Ban über die Risiken einer solchen Aktion hatte, arbeiteten sie langsam den Plan aus, wie man einen Donnervogel in die Schlucht locken und ihn mit einen Felsen erschlagen konnte. Demnach sollte Ban von nun an jedem Tazura eine Quazura oben bei den Felsen verbringen, während Boro in den Baumwipfeln vor der Schlucht wartete. Sollte in dieser Phase ein Donnervogel auftauchen, sollte Boro dessen Aufmerksamkeit auf sich lenken und durch die Schlucht fliehen, so dass Ban von oben einen Felsen herunter stoßen konnte. Nach drei Tazuras war es soweit, weit südlich von Boros Position zog ein Donnervogel vorbei. Boro stieg nun weiter nach oben bis er sich einige Längen über den Laubdach des Waldes befand, das Ungetüm reagierte sofort und wendete in diese Richtung. Boro stürzte nun in die Schlucht hinein und hoffte, dass sie sich nicht verschätzt hatten, schließlich war ein Donnervogel unglaublich schnell und hätte die Kilometer zwischen sich und Boro in kaum mehr als einer Mizura überwunden. Immer lauter wurde das Donnern in seinen Rücken, bald vernahm er auch das Poltern des Felsens der den Abhang herunter krachte.
Der Aufschlag des riesigen Steingeschosses war ohrenbetäubend. Scheppernd und klirrend zerbarst der Donnervogel unter dem Steinkoloss. Ban hatte die richtigen Zeitpunkt verblüffend exakt abgeschätzt und getroffen. Aufgeregt stolperte er den Hang hinunter und half den völlig erschöpft am Boden liegenden Boronen auf. Er setzte ihn neben den Donnervogel ab und stöberte interessiert in dessen Überresten herum. Auch Boro nahm die Reste unter die Lupe, sie waren aus Metall. Das silberne Ding, das sie so lange als mächtigen Vogel gefürchtet hatten, war in Endeffekt nichts anderes als eine Metallkonstruktion, so wie die Nautilus. Dies würde auch erklären weshalb in Boros Träumen die Donnervogel genauso wie die Nautilus durch den schwarzen Ozean reisten. Die Donnervögel waren Metallkonstruktionen, sie waren Raumschiffe. Boro hielt ein silbernes Wrackteil in den Tentakeln, seine Gedanken rasten. Raumschiffe aus dem Weltall, der schwarze Ozean war das Weltall. Er selbst war Raumpilot. Alles fiel ihm wieder ein: Sein Leben, die Gemeinschaft der Planeten, Hilala Lu, Ban Dunnakers Notruf und die Xenon. Xenon, die Donnervögel waren Kampfschiffe der Xenon. Sie gehörten wohl zu dem Träger, den er aus dem Orbit gesehen hatte und verteidigten nun ihr havariertes Mutterschiff.
Und Ban Gunne war Ban Dunnaker. Er war wegen Bans Notruf hier, jedoch schien Ban davon nichts mehr zu wissen, offenbar hatte auch er sein Gedächtnis verloren. Andererseits würde dies nicht mal die Hälfte seines Verhaltens erklären. Boro fragte sich, ob Ban jetzt auch wieder zu sich gekommen war und schwebte langsam um das Wrack des Xenon herum. Ban saß auf der anderen Seite und kaute auf einem kleinem Fragment der Schiffshülle herum. Boro blickte ihn irritiert an: „Was machst und tut du da, Ban, lustiger Freund?“
„Ich probier das Fleisch des Donnervogels. Ist aber schrecklich zäh.“
Ban konnte sich offenbar nicht wieder erinnern, aber Boro versuchte ihn auf die Sprünge zu helfen: „Das ist kein Vogel, Tier und organisches Lebewesen, Ban, verwirrter Argone. Das ist ein Xenon und Maschinenwesen. Ein Raumschiff, es gibt viele, zahlreiche und Mengen davon im Weltraum. Dort draußen im weiten, meist ruhigen, doch immer schönen Weltraum liegt unsere Heimat, wir flogen, steuerten und nutzen selber Raumschiffe. Und dorthin werden wir zurück- und wiederkehren.“
Der Argone blickte Boro verwirrt an, er zitterte: „Was heißt das, Boro? Wohin zurückkehren?“
„In den schwarzen, dunklen und endlosen Ozean, das fröhliche Weltall. Hier gehören wir nicht hin und haben wir nicht unsern Platz..“
Ban war aufgesprungen, er zitterte noch schlimmer, Angstschweiß überströmte ihm. Sein ganzer Körper wurde von heftigen Krämpfen durchgeschüttelt. Sein Gesicht entstellte sich in eine steinerne Maske des Schmerzes. Tränenbäche überströmten seine Wangen. Sein Inneres kämpfte gegen sich selbst. Qualvolle, lang verdrängte Erinnerungen brachen in eine paradiesische Scheinwelt ein und begannen diese zu zerfetzten, wie ein Raubtier seine Beute. Als er sich wieder etwas unter Kontrolle hatte, baute er sich in voller Größe vor Boro auf und schrie ihm ein leidendes „Neeeeeiiiiinn!“ ins Gesicht. Kreischend lief er weg und verschwand im Urwald. Boro war sich nicht sicher, ob er ihn folgen sollte. Entschied sich aber dann, dass es wohl besser für Ban wäre, wenn er ihn erst mal in Ruhe ließ.
Boro kehrte zu dem See zurück, in dessen tiefen Schlamm sich noch immer die Nautilus befand. Allerdings musste Boro bald feststellen, dass die Nautilus aus eigener Kraft nicht mehr starten konnte. Sie war zu schwer beschädigt, auch die Funkanlage und das Nachrichtendrohnenarchiv waren völlig zerstört. Er konnte keine Nachricht mehr an die Außenwelt senden. Oder vielleicht doch, denn schließlich musste Ban ja noch seinen Sender haben.
Schnell sammelte Boro seinen Handlaser und alle anderen tragbaren Gerätschaften, die noch funktionierten, ein und steckte sie in die Tragetasche seiner Notfallausrüstung.

Er hatte mit seiner ersten Vermutung richtig gelegen. Der merkwürdige Apparat mit der blauen Lampe in Bans Schatzhöhle war die Funkanlage. Jedoch eine äußerst primitive Ausführung, wie man sie für ein paar Credits in einer Piratenbasis erwerben konnte. Es ließen sich meist nur zwei oder drei Frequenzen auswählen und das waren üblicherweise Frequenzen, die nicht von der Gemeinschaft der Planeten verwendet wurden, sondern eben nur bei den Piraten in Gebrauch waren. Zudem konnten Apparaturen solcher Bauart Nachrichten ausschließlich mit Unterlichtgeschwindigkeit versenden. Dies war an sich in den Sektoren der Gemeinschaft kein Problem, irgendein Schiff befand sich immer im jeweiligen System. Hier jedoch, Lichtjahre jenseits aller Handelsrouten, war es ein Glücksfall, wenn der Funkspruch jemals aufgefangen wurde. Er selbst hatte Bans Signal ja auch nur durch Zufall entdeckt, und das nachdem es bereits drei Jazuras durch den Raum gereist war. Der einzige Vorteil dieser billigen Funkanlagen war es, dass sie an nahezu jede Energiequelle angeschlossen werden konnte. Doch letzteres stellte sich nun für Boro als Hauptproblem heraus, denn die Batterie der Apparatur hatte schließlich Tazuras zuvor den Geist aufgegeben und auf der Nautilus hatte keine Energiequelle den Absturz überstanden.
Seine ganze Hoffnung lag nun im Inhalt der verriegelten Kiste auf der die kleine Funkanlage stand. Vielleicht wäre darin eine Ersatzbatterie. Boro verhakte die Fackel in einer engen Spalte der Felswand, so dass er alle Tentakel frei hatte. Vorsichtig nahm er das Funkgerät vom Deckel der Kiste herunter, erst dadurch wurde ein kurzer Schriftzug auf dem Deckel sichtbar: „Ban Dunnaker – Novamon 524“. Er zuckte mehr verwundert als erschreckt zusammen, Ban war ein Nova. Zumindest war er früher ein Nova gewesen, hatte also zu jenem Piraten gehört, die unter der Führung Slikelmanckfongs beinahe das Paranidische Gottesreich gestürzt hatten. Interessiert untersuchte Boro nun, ob die geöffnete Kiste ebenfalls eine Aufschrift besaß. Tatsächlich hatte sie eine, jedoch nur ein unspektakuläres „Argonische Notrationen“. Er wandte sich wieder der verriegelten Kiste zu. Sie war nicht schwer zu öffnen. Boro begann augenblicklich die Kiste gründlich zu inspizieren. Verschiedene Kleidungsstücke, darunter zwei Kampfuniformen der Novas, füllten einen Großteil des Platzes aus. Zudem gab es jede Menge Fotos und sinnlosen Plunder. Überrascht zog der Borone eine Tapferkeitsmedaille der Argon Föderation aus dem Haufen Krimskrams heraus. Er versicherte sich zweimal darüber, dass dort wirklich der Name Ban Dunnaker eingeprägt worden war. Wie konnte den ein Nova eine Auszeichnung der argonischen Regierung besitzen? Boro entschloss sich aber ein andermal darüber nachzudenken. Er hatte die Kiste nun fast vollständig durchsucht und ausgeräumt, jedoch nicht gefunden, was er suchte. Am Boden der Kiste lag nun nur noch ein kleines viereckiges Etwas, das in Cheltleder eingewickelt war und mit Lederbändern zugebunden war.
Boro öffnete das Bündel. Es enthielt ein Buch, ein echtes Buch, wie es nur noch wenige gab. Es hatte einen Schutzeinband mit der Aufschrift:
„Leihbibliothek des Tempels der Goner
Abteilung 1E
Klassische Fiktionale Literatur der Erde
Die Schatzinsel
Von Robert L. Stevenson“
Boro überflog das Buch in einer Stazura. Nun verstand er endlich, was mit Ban Dunnaker passiert war. Die entsetzliche Isolation, die er in den letzten Jazuras erleben musste, hatte verheerend an seiner geistigen Gesundheit gezehrt. Dabei hatte er wohl sein Schicksal immer wieder mit dem eines gewissen Ben Gun aus diesem Buch verglichen, bis er schließlich alles andere verdrängt hatte und nun glaubte Ban Gunne zu sein. Boro zweifelte ob der psychische Schaden, den Ban erlitten hatte jemals geheilt werden konnte, besonders weil es so schien als würde er immer Qualen haben, wenn er sich an sein früheres Ich erinnerte. Doch so leid es ihm tat, konnte er sich jetzt nicht darum kümmern, sondern musste weiterhin seine Bemühungen in erster Linie darauf ausrichten die Funkanlage wieder ans Laufen zu kriegen.

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Kapitel 3

Post by Boro Pi » Fri, 30. Jul 04, 14:14

Kapitel 3 - Das Schiff

Es dauerte sehr lange bis Boro Ban gefunden hatte, schließlich fand er ihn zusammengekauert unter einem Felsvorsprung. Er weinte bitterlichst. Als er Boro bemerkte fuhr er panisch herum und schrie ihn an: „Verschwinde! Lass mich in Ruhe, Plagegeist!“
„Ban, armer guter Freund, bitte, ich brauche, bedarf und benötige deine Hilfe!“
Der Argone schwieg und tat so als hätte er Boro nicht gehört. Boro bat ihn nochmals um Hilfe, doch Ban drehte sich weg. Boro gab es nun auf und wandte sich deprimiert ab. Er musste sich selbst auf die gefährliche Suche machen, was allerdings Mazuras dauern konnte. Doch nach wenigen Längen hörte er Ban schnell hinter sich herkommen. Er drehte sich um und blickte in das verweinte Gesicht: „Nein warte, Boro! Ich helfen. Boro ist Bans Freund. Ich ihm helfen. Was kann ich für dich tun?“
„Weist du und ist dir bekannt wo der Xenon Träger abgestürzt ist liegt?“
Ban Augen verdrehten sich leicht, er zitterte etwas, allerdings hatte er sich schnell wieder unter Kontrolle: „Der Was?“
So kam er nicht weiter. Er musste die Frage so stellen, dass sie Ban nicht schmerzte: „Weist du und ist dir bekannt wo die Hispaniola ankert und liegt?“
Ban lebte richtig auf: „Ja, ja! Ban Gunne weis es! In der Skelettbucht, ich kann es dir zeigen. Aber dort ist es gefährlich, dort sind Silver und Donnervögel.“
„Ich weis Ban, trotzdem ist es wichtig, dass du mir den Weg dorthin zeigst.“
„Gut.“
Ban sauste sofort los und legte solch ein Tempo vor, dass Boro ernsthafte Probleme hatte mitzuhalten. Und das obwohl Ban sich durch das Unterholz schlagen musste und Boro nicht. Sie bewegten sich über eine Stazura ziemlich geradeaus. Boro hatte keine Ahnung, wie Ban es schaffte sich zu orientieren, denn er schien sich kaum umzuschauen. Er kannte einfach den Weg. Gelegentlich flogen Xenon Kampfschiffe über die Baumkronen hinweg ohne die beiden jedoch zu bemerken. Seit der Zerstörung des einen Kampfschiffes waren sie alle sehr viel häufiger im Einsatz.
Auf dem Gipfel eines bewaldeten Hügeln hielt Ban inne: „Bitte, Boro, jetzt musst du nur noch den Hang hinunter.“
„Kommst du nicht mit und begleitest mich den restlichen, kurzen und unweiten Weg?“
„Nein, Nein.“ Er schüttelte energisch den Kopf. Plötzlich sprang er weg und war nach zwei Sezuras völlig verschwunden.
Boro stieg vorsichtig in die Baumwipfel hinauf, bis er hindurch sehen konnte. Dort lag er tatsächlich, der Xenon Träger. Er wirkte in der Tat wie ein Seeschiff, da er sich in einen großen See befand. Boro fragte sich, ob der beschädigte Koloss nicht eigentlich sinken müsste. Doch wahrscheinlich war es eher so, dass der See ziemlich seicht sei und der Träger auf Grund lag. Am Ufer hinter seinem Heck waren Tausende abgeknickte Baumreihen zu erkennen, hier war das gigantische Schiff offenbar durchgefräst bis es schließlich im See zum Stillstand gekommen war. Boro näherte sich langsam in Deckung der Bäume so weit wie möglich. Nun inspizierte er die Seitenwände des Schiffes auf der Suche nach einem Ding, von dem er gelegentlich etwas gehört hatte, jedoch nicht wusste, ob es wirklich existiert. Eine Einstiegsluke.
Logisch betrachtet kann etwas derartiges gar nicht existieren, denn die Schiffe der Xenon sind ja die Xenon. Folglich gibt es niemand, der einsteigen sollte. Dennoch besaßen alle Schiffe der Xenon Gerüchten zu folge Einstiegsluken, Zwischenschotts, Wartungsgänge und sogar Lebenserhaltungssysteme. Sie waren das Erbe der Erdenmenschen, die die Xenon vor 900 Jazuras konstruierten, und all diese Dinge mehr oder weniger standardmäßig einbauten. Und obwohl die Xenon gegen ihre Schöpfer rebellierten und sich von ihnen lossagten, und trotz all der Zeit, die seit dem vergangen war, haben die Xenon bis heute dieses Design beibehalten.
Und da war sie, die Luke, zur Hälfte in Wasser. Das war gut für Boro, denn es ermöglichte ihm unbemerkt heran zu schwimmen. Boro wusste nicht wie alt der Träger war, ob er gar zu jenen ersten Terraformern gehörte, die das Erdimperium vernichteten, schließlich konnte ein Xenon als Maschine theoretisch ewig leben. Allerdings wusste niemand genau, ob überhaupt ein Maschinenschiff alle Kriege der Xenon seit dem Beginn ihrer Geschichte überstanden hat. Besonders im letzten Xenonkonflikt waren ja unzählige Terraformer vernichtet worden. Trotz allem besaß der Träger, der hier lag, seine Luke und sogar eine Vorrichtung, die es ermöglichte die Luke von außen manuell zu öffnen. Es funktionierte, Boro stand in Innern eines Xenon Trägers. Und tatsächlich sah es dort so ähnlich aus, wie an Bord der AP Argon Eins. Allerdings war es sehr dunkel, lediglich eine schwache Notbeleuchtung erhellte die Gänge. Eine absolute Stille erfüllte das Schiff. Boro zog seinen Handlaser und hielt ihn im Tentakel bereit. In einen anderen Tentakel nahm er ein kleines Gerät, mit dem sich elektrische Felder messen ließen, aus seiner Tasche. Er suchte einen Energiespeicher, der klein genug war, dass er ihn tragen konnte und wurde schon nach einer knappen Inzura fündig. Vor ihm hing ein Kunststoffzylinder von einer halben Länge Höhe und einen Durchmesser von etwa zwanzig Zentimetern. Der Zylinder gehörte zu einem schweren Plasmageschütz auf der Backbordseite des Schiffs. Er diente gleichzeitig als Transformator, der die Energie des Hauptgenerators für die Kanone herunterdrosselte, und auch als Zwischenspeicher, damit sichergestellt war, dass das Geschütz immer ausreichend Energie besaß. Boros Daten zufolge, war der Zylinder voll aufgeladen. Die Energiemenge war darauf ausgelegt, den mächtigen Plasmawerfer im Kampffall fünf Mizuras lang versorgen zu können, Bans kleine Funkanlage dürfte hingegen damit wahrscheinlich Jazuras arbeiten können. Boro verstaute den Laser und den Energiemesser wieder in seiner Tragetasche, holte einige Werkzeuge heraus und begann den Zylinder abzumontieren.
Plötzlich schien es ihm, als ob er etwas gehört hätte. Er horchte auf, hörte jedoch nichts. Er arbeitete weiter. Dann wieder dieses Geräusch und diesmal hielt es an. Ein leises mechanisches Summen, wie von einen kleinen Motor. Das Summen näherte sich schnell. Boro ließ sein Werkzeug fallen und zog in Windeseile wieder seinen Laser. Das Zwischenschott, das die Waffenbucht des Geschützturmes mit dem Gang verband fuhr auf und vier kleine Drohnen schwebten herein. Sie besaßen jeweils fünf Roboterarme, die in verschiedenen Werkzeugen endeten. Offensichtlich waren sie nicht als Kampfeinheiten konstruiert. Wahrscheinlich gab es gar keine Kampfeinheiten im Innern eines Xenonschiffes, denn schließlich war es an sich unmöglich an Bord zu kommen. Dennoch zweifelte Boro nicht einen Moment lang, dass die Drohnen gekommen waren, um ihn anzugreifen. Zielstrebig hielten sie auf ihn zu und richteten ihre Schweiß- und Fräsarme in seine Richtung aus. Doch ohne Schilde und Panzerung waren sie keine Gefahr für Boro, der sie mühelos mit seinem Handlaser zerschoss.
Er war fast fertig den Zylinder anzunehmen, als sich erneut ein leises Summen näherte. Nachdem er wusste, dass die Drohnen harmlos waren, arbeitete er in Ruhe weiter. Er hatte den Zylinder gerade in seiner Tragetasche verstaut, da fuhr das Zwischenschott erneut auf. Diesmal schwebte nur eine Drohne hinein, diese war jedoch weitaus größer als die anderen und besaß eindeutig eine Panzerung. Ansonsten unterschied sie sich nicht von den kleineren Modellen, vermutlich war diese Drohne für die Reparatur äußerer Schäden entwickelt worden. Die Maschine näherte sich bedrohlich, und die schwere Panzerung hielt Boros Laser mühelos stand. Er warf sich auf den Boden und blickte sich verzweifelt um. Neben ihm lagen die Überreste der kleineren Drohnen. Schnell schnappte er sich einen der Roboterarme und rollte sich damit zur Seite. Dabei entging er knapp einem Hieb des Roboters. Wild schlug der Borone jetzt auf die Maschine ein, allerdings ohne großen Erfolg. Der gefährliche Schweißbrenner näherte sich seinen Kopf immer weiter. In Todeserwartung blickte Boro das Ungetüm starr an, da entdeckte er eine kleine Linse in einer Vertiefung der Panzerung. Er nahm alle Kraft zusammen, zielte und rammte den losen Metallarm in das künstliche Auge der Drohne. Wahrscheinlich hatte die Drohne noch andere Sensoren, zudem wurde sie ja durch die inneren Sensoren des Schiffes unterstützt, doch verlangsamte sie nun ihre Bewegungen und schlug eher ziellos um sich. Boro gelang es den Schlägen auszuweichen und schnappte sich die Tasche mit dem Energiezylinder.
Er schwebte so schnell er konnte durch die Gänge und stürzte aus dem Schiff heraus. Untertauchen konnte er nun nicht mehr, weil er nicht wusste, wie der Zylinder auf Wasser reagiere. Hastig überquerte er die Wasseroberfläche. Laut donnerten Kampfschiffe aus allen Richtungen herbei. Eine Salve verdampfte nur wenige Meter eben ihm im Wasser. Die Xenonjäger feuerten aus allen Rohren, und nahmen es dabei auch in Kauf, dass ihr Mutterschiff dadurch verschiedene Treffer einstecken musste. Sobald Boro den Wald erreicht hatte schlug er immer wieder Haken. Die Xenon konnten ihn jetzt nicht mehr sehen und mit etwas Glück hätten sie bald seine Spur verloren. Gnadenlos prasselten die Plasmasalven herab und immer mehr Dschungel ging in Flammen auf.
Doch nach einer Inzura bemerkte Boro, dass allmählich deutlich weniger Einschläge in seiner Nähe herunterkamen. Entweder hielten die Xenon ihn für Tod oder sie hatten seine Spur endgültig verloren. Allerdings hatte sich Boro nun völlig verlaufen. Um sich zu orientieren blieb er stehen und blickte sich um. Entsetzt musste er feststellen, dass ihm aus der Richtung, aus der er kam, eine Feuersbrunst folgte. Deswegen hatten die Xenon die Verfolgung eingestellt, sie erwarteten offenbar nicht, dass Boro den Feuer entgehen konnte. Doch wurde Boro schnell klar, dass er gar nicht in Gefahr schwebte, schließlich konnte er jederzeit in einen der zahlreichen Flüssen und Seen des Urwalds untertauchen. Doch was sollte mit dem Zylinder machen? Als er den nächsten See erreichte, kam ihm die Antwort. Er schnappte sich schnell vier Äste, die am Ufer lagen, und band sie in Windeseile mit dem Seil seiner Notfallausrüstung zusammen. Anschließend schüttete er alle Werkzeuge aus der Tragetasche heraus und ließ nur den Energiespeicher drin. Die Feuerfront war nun schon auf wenige Längen herangekommen. Boro warf die Tasche auf sein notdürftiges Floss und sprang ins Wasser. Von unten zog er das Floss zur Mitte des Sees und wartete auf das Ende des Infernos. Er konnte nur hoffen, dass auch Ban irgendwo auf die rettende Idee gekommen war in einen See zu tauchen.

Es dauerte nicht lange bis Boro wieder sicher auftauchen konnte. Er nahm die Tragetasche und versuchte sich zunächst zu orientieren. Hierzu stieg er auf, um das Umland überblicken zu können. Das Feuer war mittlerweile erloschen, die vielen Gewässer hatten es gestoppt. Insgesamt, so stellte Boro fest, war das verwüstete Gebiet verhältnismäßig klein geblieben. Dann entdeckte er am Horizont ein kleines Gebirge, das von einer schmalen Schlucht durchzogen wurde. In der Hoffnung es sei die Schlucht in der Nähe von Bans Höhle, machte sich Boro in diese Richtung auf. Das verbrannte Ödland nahm rasch ab und schon nach einer Inzura umgab ihn der Dschungel wieder von allen Seiten. Nach einiger Zeit kam er zu einer Stelle, wo sich der Wald lichtete. Er kreisförmiger Einschlagskrater von ungefähr 40 Längen Durchmesser nahm die Lichtung ein. Zunächst dachte der Borone, dass er hier auf den Krater eines Meteoreinschlages gestoßen war. Doch als er in den Krater hineinsah, erkannte er, dass es ein Schiffsabsturz gewesen sein musste, denn die Reste des Wracks waren unverkennbar. Offenbar war es ein Bayamon, Boro nahm ihn genauer unter die Lupe. Das Wrack war ausgebrannt und an einigen Stellen geschmolzen und wieder erstarrt. Jedoch waren diese Stellen, fleckenhaft und unregelmäßig über die Hülle verstreut. Das hieß, dass das Schiff nicht aus dem Weltraum durch die Atmosphäre gestürzt war, sondern einem Feuergefecht in der Atmosphäre zum Opfer gefallen war. Auf der Rückseite des Wracks entdeckte er den Schriftzug „Novamon 524“. Er erinnerte sich daran, dass Ban ihn erzählt hatte, seine Schiffskameraden hätten ihn hier zurückgelassen und seien nie wiedergekommen. Nun wusste Boro auch wieso, die Xenon hatten sie erwischt. Er fühlte sich unwohl in der Nähe des Wracks und setzte schnell seinen Weg fort.
Eine Stazura später durchquerte Boro bereits ein ihn wohlbekannten Teil des Urwalds. Er hatte den Eingang zu Bans Höhle erreicht und schwebte hinein. Sofort stürzte ihn der freudestrahlende Argone entgegen: „Boro, Boro! Du lebst! Boro lebt!“
Auch Boro war völlig außer sich seinen Gefährten unbeschadet wiederzusehen, und versuchte Bans Freudentanz nachzuahmen. Sobald sie sich etwas beruhigt hatten, erklärte Boro er müsse jetzt zu Bans Schatz. Ban besorgte sofort eine Fackel und beide brachen auf. Interessiert schaute Ban zu, als Boro den Energiezylinder an der Funkanlage anbrachte und sprang überrascht auf als augenblicklich die blaue Kontrollleuchte des Funkgeräts wieder zu leuchten begann. Wahrscheinlich würde sein Funksignal genau solange ungehört das Universum durchgeistern, wie Bans Notruf. Möglicherweise würde ihn sogar niemals jemand empfangen, doch es gab auch die Chance, dass ein paranidisches Schiff zufällig ganz in der Nähe wäre. Auf diesen Funken Hoffnung baute Boro, als er seinen Notruf abschickte:
„Sir Boro Pi, Ritter des Königinnenreichs Boron an alle Schiffe – Dies ist ein Notruf – Schiffsbrüchig auf unbekannten Planeten – Folgen Sie dem Funksignal – Achtung: Xenon Präsenz in der Atmosphäre – Ich wiederhole: Dies ist ein Notruf – Schiffsbrüchig auf unbekannten Planeten!“
„Was machst du da?“ Fragte Ban sichtlich verwirrt.
„Ich trage Sorge dafür, dass wir wieder heim und nach Hause kommen, gelangen und zurückkommen werden.“
„Nach England?“
„Ist und liegt das auf der schönen, lebenden blauen Erde?“
Ban schaute Boro an, so als ob dieser eine völlig bescheuerte Frage gestellt hätte: „Natürlich!“
Es war nun soweit, Boro musste den armen Ban Dunnaker aus seiner Traumwelt herausreißen: „Nein nicht, Ban, lieber Freund! Wir können nicht zur lustigen wasserreichen Erde reisen, die Erde ist eine Sage, Erzählung und Legende. Niemand weiß und kann sagen, ob sie jemals echt, wirklich und tatsächlich existiert hat. Unsere wahre Heimat ist der Weltraum und das All, die Gemeinschaft der Planeten.“
Ban begann wieder zu zittern: „Weltraum?“
„Ja – und ja, der schwarze Ozean aus deinen verdrängten Träumen und dunklen Alpdrücken.“
Ban war aufgesprungen und schüttelte energisch den Kopf: „Nein, nein! Das glaube ich nicht! Der schwarze Ozean ist nur ein böser Traum, er ist nicht echt! Nein, nicht echt!“
„Aber...“
Doch Boro konnte seine Erklärung nicht weiter ausführen, den die Funkanlage begann wild zu piepsen. So schnell hatte Boro nicht mit einer Antwort gerechnet. Er öffnete per Kopfdruck den Kommunikationskanal: „Sir Boro Pi, Ritter des Königinnenreichs Boron.“
„Sir Pi, hier spricht Priesterkapitän Imanckabssit vom Forschungsschiff Dreifaltigkeit. Wir befinden uns bereits in ihrem System und initiieren den Sinkflug durch die Atmosphäre. Wir kümmern uns primär um die Xenon und werden anschließend in der Nähe ihrer Position aufsetzen.“
„Danke, Priesterkapitän Imanckabssit, rettender Paranide. Ende!“
Ban war kreidebleich: „Ich höre die Stimmen, die ich nur in den bösen Träumen höre. Warum Boro? Warum?“
„Es ist alles echt, wahr und real, Ban, ängstlicher und erschreckter Freund.“
Wieder überflog ein Schmerz sein Gesicht, wich aber schnell einem Lächeln: „Ah, Ban versteht. Ich träume, das ist nur ein Traum.“
Boro wusste allmählich nicht mehr, wie er Ban helfen sollte. Er verließ die Höhle schweigend und Ban folgte ihn ebenfalls wortlos. Alle Schrecken waren aus seinem Gesicht gewichen. Nach wenigen Sezuras sahen und hörten sie mehrere Explosionen weit in Süden, dort wo der Träger lag. Boro drehte sich Ban, welcher überraschend unbeteiligt blieb: „Die lustig stolzen dreiäugigen Paraniden kämpfen gegen die und mit den Xenon. Hoffentlich schaffen sie es.“
„Das ist doch egal, Boro. Ist doch nur ein Traum.“
Die Explosionen waren verstummt, allmählich konnte Boro drei kleine gräuliche Punkte wahrnehmen, die sich aus den Süden näherten. Er unternahm einen letzten Versuch: „Nein nicht, es ist keinerlei Traum. Denk doch mal nach und versuche zu verstehen, Ban, armer lieber Argone, dann müsste ich doch auch, ebenfalls und gleichfalls ein Traum sein.“
Der Argone schaute auf den Boronen hinab: „Ja, müsstest du. Sag mir, dass du ein Traum bist! Bitte, sag es! Du darfst nicht echt sein, sonst wäre alles echt!“
„Es ist wahr und keinerlei Traum.“
„Neeeiiiiin!!! Ich will aufwachen, lass mich aufwachen! Bitte, ich will aufwachen.“ Ban wand sich in schmerzhaften Kampf mit seinen Inneren wild auf den Boden.
Die paranidischen Schiffe waren mittlerweile nur wenige Kilometer entfernt, man konnte bereits erkennen, dass es sich um Kampfschiffe des Typs Prometheus handelte. Boro hatte einen Entschluss gepackt. Ban hatte ihn so oft gerettet und geholfen, nun musste er Ban helfen. Er zog seinen Handlaser und stellte ihn auf Betäubung. Er zielte auf Ban und feuerte. Boro hörte die Schiffe in der Nähe aufsetzten, während er schnell den erschlafften Körper des Argonen in die Höhle schaffte: „Du hattest Recht und lagst richtig, Ban, träumender Gefährte. Ich bin nur ein bloßer Traum und reines Trugbild. Wenn du erwachst, wieder zu dir kommst und aufstehst, werde ich wie jeder andere flüchtige und nichtige Traum entschwunden, hinfort und weg sein.“

Es war ein unglaublicher Zufall, dass eine paranidische Flotte gerade den Sektor durchflog als Boro seinen Notruf ausgesandt hatte. Im Gegensatz zu Boro sah Priesterkapitän Imanckabssit die Angelegenheit jedoch nicht als einen glücklichen Zufall, sondern als Vorsehung der Heiligen Dreidimensionalität und bot Boro an die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses vorzurechnen, was dieser aber dankend abwehrte. Es dauerte keine Quazura bis die Nautilus geborgen wurde, jedoch erwies sich eine Reparatur vor Ort als unmöglich. Daher entschied man den Aal durch die drei paranidischen Kampfschiffe bis zur Werft von Paranid Prime zu schleppen.
Schon während des Bergungsvorgangs begann Imanckabssit Boro mit Fragen zu überhäufen, doch Boro erbat sich etwas Zeit zum Nachdenken und würde danach dem Paraniden einen ausführlichen Bericht vorlegen. Nun saß er in einem kleinen Gästequartier des Führungsschiffes und überlegte, was er in seinen Bericht schreiben sollte. Denn er musste es so formulieren, dass die Paraniden den Planeten in Zukunft links liegen lassen, sonst würde der arme Ban wieder mit der Realität konfrontiert, die ihn offenbar so belastete. Damit aber die Paraniden den Planeten in Ruhe ließen, musste Boro ihn so darstellen, dass er für eine Kolonisation ungeeignet erschien. Die gefährlichen Raubtiere des Planetens kamen Boro hierzu sehr gelegen, also ließ er sich in seinen Bericht sehr ausführlich über Froars und Brraks aus. Zudem beschrieb er das Innere des Wrack des Xenon Trägers als völlig zerstört, in der Hoffnung, es würde den paranidischen Geheimdienst davon abhalten das Schiff näher zu untersuchen. Boro wollte mit allen Mitteln verhindern, dass Ban jemals entdeckt wurde. Einmal wegen dessen Psyche und anderseits wegen der Tatsache, dass die Paraniden Ban, der ja offenbar einer der Nova gewesen war, lebenslang inhaftieren würden.
Nachdem Boro seinen Bericht abgeliefert hatte, überflog Imanckabssit das Schriftstück kurz: „Nun, Sir Pi. Es scheint uns, dass sie davon abraten möchten den Planeten näher zu analysieren?“
„Ja – und ja, Priesterkapitän Imanckabssi, stolzer Pilot des Raumers Dreifaltigkeit, nach meiner Einschätzung, Meinung und Beurteilung überwiegen die schlechten und unfeinen Nachteile einer solchen und derartigen Aktion bei weiten den wenigen guten und schönen Vorteilen. Ich meine, denke und betone auch, es gut einschätzen zu können und zu vermögen, schließlich habe ich dort viele lange Wozuras verbracht, gelebt und hinter mich gebracht.“
„Nun wie sie meinen, Sir Pi. Danke!“
Boro kehrte beruhigt in sein Quartier zurück, der Tonfall der letzten Bemerkung Imanckabssits zeigte deutlich, dass dieser nicht daran zweifelte das Boros Empfehlung ohne Einschränkungen durchkäme. Schließlich wusste der Priesterkapitän, wie auch jeder andere, der sich jenseits von Slikelmanckfongs Sprungtor aufhalten durfte, welch hohes Ansehen der boronische Ritter beim Imperator des Paranidischen Gottesreiches besaß.
Nachdem er wieder in dem kleinen Gästequartier war, nahm er von dort aus Kontakt mit Babu Ba vom Geheimdienst des Königinnenreichs Boron auf und sandte auch diesen seinen Bericht über den Planeten. Zudem fragte er ihn, ob Babu ihn Informationen über einen Ban Dunnaker zukommen lassen kann. Babu Ba arbeitete im Hauptarchiv des boronischen Geheimdienstes auf Ni-Sha-La und war dafür bekannt nicht lange zu fragen, warum jemand irgendein bestimmtes Dokument haben wollte. Selbstverständlich kontrollierte er immer, ob die Autorisation des Anfragenden und die Geheimhaltungsstufe der Informationen es zulassen, dass eine Kopie des Dokuments ausgegeben wird. Aber Fragen stellte er nie, wofür Boro jetzt mehr als dankbar war als Babu ihn sofort Bans Personalakte als Datei zusandte.
Die Lebensgeschichte des Argonen war mit einer Vielzahl schlechter Erlebnisse gepflastert. Ban Dunnaker stammt vom Planeten Shipfall im Sektor Energiezirkulum, welcher vor vierzehn Jazuras aus unbekannten Gründen explodierte. Ban, der damals gerade acht Jazuras alt war, gehörte zu den wenigen Überlebenden. Danach kam er zu einer Pflegefamilie nach Trantor, wo er jedoch regelmäßig von seinen Pflegeeltern misshandelt wurde und schließlich von zuhause wegrannte. Er ging als blinder Passagier an Bord des Frachters eines Split, der ihn bald entdeckte und auf dem Sklavenmarkt der Piratenbasis in Rhonkars Wolken an einen Paraniden verkaufte. Dieser wurde erst drei Jazuras später wegen Sklavenhaltung überführt und verhaftet. Ban wurde wieder frei, war aber völlig mittellos. Auf der Suche nach einen sicheren Arbeitsplatz ging er dann zum argonischen Militär. Er machte schnell Karriere und galt bald als einer der besten Kampfpiloten der Argon Föderation, doch dann kam der Xenon Konflikt von 742. Ban wurde zum Staffelleiter der berüchtigten Zeta Staffel ernannt, einer Spezialeinheit welche für Aufklärungsflüge tief ins Herz der Xenon Sektoren eingesetzt wurde. Zu Beginn der Kampfhandlungen gehörten 83 Piloten der Zeta Staffel an, nur vier überlebten den Krieg, darunter eben auch Ban Dunnaker, welcher sich als Staffelleiter sicher Vorwürfe für den Tod seiner 79 Untergebenen gemacht haben dürfte. Dennoch ist unumstritten, dass ohne die Zeta Staffel der letzte Xenon Krieg viel länger gedauert hätte und weitaus mehr Opfer gefordert hätte. Daher bekam Ban kurz nach dem Krieg die Tapferkeitsmedaille der Argon Föderation verliehen, quittierte jedoch bald darauf den Dienst. Er kaufte sich eine Fabrik, die Textilien aus Rheime herstellt, musste aber schon nach einem halben Jazura Konkurs anmelden. Daraufhin begann er eine Söldnerlaufbahn und musste wohl so zu den Novas gekommen sein.
Er war mit Sicherheit auch an der Endschlacht zwischen den Novas und der vereinten Flotten der Paraniden und Argonen beteiligt. Seitdem galt er als Verschollen.
Irgendjemand an Bord von Bans Schiff, dem Novamon 524, musste offenbar die Aktivierung von Slikelmanckfongs Sprungtor bemerkt haben. Und als die Niederlage der Piraten unausweichlich wurde waren sie durch das Tor geflohen. Auf den unbekannten Dschungelplaneten waren sie wahrscheinlich nur gelandet, um ihre Vorräte aufzustocken und starteten dann aus welchen Gründen auch immer ohne Ban, wurden jedoch von den Xenon angegriffen und getötet, so dass der Argone alleine zurück blieb. Wie allerdings die Xenon dorthin gekommen waren blieb Boro ein Rätsel, wahrscheinlich waren sie über einen anderen Weg in die Sektoren südlich des Imperialen Grenzbezirks gelangt. Die Xenon kannten schließlich mehr Sprungtore als alle Völker der Gemeinschaft zusammen. So gesehen war es sogar möglich, dass der Träger dort schon vor vielen, vielen Dekazuras abgestürzt war.
Boro musste amüsiert Klickern als er in Bans Akte einen Vermerk fand, dass Ban der Leihbibliothek des Tempels der Goner für einen Ende 741 ausgeliehenen und nicht zurückgebrachten Abenteuerroman mittlerweile 17.319 Credits Leihgebühr schuldete.
Nachdem er die Akte komplett durchgelesen hatte, löschte Boro die Datei. Er schwamm ans Fenster des Quartiers und schaute hinaus in die Tiefen des Alls.
„Ich wünsche dir ein frohes, glückliches und unbeschwertes Erwachen, Ban, einsamer lieber Argone. Die Träume und Alpdrücke sind fort. Mögen dich niemals mehr böse, silberne und wütende Donnervögel und andere Gefahren belästigen und vergiss den schwarzen, dunklen und wahrlich oft bedrohlichen Ozean und alle seine Schrecken für immer und ewig. Nach all den unschönen Grausam- und bitteren Schrecklichkeiten deines Lebens, hast du es verdient endlich deine eigene Welt gefunden und entdeckt zu haben, eine Welt in der du in Frieden Stille und Ruhe den Rest deiner Tazuras leben und verbringen vermagst. Nur bitte vergiss und verdränge mich nicht niemals, mich deinen Traum Boro. Lebe wohl, glücklich und zufrieden, dort draußen auf deiner einsamen, grünen und fernen Insel.“

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